JudikaturJustiz3R19/23w

3R19/23w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Klenk und den Kommerzialrat DI Viehauser, MSc, in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* AG , FN **, **, vertreten durch Singer Fössl Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei Dr. D* , **, als Insolvenzverwalterin im Konkurs über das Vermögen der E* GmbH , FN **, **, wegen EUR 40.562 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 02.12.2022, 10 Cg 15/22v-13, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Das Verfahren wird über Antrag der klagenden Partei fortgesetzt.

II. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird wie im Kopf dieser Entscheidung ersichtlich berichtigt.

III. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es zu lauten hat:

Es wird festgestellt, dass die Klagsforderung mit EUR 40.562 samt Zinsen von 9,2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.12.2021 zuzüglich der Verfahrenskosten erster Instanz von EUR 9.413,66 als Insolvenzforderung zu Recht besteht.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.270,12 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin EUR 545,02 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .

Text

Entscheidungsgründe

Zu I. und II.:

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 27.4.2023 wurde zu 28 S 60/23m über das Vermögen der E* GmbH, FN ** (in der Folge: Schuldnerin) das Insolvenzverfahren eröffnet und Dr. D* zur Insolvenzverwalterin bestellt, weshalb das bereits anhängige Berufungsverfahren gemäß § 7 Abs 1 IO ex lege unterbrochen wurde. Die Klägerin meldete ihre Klagsforderung samt Kosten im Insolvenzverfahren an und beantragte nach Bestreitung derselben durch die Beklagte die Fortsetzung des Verfahrens. Das unterbrochene Berufungsverfahren war daher gemäß § 7 Abs 2 IO wieder aufzunehmen und die Bezeichnung der Beklagten wie aus dem Kopf der Entscheidung ersichtlich richtigzustellen ( Fink in Fasching/Konecny ³ II/3 § 159 ZPO Rz 112).

Zu III.:

Zwischen der Klägerin als Versicherin und der Schuldnerin als Versicherungsnehmerin bestand ein Versicherungsvertrag mit den versicherten Risiken der Zahlungsunfähigkeit und des Zahlungsverzugs der versicherten Kunden der Schuldnerin. Das französische Unternehmen G* war versicherter Kunde der Schuldnerin. Nach den dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen ersetzt der Versicherer dem Versicherungsnehmer Ausfälle an rechtlich begründeten Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrags durch Zahlungsunfähigkeit versicherter Kunden entstehen. Der Versicherungsfall Zahlungsverzug tritt unter anderem dann ein, wenn die versicherte Forderung drei Monate nach Beauftragung der A* H* GmbH nicht vollständig bezahlt wurde.

Da die G* die an sie ausgestellte Rechnung der Schuldnerin – auch nach Betreibungsmaßnahmen der A* H* GmbH - nicht beglich, zahlte die Klägerin im Juli 2021 die Versicherungsleistung in Höhe des Klagsbetrags an die Schuldnerin.

Die Klägerin begehrt gestützt auf § 1431 ABGB die Zurückzahlung der an die Schuldnerin gezahlten Versicherungsleistung. Im Zeitpunkt der Zahlung habe die Klägerin nicht gewusst, dass in Wahrheit kein gedeckter Versicherungsfall vorgelegen sei. Im Zuge der Betreibungsmaßnahmen einer Forderung gegen G* habe sich jedoch herausgestellt, dass der vermeintliche Kunde G* von einem Identitätsdiebstahl betroffen sei und die Waren überhaupt nicht bestellt habe.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass die Klägerin der Schuldnerin eine Zahlung zugesagt habe, sollte es zu einem Zahlungsverzug seitens der G* kommen. Die Schuldnerin sei auf keine Ausschlussgründe hingewiesen worden. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass ein Betrug zum Wegfall des Versicherungsschutzes führe. Zudem liege kein Nachweis vor, dass es sich tatsächlich um einen Betrug handle. Schließlich sei der Klägerin im Auszahlungszeitpunkt bereits bekannt gewesen, dass G* bestritten habe, etwas bei der Schuldnerin bestellt zu haben.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Es traf über den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt hinaus die auf den Seiten 2 bis 4 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. Rechtlich ging es davon aus, dass die Schuldnerin keinen Anspruch auf Leistung einer Versicherungszahlung (gehabt) habe, weil das hier verwirklichte Risiko des Identitätsbetruges aufgrund des klaren Inhalts des Versicherungsvertrags nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei. Mangels Kenntnis vom Vorliegen eines Identitätsbetruges zum Auszahlungszeitpunkt am 27.07.2021 habe die Klägerin irrtümlich eine Nichtschuld beglichen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung mit dem Antrag das Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

