JudikaturJustiz3Ob59/00y

3Ob59/00y – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. August 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F*****, vertreten durch Dr. Gerhard Huber und Dr. Michael Sych, Rechtsanwälte in Wien, gegen die verpflichtete Partei E***** Bank *****, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in Wien, wegen DM 6,664,417 sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Jänner 2000, GZ 46 R 2/00-40, mit dem aus Anlass des Rekurses der verpflichteten Partei der Beschluss des (damaligen) Exekutionsgerichtes Wien (nunmehr Bezirksgericht Josefstadt) vom 14. Februar 1992, GZ 10 E 2039/93b (früher 7 E 2549/92)-1 und das gesamte Verfahren als nichtig aufgehoben und der Exekutionsantrag zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

2. Der Eventualantrag der betreibenden Partei, die Bezeichnung der verpflichteten Partei zu berichtigen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei bezeichnete in dem am 14. 2. 1992 beim (damaligen) Exekutionsgericht Wien eingebrachten Exekutionsantrag die verpflichtete Partei mit "E***** Bank ***** und führte als deren Vertreter "Dr. Günter Maier, Rechtsanwalt, DW-8000 München 40, Franz-Josef-Straße 5, als Liquidator" an. Das Exekutionsgericht Wien bewilligte mit Beschluss vom 14. 2. 1992 die beantragte Exekution auf Grund des vollstreckbaren Versäumungsurteils des Handelsgerichtes Wien vom 11. 12. 1991 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei von DM 6,664.417 sA durch Pfändung des Herausgabeanspruchs der verpflichteten Partei gegen das Landesgericht für Strafsachen Wien auf die mit Verwahraufträgen dieses Gerichtes vom 27. 6. 1990 und vom 12. 3. 1991 im Verfahren 26 b Vr 4985/90 erlegten beweglichen Sachen aller Art, insbesondere auch Inhaberpapiere, sowie der im § 296 EO angeführten Wertpapiere und Einlagebücher, Überweisung dieses gepfändeten Herausgabeanspruchs zur Einziehung unbeschadet etwa früher erworbener Rechte dritter Personen, sowie durch Verwahrung und Verkauf dieser Vermögenswerte bzw durch Behebung von Spareinlagen und aus den Verwahrungsaufträgen ersichtlichen Barguthaben durch den Gerichtsvollzieher und Aushändigung der behobenen Beträge an die betreibende Partei zu Handen ihrer Vertreter.

Die Exekutionsbewilligung wurde an Rechtsanwalt Günter Maier als Liquidator der verpflichteten Partei am 16. 3. 1992 im Rechtshilfeweg durch das Amtsgericht München zugestellt.

Weiters wurde die Exekutionsbewilligung am 19. 2. 1992 dem Landesgericht für Strafsachen Wien zugestellt.

Der Akt wurde mit Beschluss vom 4. 1. 1993 dem Bezirksgericht Josefstadt gemäß BG BGBl 756/92 abgetreten.

Die betreibende Partei stellte am 24. 8. 1994 im Hinblick darauf, dass sich die Vermögenswerte nunmehr in der Verfügung des Bezirksgerichtes Josefstadt befänden, den Antrag auf Verwertung des Pfandrechtes und Überweisung des gesamten Forderungsbetrages an ihre Rechtsvertreter (ON 8).

Das Erstgericht wies diesen Verwertungsantrag des betreibenden Gläubigers mit Beschluss vom 26. 9. 1994 ab.

Über Aufforderung des Erstgerichtes legte Rechtsanwalt Günter Maier mit Schriftsatz ON 15 den Handelsregisterauszug 25 Ic 1978 der verpflichteten Partei über seine Eintragung als Liquidator vor.

Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 21. 9. 1995 dem Rekurs der betreibenden Gläubiger Folge, hob den Beschluss des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Verwertungsantrag nach Rechtskraft der Exekutionsbewilligung auf.

In der Begründung führte das Rekursgericht aus, "aus Anlass des Rekurses" sei der angefochtene Beschluss aus folgenden Erwägungen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Zustellung der Exekutionsbewilligung an die durch die Regierung des Fürstentums Liechtenstein bestellte Liquidatorin der verpflichteten Partei Coopers Lybrand AG, Stampfenbachstraße 73, CH-8035 Zürich, und Eintritt der Rechtskraft der Exekutionsbewilligung aufzutragen:

Verwertungshandlungen wie die von der betreibenden Partei beantragten, welche die gepfändeten Werte endgültig dem Vermögen der verpflichteten Partei entziehen, seien erst nach Eintritt der Rechtskraft der Exekutionsbewilligung zulässig (vgl § 169 Abs 3, § 266 Abs 1 EO). Mängel der gesetzlichen Vertretung seien bei Überprüfung der gehörigen Zustellung der Exekutionsbewilligung jederzeit von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 78 EO, § 6 Abs 1 ZPO). Aus den aus Anlass des Rekurses eingesehenen Akten 2 Nc 203/94s des Erstgerichtes (Erlagsakt), 4 d Vr 4985/90, Hv 3308/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (Strafakt gegen Dkfm Walter P*****) sowie 16 Cg 426/93 des Handelsgerichtes Wien ergebe sich zur Frage der gehörigen Vertretung folgender Sachverhalt:

In der Entscheidung vom 14. Juli 1993, 8 Ob 634/92, welche im Zuge der Einschränkung des Verfahrens 16 Cg 426/93h des Handelsgerichtes Wien auf die Frage, ob die hier verpflichtete und dort erstbeklagte Partei E***** Bank ***** i. L. durch die amtlich bestellte Liquidatorin Coopers Lybrand AG oder durch den von den Aktionären bestellten Liquidator Günter Maier, Rechtsanwalt in München, vertreten sei, sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass in dem Fall, dass sich der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung der E***** Bank ***** in Österreich befinden sollte, die E***** Bank durch ihren gesellschaftsrechtlich unstrittig rite bestellten und in der Folge - soweit aktenkundig - auch nicht wieder abberufenen oder sonst wie ersetzten Liquidator Günter Maier vertreten werde. Sei der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung jedoch in Liechtenstein, so sei die vom Fürstentum Liechtenstein amtlich bestellte Liquidatorin Coopers Lybrand AG auch hinsichtlich aller im Ausland befindlichen Vermögenswerte ausschließlich vertretungsbefugt, soferne diese nur in der Bilanz der E***** Bank als Aktivum ausgewiesen seien. Hingegen sei der in Liechtenstein bestellte Konkursverwalter hinsichtlich des in Österreich liegenden Vermögens nicht vertretungsbefugt und die in Liechtenstein erfolgte Konkurseröffnung habe mangels Konkursabkommens zwischen Österreich und Liechtenstein auf ein Verfahren über in Österreich gelegenes Vermögen keine Auswirkungen.

Die verpflichtete Partei wurde am 22. 6. 1978 in das Handelsregister des Staates St. Vincent and the Grenadines eingetragen. In der außerordentlichen Generalversammlung vom 23. 4. 1990 wurde die freiwillige Liquidation beschlossen und Günter Maier zum Liquidator bestellt. Mit Entscheidung der Regierung des Fürstentums Liechtenstein vom 30. 1. 1990 wurde die Liquidierung der exekutionsrechtlich betrachtet im Fürstentum Liechtenstein liegenden Vermögenswerte der verpflichteten Partei verfügt und die Coopers Lybrand AG zur Liquidatorin der Zweigniederlassung in Liechtenstein bestellt. Mit Beschluss vom 25. 10. 1990, S 404/90, eröffnete das fürstlich-liechtensteinische Landesgericht das Konkursverfahren über das Vermögen der hier verpflichteten Partei und bestellte Rechtsanwalt Dr. Gabriel Marxer, 9492 Eschen, zum Masseverwalter (Edikt bei ON 379 des Erlagsaktes).

