JudikaturJustiz5Nc10/20w

5Nc10/20w – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Juni 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und den Hofrat Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Sudi Siarlidis Huber Erlenwein, Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Kleinszig/Dr. Puswald Partnerschaft OG in St. Veit an der Glan, wegen 8.600 EUR sA, AZ 4 C 1128/19t des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag der klagenden Partei auf Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Oberpullendorf wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 280,54 EUR (darin enthalten 46,76 EUR USt) bestimmten Kosten der Äußerung zum Delegierungsantrag zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt Schadenersatz als Folge einer – ihrer Ansicht nach vom Beklagten verschuldeten – Absage eines Konzerts. Sie beantragte die Delegierung an das Bezirksgericht Leoben, in eventu an das Bezirksgericht Oberpullendorf. Den Eventualantrag begründet sie mit dem geplanten Veranstaltungsort und dem Wohnort eines Zeugen in der Nähe des Bezirksgerichts Oberpullendorf sowie der kürzeren Anreise für ihren Geschäftsführer, zwei Zeugen aus Leoben und zwei Zeugen aus Ungarn. Den Antrag auf Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Leoben hat das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 26. 2. 2020 rechtskräftig abgewiesen.

Der Beklagte spricht sich (auch) gegen die Delegierung an das Bezirksgericht Oberpullendorf aus. Er und vier seiner Zeugen wohnten in der Nähe des Erstgerichts. Für die anderen Zeugen der Klägerin sei die Anreise nach Oberpullendorf keine wesentliche Verkürzung. Zudem sei eine Einvernahme mittels Videokonferenz nach § 277 ZPO möglich.

Das Erstgericht legte dem Obersten Gerichtshof den Akt zur Entscheidung über die Delegierung an das Bezirksgericht Oberpullendorf – entgegen § 31 Abs 3 JN ohne eigene Stellungnahme zur Zweckmäßigkeit – vor. Da es aber hier keiner weiteren Aufklärung bedarf, kann der Delegierungsantrag auch ohne eine Stellungnahme des Vorlagegerichts erledigt werden (5 Nc 9/19x; RIS Justiz RS0113776 [T2]; RS0112499 [T4]).

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

1. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall bilden. Keinesfalls soll eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeit die gesetzliche Zuständigkeitsordnung faktisch durchbrechen (RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht geeignet ist, eine wesentliche Verkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken (RS0046333). Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RS0046589; 8 Nc 7/19z ua).

2. Hier wohnt nur ein Zeuge im Sprengel des Bezirksgerichts Oberpullendorf. Der Geschäftsführer der Klägerin wohnt in Graz, zwei Zeugen in Leoben, zwei weitere in Ungarn. Der Beklagte und vier Zeugen, die er nannte, wohnen in oder in der Nähe (maximal ca 40 km entfernt) von St. Veit an der Glan. Die beiden Zeugen aus Budapest müssten ohnehin im Vergleich zu den in Österreich wohnenden Personen eine weitere Anreise in Kauf nehmen. Da die einzuvernehmenden Personen über mehrere Gerichtssprengel verstreut sind und die Einvernahme der in Ungarn lebenden Zeugen auch mittels Videokonfernz ( Rechberger/Klicka ZPO 5 § 277 ZPO Rz 1; vgl 8 Nc 7/19z mwN) möglich ist, liegen Zweckmäßigkeitserwägungen, die eindeutig im Sinn aller Verfahrensbeteiligten für die von der Klägerin beantragte Delegierung sprechen, nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO. Die mit ihrem Delegierungsantrag erfolglose Klägerin hat dem Beklagten die Kosten seiner Stellungnahme unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits nach TP 2 RATG zu ersetzen (8 Nc 7/19z; RS0036025 [T1]).