Zur Mängelrüge:

1.1 Die Beklagte meint, das Verfahren sei wegen der unterbliebenen Einvernahme der Geschäftsführerin der Schuldnerin mangelhaft geblieben. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 381 ZPO seien mangels ordnungsgemäßer Ladung nicht vorgelegen.

1.2 In der vorbereitenden Tagsatzung vom 18.8.2022 nahm der (damalige) Beklagtenvertreter den für die Einvernahme der Geschäftsführerin der damaligen Beklagten und nunmehrigen Schuldnerin festgesetzten nächsten Verhandlungstermin 16.11.2022 unter Verweis auf § 381 ZPO unter Ladungsverzicht zur Kenntnis (ON 7.2, 5). Zur Verhandlung am 16.11.2022 kam die Geschäftsführerin der Schuldnerin nicht (ON 11.5, 1).

1.3 Die freie Würdigung des Nichterscheinens der Partei nach § 381 ZPO ist nur zulässig, wenn die Partei ordnungsgemäß geladen wurde ( Spenling in Fasching/Konecny ³ III/1 § 381 ZPO Rz 3); bei unberechtigter Anwendung des § 381 ZPO liegt ein Verfahrensmangel vor (RIS-Justiz RS0040679).

Hat eine Partei für einen Rechtsstreit Prozessvollmacht erteilt, haben gemäß § 93 Abs 1 ZPO bis zur Aufhebung der Prozessvollmacht alle diesen Rechtsstreit betreffenden Zustellungen an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu geschehen. Zustellungen dürfen somit nur an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, eine Zustellung an die Partei selbst ist ohne Rechtswirkung (RS0036252). Dies umfasst auch Ladungen der Partei zu ihrer Einvernahme (§ 93 Abs 1 zweiter Satz ZPO). Das Gericht ist daher nach § 93 Abs 1 ZPO verpflichtet, die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten vorzunehmen; mit dem Vollzug dieser Zustellung ist die Partei ordnungsgemäß geladen ( Spenling aaO § 371 ZPO Rz 21; 8 ObA 34/15f). Die bloße Erklärung des Ladungsverzichts durch den Rechtsanwalt der (nicht anwesenden) Partei ist (seit der ZVN 2002) ausreichend. Erklärt der Rechtsanwalt einen Ladungsverzicht für die Partei, liegt es an ihm, sie über die prozessualen Folgen ihres Nichterscheinens zu belehren (vgl Spenling aaO § 381 ZPO Rz 7; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5 § 381 ZPO Rz 2).

1.4 Ausgehend davon war die Geschäftsführerin der Schuldnerin zu ihrer Einvernahme am 16.11.2022 ordnungsgemäß geladen. Die in der Berufung herangezogenen Entscheidungen EFSlg 85.301 (LGZ Wien 25.3.1997, 43 R 78/97g) und EFSlg 36.723 (OGH 10.6.1980, 2 Ob 532/80) ergingen zur alten Rechtslage vor der ZVN 2002. Bis zur ZVN 2002 war die Ladung zur Parteienvernehmung nach einheitlicher Praxis der Partei selbst und nicht einem Vertreter zuzustellen. Mit der ZVN 2002 wurde dem § 371 ZPO ein Abs 2 angefügt, nach dem einer durch einen Rechtsanwalt vertretenen Partei „alle weiteren Ladungen“ zu Handen des Vertreters zugestellt werden konnten, wenn eine Ladung zu ihrer Einvernahme an der angegebenen Adresse nicht zugestellt werden konnte. Mit BGBl I 2009/52 (Budgetbegleitgesetz 2009) wurde § 371 Abs 2 ZPO wieder aufgehoben; stattdessen wurde dem § 93 Abs 1 ZPO, nach dem schon bisher „alle den Rechtsstreit betreffenden Zustellungen“ an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hatten, ein zweiter Satz angefügt, nach dem nunmehr auch – ohne weitere Voraussetzungen – die Ladung zur Parteienvernehmung an den Prozessbevollmächtigten der Partei zuzustellen ist; für eine Zustellung an die Partei selbst bleibt daher kein Raum mehr (siehe Spenling aaO § 381 ZPO Rz 6).

1.5 Das Nichterscheinen einer Partei kann gemäß § 381 ZPO nur dann gewürdigt werden, wenn es „ohne genügende Gründe“ erfolgt. Dass die Geschäftsführerin der Schuldnerin den „Termin offensichtlich falsch verstanden habe und sich daher derzeit in Italien aufhalte“ (ON 11.5, 2) ist keine genügende Entschuldigung für das Fernbleiben von der Verhandlung am 16.11.2022. Die Anwendung des § 381 ZPO durch das Erstgericht ist nicht zu beanstanden.

Ein Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Zur Beweisrüge:

2.1 Die Beklagte bekämpft die Feststellung:

Die Beklagte schloss mit der G* keinen Vertrag ab, sondern wurde Opfer eines Identitätsbetruges (Beilage ./I).

Stattdessen begehrt die Beklagte die Ersatzfeststellung:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beklagte Opfer eines Identitätsbetruges wurde.

2.2 Das Erstgericht stützte die Feststellung auf die Urkunde Beilage ./I und führte in der Beweiswürdigung aus, dass aus dieser klar hervorgehe, dass die G* auch schon vor dem gegenständlichen Fall Opfer von Identitätsbetrügern gewesen sei und dass G* mit der Schuldnerin keinen Vertrag geschlossen habe. Es würden keine widerstreitenden Beweisergebnisse vorliegen und auch aus den von der Beklagten vorgelegten Urkunden Beilagen ./7 und ./8 lasse sich nichts Gegenteiliges ableiten.

2.3 Die Beklagte meint, aus der Urkunde ./I gehe nicht unzweifelhaft hervor, dass ein Identitätsbetrug vorliege. Aus der Weigerung der G*, eine Anzeige wegen des Identitätsbetruges einzubringen, lasse sich schließen, dass sie sich nicht sicher gewesen sei, ob ein Identitätsbetrug vorliege. Die bloße Behauptung nach kurzer Durchsicht der Unterlagen, dass die Waren nicht bestellt worden seien, stelle keinen ausreichenden Beweis dar, zumal die Verfasserin der Beilage ./I nicht einvernommen worden sei. Es sei nicht klar, welche Kenntnis diese von den einzelnen Bestellungen habe und welche Aufgaben sie im Unternehmen wahrnehme.

2.4 Zunächst ist – entgegen der Ansicht der Beklagten – der in Beilage ./I enthaltenen E-Mail-Korrespondenz eine Weigerung Anzeige zu erstatten nicht zu entnehmen. Vielmehr erklärt die Assistentin der Geschäftsleitung der G*, dass nicht in jedem Fall von Identitätsbetrug der vergangenen zwei Jahre Anzeige erstattet werde; allerdings werde jeder Fall der Gendarmerie weitergeleitet, die bereits „an dem Fall dran“ sei. Da die Assistentin der Geschäftsleitung der G* in dieser E-Mail-Korrespondenz ausdrücklich bestätigt, dass ein Identitätsdiebstahl vorliege und die Waren nicht von G* bestellt worden seien, ist nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht vom Vorliegen eines Identitätsdiebstahls ausging.

Wenn die Beklagte die Aussagekraft der Beilage ./I mit der Begründung bezweifelt, dass die Verfasserin der E-Mails nicht einvernommen worden sei, ist sie darauf zu verweisen, dass deren Einvernahme von der Beklagten nicht beantragt wurde. Beweisergebnisse, die das Vorliegen eines Identitätsdiebstahls zumindest zweifelhaft erscheinen ließen, nennt die Beklagten in ihrer Beweisrüge nicht.

Stichhaltige Gründe gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung kann die Beklagte also nicht ins Treffen führen.

3.1 Die Beklagte bekämpft die Feststellung:

Diese Information (nämlich von G*, dass von einem Identitätsbetrug auszugehen sei) teilte die A* H* GmbH der Beklagten am 12.07.2021 (Beilage ./4) mit, nicht allerdings der Klägerin.

Stattdessen begehrt sie die Ersatzfeststellung:

Diese Information teilte die A* H* GmbH der Beklagten am 12.07.2021 (Beilage ./4) und der Klägerin mit.

3.2 Das Erstgericht stützte die bekämpfte Feststellung auf die vorgelegten Urkunden und die Aussage des zuständigen Sachbearbeiters der Klägerin I* J*.

3.3 Die Beklagte meint, aus den Beilagen ./2 - ./6 ergebe sich, dass keine Trennung zwischen der Klägerin und der A* H* GmbH stattfinde, weil sich die beiden Unternehmen die E-Mail-Domain, die Webseite und die Mitarbeiter teilen. Aus der Aussage des Zeugen J* ergebe sich, dass die Mitarbeiter der Klägerin im fraglichen Zeitpunkt auch für die A* H* GmbH tätig gewesen seien. Eine Verleihung der Mitarbeiterin K* ergebe sich aus dessen Aussage jedoch nicht, sondern sei dies lediglich von der Klägerin vorgebracht worden. Eine Beweiswürdigung dahingehend, dass die Mitarbeiterin K* an die A* H* GmbH verliehen gewesen sei, sei somit nicht zulässig. Es sei zudem jedenfalls davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der H* GmbH die im selben Haus befindlichen Mitarbeiter der Klägerin umgehend über mögliche Betrugsfälle informieren.

3.4 Zunächst ist festzuhalten, dass der Zeuge J* - dessen Aussage vom Erstgericht als glaubwürdig beurteilt wurde - angab, dass er (und damit die Klägerin) im Zeitpunkt der Auszahlung der Versicherungsleistung nichts von einem angeblichen Identitätsbetrug wusste (ON 11.5, 4). Es ist zwar richtig, dass sich – entgegen den Ausführungen des Erstgerichts - aus der Aussage des Zeugen J* nicht ergibt, dass die für die A* H* GmbH agierende Mitarbeiterin M* K* in der fraglichen Zeit an die A* H* GmbH verliehen gewesen sei. Allerdings sagte der Zeuge J* aus, dass M* K* eine Mitarbeiterin der A* H* GmbH sei. Dass die Klägerin und die A* H* GmbH zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten sind, wird von der Beklagten zu Recht nicht in Zweifel gezogen. Allein aus Synergien bei der Adresse und dem Internet-Auftritt kann noch nicht von einer Art „Wissenszurechnung“ zwischen Mitarbeitern verschiedener Unternehmen ausgegangen werden. Von einem typischen Geschehensablauf, dass Mitarbeiter der A* H* GmbH die im selben Haus befindlichen Mitarbeiter der Klägerin „umgehend“ über mögliche Betrugsfälle informieren, kann – entgegen der Argumentation der Beklagten – ebenfalls nicht ausgegangen werden.

Darüber hinaus steht die von der Beklagten angestrebte Ersatzfeststellung im Widerspruch zu den unbekämpft gebliebenen Feststellungen, dass die A* H* GmbH bei Übermittlung der Unterlagen am 21.7.2021 den Identitätsbetrug nicht kommuniziert habe und I* J* bzw der Klägerin im Zeitpunkt der Auszahlung der Verdacht des Vorliegens eines Identitätsbetrugs nicht bewusst gewesen sei (US 4).

Die Beweisrüge bleibt daher auch in diesem Punkt ohne Erfolg.

4.1 Schließlich bekämpft die Beklagte die Feststellung:

Bei den Vertragsgesprächen erklärte der für die Neukundenakquise der Klägerin zuständige N* der Geschäftsführerin der Beklagten die dem abzuschließenden Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Bedingungen und ging dabei auf die einzelnen Punkte des Versicherungsscheines (Beilage ./A), der AVB Easy 2014 (Beilage./G) und der Zusatzbedingungen (Beilage./C) ein.

N* kommunizierte der Geschäftsführerin der Beklagten nie, dass der Versicherungsschutz auch bei Zahlungsausfall wegen eines Identitätsbetruges gegeben sei.

