JudikaturJustiz4Ob10/04f

4Ob10/04f – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Februar 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** Ges.m.b.H., ***** vertreten durch Graf, Maxl Pitkowitz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H***** GmbH, ***** vertreten durch Schneider Schneider Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.300 EUR), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 24. Oktober 2003, GZ 2 R 149/03a 8, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 18. Juni 2003, GZ 19 Cg 90/03m 3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die in ihren in Rechtskraft erwachsenen Teilen unberührt bleiben, werden im Übrigen dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Der Antrag, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen für die Dauer dieses Rechtsstreites aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Produkts C***** -Filmtabletten

1. Ärztemuster entgegen den Bestimmungen des § 58 AMG, insbesondere nicht in der kleinsten Handelspackung und/oder in einer größeren Anzahl als in § 58 Abs 2 Z 1 und/oder Z 2 AMG vorgesehen und/oder in Zusammenhang mit der Bewerbung des Produkts abzugeben; und/oder weiters

2. absatzfördernde Werbung mit den folgenden (oder sinngleichen oder sinnähnlichen) Behauptungen zu betreiben, nämlich dass gratis Muster an Ärzte abgegeben werden, insbesondere ohne darauf hinzuweisen, dass die Abgabe von Ärztemustern gesetzlich beschränkt ist,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.129,14 EUR (darin 188,19 EUR USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.102,66 EUR (darin 517,11 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind österreichische Unternehmen, die Arzneispezialitäten erzeugen und vertreiben. Die Klägerin vertreibt in Österreich unter anderem P***** 20 mg Filmtabletten, die unter Verwendung des Wirkstoffes Citalopram Hydrobromid hergestellt werden und seit 1. 4. 2003 kassenfrei sind. Die Beklagte ist Zulassungsinhaber des auf demselben Wirkstoff beruhenden Arzneimittels C***** 20 mg Filmtabletten, das voraussichtlich erst mit 1. 7. 2003 kassenfrei erhältlich sein wird. Die Beklagte verteilt dieses Arzneimittel mit 28 Stück als Ärztemuster, wobei sie einzelnen Ärzten bis zu 20 Packungen als Gratismuster zur Verfügung gestellt hat.

Zusammen mit der Versendung von Gratisärztemustern bewarb die Beklagte in einem Ärztefolder C***** 20 mg Filmtabletten als "Generika erster Wahl" mit folgenden weiteren Hinweisen: "Um bis zu 1,75 EUR preiswerter als andere generische Anbieter; das preiswerteste generische Citalopram; ersparen Sie Ihren Patienten 3 Monate lang den Weg in die Apotheke; ab sofort gratis Muster für Ihre Patienten; kassenfrei ab 1. Juli 2003". Abgebildet war im Ärztefolder eine Musterpackung von 28 Stück mit einem Aufkleber " 9,70 EUR" (als behauptete Ersparnis gegenüber dem Erstanbieter).

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragte die Klägerin am 10. 6. 2003, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Produkts C***** 20 mg Filmtabletten

1. Ärztemuster entgegen den Bestimmungen des § 58 AMG, insbesondere nicht in der kleinsten Handelspackung und/oder in einer größeren Anzahl als in § 58 Abs 2 Z 1 und/oder Z 2 AMG vorgesehen und/oder in Zusammenhang mit der Bewerbung des Produkts abzugeben; und/oder weiters

2. absatzfördernde Werbung mit den folgenden (oder sinngleichen oder sinnähnlichen) Behauptungen zu betreiben, nämlich dass gratis Muster an Ärzte abgegeben werden, insbesondere ohne darauf hinzuweisen, dass die Abgabe von Ärztemustern gesetzlich beschränkt ist.

