JudikaturJustiz4Ob348/98z

4Ob348/98z – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Februar 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** KG, *****, vertreten durch Salpius Schubeck, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Gerhard P*****, vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 500.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 13. November 1998, GZ 2 R 300/98d-8, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 5. Oktober 1998, GZ 6 Cg 202/98p-3, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin wider den Beklagten auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird dem Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr die Verwendung der Marke 'Ford' verboten, wenn diese Benützung kennzeichenmäßig, insbesondere durch Aufnahme der Marke in die Unternehmensbezeichnung des Beklagten im Wege des Gebrauches in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Namen des Beklagten und auf eine Art und Weise erfolgt, daß dadurch der Eindruck entsteht, der Beklagte sei mit der Klägerin durch vertragliche oder organisatorische Beziehungen verbunden, sowie die Behauptung verboten, sein Unternehmen sei eine Ford Vertragswerkstätte.

Der Beklagte hat die Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Generalimporteurin für Fahrzeuge der Marke "Ford" in Österreich. Einer ihrer Vertragshändler, die Auto W***** GmbH in D*****, schloß mit dem Beklagten am 9./21. 7. 1997 einen Vertragswerkstättenvertrag. Die Klägerin trat dem für die Zeit vom 1. 6. 1997 bis 31. 5. 1998 abgeschlossenen Vertrag bei.

Gegenstand des Vertrages ist (ua) die Verwendung der Marke "Ford", die für die Herstellung und den Vertrieb von Motorfahrzeugen und deren Bestand- und Zubehörteile zugunsten der F***** AG Köln im Markenregister des österreichischen Patentamtes zu Nummer 39570 registriert ist. Die Klägerin ist berechtigt, die Markenrechte in Österreich auszuüben.

Anhang 3 C des Vertragswerkstättenvertrages lautet:

"Nach Ablauf der Kündigungsfrist des Vertrages gilt die Vertragswerkstätte nicht mehr als autorisierte Ford-Vertragswerkstätte und hat:

...

..."

Nach Ablauf des Vertragswerkstättenvertrages verwendete der Beklagte die Marke "Ford" weiter. Bei der Einfahrt zur Betriebsliegenschaft war ein Schild mit dem Hinweis "Ford G***** Garage" angebracht; auf dem Betriebsgelände befanden sich Fahnen mit der Aufschrift "Ford". Das blau-weiße Ford-Emblem war auch am Betriebsgebäude angebracht. Der Beklagte verwendete Preislisten mit der Aufschrift "Ford".

Nach Zustellung der Klage stellte der Beklagte die Verwendung der Marke "Ford" ein. Am 30. 9. 1998 verpflichtete er sich in einem Notariatsakt wie folgt:

"Erklärung

I.

Ich, Gerhard P*****, verpflichte mich, bei sonstiger Exekution, wie folgt:

Im geschäftlichen Verkehr werde ich die Benutzung der Wortmarke 'Ford' unterlassen, wenn diese Benutzung kennzeichenmäßig, insbesondere durch Aufnahme der Marke in die Unternehmenskennzeichnung 'G***** Garage' im Wege des Gebrauches im unmittelbaren Zusammenhang mit diesem Namen auf eine Art und Weise erfolgt, daß dadurch der Eindruck entsteht, ich sei mit der F***** KG durch vertragliche oder organisatorische Beziehungen verbunden.

Ich werde weiters im geschäftlichen Verkehr die Behauptung unterlassen, ich sei eine Ford-Vertragswerkstätte.

II.

Ich erkläre mich ausdrücklich damit einverstanden, daß diese Urkunde in Ansehung des Unterlassungsbegehrens der F***** KG, *****, im Sinne des § 3 (Paragraph drei) der Notariatsordnung sofort vollstreckbar sein soll und wird daher diese Urkunde als vollstreckbarer Notariatsakt errichtet.

..."

