JudikaturJustiz5Ob144/06x

5Ob144/06x – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Veith, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Staatsanwaltschaft Salzburg, 5010 Salzburg, Rudolfsplatz 2, gegen die beklagten Parteien 1. Freddy M*****, 2) Mariana M*****, diese vertreten durch Dr. Bernd Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Ehenichtigkeit gemäß § 23 EheG über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 9. Februar 2006, GZ 21 R 552/05f-13, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die - wegen des im Zweifel innerhalb offener Revisionsfrist erhobenen Verfahrenshilfeantrags rechtzeitige - außerordentliche Revision der Zweitbeklagten ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

1. Der Grundsatz, ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens bilde keinen Revisionsgrund, ist bei jenen Verfahren, die der Offizialmaxime unterliegen, nicht anzuwenden (RIS-Justiz RS0043112); dies gilt auch für das Ehenichtigkeitsverfahren (4 Ob 238/05m). Die Gerichte sind aber durch den Untersuchungsgrundsatz weder in ihrer freien Beweiswürdigung beschränkt noch verpflichtet, unnötige Beweise aufzunehmen (RIS-Justiz RS0043368 [T11]). Revisibel ist in einem Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz die Unterlassung von Beweisaufnahmen dann, wenn die Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens zur amtswegigen Wahrheitsforschung verkannt wurden (RIS-Justiz RS0043113; RS0048243). Zu prüfen ist, ob die Vorinstanzen das pflichtgemäße Ermessen im Zuge der Beweisaufnahme voll ausgeschöpft und alle Beweise aufgenommen haben, von welchen eine weitere Aufklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts erwartet werden konnte.

Ein Ermessensfehler liegt hier in diesem Punkt nicht vor:

Die Zweitbeklagte bemängelt die Verletzung der Offizialmaxime im Sinn des § 460 Z 4 ZPO, weil das Erstgericht die Identität der Trauzeugen nicht amtswegig ermittelt und die Zweitbeklagte auch nicht zur Bekanntgabe von deren Namen und Anschrift angeleitet habe. Die Einvernahme der Trauzeugen hätte ergeben, dass zumindest für die Zweitbeklagte eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht ausgeschlossen sein sollte.

Berücksichtigt man, dass die Zweitbeklagte in erster Instanz keine auf die Einvernahme der Trauzeugen gerichteten Beweisanträge gestellt und diese auch in ihrer Berufung nicht releviert hat, dass das Erstgericht auf Grund der Aussagen der Parteien und der zahlreichen Zeugen durchaus in der Lage war, die Hintergründe der angefochtenen Eheschließung aufzuklären, und dass eine Scheinehe geradezu voraussetzt, dass die Brautleute gegenüber Dritten (insbesondere ihren Trauzeugen) die wahren Motive ihres Handelns verschleiern, dann kann im unterbliebenen Einbeziehen der Trauzeugen in das Beweisverfahren keine aufzugreifende Überschreitung des Ermessens bei der Beweisaufnahme erblickt werden (vgl 4 Ob 238/05m). Soweit die Zweitbeklagte zur Bekanntgabe der Anschriften der Trauzeugen angeleitet werden wollte, ist sie ergänzend auf ihre Parteiaussage zu verweisen, in der sie bekundete, die Adresse der Trauzeugen nicht angeben zu können (AS 21 = S 9 in ON 4).

2. Die Zweitbeklagte hat in ihrer Berufung keine Rechtsrüge erhoben und in der Revision kann sie diese nicht mehr nachholen (RIS-Justiz RS0043480); dies gilt auch für das Ehenichtigkeitsverfahren (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 ZPO Rz 53 mN zu Verfahren mit Offizialmaxime). Auf die Ausführungen der Zweitbeklagten zum Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist demnach nicht einzugehen.

Da keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist, erweist sich die außerordentliche Revision der Zweitbeklagten als unzulässig und ist zurückzuweisen.