JudikaturJustiz3Ob6/01f

3Ob6/01f – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Juni 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zankl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 - 19, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (§ 14 AbgEO), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 23. November 2000, GZ 53 R 344/00w-21, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 16. August 2000, GZ 6 C 13/00v-12, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Aufgrund des Rückstandsausweises eines Finanzamtes führt dieses gegen einen Abgabenschuldner Exekution nach der AbgEO.

In ihrer mit "Widerspruch gemäß § 37 EO iVm § 14 AbgEO" bezeichneten Klage begehrte die klagende Partei, mit Urteil die Vornahme ((der Exekution)) bezüglich einer Gläserspülmaschine und einer Espressomaschine als unzulässig zu erklären.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Berufung als verspätet mit folgender Begründung zurück:

Gemäß § 224 Abs 1 Z 5 ZPO seien die in §§ 35 bis 37 EO bezeichneten Streitigkeiten Ferialsachen. Die Widerspruchsklage nach § 14 AbgEO entspreche der Widerspruchsklage nach § 37 EO. Die für die Widerspruchsklage nach § 37 EO geltenden Verfahrensbestimmungen seien daher analog auch auf das gerichtliche Verfahren über eine Klage nach § 14 AbgEO anzuwenden. Auch die vorliegende Exszindierungsklage sei daher eine Ferialsache, weshalb die Gerichtsferien keinen Einfluss auf die Berechnung der Berufungsfrist hätten. Bei Zustellung des angefochtenen Urteils am 21. 8. 2000 habe somit die Berufungsfrist am 18. 9. 2000 geendet. Die erst am 19. 9. 2000 zur Post gegebene Berufung sei somit verspätet.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der irrig als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rekurs der klagenden Partei, mit dem sie die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses des Berufungsgerichtes anstrebt.

Der Rekurs ist nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls (ohne Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes und das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen) zulässig (Kodek in Rechberger, ZPO2 § 519 Rz 1 und 3 mN).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Zu Recht ging bereits das Berufungsgericht und geht nunmehr auch die klagende Partei davon aus, dass es sich bei der vorliegenden Klage um eine solche nach § 14 AbgEO (und somit nicht nach § 37 EO) handelt. Zu Unrecht macht die klagende Partei geltend, es handle sich bei Verfahren über solche Klagen nicht um Ferialsachen kraft Gesetzes, weil sie in § 224 Abs 1 ZPO nicht aufgezählt seien. Unverständlich und unrichtig ist zudem die Ansicht der Rekurswerberin, bei der AbgEO handle es sich um eine Verordnung und nicht, wie sich aus dem Bundesgesetzblatt (1949/104) ergibt, um ein Bundesgesetz.

Entscheidend für die Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung der klagenden Partei ist es, ob die Berufungsfrist durch die Gerichtsferien gemäß § 225 Abs 1 ZPO um den noch übrigen Teil ihrer Dauer verlängert wurde. Ist dies der Fall, war die Berufung, die innerhalb der dann hiefür offen stehenden Frist von vier Wochen nach dem Ende der Gerichtsferien zur Post gegeben wurde, noch rechtzeitig. Verspätet ist sie nur dann, wenn es sich beim vorliegenden Rechtsstreit um eine Ferialsache handeln würde. Da die Rechtssache nicht gemäß § 224 Abs 2 ZPO zu einer Ferialsache erklärt wurde, ist eine Ferialsache nur dann gegeben, wenn eine der im § 224 Abs 1 ZPO genannten Streitigkeiten vorliegt. Der Katalog der Rechtsstreitigkeiten in diesem Absatz ist taxativ, wie der erkennende Senat bereits in der Entscheidung ZIK 1998, 140 ausgesprochen hat. Dies entspricht auch der Meinung der Lehre, soweit sie dazu Stellung genommen hat (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2§ 224 Rz 7; Rechberger/Simotta, Erkenntnisverfahren5 Rz 344).

In der Entscheidung 3 Ob 229/97f (tlw veröffentlicht in ZIK 1998, 140) hat der erkennende Senat dargelegt, dass grundsätzlich der Analogieschluss bei Auslegung der Zivilverfahrensgesetze nicht ausgeschlossen ist, es jedoch die Gründe der Rechtssicherheit über den prozessualen Fristenlauf angesichts der eindeutigen Bestimmungen des § 224 Abs 1 Z 5 ZPO verbieten, den Ausnahmetatbestand auf andere als die in den §§ 35 bis 37 EO bezeichneten Streitigkeiten auszudehnen. Damals ging es um die Beurteilung eines Widerspruches nach § 84 EO idF der EO-Novelle 1995. Im vorliegenden Fall kann allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klage nach § 14 AbgEO derjenigen nach § 37 EO nachgebildet ist (RdW 1994, 247; JBl 1995, 180 ((Schumacher)), ja dass sich der Tatbestand der Klage nach der AbgEO mit dem des § 37 EO teilweise wörtlich deckt. Es kann auch an einer gleich hohen Dringlichkeit der Entscheidung nichts Wesentliches ändern, dass betreibende Partei nach der AbgEO anders als in den Fällen der EO stets eine Gebietskörperschaft ist und es um die Eintreibung von Abgabenschulden geht. Berücksichtigt man weiters, dass nach der Formulierung des § 224 Abs 1 Z 5 ZPO unter anderem die in § 37 EO "bezeichneten" Streitigkeiten Ferialsachen sind, dass aber sowohl in der Überschrift zu dieser Bestimmung als auch in der zu § 14 AbgEO die Klage als "Widerspruch Dritter" bezeichnet wird, ist es gerechtfertigt, diese Formulierung dahin auszulegen, dass davon auch die Klage nach § 14 AbgEO erfasst ist. Dem entspricht, dass Gitschthaler (aaO) ebenfalls eine nicht zu enge Auslegung des § 224 Abs 1 ZPO befürwortet.

Schließlich deutet die Bestimmung des § 14 Abs 5 AbgEO darauf hin, dass der Gesetzgeber selbst die in § 14 AbgEO geregelte Klage als Klage nach § 37 EO ansah. Er übertrug dort nämlich zwar die Bewilligung der Vollstreckungsaufschiebung den Gerichten, sah hiefür aber keinen eigenen Tatbestand vor, was die Annahme nahelegt, dass er den Aufschiebungsgrund nach § 42 Abs 1 Z 5 EO als gegeben ansah; von den dort genannten Tatbeständen kommt aber nur derjenige des § 37 EO in Betracht, zumal die Klage nach § 14 AbgEO nicht als Klage auf Unzulässigerklärung der Exekution "aus anderen Gründen" angesehen werden kann, werden damit doch dieselben Rechte wie mit der Klage nach § 37 EO geltend gemacht. Ferner bedeutet die Zitierung des § 44 EO in § 14 Abs 5 AbgEO, dass damit der allein für Klagen nach § 37 EO geltende § 44 Abs 2 Z 2 EO für anwendbar erklärt wird, was ebenfalls ein Argument dafür bildet, dass der Gesetzgeber die Klage nach § 14 AbgEO mit jener nach § 37 EO gleichbehandelt wissen wollte.

Die klagende Partei, die selbst ihre Klage als Widerspruch gemäß § 37 EO iVm § 14 AbgEO bezeichnet hat, kann sich demnach durch die dargelegte, auch vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht nicht für beschwert erachten. Dem Rekurs war somit nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO.