JudikaturJustiz5Ob161/03t

5Ob161/03t – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Helmut S*****, vertreten durch Dr. Peter Brodner und Dr. Daniela Altendorfer Eberl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegner 1.) Eleonore Sch*****, vertreten durch Dr. Stephan Trautmann, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) M***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Stefan Traxler, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Feststellung der Höhe und Ersatz von Aufwendungen auf eine Wohnung gemäß § 37 Abs 1 Z 6 MRG iVm § 10 MRG (Revisionsrekursinteresse restlich Euro 4.127,82 sA) über den Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Februar 2003, GZ 38 R 284/02z 42, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19. August 2002, GZ 20 Msch 36/01y 35, abgeändert wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller war bis 29. 2. 2000 Hauptmieter der Wohnung top 18 des Hauses *****, das derzeit im Eigentum der Erstantragsgegnerin steht. Ende 1995 hat er diverse Investitionen in der Wohnung durchgeführt, darunter den Einbau einer Gasetagenheizung, die insgesamt ATS 142.000, - kostete.

Zur Finanzierung des Heizungseinbaus hat der Antragsteller ein Darlehen von ATS 114.000, - aufgenommen, für dessen Rückzahlung ihm das Land Wien Annuitätenzuschüsse gewährte. Die Laufzeit des geförderten Darlehens betrug fünf Jahre. Der Beginn der Zuschussleistungen (halbjährig ATS 4.560, ) wurde mit 20. 5. 1996 festgesetzt; die letzte Rückzahlungsrate wurde vereinbarungsgemäß am 20. 11. 2000 gezahlt. Insgesamt hatte so der Antragsteller ATS 96.400, - aus eigenen Mitteln für die Heizung aufzubringen.

Mit dem am 29. 8. 2000 zunächst bei der Schlichtungsstelle der Stadt Wien eingebrachten und dann bei Gericht aufrecht erhaltenen Sachantrag hat der Antragsteller gemäß § 10 MRG von der jetzigen Hauseigentümerin (der Erstantragsgegnerin) und der früheren Vermieterin (der Zweitantragsgegnerin) den Ersatz seiner Aufwendungen begehrt. Dieses Begehren ist insoweit rechtskräftig erledigt, als die alleinige Passivlegitimation der Erstantragsgegnerin feststeht und nur mehr ein Teil des für den Heizungseinbau gebührenden Investionsersatzes strittig ist. Es geht um restliche Euro 4.127,82 (ATS 56.800, ). Das ist jener Unterschiedsbetrag, der sich aus der Wahl zwischen den Abschreibungssätzen des § 10 Abs 1 Z 1 MRG (so der Rechtsstandpunkt des Antragstellers) und des § 10 Abs 1 Z 2 MRG (so der Rechtsstandpunkt der Erstantragsgegnerin) ergibt. Alle anderen Voraussetzungen des verfahrensgegenständlichen Rückersatzanspruchs sind als erfüllt anzusehen. Es ist auch kein Streitpunkt mehr, dass die Aufwendungen des Antragstellers für den Heizungseinbau dem § 10 Abs 3 Z 1 MRG zu unterstellen sind.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass im gegenständlichen Fall der mit fünf Jahren limitierte Abschreibungssatz des § 10 Abs 1 Z 2 MRG anzuwenden sei, weil der Heizungseinbau mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde und in einem solchen Fall stets die Laufzeit der Förderung (hier fünf Jahre) den Ausschlag gebe. Dementsprechend wurde die Erstantragsgegnerin schuldig erkannt, dem Antragsteller ein Fünftel des Gesamtaufwands für den Einbau der Gasetagenheizung, also ATS 28.400, - (Euro 2.063,90) sA zu ersetzen; das (auf die Heizung entfallende) Mehrbegehren wies das Erstgericht ab.

Das Rekursgericht änderte diesen Teil der erstinstanzlichen Entscheidung dahin ab, dass es dem Antragsteller aus dem Titel des Heizungseinbaus weitere Euro 4.127,82 (ATS 56.800, ) sA zuerkannte. Es ließ sich dabei von folgenden Erwägungen leiten:

Jedenfalls unzutreffend sei die vom Antragsteller "in eventu" begehrte Splittung der Position "Heizung" in einen geförderten und einen ungeförderten Teil, weil derartiges nicht nur ausdrücklich in der Entscheidung des OGH 5 Ob 58/01t (MietSlg 53.590 = immolex 2001/166 = WoBl 2002/71 [Vonkilch]), sondern auch von der Lehre (Vonkilch zu WoBl 2002/71) abgelehnt werde.

