JudikaturJustiz5Ob15/22z

5Ob15/22z – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. März 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers D*, vertreten durch Dr. Alfred Feitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. G*, vertreten durch Mag. Dr. Herwig B. Schönbauer, Rechtsanwalt in Wien, 2. M*, und 3. Ma*, wegen § 37 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 3 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. November 2021, GZ 39 R 130/21p 23, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen wiesen das auf Anerkennung als Hauptmieter einer Wohnung gerichtete Begehren des Antragstellers im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Parteien des Hauptmietvertrags sowohl bei dessen Abschluss wie auch im Zeitpunkt des Untermietvertrags keine Umgehungsabsicht gehabt hätten, sondern es ihnen ausschließlich darum gegangen sei, für die Erstantragsgegnerin (Hauptmieterin) eine Wohnmöglichkeit nach Erreichen ihres Pensionsalters sicher zu stellen.

Rechtliche Beurteilung

[2] In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs dagegen gelingt es dem Antragsteller nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

[3] 1.1 Materiell rechtliche Voraussetzung für die Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG ist das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts (RIS Justiz RS0069660; RS0069854), wobei die von der zitierten Bestimmung erfasste Umgehungsabsicht in der Regel darauf gerichtet ist, durch die Untervermietung ein den sonst zulässigen Mietzins übersteigendes Bestandentgelt zu erzielen und/oder den Kündigungsschutz dadurch auszuschalten, dass das Untermietverhältnis faktisch mit dem Hauptmietverhältnis endet oder aber weitergehende Befristungsmöglichkeiten als beim Hauptmietvertrag zulässig sind (RS0113178).

[4] 1.2 Die Anwendbarkeit des § 2 Abs 3 MRG ist ausgeschlossen, wenn der Hauptmietvertrag nicht nur (ausschließlich) zu dem nach den Vorstellungen des Gesetzgebers verpönten Umgehungsziel des § 2 Abs 3 MRG geschlossen wurde, sondern einen anderen Vertragszweck hatte, der in überschaubarer Zeit absehbar ist (RS0069820 [T4]). Zutreffend verweist der Revisionsrekurswerber darauf, dass in der Rechtsprechung Zeiträume von etwa drei bis fünf Jahren als in diesem Sinn „in überschaubarer Zeit absehbar“ beurteilt wurden (vgl RS0069820 [T3 und T5]). Allerdings lässt sich aus diesen Entscheidungen nicht – wie der Revisionsrekurs meint – ableiten, dass ein längerer Zeitraum bis zur in Aussicht genommenen Eigennutzung jedenfalls eine Umgehungsabsicht im Sinn des § 2 Abs 3 MRG begründete. Entscheidend ist, ob die Parteien des Hauptmietvertrags spätestens beim Abschluss des Untermietverhältnisses die Absicht hatten, die einem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte zu schmälern (vgl RS0069637 [T10]).

[5] 1.3 Indizien für eine Umgehungsabsicht können entkräftet werden; ob dies dem Hauseigentümer bzw dem Hauptmieter gelungen ist, kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RS0069728 [T2]). Hier hat das Rekursgericht hervorgehoben, dass die Hauptmieterin beim Abschluss des Hauptmietvertrags 53 Jahre alt und an eine Eigennutzung etwa ab ihrer Pensionierung gedacht war, weil die Wohnung bessere Einkaufsmöglichkeiten, eine bessere öffentliche Anbindung und Erreichbarkeit von Ärzten aufwies und weil sie außerdem besser beheizbar war. Eine verpönte Absicht sei zwar durch das familiäre Naheverhältnis der Parteien des Hauptmietvertrags (Eheleute mit 28 Jahren Altersdifferenz) indiziert, hier stehe aber ausdrücklich fest, dass zu keinem Zeitpunkt angedacht war, die Rechte künftiger Untermieter zu schmälern. Die Erstantragsgegnerin hatte außerdem bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie wegen Pflegebedürftigkeit in ein Seniorenheim ziehen musste, ihre Absicht, in dem Objekt zu wohnen, nie aufgegeben. Wenn das Rekursgericht daher die Entscheidung des Erstgerichts, das den Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter abwies, bestätigte, so verlässt es damit den ihm im Einzelfall zukommenden Beurteilungsspielraum nicht und ein Widerspruch zur höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 2 Abs 3 MRG ist nicht erkennbar.

[6] 2.1 Der Revisionsrekurswerber verweist mehrfach auf die Entscheidung 5 Ob 81/95 und meint, die hier von der Hauptmieterin in Aussicht genommene Eigennutzung der Wohnung ab ihrer Pensionierung sei ebenso unabsehbar gewesen wie im damals zu beurteilenden Fall zweier minderjähriger Kinder (vier und sieben Jahre alt). Dabei übersieht er allerdings, dass nach dem dort festgestellten Sachverhalt der Hauptmieter nicht mehr in die verfahrensgegenständliche Wohnung ziehen wollte; zur Negativfeststellung, ob der Hauptmieter die Wohnung allenfalls für seine damals vier und sieben Jahre alten Töchter behalten wollte, sprach der Senat aus, dass nicht die Rede davon sein könne, dass die Kinder sie in absehbarer Zeit benötigten.

[7] 2.2 Im vorliegenden Fall steht – wie erwähnt – fest, dass die Parteien des Hauptmietvertrags zu keinem Zeitpunkt die Rechte der Untermieter einschränken wollten, und dass die Erstantragsgegnerin die Wohnung später aus Altersgründen selbst nützen wollte. Auf eine nähere Definition des Zeitraums bis zur geplanten Eigennutzung als „überschaubar oder nicht mehr überschaubar“ kommt es daher nicht an, weil hier Umstände feststehen, aus denen sich die fehlende Umgehungsabsicht eindeutig ergibt. Im Übrigen hat der Antragsteller selbst nie behauptet, dass seine Rechte durch seine Position als Untermieter in irgendeiner Weise verringert worden wären; im Gegenteil steht fest, dass er mit den Konditionen des Mietvertrags, insbesondere mit der jeweiligen Festsetzung des Mietzinses, zufrieden war und es erst zu Meinungsverschiedenheiten kam, als die Erstantragsgegnerin von einem Umbau des Objekts durch den Antragsteller erfuhr. Eine Fehlbeurteilung vermag der Revisionsrekurswerber damit nicht aufzuzeigen.

[8] 3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG).

Rechtssätze
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