JudikaturJustiz3Ob525/90

3Ob525/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. April 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Kellner und Dr. Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache für den mj.Gerald T***, geboren 9.Juli 1979, in Obsorge der Mutter, infolge Revisionsrekurses der Mutter Maria T***, Hilfsarbeiterin, Dietmanns, Buchbergstraße 29, vertreten durch Dr. Franz Withoff, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 21. November 1989, GZ 1 a R 144/89-12, womit infolge ihres Rekurses der Beschluß des Bezirksgerichtes Raabs an der Thaya vom 24. August 1989, GZ P 27/89-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der am 9.Juli 1979 geborene Gerald T*** wuchs von seiner Geburt an in der Landwirtschaft der väterlichen Großeltern auf, wo sich auch die Eltern aufhielten. Am 1.Juli 1989 trennte sich die Mutter vom Vater und zog mit dem Buben an einen anderen Ort. Der Vater und die väterlichen Großeltern beantragten ein Besuchsrecht. Das Erstgericht räumte für die Großeltern ein Besuchsrecht an jedem ersten und dritten Samstag von 13,30 Uhr bis 19,00 Uhr und für den Vater jeweils daran anschließend ein Besuchsrecht von Samstag 19 Uhr bis Sonntag 18,00 Uhr, ferner ein Besuchsrecht für Weihnachten 1989, Februar 1990 sowie für Ostern 1990 und für die Sommerferien 1990 im Ausmaß von drei Wochen ein.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Mutter ist nicht zulässig.

Da der Beschluß der zweiten Instanz noch vor dem 1.Jänner 1990 erging, richten sich die Anfechtungsvoraussetzungen noch nach der Rechtslage vor der WGN 1989. Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG aF findet die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof nur im Falle einer offenbaren Gesetzwidrigkeit, einer Aktenwidrigkeit oder einer Nichtigkeit statt. Keiner dieser allein zulässigen Rechtsmittelgründe wird im Revisionsrekurs aufgezeigt.

Verfahrensverstöße können eine Nichtigkeit nur begründen, wenn sie von besonders einschneidender Bedeutung sind (EFSlg 55.697, 58.449), besonders wenn etwa die Stoffsammlung so mangelhaft wäre, daß dadurch Grundprinzipien des Pflegschaftsverfahrens wie die Beachtung des Kindeswohles verletzt würden (EFSlg 55.703, 58.458 f). Die Nichtbeiziehung eines Sachverständigen bildet bei einem bisher gesunden und psychisch nicht beeinträchtigten Kind keinen solchen Verfahrensmangel (EFSlg 55.714). Eine Anhörung des Jugendwohlfahrtsträgers hat gemäß § 215 Abs 2 ABGB idF des KindRÄG BGBl 1989/162 nur noch stattzufinden, wenn sie erforderlich ist, zB weil bestimmte sonst nicht ohne weiteres lösbare Tatfragen zu klären sind (Pichler in Rummel, ABGB2, Rz 6 zu § 215).

Worin eine offenbare Gesetzwidrigkeit, nämlich die offenbare Mißachtung einer klaren unmißverständlichen gesetzlichen Regelung, liegen soll, ist nicht ersichtlich. Die Vorinstanzen verweisen auf den Umstand, daß der Bub seinen Vater und seine Großeltern besuchen soll, bei denen er jahrelang gelebt hat, sodaß er mit ihren Verhältnissen bestens vertraut ist, daß keine Versagungsgründe vorlägen und auch der Schulbesuch dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen werden kann, wenn die Besuchsberechtigten darauf Bedacht nehmen, daß der Bub vielleicht ausnahmsweise einmal auch am Wochenende für die Schule arbeiten muß. Die im Revisionsrekurs geäußerte Befürchtung, die Ausübung des Besuchsrechtes könne zu verheerenden Folgen für den Minderjährigen führen, ist nach der bisherigen Aktenlage nicht nachvollziehbar. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Bub jetzt besonders sensibel sei. Die Nichtanhörung des Jugendwohlfahrtsträgers ist, wie schon ausgeführt, nicht obligatorisch, sodaß ihre Unterlassung auch keine offenbare Gesetzwidrigkeit begründen kann.