Sie begehrt die Ersatzfeststellung:

Bei den Vertragsgesprächen zwischen dem für die Neukundenakquise der Klägerin zuständigen N* und der Geschäftsführerin der Beklagten wurden die dem abzuschließenden Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Bedingungen und eine Versicherungsdeckung für Betrugsfälle besprochen. N* kommunizierte der Geschäftsführerin der Beklagten, dass der Versicherungsschutz auch bei Zahlungsausfall wegen eines Identitätsbetrugs gegeben sei.

4.2 Die Beklagte meint auch unter diesem Berufungsgrund, dass das Erstgericht das Fernbleiben der Geschäftsführerin der Schuldnerin nicht nach § 381 ZPO hätte würdigen dürfen. Zudem bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Geschäftsführerin „keine in ihrem Sinne entscheidenden Angaben machen“ hätte können; sie hätte in diesem Fall anders über ihren Anspruch disponieren können.

4.3 Die Frage, ob § 381 ZPO herangezogen werden kann, ist eine Verfahrensfrage; die unrichtige Anwendung des § 381 ZPO verwirklicht daher einen Verfahrensmangel und ist im Zuge einer Verfahrensrüge geltend zu machen. Lediglich die Frage, wie das Gericht das Verhalten der Partei würdigt, ist eine solche der Beweiswürdigung (vgl. RS0040661, RS0040679; Spenling in Fasching/Konecny 3 III/1 § 381 ZPO Rz 14).

Der Gesetzgeber überlässt es der freien richterlichen Beweiswürdigung, welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, dass sich die Partei ihrer Vernehmung entzieht, indem sie „ohne genügende Gründe“ nicht erscheint oder die Aussage (die Beantwortung einzelner Fragen) oder die Ablegung des Eides verweigert ( Spenling in Fasching/Konecny 3 III/1 § 381 ZPO Rz 1).

Da die Partei im Prozess ihren eigenen Standpunkt vertritt, der dem Gericht aus dem Vorbringen bekannt ist, ist ein Schweigen idR dahingehend zu werten, dass eine Aussage zum konkreten Beweisthema für den Prozessstandpunkt der Partei nachteilig wäre ( Körber-Risak in Höllwerth/Ziehensack (Hrsg), ZPO Praxiskommentar (2019) § 381 ZPO, Rz 2).

Was die Beklagte damit meint, dass die Geschäftsführerin der Schuldnerin „über ihren Anspruch anders disponieren“ hätte können, bleibt unklar. Die Beklagte unterlässt es nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen das unentschuldigte Fernbleiben der Geschäftsführerin der Schuldnerin anders – nämlich nicht nachteilig für die Beklagte – gewertet hätte werden sollen.

5. Die Bestätigung des Ersturteils hat mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe zu erfolgen: Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten kann gegen diese während des Insolvenzverfahrens kein Leistungsurteil erwirkt werden. Durch die Aufnahme des zunächst unterbrochenen Verfahrens wird der bisherige Leistungsprozess gemäß § 113 IO zu einem Prüfungsprozess nach § 110 IO. Die deshalb notwendige Klagsänderung ist ohne Bedachtnahme auf die sonstigen Voraussetzungen einer derartigen Prozesshandlung zulässig. Sie ist auf Antrag oder auch von Amts wegen (RS0065967) in jeder Lage des Verfahrens, also auch im Berufungsstadium, vorzunehmen (RS0041103 [T8]). Da das Berufungsgericht bestätigend entschieden hat, ist der Urteilsspruch auf Feststellung einer Insolvenzforderung umzustellen beziehungsweise ist die angefochtene Entscheidung mit einer solchen Maßgabe zu bestätigen (6 Ob 35/14m). Obsiegt die klagende Partei sind auch die ihr vor Konkurseröffnung entstandenen Verfahrenskosten als Insolvenzforderung festzustellen (vgl 8 ObA 146/01f; 9 ObA 14/02b). Im Sinne dieser Rechtslage war daher dem Verfahren das Begehren auf Feststellung einer Insolvenzforderung zugrunde zu legen und die angefochtene Entscheidung mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 50 ZPO.

7. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil mangels Rechtsrüge keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten war.