JudikaturJustiz5Ob2055/96h

5Ob2055/96h – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. April 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Heinrich J*****, vertreten durch Michaela Schinnagl, Sekretärin der Mietervereinigung Österreichs, 1080 Wien, Pfeilgasse 42a, wider den Antragsgegner Franz H*****, vertreten durch Dr.Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 13 MRG infolge Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12.Dezember 1995, GZ 41 R 382/95-26, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 24.März 1995, GZ 3 Msch 44/93-15, nunmehr 3 Msch 15/94a-15, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Sachbeschluß wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

Das gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht stellte fest, daß der Antragsgegner durch Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages im Zeitraum 1.3.1990 bis 31.12.1991 in Höhe von monatlich S 2.703,66 sowie im Zeitraum vom 1.9.1992 bis 28.2.1993 in Höhe von monatlich S 2.993,39 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß für die Wohnung Tür Nr. 9 im Haus *****, um diese Beträge überschritten habe. Es ging hiebei im wesentlichen davon aus, daß der Antragsteller (Mieter) 1985 auf Wunsch des Antragsgegners (Vermieter) aus der von ihm seit 1944 bewohnten Wohnung Tür Nr. 6 in die (größere) Wohnung Tür Nr. 9 übersiedeln sollte. Der Antragsteller erklärte sich damit unter der - vom Antragsgegner akzeptierten - Bedingung einverstanden, daß die (noch zu sanierende) Wohnung Tür Nr. 9 denselben Ausstattungszustand bietet, in dem sich Tür Nr. 6 mittlerweile befand, und daß der Mietzins pro m2 gleich bleibt. Mit Schreiben vom 15.3.1985 gab der Antragsgegner dem Antragsteller den Hauptmietzins für Tür Nr. 9 bekannt.

Das Erstgericht erachtete rechtlich, daß der Antragsteller 1985 seine Mietrechte an der Wohnung Tür Nr. 6 aufgegeben und mit dem Antragsgegner einen neuen Mietvertrag über die Wohnung Tür Nr. 9 geschlossen habe. Da der Mietvertrag über die Wohnung Tür Nr. 9 nach Inkrafttreten des MRG geschlossen worden sei, sei die Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages in gesetzwidriger Weise erfolgt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge, hob den angefochtenen Sachbeschluß auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Den Rekurs gegen diesen Beschluß erklärte es für zulässig. Die Voraussetzungen für die Schaffung eines Rückzahlungstitels gemäß § 37 Abs 4 MRG wurden nicht erörtert.

Das Rekursgericht verneinte das Vorliegen eines Wohnungstausches im Sinne des § 13 MRG, erachtete die Rechtsrüge des Antragsgegners jedoch aus folgenden Erwägungen als im Ergebnis berechtigt:

Durch die im Jahre 1985 erfolgte Beendigung des Mietverhältnisses hinsichtlich der Wohnung Tür Nr. 6 unter gleichzeitiger Begründung eines Mietverhältnisses hinsichtlich der Wohnung Tür Nr. 9 habe ein neues Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen begonnen. Dieses beziehe sich auf einen anderen Mietgegenstand, bedeute also eine Novation durch Auswechslung des Hauptgegenstandes einer Forderung im Sinne des § 1376 ABGB. Der vielfach verlangte eigene animus novandi, also die Absicht der Parteien, durch die Konstituierung einer neuen Verbindlichkeit die alte zu tilgen, sei kein besonderes subjektives Erfordernis des Neuerungsvertrages, das ihn ganz grundsätzlich von anderen Vertragstypen unterscheiden sollte. Es gehe hiebei lediglich um den aus den Erklärungen der Parteien hervorleuchtenden eindeutigen Willen, an die Stelle einer früheren Verbindlichkeit eine andere, neue zu setzen. Dieser Wille sei in der Regel aus den beiderseitigen Erklärungen selbst erschließbar, könne sich aber auch schlüssig ergeben (MietSlg 41.273 = WoBl 1990/60). Aus dem festgestellten Sachverhalt, wonach ein "Tausch" zwischen der Wohnung Tür Nr. 6 und der Wohnung Tür Nr. 9 stattfinden sollte, ergebe sich eindeutig der Wille der Parteien, anstelle der früheren Verbindlichkeit eine neue zu setzen, nicht aber, zur früher bereits bestehenden noch eine weitere hinzutreten zu lassen. Im vorliegenden Fall sei unter Weitergeltung sämtlicher übriger mietvertraglicher Bestimmungen das Bestandobjekt verändert worden. Dies bedeute, daß kein völlig neuer Mietvertrag abgeschlossen worden sei, sondern nur der bestehende Mietvertrag in einem Hauptgegenstand (vermietete Wohnung) noviert worden sei. Die Novation begründe zwar nach § 1377 ABGB eine eigene (neue) Verbindlichkeit, doch sei diese von der bisher bestandenen nicht unabhängig (Ertl in Rummel2 Rz 2 zu § 1377 ABGB; MietSlg 42.295). Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages nach § 45 MRG sei daher - weil die Parteien eine neue Mietzinsvereinbarung nicht getroffen haben, sondern der nach den alten Vorschriften vereinbarte Hauptmietzins weiterhin Gültigkeit haben sollte (dies unter Berücksichtigung der abweichenden Nutzfläche der Wohnung Tür Nr. 9) - auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Vereinbarung, der vor Inkrafttreten des MRG liege, abzustellen. Da somit der Hauptmietzins für die Wohnung Tür Nr. 9 auf Vorschriften beruhe, die vor dem 1.1.1982 in Geltung gestanden seien (siehe hiezu Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 2 zu § 45 MRG), sei die Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für die Wohnung Tür Nr. 9 grundsätzlich zulässig. Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 MRG aF (der Überprüfungszeitraum liege vor dem 1.3.1994) errechne sich dieser wie folgt: Von 2/3 des Betrages, der sich für die Wohnung bei Zugrundelegung der Berechnungsvorschriften des § 16 Abs 2 bis 4 MRG aF als zulässigerweise zu vereinbarender Hauptmietzins errechne, sei der Betrag in Abzug zu bringen, der für die Wohnung als Hauptmietzins oder erhöhter Hauptmietzins entrichtet werde. Bei Wohnungen errechne sich der fiktive Kategoriemietzins somit nach den Regeln des § 16 Abs 2 bis 4 MRG aF nach Nutzfläche im Zeitpunkt der Vorschreibung und "Urkategorie", also jener Ausstattungskategorie, die im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bestanden habe bzw der vom Vermieter herzustellende und tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 12 zu § 45 und Rz 20 zu § 16 MRG). Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen, wonach für die Zulässigkeit der Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Mietvertrages abzustellen sei, ergebe sich, daß für die "Urkategorie" der Zustand der Wohnung Tür Nr. 6 im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bzw der vom Vermieter nach dem Inhalt des Mietvertrages hinsichtlich der Wohnung Tür Nr. 6 geschaffene Zustand ausschlaggebend sei. Hingegen sei die Nutzfläche im Zeitpunkt der Vorschreibung zugrunde zu legen (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 12 zu § 45 MRG mwN). Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren Beweise über den Ausstattungszustand der Wohnung Tür Nr. 6 im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages hinsichtlich dieser Wohnung durchzuführen und dementsprechend ergänzende Feststellungen zu treffen haben. Unter Berücksichtigung der sich ergebenden "Urkategorie" sowie der Nutzfläche im Zeitpunkt der Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrrages werde sich dann abschließend klären lassen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Antragsgegner durch seine Vorschreibungen das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei gemäß § 528 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 und 18 MRG zulässig, weil eine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, wann der maßgebliche Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bei einer Novation des Mietverhältnisses im Sinne der §§ 1376 f ABGB, die eine bloße Änderung des Mietgegenstandes beinhalte, hinsichtlich der Beurteilung der Zulässigkeit der Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages und dessen Berechnung nach § 45 Abs 1 Z 1 MRG fehle. Der Entscheidung MietSlg 36.336 liege der Eintritt eines Mitmieters in ein bestehendes Vertragsverhältnis durch eine neue vertragliche Übereinkunft zugrunde; die Entscheidungen MietSlg 37.334 und 37.577 hätten einen Sachverhalt zu beurteilen gehabt, wonach die Parteien des Mietvertrages sowohl eine Änderung des Umfanges des Mietgegenstandes als auch eine Änderung der Höhe des Hauptmietzinses vereinbarten, während aus den Entscheidungen MietSlg 39.338/13 und MietSlg 41.273 nicht hervorgehe, ob mit der Änderung des Mietgegenstandes auch eine Änderung der Mietzinsvereinbarung verbunden gewesen sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den erstgerichtlichen Sachbeschluß wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die Rechtslage verkannt hat, und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerber macht zusammengefaßt geltend, daß im Jahre 1985 ein eigener Hauptmietvertrag hinsichtlich der Wohnung Tür Nr. 9 abgeschlossen worden sei. Es sei im primären Interesse des Hauseigentümers gelegen gewesen, daß der Mieter sein altes Mietobjekt Tür Nr. 6 aufgebe. Aufgrund des Mietvertragsabschlusses nach dem 1.1.1982 dürfe für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum kein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag eingefordert werden. Es sei nicht nur der Mietgegenstand, sondern auch der Mietzins geändert worden.

Diesen Ausführungen ist im wesentlichen zuzustimmen:

Gemäß § 45 Abs 2 MRG in der hier maßgeblichen Fassung vor dem 3. WÄG ist die Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages bei nach dem 31.12.1981 abgeschlossenen Mietverträgen ("Neuverträgen") ausgeschlossen (Würth in Rummel2 § 45 MRG Rz 6). Eine Novation des Mietvertrages, wie sie das Rekursgericht wegen Auswechslung des Bestandobjektes angenommen hat, ist auch in diesem Zusammenhang als neuer Mietvertrag anzusehen (vgl Würth aaO § 16 MRG Rz 17 mwN, insbesondere MietSlg 39.338/13). Eine Abhängigkeit der neuen von der alten Verbindlichkeit besteht auch nach Ertl in Rummel2 § 1377 MRG Rz 2 nur in ganz bestimmten - hier nicht gegebenen - Fällen. Der Umstand, daß der Mietzins für die neue (größere) Wohnung pro m2 gleichblieb, vermag - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - nichts daran zu ändern, daß der neue Mietvertrag nach dem 31.12.1991 abgeschlossen wurde. Der Vermieter hatte damit die Gelegenheit, im zeitlichen Geltungsbereich des MRG einen nach diesem Gesetz (höchst)zulässigen Mietzins zu vereinbaren. Wenn er hievon keinen Gebrauch machte, um den Mieter zur Räumung der alten Wohnung zu bewegen, so besteht kein sachgerechter Grund, nun zu Lasten des Mieters das Vorliegen eines "Neuvertrages" im Sinne des § 45 Abs 2 MRG idF vor dem 3. WÄG zu verneinen.

Die vom Rekursgericht für notwendig erachtete Verfahrensergänzung erweist sich demnach als entbehrlich; der dieser Rechtsmeinung entsprechende Sachbeschluß des Erstgerichtes war deshalb wiederherzustellen.