Die Entscheidung des Erstgerichtes scheine im Ergebnis der Entscheidung 5 Ob 58/01t zu folgen, in der der OGH - wenn auch in einem Fall nach WGG - aussprach, bei Konkurrenz zwischen einer ersatzfähigen Aufwendung im Sinne des § 20 Abs 5 Z 2 lit a und lit c WGG habe die Anknüpfung an die öffentliche Förderung den Vorrang vor der Beurteilung des Inhaltes der Aufwendungen. In seiner Glosse zu WoBl 2002/71 habe jedoch Vonkilch mit überzeugenden Argumenten aufgezeigt, dass - gerade in einem Fall wie den hier vorliegenden - nicht begründet werden könne, warum - insbesondere bei einer kürzeren Förderungsdauer - der Abschreibungsregel des § 10 Abs 1 Z 2 MRG jedenfalls der Vorrang vor der 10 jährigen Abschreibung nach § 10 Abs l Z 1 MRG einzuräumen sei. Demgegenüber lasse sich der - hier allerdings nicht relevante - Nachrang der 20 jährigen Abschreibungsdauer des § 10 Abs 1 Z 3 MRG (bzw § 20 Abs 5 Z 1 lit c WGG) - und nur diese Fallkonstellation sei der Entscheidung 5 Ob 58/01t zugrunde gelegen - schon aus dem Wort "sonst" begründen.

Der Versuch, die Rangfolge der beiden Modelle nach § 10 Abs 1 Z 1 MRG und § 10 Abs 1 Z 2 MRG zu ermitteln, würde - Vonkilch folgend - zu dem Ergebnis führen, dass - jedenfalls bei einer kürzeren als 10 jährigen Förderungsdauer - die Regel des § 10 Abs 1 Z 1 MRG und somit die 10 jährige Abschreibungsdauer zur Anwendung gelangt. Es erscheine sachlich nicht begründbar, die Höhe der Ersatzpflicht des Vermieters von der Einkommenssituation des Mieters bzw der konkreten Situierung des Objektes in einem bestimmten Bundesland (als Parameter der konkreten Förderung) abhängig zu machen. Im Ergebnis sei daher von einer "gesetzlichen Mindestlaufzeit" der Investition von 10 Jahren auszugehen, wie dies auch von Ostermayer, Investitionsersatz im Mietrecht (1998) Rz 153 und Pletzer (in Schwimann2, Rz 88 zu § 10 MRG) vertreten werde.

Daraus folge, dass dem Antragsteller betreffend Heizung der Ersatz von 6/10 des von ihm getätigten Aufwandes, somit Euro 6.191,72 zustehen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle nämlich eine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der "Konkurrenz der Abschreibungsmodelle". Aus der Entscheidung 5 Ob 58/01t könnte auch abgeleitet werden, dass die Abschreibungsregel nach Förderungsdauer in jedem Fall Vorrang habe.

Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluss hat die Erstantragsgegnerin Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn entweder so abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird, oder aber ihn aufzuheben und die Sache an eine der Vorinstanzen zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Vom Antragsteller liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den zweitinstanzlichen Sachbeschluss zu bestätigen.

Die Revisionsrekurswerberin teilt den Rechtsstandpunkt des Erstgerichtes, der ihrer Meinung nach auch dem klaren Wortlaut des § 10 Abs 1 MRG und der Absicht des Gesetzgebers entspreche, die Tatsache der Förderung einer Mieter Investition spezifisch abzuhandeln. Eine Abkoppelung des Aufwandersatzes von der Förderungsdauer würde auf eine Ungleichbehandlung förderungsbegünstigter Mieten hinauslaufen.

Demgegenüber meint der Erstantragsteller, der Gesetzgeber habe für die in § 10 Abs 3 Z 1 und Z 3 MRG genannten Aufwendungen generell die 10 jährige Abschreibung vorgesehen. Die Bindung der Abschreibung an die Förderungsdauer sollte offenbar nur für Aufwendungen gelten, für die nur deshalb die Vermutung einer gleich wesentlichen (und damit nach § 10 Abs 3 Z 4 MRG ersatzfähigen) Verbesserung gelte, weil sie öffentlich gefördert wurden. Andernfalls hätte der Gesetzgeber die verschiedenen Abschreibungsmodelle in § 10 Abs 1 MRG anders gereiht bzw der 20 jährigen Abschreibung nicht den einschränkenden Zusatz "sonst" hinzugefügt. Die vom Erstgericht und der Erstantragsgegnerin vertretene Gesetzesauslegung könne auch nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen sein, weil sie dazu führen könnte, dass ein Mieter, der Förderungsmittel in Anspruch nimmt, letztlich weniger erhält als ein nicht förderungswürdiger Mieter. Dass die Förderung letztlich dem Vermieter zugute kommen sollte, sei auszuschließen. Letztlich bestünden im Hinblick auf die Kompetenz des Bundes in Mietrechtsangelegenheiten und den Gleichheitsgrundsatz auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die strikte Bindung der Abschreibungsdauer an die unterschiedlichen Förderungsgesetze der Länder.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

Schon das Rekursgericht hat darauf hingewiesen, dass die Lehre nahezu einhellig die Rechtsansicht vertritt, die in § 10 Abs 1 Z 1 MRG für Investitionen des Mieters vorgesehene Abschreibungsdauer von 10 Jahren sei als "Mindestlaufzeit" anzusehen, die bei geförderten Investitionen wohl verlängert, aber nicht unterschritten werden dürfe (Ostermayer, Investitionsersatz im Mietrecht, Rz 153; Vonkilch in der Glosse zu WoBl 2002/71; derselbe in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 37 zu § 10 MRG; Pletzer in Schwimann2, Rz 88 zu § 10 MRG; nicht eindeutig Stellung nehmend Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 18 zu § 10 MRG). Vonkilch hat diese "Rangordnung" der Abschreibungsregeln des § 10 Abs 1 MRG auch überzeugend mit teleologischen Argumenten belegt (WoBl 2002 aaO). Der in der Entscheidung 5 Ob 58/01t (WoBl 2002/71) betonte Vorrang des Förderungsmodells sollte im Anlassfall die Amortisation einer Investition mit teils geförderten, teils nicht geförderten Leistungen vereinfachen, ist aber nicht so zu verstehen, dass bei einer Laufzeit der Förderung unter 10 Jahren stets Maß an der kürzeren Förderungslaufzeit genommen werden muss, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen bestand dort kein Anlass, welche Forderungslaufzeit ohnedies 10 Jahre betragen hat.

Tatsächlich ließe sich eine Verkürzung der Amortisationszeit für Investitionsaufwendungen, die dem § 10 Abs 3 Z 1 und Z 3 MRG zu unterstellen sind, unter 10 Jahre mit den Intentionen des Gesetzgebers der fraglichen Norm (§ 10 Abs 1 MRG idF des 2. WÄG) nicht vereinbaren. Zweck dieser Regelung war vor allem, die Feststellung der Höhe von Aufwandersatzansprüchen des ausziehenden Mieters zu vereinfachen und die Kosten von Sachverständigengutachten zu vermeiden, die seine Position (im Streit mit dem Vermieter) deutlich geschwächt hatten (siehe dazu den Allgemeinen Teil des AB, abgedruckt bei Würth/Zingher, Wohnrecht 91, 167 f [169]). Die Bemessung der Höhe des Ersatzanspruchs sollte sich demnach an Durchschnittswerten des bei Beendigung des Mietverhältnisses objektiv fortwirkenden Nutzens bestimmter Verbesserungsmaßnahmen, letztlich also an deren durchschnittlicher Lebensdauer orientieren und - zumindest im Zweifel - nicht zum Nachteil des Mieters ausschlagen. Dass in diesem Zusammenhang eher an eine 10 jährige als kürzere Lebensdauer von Investitionen zu denken ist (idS Ostermayer aaO), zeigen die in § 10 Abs 3 Z 1 und Z 3 MRG als ersatzwürdig angeführten Beispiele, darunter jenes der Errichtung einer Heizungsanlage. Vor allem aber kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, dass er Mieter, die wegen ihrer individuellen Schutz- und Förderungswürdigkeit öffentliche Mittel zur Finanzierung von Verbesserungsaufwendungen erhalten haben, gerade wegen dieser Förderung in ihren Aufwandersatzansprüchen verkürzen wollte. Bei entsprechend kurzer Laufzeit der Förderung und strikter Bindung der Amortisation von Verbesserungsaufwendungen an diesen Zeitraum könnte es aber passieren, dass der geförderte Mieter letztlich weniger erhält als der, der die Förderungsvoraussetzungen nicht erfüllte. Es ist daher schon aus diesem Grund der rekursgerichtlichen Auslegung des § 10 Abs 1 MRG der Vorzug zu geben und auch bei geförderten Verbesserungsmaßnahmen iSd § 10 Abs 3 Z 1 und Z 3 MRG der zehnjährigen Amortisation der Vorzug zu geben, falls sich nicht aus § 10 Abs 1 Z 2 MRG eine noch längere Amortisationszeit ergibt.

Dabei ist zwar, wie in der Entscheidung 5 Ob 71/02f (WoBl 2002/93 mit Anmerkung von Prader) ausgeführt wurde, darauf zu achten, dass der Mieter im Ergebnis nicht mehr als seinen tatsächlichen Aufwand ersetzt erhält; im hier zur beurteilenden Fall kann davon (bei einem Eigenaufwand des Mieters von insgesamt ATS 96.400, - bzw Euro 7.005,66) aber ohnehin keine Rede sein.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtssätze
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