Zur Frage des faktischen Sitzes der Hauptverwaltung der verpflichteten Partei:

Alleinaktionärin der verpflichteten Partei war bis 16. 10. 1984 die C***** AG. Sodann übernahm Dkfm Walter P***** allmählich sämtliche Aktien. Zeichnungsberechtigte Vorstandsmitglieder waren bis 12. 3. 1990 Ingrid M***** und Yvonne M*****, welche ihre Tätigkeit im Fürstentum Liechtenstein entfalteten; von 12. 3. 1990 bis 22. 4. 1990 sodann Dkfm Walter P*****, und ab 23. 4. 1990 der Liquidator Günter Maier. Die jährlichen ordentlichen Generalversammlungen der E***** Bank fanden in den Räumlichkeiten ihres Anwaltes Dr. Peter Wolff in Vaduz statt. Tatsächlicher Entscheidungsträger war jedoch bis zur Liquidation Dkfm Walter P*****, der als Generalbevollmächtigter von Wien aus agierte. Die Vertretungshandlungen der registermäßig vertretungsbefugten Organe wurden im Fürstentum Liechtenstein gesetzt ..... Die Tätigkeit der E***** Bank bestand hauptsächlich in der Vergabe von Kleinkrediten, der Hereinnahme von Festgeldanlagen und dem Ankauf von notleidenden titulierten Forderungen. Der umfangreiche Postverkehr wurde ausschließlich über die C***** AG in Schaan abgewickelt. Die Buchhaltung wurde in Wien geführt (Strafurteil). Das Büro von Dkfm Walter P***** befand sich gleichfalls in Wien. Im geschäftlichen Verkehr wurde als Sitz nur Kingstown, St. Vincent, Postfach 881, angegeben. Rechtsverbindliche Erklärungen der E***** Bank wurden als in Kingstown abgegeben deklariert, obwohl sie von Dkfm P***** in Wien unterzeichnet wurden. Auf dem Geschäftspapier wurden als mögliche Adressen zur Kontaktaufnahme mit der verpflichteten Partei in Europa angeführt: "Name und Anschrift unserer Hauptaktionärin: C***** AG, FL.-9494 Schaan, Sax-Gasse 2, Postfach 455, Telefon Nr.075/28120 (Fürstentum Liechtenstein)" sowie teilweise "DK-1209 Kopenhagen, Badstuestraede 18". Bei allfälligen Fragen waren die Angestellten des Dkfm P***** angewiesen, vorzugeben, dass Telefongespräche aus Liechtenstein geführt würden. Für persönliche Vorsprachen wurden Kunden in das Büro der "Hauptaktionärin" C***** AG in Schaan verwiesen.

Aus diesen Feststellungen ergebe sich, dass der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung als jener Ort, an dem üblicherweise die leitenden Entscheidungen des ständigen Geschäftsbetriebes und der laufenden Verwaltung gefasst wurden, in Liechtenstein gewesen sei. Dkfm Walter P***** habe zwar von Wien aus agiert, sei jedoch als maßgeblicher Entscheidungsträger nach außen hin nicht in Erscheinung getreten. Für den außenstehenden Dritten habe die Europa Bank im Fürstentum Liechtenstein am Sitz ihrer Hauptaktionärin, der C***** AG, agiert.

Gegenstand dieses Exekutionsverfahrens sei nach dem Vorbringen der betreibenden Parteien ein in Österreich befindlicher Vermögenswert der verpflichteten Partei, der in der Bilanz als Aktivum aufgeschienen sein müsse (sonst wäre die Exekution ja ins Leere gegangen). Auf Grund der Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes (8 Ob 634/92) sei daher davon auszugehen, dass die verpflichtete Partei in diesem Verfahren nur von der amtlich bestellten Liquidatorin Coopers Lybrand AG vertreten werden kann, nicht aber durch Rechtsanwalt Günter Maier.

Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht daher nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Exekutionsbewilligung der Coopers Lybrand AG, Stampfenbachstraße 73, CH-8035 Zürich, zuzustellen und erst nach Rechtskraft der Exekutionsbewilligung über den Verwertungsantrag neuerlich zu entscheiden haben.

Der Oberste Gerichtshof gab mit Beschluss vom 28. 8. 1997, 3 Ob 93/97s, dem Rekurs, den die betreibende Partei gegen den wiedergegebenen Beschluss des Rekursgerichtes vom 21. 9. 1995 erhob, nicht Folge und führte hierin aus:

"Das Rekursgericht geht zutreffend davon aus, dass die beantragte Verwertung erst nach Rechtskraft der Exekutionsbewilligung zulässig ist (§ 266 Abs 1, § 327 Abs 2 EO); es hat daher von Amts wegen bei Prüfung der ordnungsgemäßen Zustellung der Exekutionsbewilligung an die verpflichtete Partei die Frage der Vertretung der verpflichteten Partei releviert. Auf Grundlage der vom Rekursgericht hiezu nach Verfahrensergänzung unter Beteiligung der Parteien getroffenen Feststellungen ist hiezu folgendes zu erwägen:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der - ebenfalls die nunmehr verpflichtete Partei betreffenden - Entscheidung 8 Ob 634/92 (JBl 1994, 416 = ecolex 1993, 751 = GesRZ 1993, 238 = ÖBA 1994, 165 = ZfRV 1994, 79 [Hoyer]) zur Frage der Befugnis der Vertretung der nunmehr verpflichteten Partei im dortigen Rechtsstreit ausführte, unterstellt § 12 IPRG die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer juristischen Person ihrem Personalstatut; das ist nach § 10 IPRG das Recht des Staates, in dem das Gebilde den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung hat (vgl BGHZ 97, 269, 271; Heldrich in Palandt56 2212). Österreich folgt damit der in Kontinentaleuropa vorherrschenden Sitztheorie. Maßgebend ist somit der Ort der Tätigkeit der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen zur Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (Schwimann in Rummel2 Rz 2 zu § 10 IPRG mwN; vgl BGHZ 97, 269, 272; Heldrich aaO 2213; Assmann in GroßkommAktG4 Einl Rz 552; Großfeld in Staudinger13, Internationales Gesellschaftsrecht Rz 219 ff; ähnlich Ebenroth in MünchKomm2 Rz 179 nach Art 10 EGBGB). Unerheblich ist der Ort, den eine Briefkastenfirma als ihren Sitz angibt (Heldrich aaO). Nach dem Personalstatut entscheidet sich insbesondere, ob das Gebilde rechtsfähig ist und rechtsfähig wurde (BGHZ 128, 41, 44; Heldrich aaO; Assmann aaO Rz 558 mwN in FN 106). Eine Folge der Sitztheorie ist es dann aber, dass juristische Personen, die in Staaten, in denen die Gründungstheorie gilt, registriert sind, zwar dort, aber nicht in dem Staat, in dem sich ihr Hauptsitz befindet, Träger von Rechten und Pflichten sein können (vgl Wengler in BGB-RGRK12 VI/1 734f mit dem Beispiel eines Gefälligkeitsstatutes [Seychellen] in VI/2 1095 FN 8a). Nach dem vorliegenden Sachverhalt hatte die verpflichtete Partei bis zur Bestellung eines Liquidators nicht in St. Vincent and the Grenadines den Hauptsitz ihrer Verwaltung. Die Verweisung des IPRG auf das Personalstatut einer juristischen Person oder sonstigen Verbindung ist grundsätzlich eine Gesamtverweisung; sie schließt daher die Beachtlichkeit von Rück- und Weiterverweisungen ein (Schwimann aaO Rz 3). Daraus folgt, dass für den österreichischen Rechtsbereich die Rechtspersönlichkeit grundsätzlich (mangels Gründung und Errichtung einer AG oder einer GmbH) dann zu verneinen ist, wenn sie weder im Gründungsstaat noch in einem Staat, der der Gründungstheorie folgt, sondern in einem Staat, für den die Sitztheorie gilt, ihren Hauptsitz hat, sie dort recte nicht errichtet wurde, sodass ihr dort Rechtsfähigkeit nicht zukommt, es sei denn, dieser Staat verweise auf das Recht eine anderen Staates, der der Gründungstheorie folgt (vgl Assmann aaO zu Rz 555 f).