Gem § 58 Abs 2 AMG sei die Anzahl der erlaubt abzugebenden Ärztemuster begrenzt. Aus dem AMG und den entsprechenden europarechtlichen Vorschriften sei abzuleiten, dass Ärztemuster nicht zu Zwecken der Verkaufsförderung abgegeben werden dürften. Nach der Regierungsvorlage zu § 58 AMG liege der Zweck der Abgabe von unverkäuflichen Ärztemustern darin, es dem Arzt zu ermöglichen, Erfahrungen über ein neu auf dem Markt befindliches Arzneimittel zu sammeln, weshalb der für diesen Zweck der Einführung und Erprobung angemessene Umfang bei der Abgabe nicht überschritten werden dürfe. Nach der RL 92/28/EWG sei die Abgabe von Gratismustern zum Zweck der Verkaufsförderung zu untersagen. Die Nachfolgebestimmungen der RL 2001/83/EG erlaube die Abgabe von Gratismustern von Arzneimitteln, damit sich die berechtigten Personen mit den neuen Arzneimitteln vertraut machen und Erfahrungen bei deren Anwendung sammeln könnten. Die Beklagte verfolge aber mit ihrer Verteilungsaktion offenbar den Zweck, die Zeitspanne bis zur Kassenfreiheit ihres Produkts zu überbrücken, ihren Absatz vor und nach der Erlangung der Kassenfreiheit zu fördern und den Absatz der Produkte ihrer rechtstreuen Mitbewerber vor und nach der Erlangung der Kassenfreiheit zu gefährden. Die Beklagte verteile Packungen zu 28 Tabletten, obwohl sie auch Packungen zu 14 Stück herstelle und vertreibe. Mit ihrem Verhalten verstoße die Beklagte auch gegen den Apothekenvorbehalt des § 57 AMG, weil eine Abgabe von Arzneimitteln durch Ärzte, die über den Rahmen des § 58 AMG hinausgehe, nicht erlaubt sei. Mit der Aussage auf dem Werbefaltblatt "ab sofort gratis Muster für Ihre Patienten" führe die Beklagte die Ärzte über die Verfügbarkeit der Ärztemuster bewusst in die Irre, weil der Eindruck erweckt werde, für alle Patienten des Arztes gebe es ab sofort in unbegrenztem Ausmaß gratis Ärztemuster, ohne darauf hinzuweisen, dass die Abgabe nur im Ausmaß des § 58 AMG erfolgen dürfe. In der Werbung mit einer Ersparnis von 9,70 EUR pro Verordnung zeige sich die Absicht der Beklagten, nicht Ärzte über das Produkt zu informieren, sondern Absatzwerbung mit der Ersparnis zu betreiben. Das Verhalten der Beklagten sei geeignet, ihr einen nicht gerechtfertigten Vorsprung vor ihren rechtstreuen Mitbewerbern zu verschaffen und verstoße gegen § 1 und § 2 UWG.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie bringe nur 28 Stück Packungen in Verkehr, sodass es sich bei den verteilten Ärztemustern um die "kleinste Handelspackung" handle. Sie verstoße weder gegen die Mengenvorschriften des § 58 Abs 2 Z 1 AMG, noch gegen den Apothekenvorbehalt. Eine bewusste Irreführung der Ärzte durch die Aussage "ab sofort gratis Muster für Ihre Patienten" sei nicht zu befürchten; Ärzte seien nämlich mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen über den Rahmen des Zulässigen bei der Abgabe von Ärztemustern vertraut, weshalb ein Missverständnis der Ankündigung der Beklagten in der von der Klägerin angedeuteten Art auszuschließen sei.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag teilweise statt und trug der Beklagten auf, es bis zur Vollstreckbarkeit des über den Unterlassungsanspruch ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Produkts C***** 20 mg Filmtabletten

1. Ärztemuster in Zusammenhang mit einer Bewerbung des Produkts, die über die Angabe von deren Eigenschaften und Wirkungen hinausgeht, insbesondere verbunden mit Preiswerbung oder dem Hinweis, dass die Ärztemuster "gratis Muster für Ihre Patienten" seien, abzugeben, und

2. absatzfördernde Werbung mit der Behauptung, dass Gratismuster an Ärzte abgegeben werden, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass die Abgabe von Ärztemustern gesetzlich beschränkt sei, dementsprechend auch gesetzlich beschränkt erfolge, oder mit sinngleichen Behauptungen zu betreiben. Das Mehrbegehren, der Beklagten auch zu verbieten, Ärztemuster in größeren als der kleinsten Handelspackung oder in einer größeren Anzahl als in § 58 Abs 2 Z 1 und/oder Z 2 AMG vorgesehen oder in Zusammenhang mit Bewerbung des Produkts überhaupt abzugeben, wurde abgewiesen.

