JudikaturJustiz4Ob50/22i

4Ob50/22i – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. April 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon. Prof. PD Dr. Rassi sowie MMag. Matzka und die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache des Betroffenen O* O*, geboren * 1974, *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des neu bestellten gerichtlichen Erwachsenenvertreters Mag. S* V*, LL.M., *, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Dezember 2021, GZ 42 R 354/21a 69, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Rechtsanwälte müssen auch nach § 275 ABGB idFd 2. ErwSchG, BGBl I 2017/59 , gerichtliche Erwachsenenvertretungen grundsätzlich übernehmen, sofern nicht ein in dieser Bestimmung genannter und in erster Instanz konkret vorgebrachter Ablehnungsgrund vorliegt (vgl RS0123440 ). Allgemeine Behauptungen des Rechtsanwalts über den Kanzleibetrieb, die nicht über das hinausgehen, was auf jede durchschnittliche Rechtsanwaltskanzlei zutrifft, reichen ebenso wenig aus wie Behauptungen über eine nicht näher konkretisierte Arbeitsbelastung (vgl 6 Ob 143/19a mwN).

[2] Ob die vorgetragenen Argumente des Rechtsanwalts, welche seiner Ansicht nach die Übernahme der konkreten Erwachsenenvertretung unzumutbar machen, im Einzelfall gerechtfertigt sind, wirft grundsätzlich keine erheblichen Rechtsfragen nach § 62 Abs 1 AußStrG auf ( RS0123440 [T9]); dasselbe gilt für die Fragen, ob eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ob Vorbringen hinreichend konkretisiert ist oder welchen Sachverhalt und welches Begehren ein Antrag enthält und wie er zu verstehen ist (vgl RS0042828 [insbes T10]).

[3] 1.2. Hier hat das Rekursgericht die an es im Rekurs herangetragenen Argumente des Rechtsmittelwerbers – er führe keine streitigen Prozesse mehr, es sei denn, sie seien im Interesse eines Betroffenen dringend geboten, man habe ihn vor Bestellung nicht nach seinen Kapazitäten gefragt – als zu vage und unkonkret erachtet, um die Unzumutbarkeit der Übernahme der konkreten Erwachsenenvertretung darzulegen.

[4] 1.3. Dies ist im Einzelfall vertretbar und hält sich im Rahmen des den Gerichten zukommenden Ermessenspielraums; Rechtsfragen nach § 62 Abs 1 AußStrG im Zusammenhang mit persönlicher Unzumutbarkeit iSd § 275 ABGB zeigt der Revisionsrekurs auch nicht auf.

[5] 2.1. Die weiteren Darlegungen des Rechtsmittelwerbers, er sei quasi auf Lebenszeit zum Verfahrenshelfer des Betroffenen bestellt worden, sind dagegen ebenso unverständlich wie seine Ansicht, sein Wirkungskreis – Führung von Aktivprozessen und Einbringung von Klagen – sei unbestimmt und widersprüchlich, weil ihn dies nicht zur Zurückziehung von aussichtslosen Klagen ermächtige; dem kann nicht gefolgt werden, weil der Wirkungskreis zweifellos auch die Zurückziehung aussichtsloser Klagen umfasst. Er vermag damit nicht nachvollziehbar darzulegen, dass der Umfang der ihm eingeräumten Rechte und Pflichten zu wenig deutlich beschrieben wäre (vgl RS0008563 [insbes T10, T12]).

[6] 2.2. Der Revisionsrekurswerber erkennt im Übrigen selbst, dass das Rekursgericht seinen Rekurs nur insoweit zurückgewiesen hat, als er sich (auch) gegen die Erneuerung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung richtete, weil er insofern nicht rechtsmittellegitimiert ist .

[7] Was dem Rechtsmittelwerber am Beschluss des Rekursgerichts insofern unverständlich erscheinen mag und warum dieses sein Rechtsmittel nicht oder nicht vollständig behandelt hätte , wird im Revisionsrekurs nicht nachvollziehbar dargelegt; er zeigt auch insofern keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[8] 3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).