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten im geschäftlichen Verkehr die Verwendung der Marke 'Ford', wenn diese Benützung kennzeichenmäßig, insbesondere durch Aufnahme der Marke in die Unternehmensbezeichnung des Beklagten im Wege des Gebrauches in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Namen des Beklagten und auf eine Art und Weise erfolgt, daß dadurch der Eindruck entsteht, der Beklagte sei mit der Klägerin durch vertragliche oder organisatorische Beziehungen verbunden, sowie die Behauptung, er sei Ford Vertragswerkstätte, zu verbieten. Der Beklagte wolle durch die unbefugte Verwendung der Marke deren Zugkraft in sittenwidriger Weise ausnützen. Das Begehren werde auf §§ 1, 2 und 9 UWG gestützt.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Befristung des Vertrages verstoße gegen Art 5 GVO 1995. Der Beklagte sei daher weiterhin berechtigt, die Marke zu verwenden. Aus prozessualer Vorsicht habe er die Verwendung der Marke eingestellt, sämtliche Markenzeichen entfernt oder überklebt und sich darüber hinaus in einem vollstreckbaren Notariatsakt zur begehrten Unterlassung verpflichtet. Damit sei die Wiederholungsgefahr weggefallen. Der Notariatsakt sei der Klägerin mittlerweile im Original zugestellt worden.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es könne offen bleiben, ob der Vertragswerkstättenvertrag wirksam befristet war. Der Beklagte habe das Begehren der Klägerin anerkannt und sich in einem vollstreckbaren Notariatsakt zur begehrten Unterlassung verpflichtet. Der Klägerin sei es jederzeit möglich, gegen den Beklagten Exekution zu führen. Damit sei die Wiederholungsgefahr weggefallen.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes in der Hauptsache und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs gegen die bestätigende Entscheidung nicht zulässig, gegen die abändernde Entscheidung jedenfalls unzulässig sei. Es sei nicht entscheidend, ob die Klägerin aufgrund des Notariatsaktes Exekution führen könne. Nach den besonderen Umständen des Falles sei es praktisch ausgeschlossen, daß der Beklagte in wettbewerbswidriger Weise in das Markenrecht der Klägerin eingreifen werde. Daß er auch im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertrete, der Vertragswerkstättenvertrag sei aufrecht, ändere daran nichts, weil er eindeutig zu erkennen gebe, das Markenrecht der Klägerin unter der Voraussetzung der Beendigung des Vertrages mit 31. 5. 1998 beachten zu wollen. Das Erstgericht habe nicht festgestellt, ob der Klägerin eine vollstreckbare Ausfertigung des Notariatsaktes zugestellt wurde. Sei dies geschehen, so könnte die Klägerin aufgrund des Notariatsaktes gegen den Beklagten Exekution führen. Durch den Hinweis auf das vorliegende Verfahren sei ausreichend klargestellt, daß die Klägerin Berechtigte aus dem Notariatsakt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Die Klägerin verweist auf die Rechtsprechung, wonach derjenige, der im Prozeß weiterhin die Auffassung vertritt, zur beanstandeten Handlung berechtigt zu sein, und seinen Wettbewerbsverstoß verteidigt, im allgemein schon durch dieses Verhalten zu erkennen gibt, daß es ihm um die Vermeidung weiterer Eingriffe dieser Art ernstlich nicht zu tun ist (stRsp ua SZ 51/87 = EvBl 1978/205 = ÖBl 1978, 127 - Umsatzbonus II). Daß der Beklagte trotz Berufung auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr daran festhält, durch die beanstandete Handlung keinen Gesetzesverstoß begangen zu haben, weckt in der Regel nur dann keine Bedenken an seiner Sinnesänderung, wenn er einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet und nach den Umständen keine Bedenken gegen die Ernstlichkeit seines Willens bestehen, von gleichartigen Handlungen künftig Abstand zu nehmen. Der Kläger erhält durch einen solchen Vergleich alles das, was er durch ein seinem Unterlassungsbegehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können, nämlich einen Titel, welcher ihn bei jeder weiteren Zuwiderhandlung des Beklagten zur Exekutionsführung nach § 355 EO berechtigt (ÖBl 1985, 16 - Linzer Tort; ÖBl 1998, 31 - Telefaxwerbung).

Der Beklagte wendet zwar den Wegfall der Wiederholungsgefahr ein; er hält aber an seiner Auffassung fest, die Befristung des Vertragswerkstättenvertrages sei unwirksam gewesen und er sei daher berechtigt, die Marke weiter zu verwenden. Demnach kommt es darauf an, ob die Klägerin auf Grund des - vom Beklagten aus prozessualer Vorsicht errichteten - Notariatsaktes Exekution führen kann. Die Klägerin bestreitet dies. Sie sei weder als Berechtigte genannt noch habe sich der Beklagte im Notariatsakt wirksam verpflichtet. Dazu hätte der Rechtstitel angegeben werden müssen.

Die Klägerin bezieht sich damit auf § 3 lit b NotO. Nach dieser Bestimmung ist ein Notariatsakt wie ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich exekutionsfähig, wenn die Person des Berechtigten und des Verpflichteten, der Rechtstitel, der Gegenstand, die Art, der Umfang und die Zeit der Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind. In der Entscheidung SZ 68/159 = EvBl 1995/21 = NZ 1976, 210 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß in einem Notariatsakt die Mindesterfordernisse für die Entstehung des Anspruches anzuführen sind. Der Rechtstitel muß in einer Weise angegeben sein, daß seine rechtliche Qualifikation vom (Exekutions )Gericht überprüft werden kann.

Auch die Lehre verlangt, daß in einem Notariatsakt die Mindesterfordernisse für die Entstehung des Anspruches (also etwa die Essentialien des konkreten Kaufvertrages) aufscheinen müssen. Sei der Anspruch nicht hinlänglich substantiiert, so dürfe die Exekution aufgrund des vollstreckbaren Notariatsaktes auch dann nicht bewilligt werden, wenn Gegenstand und Zeitpunkt der Leistung genau bestimmt wären (Rechberger/Oberhammer/Bogensberger, Der vollstreckbare Notariatsakt 36). Schumacher (Rechtstitel und Bestimmtheit als Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit des Notariatsaktes, NZ 1976, 195 [196]) leitet aus der oben zitierten Entscheidung ab, daß eine substantiierte Darlegung des rechtserzeugenden Sachverhaltes, aus dem der vollstreckbar gemachte Anspruch entsteht, notwendig sein wird.

Dem vom Beklagten vorgelegten Notariatsakt ist nur zu entnehmen, daß sich der Beklagte verpflichtet, die Marke "Ford" nicht mehr zu verwenden und sein Unternehmen nicht mehr als "Ford-Vertragswerkstätte" zu bezeichnen, und daß die Klägerin gegen ihn ein Unterlassungsbegehren erhoben hat. Aus welchen Gründen er zur begehrten Unterlassung verpflichtet sein soll, geht daraus nicht hervor. Ein für das Exekutionsgericht nachprüfbarer Rechtsgrund scheint damit nicht auf. Das wäre nur dann der Fall, wenn angegeben wäre, daß der Beklagte die Marke "Ford" verwendet hat, ohne dazu berechtigt zu sein. Der Beklagte ist nämlich nur dann zur begehrten Unterlassung verpflichtet, wenn der Vertragswerkstättenvertrag wirksam befristet war und er dennoch nach seinem Auslaufen die Marke verwendet hat. Da der Beklagte die Wirksamkeit der Befristung aber bestreitet, scheidet eine wirksame Unterlassungsverpflichtung in einem vollstreckbaren Notariatsakt von vornherein aus.

Die Klägerin kann daher auf Grund des Notariatsaktes unabhängig davon nicht Exekution gegen den Beklagten führen, ob ihr der Notariatsakt tatsächlich im Original übermittelt wurde und ob es für ihre Benennung als Berechtigte ausreicht, daß sie in Punkt II des Notariatsaktes aufscheint. Verfügt die Klägerin über keinen Exekutionstitel, so kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, daß die Wiederholungsgefahr weggefallen sei. Daß er nach Zustellung der Klage und somit unter Druck des gegen ihn geführten Verfahrens die Verwendung der Marke eingestellt und die auf seinem Betriebsgelände angebrachten Zeichen entfernt oder überklebt hat, reicht nicht aus. Das gilt unabhängig davon, daß die Wiederholungsgefahr schon deshalb weiterhin zu vermuten ist, weil er an seiner Auffassung festhält, die Befristung des Vertrages sei wegen Verstoßes gegen die zwingenden Bestimmungen der GVO 1995 unwirksam und er daher weiterhin berechtigt, die Marke "Ford" zu verwenden.

Den diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten in der Revisionsrekursbeantwortung ist entgegenzuhalten, daß die Verordnung (EWG) Nr. 1475/95 der Kommission vom 28. Juni 1995 über die Anwendung von Art 85 Abs 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge, ABl Nr L 145 vom 29. Juni 1995 (Gruppenfreistellungsverordnung Kfz 1995; kurz GVO-Kfz 1995), ebenso wie die Verordnung (EWG) Nr. 123/85 der Kommission vom 12. Dezember 1984 über die Anwendung von Art 85 Abs 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge, ABl Nr L 15 vom 18. 1. 1985 (Gruppenfreistellungsverordnung Kfz 1985; kurz GVO-Kfz 1985), eine kartellrechtliche Freistellungsnorm und keine zivilrechtliche Regelung ist. Gruppenfreistellungsverordnungen bestimmen nur, unter welchen Voraussetzungen das Kartellverbot des Art 85 Abs 1 EGV auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen nicht anwendbar ist (RdW 1998, 269). Sie stellen keine zwingenden Vorschriften auf, die die Gültigkeit oder den Inhalt von Vertragsbestimmungen unmittelbar berühren oder die Vertragsparteien zur Anpassung des Vertragsinhalts verpflichten (EuGH ÖBl 1996, 206 [Wollmann] - Garage Marsal SARL; 4 Ob 269/98g).

Der Beklagte kann sich daher nicht auf die GVO-Kfz 1995 berufen. Für seine Auffassung, daß er auch noch nach dem 31. 5. 1998 berechtigt gewesen wäre, die Marke "Ford" zu verwenden, fehlt damit jede Grundlage. Hat er aber durch die weitere Verwendung der Marke die Markenrechte der Klägerin verletzt, so ist - da der Beklagte die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht widerlegt hat - der Sicherungsantrag berechtigt.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

Rechtssätze
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