Das Erstgericht ging davon aus, dass die Beklagte ausschließlich 28 Stück Packungen vorrätig halte und liefere und führte in rechtlicher Hinsicht aus, § 58 AMG stelle auf die tatsächlich in Verkehr gebrachte Packungsgröße ab, sodass der Beklagten nicht vorgeworfen werden könne, Muster nicht in der "kleinsten Handelspackung" im Sinne des § 58 Abs 1 AMG abgegeben zu haben. Damit liege auch kein Verstoß hinsichtlich der zulässigen Gesamtabgabemenge vor. Wettbewerbsverstöße fielen der Beklagten allerdings insoweit zur Last, als sie die Versendung von kostenlosen Ärzteproben mit einer Bewerbung des Produkts verbinde, was gegen die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes verstoße. Sowohl nach den Erläuternden Bemerkungen als auch nach der Präambel zur RL 2001/83/EG dürfe die Verteilung von Ärztemustern nicht der Verkaufsförderung dienen. Die erlaubte Ausnahme habe nur den Zweck, Verschreibenden die Erprobung eines neuen Medikaments zu ermöglichen und es diesen bekanntzumachen. Allerdings sei Bewerbung nicht generell verboten, sodass das Begehren zu weit gefasst sei. Nicht unzulässig sei eine Bewerbung der Eigenschaften und Wirkungen und der medizinischen Vorzüge des Produkts, die für den Probeeinsatz und zur Beurteilung durch den Verschreibenden erheblich sei. Eine lediglich verkaufsfördernde Bewerbung im Sinne einer Preiswerbung hingegen sei ebenso wie der Hinweis, der Patient werde mit dem Produkt gratis versorgt (wodurch er für die Beklagte als Stammkunde gewonnen werden könne) unzulässig. Das Faltblatt erwecke den Eindruck, die Beklagte verteile Gratismuster ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Beschränkungen bis zum Zeitpunkt der Kassenfreiheit des Produkts. Die Entscheidung, inwieweit die Regelungen des AMG eingehalten würden, liege beim Arzneimittelhersteller, sodass ein nicht unerheblicher Teil der Ärzteschaft durchaus annehmen könne, die Klägerin verteile Ärztemuster - auch gesetzwidrigerweise - über den bloßen Erprobungszweck hinaus und auch in größerer als der zugelassenen Menge, um so den Vorsprung der Mitbewerber, den diese durch den früheren Zeitpunkt der Kassenfreiheit erreicht hätten, wieder auszugleichen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt zulässig sei. Den zutreffenden rechtlichen Ausführungen des Erstgerichts sei zu folgen. Die Abgabe von unverkäuflichen Ärztemustern an Empfänger sei auf den in § 58 Abs 2 Z 1 AMG angesprochenen und damit hinreichend klar aus dem Gesetz hervorgehenden Zweck der Einführung und Erprobung von Arzneispezialitäten eingeschränkt. Dieser Zweck sei, wenn man der Regierungsvorlage folge, für die Regelung des Umfangs von Ärztemustern wie überhaupt für die gesetzliche Zulässigkeit der Abgabe von unverkäuflichen Ärztemustern maßgeblich. Diesem Zweck widerstreite die Abgabe von Gratismustern zum Zwecke der Verkaufsförderung, die nach den Richtlinien 92/28/EWG des Rates vom 31. 3. 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel und 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 6. 11. 2001 zu untersagen gewesen sei, wenn man den Erwägungsgründen der genannten Richtlinien folge. Nationale Rechtsvorschriften seien im Sinne des Wortlauts, aber auch des Zwecks einer Richtlinie auszulegen. Aus dem - schon aus § 58 AMG hervorleuchtenden - eingeschränkten Zweck von Ärztemustern ergebe sich die Unzulässigkeit damit verbundener absatzfördernder Werbung, die mit der Preisgünstigkeit unter Herausstellung der Möglichkeit operiere, Patienten mit dem Produkt gratis zu versorgen. Das Verhalten der Beklagten sei eine Gesetzesverletzung und verstoße auch gegen § 1 UWG.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Preiswerbung bei Medikamenten fehlt; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Nach Auffassung der Beklagten bestehe weder nach nationalen noch nach europarechtlichen Vorschriften ein Werbeverbot, das Preiswerbung für Arzneimittel im Zusammenhang mit der Abgabe von Ärztemustern untersage. Das Rekursgericht habe mit seiner Auslegung des § 58 AMG dessen normativen Gehalt neu bestimmt und eine gesetzlich nicht vorgesehene Werbebeschränkung für Arzneimittelwerbung geschaffen. Ein vom Rekursgericht befürchteter Irrtum von Ärzten über die Abgabemenge von Ärztemustern durch die Beklagte sei solange folgenlos und damit wettbewerbsrechtlich ohne Bedeutung, als die Beklagte nicht tatsächlich die erlaubten Abgabemengen für Ärztemuster überschreite; solches sei aber nicht bescheinigt. Dazu ist zu erwägen:

Bei der Prüfung der Frage, ob mit einer Verletzung einer generellen Norm sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt wird, kommt es - wenn (wie hier) höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt - nach ständiger Rechtsprechung vor allem darauf an, ob die Auffassung des Beklagten über die Rechtmäßigkeit seines Handelns durch die Norm so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann. Trifft dies zu, dann kann von einer sittenwidrigen Wettbewerbshandlung nicht mehr gesprochen werden (ÖBl 2001, 63 - Teppichknoten; ÖBl 2001, 261 - Hausdruckerei je mwN; wbl 2002/326 - K Hitradio; ÖBl 2003, 270 - Screening; jüngst etwa 4 Ob 7/03p uva), ohne dass es noch darauf ankäme, ob die nach Auffassung des Klägers verletzte Norm tatsächlich im Sinne des Beklagten auszulegen ist.

Die von der Klägerin beanstandeten Ankündigungen im Zusammenhang mit der Abgabe von Ärztemustern richten sich nach dem bescheinigten Sachverhalt ausschließlich an Personen, die zur Verschreibung und Abgabe der beworbenen Arzneimittel berechtigt sind; es handelt sich demnach um Fachwerbung gem §§ 55 f AMG. Weder nach diesen Bestimmungen noch nach § 58 AMG, der die Abgabe von Ärztemustern regelt, ist absatzfördernde (Preis )Werbung ausdrücklich verboten.

§ 58 AMG enthält Vorschriften zur mengenmäßigen Beschränkung der Abgabe von unverkäuflichen Ärztemustern, damit - folgt man der Regierungsvorlage - der für den Zweck der Einführung und Erprobung neu auf dem Markt befindlicher Arzneimittel angemessene Umfang der Abgabe nicht überschritten wird (RV 82 abgedruckt bei Michtner/Schuster/Wrbka, Arzneimittelgesetz 206). Der von den Vorinstanzen aus diesen Bestimmungen gezogene Schluss, bei der Abgabe von Ärztemustern sei jede absatzfördernde Werbung verboten, ist weder nach wörtlicher noch nach systematischer oder teleologischer Auslegung zwingend: Absatzfördernde Werbung wird in den genannten Bestimmungen nicht erwähnt und ist somit auch nicht als Verbot im Katalog der Werbebeschränkungen für Fachwerbung enthalten. Auch ist nicht zu erkennen, weshalb absatzfördernde (Preis )Werbung mit den vom Gesetzgeber ausdrücklich genannten Zwecken der beschränkten Abgabe von Ärztemustern in Widerspruch stehen soll, ist doch der Parameter "Preis" für die Markteinführung eines neuen Arzneimittels angesichts des wachsenden Kostenbewusstseins im Gesundheitsbereich nicht nur für den Endverbraucher, sondern auch für Ärzte mit Kassenverträgen (angesichts der in diesem Bereich intensiv diskutierten "Kostendeckelung") von wesentlicher Bedeutung.

Auch aus der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel ergibt sich nicht zwingend Gegenteiliges: Zwar ist nach deren Erwägungsgrund 46 die Abgabe von Gratismustern zum Zwecke der Verkaufsförderung zu untersagen, doch enthält Art 96 der Richtlinie (ebenso wie § 58 AMG) nur Vorschriften zur mengenmäßigen Beschränkung der Abgabe von Gratismustern sowie zur Kontrolle dieser Vorgaben ohne weitergehende inhaltliche Werbeverbote. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch Erwägungsgrund 47 der Richtlinie, wonach die Arzneimittelwerbung bei Personen, die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind, zu deren Information beiträgt.

Es kann daher auch unter Berücksichtigung der gemeinschaftsrechtlichen Gesetzeslage mit gutem Grund vertreten werden, dass Werbung, die über die Angaben von Produkteigenschaften und -wirkungen hinausgeht, insbesondere absatzfördernde (Preis )Werbung, aus Anlass der zulässigen Abgabe von Gratismustern nicht verboten ist (Punkt 1. des Unterlassungsbegehrens). Ein Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG liegt daher insoweit nicht vor.

Zum fehlenden Hinweis in den Ankündigungen der Beklagten, dass die Abgabe von Ärztemustern einer mengenmäßigen Beschränkung unterliege (Punkt 2. des Unterlassungsbegehrens) ist auszuführen, dass selbst eine irreführende Ankündigung nur dann wettbewerbswidriges Handeln im Sinne des § 2 UWG begründet, wenn sie geeignet ist, dem Ankündigenden einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Das beanstandete Verhalten muss geeignet sein, das Verhalten der Marktgegenseite zu Gunsten des Ankündigenden zu beeinflussen ("wettbewerbliche Relevanz"; idS MR 1999, 297 - Mentadent C ADAPTOR; ÖBl 2001, 72 - Bodyguard ua). Von einem Vorsprung in diesem Sinn kann daher nur gesprochen werden, wenn die irreführende Ankündigung geeignet ist, eine Nachfrageverlagerung zu bewirken. Solches ist hier nicht der Fall:

Eine - allein wettbewerbsrechtlich bedeutsame - Nachfrageverlagerung zu Lasten der Mitbewerber kann nicht schon durch einen allfälligen Irrtum der angesprochenen Ärzte über die zu erwartende Abgabemenge eintreten. Die mit Ärztemustern der Beklagten ausgestatteten Ärzte sind nämlich in der Ausgabe dieser Muster an ihre Patienten durch die Anzahl der entgegengenommenen Muster beschränkt. Die Menge der mit Mustern versorgten Patienten bleibt immer dieselbe, ob der Arzt infolge der beanstandeten Werbung nun den Eindruck einer unbeschränkten Nachbestellbarkeit gewonnen hat oder um die gesetzlichen Mengenbeschränkungen bei der Abgabe von Ärztemustern weiß. Damit ist aber dem Argument der Klägerin in der Revisionsrekursbeantwortung der Boden entzogen, ein Wettbewerbsvorsprung der Beklagten ergäbe sich daraus, dass Patienten dazu neigten, ein einmal verschriebenes Arzneimittel, das sie gut vertragen haben, auch in Zukunft einzunehmen.

Nachteile auf Grund irreführender Werbung der Beklagten können der Klägerin daher frühestens durch Überschreiten des gesetzlich zulässigen Kontingents bei der Abgabe von Ärztemustern und einer allenfalls damit verbundenen Nachfrageverlagerung der befürchteten Art entstehen. Dass der Beklagten solches vorzuwerfen sei, hat die Klägerin weder behauptet noch bescheinigt, weshalb auch dieser Teil ihres Begehrens unbegründet ist.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben und der Sicherungsantrag abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 41 Abs 1 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO.