JudikaturJustiz54R491/97p

54R491/97p – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
04. März 1998

Kopf

Das Landesgericht Salzburg hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie Dr. Hemetsberger und Dr. Purkhart in der Rechtssache der klagenden Partei E*****A*****VERSICHERUNG AG, *****, vertreten durch Dr. Helfried Kriegel, Rechtsanwalt in 1030 Wien, wider die Beklagten 1) W*****F*****, *****, und 2) C*****M*****, *****, letzterer vertreten durch Dr. Wolfgang Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, als bestellter Verfahrenshelfer, wegen S 61.000,-- s.A., infolge Rekurses des Zweitbeklagten gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 9. 10. 1997, 34 C 168/96k-36, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Zweitbeklagte hat seine Rechtsmittelkosten selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Am 27. 3. 1996 langte ein als rechtzeitig zu behandelnder Einspruch des Zweitbeklagten (und nunmehrigen Rekurswerbers) gegen den Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Salzburg vom 29. 2. 1996, 34 C 168/96k, ein. Zu der für 14. 6. 1996 mit dem Beisatz "Achtung:

Anwaltspflicht" anberaumten, wegen Verhinderung des Gerichtes auf den 8. 7. 1996 verlegten Tagsatzung erschien der Zweitbeklagte aus der Strafhaft vorgeführt, jedoch ohne Rechtsbeistand, sodaß über Antrag der klagenden Partei ein Versäumungsurteil gefällt wurde.

Infolge eines als rechtzeitig anzusehenden Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde dem Zweitbeklagten - nach einer hier nicht weiter zu erörternden Verfahrensergänzung dieses Zwischenverfahrens - mit Beschluß vom 24. 3. 1997 Verfahrenshilfe gewährt und der davon mit Rückschein vom 23. 4. 1997 verständigte Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Paumgartner zum Verfahrenshelfer bestellt. Die für 5. 6. 1997 anberaumte mündliche Streitverhandlung wurde wegen Verhinderung des Beklagtenvertreters auf den 26. 6. 1997 verlegt. Dort wurde festgehalten, daß gegen das am 8. 7. 1996 ergangene und dem Zweitbeklagten am 20. 8. 1996 zugestellte Versäumungsurteil weder Einspruch noch Berufung erhoben wurde, woraufhin der Beklagtenvertreter Wiedereinsetzungsanträge stellte, die er mit Schriftsatz vom 2. 7. 1997 wiederholte (vgl. dazu im einzelnen ON 35).

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Erstgericht die insgesamt 3 Wiedereinsetzungsanträge des Beklagten (gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruches gegen das Versäumungsurteil, zur Erhebung einer Berufung, bzw. eines Kostenrekurses, jeweils gegen das Versäumungsurteil) sowie einen Antrag des Wiedereinsetzungswerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Wiedereinsetzungsanträge ab und den Antrag auf neuerliche Zustellung des Versäumungsurteiles zurück. Die Begründung des Gerichtes erster Instanz läßt sich im wesentlichen dahin zusammenfassen, daß es ein nicht mehr mindergradiges Verschulden des bestellten Verfahrenshelfers bzw. des von ihm mit der Verfahrensführung beauftragten Konzipienten annahm, wenn dieser nach Verständigung (am 23. 4. 1997) über seine Bestellung sich nicht zugleich Kenntnis über den Akteninhalt verschafft, sondern den Akt zunächst bis 21. 5. 1997 kalendiert habe. Auch dem Beklagten selbst sei vorzuwerfen, wenn er dem bestellten Verfahrenshelfer nicht sämtliche relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt habe. Jedenfalls sei unerklärlich, weshalb die Anberaumung eines Verhandlungstermines abgewartet worden sei, anstatt das Versäumungsurteil zu bekämpfen. Insgesamt sei das abwartende, auf ein Tätigwerden des Gerichtes abstellende Verhalten auf Beklagtenseite, wodurch sämtliche Fristen für die Einbringung eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfes gegen das Versäumungsurteil versäumt worden seien, nicht mehr geeignet, dem Zweitbeklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 146 ZPO zu bewilligen. Für eine Neuzustellung des Versäumungsurteiles lägen weder entsprechende Behauptungen noch Anhaltspunkte vor, weshalb die bisherige Zustellung mangelhaft geblieben sei; eine Verfahrensunterbrechung gemäß § 152 ZPO sei infolge der voraussichtlichen Erfolglosigkeit des Wiedereinsetzungsantrages nicht zu bewilligen gewesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Beklagten, verbunden mit dem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung der Rechtsmittelfristen zur Bekämpfung des Versäumungsurteiles, hilfsweise auf Beschlußabänderung im Sinne einer Neuzustellung des Versäumungsurteiles und Bewilligung des Antrages auf einstweilige Unterbrechung des Rechtsstreites bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Rekurs vermag ungeachtet seiner eingehenden, vor allem die Aktenchronologie detailliert behandelnden Ausführungen die Begründung des Erstgerichtes nicht wirklich stichhältig zu widerlegen. Dem Rechtsmittel ist daher unter Hinweis auf die Richtigkeit der bekämpften Entscheidung nur kurz (§ 500 a ZPO) folgendes zu erwidern:

Rechtliche Beurteilung

Die Rekursausführungen zur Rechtslage und zum Wesen des groben/mindergradigen Verschuldens im Wiedereinsetzungsverfahren sind isoliert betrachtet zutreffend und nicht zu beanstanden. Hervorzuheben ist aber, daß nach höchstgerichtlicher Judikatur an rechtskundige Parteienvertreter ein strenger Maßstab nach den Kriterien der Sorgfalt eines gewissenhaften Anwaltes anzulegen ist (AnwBl. 1991, 49; 10 Obs 201/93). Sie sind jedoch in Subsumtion unter den vorliegenden Sachverhalt nicht geeignet, zu einer vom bekämpften Beschluß abweichenden rechtlichen Beurteilung zu führen. Auch dem vom Rekurs wiederholt zitierten sorgfältigen Menschen, der als berufsmäßiger Parteienvertreter noch dazu über besondere Fachkenntnisse verfügt, darf es nicht unterlaufen, daß er nach Kenntnisnahme einer erfolgten Bestellung zum Verfahrenshelfer nicht sofort Akteneinsicht nimmt und sich mit dem Verfahrensstand vertraut macht. Welches unabwendbare oder unvorgesehene Ereignis einer Kenntnisnahme entgegengestanden wäre, ist aus den vorgetragenen Behauptungen zum Wiedereinsetzungsantrag übrigens auch nicht ansatzweise erkennbar. Verfahrenshilfen werden bekanntermaßen oft gerade deswegen berichtigt, damit fristgebundene Handlungen vom Verfahrenshelfer gesetzt werden. Es gehört daher bei Zugang eines Verfahrenshilfebeschlusses zu den wichtigsten Aufgaben des bestellten Vertreters, sich umgehend über den bisherigen Verfahrensstand und die erforderlichen Maßnahmen zu unterrichten. Wenn diese Verpflichtung überhaupt unterlassen wird, ist dies nicht mehr als geringfügiges Verschulden zu bewerten.

Daß in der mündlichen Streitverhandlung vom 26. 6. 1997 im Ergebnis nur die Wiedereinsetzungsproblematik erörtert wurde, ergibt sich ungeachtet der rein routinemäßigen Protokollierung, wonach die klagende Partei behauptet und beantragt wie bisher, eindrucksvoll aus dem Protokoll ON 34. Daß die Verhandlung vom 26. 6. 1997 nicht von vornherein als Wiedereinsetzungstagsatzung ausgeschrieben war - sich aber defakto zu einer solchen entwickelt hat - liegt auf der Hand, hatte doch der Rekurswerber bis dahin noch gar keinen derartigen Antrag gestellt.

Damit zeigt sich jedoch zusammenfassend die bekämpfte Entscheidung weder in Bezug auf die Abweisung des Wiedereinsetzungsbegehrens noch in ihrem Kostenpunkte als mit einem Rechtsirrtum behaftet. Welcher Mangel der Zustellung des Versäumungsurteiles anhaften soll, ergibt sich weder aus dem Rekurs noch aus zugrundeliegenden Behauptungen, sodaß schon deshalb einem diesbezüglichen Ansinnen des Rekurswerbers nicht näherzutreten ist.

Damit war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich, abgesehen von der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels (§§ 40, 50 ZPO), auf § 154 ZPO; der Zulässigkeitsausspruch ist sachspezifisch (§ 528 Abs. 2 Z 4 ZPO).