Das Rekursgericht stellte nunmehr für die Frage des anzuwendenden Rechtes auf einen Zeitpunkt vor der Bestellung des Liquidators durch den Gründungsstaat (23. 4. 1990) ab. Ganz abgesehen davon, dass auf Grund der von ihm getroffenen Feststellungen nur der Schluss gezogen werden könnte, der Sitz der Hauptverwaltung wäre vor diesem Zeitpunkt in Österreich gewesen, war doch tatsächlicher Entscheidungsträger bis zur Liquidation Dkfm Walter P*****, der von Wien aus agierte, wo auch die Buchhaltung geführt wurde. Die leitenden Entscheidungen des laufenden Geschäfts- und Verwaltungsbetriebes wurden somit in Wien gefasst, wo Dkfm Walter P***** als alleiniger Entscheidungsträger sein Büro hatte. Demgegenüber ist der Umstand, dass die jährlichen ordentlichen Generalversammlungen in Liechtenstein stattfanden, wo auch die Vertretungshandlungen der registermäßig vertretungsbefugten Organe gesetzt wurden, nicht von Bedeutung, da hiebei nicht die tatsächlich maßgeblichen Entscheidungen getroffen wurden, kommt es für das vorliegende Exekutionsverfahren ausschließlich darauf an, welchem Personalstatut die verpflichtete Partei ab dem Tag der Exekutionsbewilligung (2. 2. 1994 [richtig 14. 2. 1992]) unterstand. Für eine abschließende Beurteilung mangelt es hiefür an einer tatsächlichen Entscheidungsgrundlage, konnte doch in der Zeit zwischen 22. 4. 1990 und 2. 2. 1994 [richtig 14. 2. 1992] der Sitz der Verwaltung in einen Staat verlegt worden sein, der der Gründungstheorie folgt oder auf den das Recht des Sitzstaates weiterverweist. Bei dieser Sachlage ist noch vor der Prüfung der gehörigen Vertretung überhaupt zu klären, ob es sich bei der verpflichteten Partei überhaupt um ein parteifähiges Gebilde handelt. Bei der Behandlung der Parteifähigkeit einer solchen Briefkastenfirma - zum Erkenntnisverfahren vgl Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht3 Rz 2210; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht**2 Rz 530 ff; Nagel, Internationales Zivilprozeßrecht3 Rz 263 f - sind die Besonderheiten des Exekutionsverfahrens zu beachten:

Grundsätzlich gelten die für das Erkenntnisverfahren wesentlichen Prozessvoraussetzungen auch als Exekutionsvoraussetzungen (Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 20). Dies gilt auch für die Parteifähigkeit, die auch im Exekutionsverfahren eine Prozessvoraussetzung darstellt (Rechberger, Die fehlerhafte Exekution 181; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO21, Rz 77 ff vor § 704 VI; Gaul in Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht10 290, 380).

Aus dem Umstand, dass ein Exekutionstitel ergangen ist, ergibt sich noch nicht, dass der im Exekutionsantrag angeführte Verpflichtete tatsächlich (noch) parteifähig ist. Vielmehr hat das Bewilligungsgericht die Frage der Parteifähigkeit selbständig zu prüfen (Heller/Berger/Stix 185). Auch im Exekutionsverfahren ist bis zu seiner Beendigung die amtswegige Wahrnehmung des Mangels der Parteifähigkeit in jedem Verfahrensstadium geboten (Rechberger aaO).

Eine abschließende Beurteilung, ob der verpflichteten Partei überhaupt Parteifähigkeit zukommt, ist hier jedoch, wie bereits ausgeführt wurde, nicht möglich. Falls der faktische Sitz der Hauptverwaltung auch nach dem 23. 4. 1990 noch in Wien lag, bleibt es ungeachtet der Bestellung des Liquidators Günter Maier durch den Gründungsstaat bei dem Mangel der Parteifähigkeit der verpflichteten Partei. Der erkennende 3. Senat kann der nicht näher begründeten Rechtsansicht des 8. Senats in der Entscheidung 8 Ob 634/92 (JBl 1994, 416 = ecolex 1993, 751 = GesRZ 1993, 238 = ÖBA 1994, 165 = ZfRV 1994, 79 [Hoyer]), in einem solchen Fall wäre diese Liquidatorbestellung rite zustandegekommen (und damit das Gebilde rechtsfähig geworden), für das Exekutionsverfahren nicht folgen. Bisher kann nämlich nur davon ausgegangen werden, dass dies offenbar nach dem Recht von St. Vincent and the Grenadines der Fall wäre. Nur bei einer - bisher nicht festgestellten - maßgeblichen Sitzverlegung wäre demzufolge das Recht von St. Vincent and the Grenadines anzuwenden und diese Liquidatorenbestellung allenfalls gültig und auch für dieses Exekutionsverfahren zu beachten (vgl Hoyer in Glosse ZfRV 1994, 82 ff [83]).

Das Rekursgericht hat somit auf Grund einer nicht gebilligten Rechtsansicht dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen; tatsächlich ist vor einer derartigen Entscheidung vom Erstgericht in geeigneter Weise - sinnvollerweise nach Anhörung der bisher eingeschrittenen Parteienvertreter - zu klären, ob der verpflichteten Partei überhaupt Parteifähigkeit zukommt; dann erst kann beurteilt werden, wer vertretungsbefugt ist."

Das Erstgericht forderte hierauf die betreibende Partei auf, den Nachweis zu erbringen, dass der verpflichteten Partei Parteifähigkeit zukommt.

Die betreibende Partei brachte hiezu vor, der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung der verpflichteten Partei sei bis Anfang 1990 zweifellos in Wien gewesen. Dkfm P***** habe fast alle Angestellten der verpflichteten Partei unter den verschiedensten Begründungen zum 31. 3. 1990 gekündigt und sie sofort dienstfrei gestellt. Um am bisherigen Hauptgeschäftssitz nach Möglichkeit alle Spuren seiner Machinationen zu vertuschen, habe er am 12. 2. 1990 alle Buchhaltungsunterlagen der verpflichteten Partei zur Müllverbrennungsanlage Flötzersteig bringen und dort verbrennen lassen. Außerdem habe er durch einen EDV-Fachmann auf der Datenverarbeitungsanlage die gespeicherten Daten löschen lassen. Diese systematische Zerschlagung der in Österreich aufgebauten Unternehmensstruktur durch Dkfm P***** habe zur Folge gehabt, dass ab Ende März 1990 von einem faktischen Sitz der verpflichteten Partei in Wien nicht mehr gesprochen werden könne. In der außerordentlichen Generalversammlung vom 23. 4. 1990 sei die freiwillige Liquidation beschlossen und Rechtsanwalt Dr. Günter Maier zum Liquidator bestellt worden. Damit seien die Aktivitäten der verpflichteten Partei bewusst außerhalb Europas nach St. Vincent verlegt worden. In weiterer Folge sei ausschließlich an den statutarischen Sitz der verpflichteten Partei in St. Vincent anzuknüpfen. Dort hätten regelmäßig Beschlussfassungen stattgefunden und seien eintragungspflichtige Veränderungen angemeldet, eingetragen und im amtlichen Publikationsorgan am Gesellschaftssitz publiziert worden. Insbesondere seien regelmäßig Direktorenwechsel und Kapitalerhöhungen registriert worden. Es stehe außer Zweifel, dass die Behörden von St. Vincent and the Grenadines die verpflichtete Partei als Rechtssubjekt anerkennen. Es sei ihr eine ordnungsgemäße Banklizenz erteilt worden; die Bankenaufsicht habe alljährlich die Jahresrechnung überprüft. Ein vom statutarischen Sitz abweichender faktischer Sitz in einem Staat, der der Sitztheorie folge, habe daher zu dem für die Einleitung des Exekutionsverfahrens maßgeblichen Zeitpunkt und auch heute noch nicht bestanden.

Die verpflichtete Partei erstattete keine Äußerung.

Das Rekursgericht hob aus Anlass des Rekurses, der von der im Exekutionsantrag bezeichneten verpflichteten Partei eingebracht wurde, mit dem angefochtenen Beschluss den Exekutionsbewilligungsbeschluss und das gesamte Verfahren als nichtig auf und wies den Exekutionsantrag zurück; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil es der in 3 Ob 2029/96w und 3 Ob 93/97s vorgezeichneten Rechtsansicht folge. Es traf zusätzlich zu den im Beschluss vom 21. 9. 1995 getroffenen Feststellungen, auf die es verwies, folgende weitere Feststellungen:

Dass die Organe der verpflichteten Partei nach dem 12. 2. 1990 jemals mit der Geschäftsführung der E*****bank ***** verbundene Tätigkeiten in St. Vincent (oder in einem Staat, der hinsichtlich der Rechtsfähigkeit von juristischen Personen der Gründungstheorie folgt) ausgeübt haben, kann nicht festgestellt werden. Die einzige Tätigkeit des im freiwilligen Auflösungsverfahren bestellten Liquidators Günter Maier, Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in München/Deutschland, mit einem örtlichen Bezug zum Staat St. Vincent and the Grenadines bestand in der Übersendung eines schriftlichen Antrages an das dortige Gericht auf Einleitung des Konkursverfahrens. Diesem Antrag gab das angerufene Gericht mit Beschluss vom 6. 2. 1991 statt, beschloss die zwangsweise Auflösung der verpflichteten Partei nach den Vorschriften des Kapitels 219 des Gesellschaftsrechts in der neuen Fassung von St. Vincent and the Grenadines und bestellte Rechtsanwalt Günter Maier "zum offziellen Liquidator für Europa und den Rest der Welt", sowie einen Herrn O. R. Silvester als "zusätzlichen Liquidator für St. Vincent, was Aktiva und Passiva speziell in St. Vincent anbetrifft" (Beilage ./3). Dass Rechtsanwalt Günter Maier jemals in seiner Eigenschaft als Liquidator für die verpflichtete Partei in St. Vincent anwesend wäre oder dass er (etwa durch einen Bevollmächtigten) oder der weitere Liquidator O. R. Silvester seit der Konkurseröffnung irgendeine faktische Tätigkeit in St. Vincent entfaltet hätten, kann nicht festgestellt werden.

Die hier verpflichtete Partei versuchte vor Schweizer Gerichten mehrmals, "Arrest- und Betreibungsverfahren" (also Exekutionsverfahren) in der Schweiz mit der Begründung für nichtig erklären und aufzuheben zu lassen, dass die E*****bank eine bloße Fiktion darstelle und in St. Vincent nicht wirklich, sondern lediglich zum Schein (der Form nach) existiere. Vertreten war die E*****bank hiebei jeweils durch die in Liechtenstein bestellte Liquidatorin Coopers Lybrand AG bzw durch den Konkursverwalter Dr. Marxer. Das Kantonsgericht St. Gallen (Beschluss vom 24. 9. 1991), und das Schweizerische Bundesgericht (Beschluss vom 5. 11. 1991 und vom 18. 9. 1992) wiesen die ensprechenden Anträge jeweils mit der ausdrücklichen Begründung ab, dass das Schweizerische Recht hinsichtlich der Rechtsfähigkeit von juristischen Personen der Gründungstheorie folgt. Die genannten Schweizerischen Gerichte erhoben die tatsächlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit der Antragstellerin nicht von Amts wegen, sondern erachteten die Antragstellerin für den Mangel ihrer Rechtsfähigkeit als beweispflichtig.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, die verpflichtete Partei habe unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes, wie er sie im Beschluss 3 Ob 93/97s dargelegt habe, Rechts- und damit Parteifähigkeit in Österreich niemals (auch nicht nach dem 23. 4. 1990) erlangt. Damit erweise sich aber rückblickend das gesamte gegen sie geführte Exekutionsverfahren einschließlich der Exekutionsbewilligung als nichtig, weil es an einer unverzichtbaren Verfahrensvoraussetzung (Parteifähigkeit der verpflichteten Partei) von vornherein fehle. Diese Nichtigkeit sei aus Anlass des zulässigen Rekurses der verpflichteten Partei (die im Verfahren zur Klärung ihrer Parteifähigkeit jedenfalls insoweit als parteifähig zu behandeln sei) gegen die Exekutionsbewilligung von Amts wegen wahrzunehmen. Da die Nichtigkeit auch nicht sanierbar sei, sei das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären und der Exekutionsantrag zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Zum Revisionsrekurs der betreibenden Partei:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zwar zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob dann, wenn im Exekutionsverfahren hervorkommt, dass es sich bei der verpflichteten Partei um eine bloße "Briefkastenfirma" handelt, eine Sitzverlegung im Stadium der Liquidierung in Betracht kommt, bisher nicht ergangen ist; der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Die betreibende Partei vertritt die Rechtsansicht, die Rechtsfähigkeit der verpflichteten Partei sei zu bejahen.

Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass der erkennende Senat, soweit es um die Frage der Parteifähigkeit der verpflichteten Partei geht, an seine in der Entscheidung 3 Ob 93/97s vertretene Rechtsansicht gebunden ist, weil die angefochtene Entscheidung auf Grund der angeführten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erging (vgl Kodek in Rechberger, ZPO § 511 Rz 1 und dort zitierten E). Soweit im Revisionsrekurs die Unrichtigkeit der in dieser Entscheidung vertretenen Rechtsansicht, insbesondere auch unter Hinweis auf eine nach Ansicht der betreibenden Partei divergierende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, darzutun versucht wird, sind die entsprechenden Ausführungen daher nicht zielführend, weshalb hierauf nicht weiter einzugehen ist.

Der aus den Ausführungen im Revisionsrekurs hervorgehenden Ansicht, dass das in St. Vincent and the Grenadines geltende Recht und damit die Gründungstheorie schon deshalb anzuwenden seien, weil in diesem Staat die Liquidation der Gesellschaft beschlossen und der Konkurs über deren Vermögen eröffnet worden sei, kann nicht gefolgt werden.

Aus dem Umstand, dass alle Unterlagen der verpflichteten Partei in Österreich vernichtet und alle Aktivitäten am früheren faktischen Hauptgeschäftssitz in Wien beendet wurden, folgt nicht, dass der Sitz damit nach St. Vincent and the Grenadines verlegt worden wäre. Gerade eine Verlagerung der faktischen Aktivitäten an einen anderen Ort sollte nicht erfolgen; im Gegenteil war eine komplette Beendigung der Aktivitäten der verpflichteten Partei bezweckt. Diese vollständige Beendigung der Tätigkeit der verpflichteten Partei bewirkt nicht, dass für das Liquidationsstadium bei Beurteilung der Rechtsfähigkeit nicht mehr an das im Sitzstaat, hier in Österreich, geltende Recht anzuknüpfen wäre. Im Übrigen ist nach den - der Oberste Gerichtshof bindenden - Tatsachenfeststellungen des Rekursgerichtes davon auszugehen, dass in St. Vincent auch and the Grenadines auch im Liquidations- und Konkursstadium für die verpflichtete Partei keinerlei geschäftliche Tätigkeit ausgeübt wurde. Darauf wird im Revisionsrekurs nicht Bedacht genommen.

Soweit die betreibende Partei der deutschen Lehre und Rechtsprechung (insbesondere Kropholler, IPR3 490 f mwN) folgend meint, es bestehe eine widerlegliche Vermutung oder wenigsten ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass sich der tatsächliche Sitz in dem Staat befinde, nach dessen Recht die Gesellschaft erkennbar organisiert sei, verkennt sie, dass hier positive Feststellungen in der Richtung getroffen wurden, dass der faktische Sitz der Hauptverwaltung in Österreich lag. Wenn bei dieser Situation die Vorinstanzen eine Verlegung dieses Sitzes nicht feststellen konnten, bietet das keine Grundlage für eine Vermutung, im Zuge der Liquidation sei der Sitz verlegt worden.

Die Annahme der Vorinstanzen, die Rechts- und Parteifähigkeit der verpflichteten Partei sei zu verneinen, ist somit auf Grundlage der vom Rekursgericht ergänzend getroffenen Tatsachenfeststellungen zu billigen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

Zum Eventualantrag der betreibenden Partei:

Die betreibende Partei hat für den Fall, "dass der Oberste Gerichtshof ..... die Parteifähigkeit der verpflichteten Partei im vorliegenden Exekutionsverfahren verneinen sollte", und damit für den - hier eingetretenen - Fall der Erfolglosigkeit des Revisionsrekurses den Antrag gestellt, die Parteibezeichnung der verpflichteten Partei auf "Rechtsanwalt Dr. Klemens Dallinger als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dkfm Walter P*****", in eventu auf "Dkfm Walter P*****" zu berichtigen.

Auch dieser Antrag ist nicht berechtigt.

Er geht schon deshalb fehl, weil die Erfolglosigkeit des Revisionsrekurses zur Folge hat, dass der Exekutionsantrag rechtskräftig zurückgewiesen ist. In einem solchen Fall fehlt der betreibenden Partei aber das Rechtschutzbedürfnis, weil die Berichtigung der Parteibezeichnung nicht dazu führen kann, dass die beantragte Exekution nunmehr bewilligt wird. Im Übrigen kommt dem Antrag aus den Gründen, die in den ebenfalls heute ergangenen, dieselbe verpflichtete Partei betreffenden Entscheidungen 3 Ob 47/00h, 3 Ob 48/00f und 3 Ob 79/00i dargelegt werden, auch in der Sache keine Berechtigung zu.

Der Antrag war daher abzuweisen.