JudikaturJustiz3Ob258/97f

3Ob258/97f – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei T***** AG, *****, vertreten durch Dr. Josef Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichteten Parteien 1. Dr. Peter R*****, und 2. Dr. Gerhard Heinz W*****, beide *****, 420.940,50 S sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 23. Mai 1997, GZ 2 R 258/97y-91, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwaz vom 14. März 1997, GZ 4 E 5875/94d-87, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 7. 12. 1994 (ON 3) wurde der betreibenden Partei die Zwangsversteigerung einer je zur Hälfte im Miteigentum der Verpflichteten stehenden Liegenschaft bewilligt.

Ob dieser Liegenschaft war zu C-LNr 3 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für Siegfried L*****, den Ehegatten der Rechtsvorgängerin der Verpflichteten, einverleibt. Diesem Recht gingen im Rang die Pfandrechte der betreibenden Partei im (Höchst )Betrag von insgesamt 3,746.000 S (C-LNr 1, 2, 4, 5, 6 und 21) vor.

Die Verpflichteten erwarben die verfahrensgegenständliche Liegenschaft von Ursula L***** mit Kaufvertrag vom 28. 5. 1990. Mit Versäumungsurteil des Bezirksgerichtes Schwaz vom 26. 6. 1991, 2 C 844/91, wurde gegenüber Siegfried L***** festgestellt, daß das ihm von seiner Gattin am 7. 2. 1983 eingeräumte Veräußerungs- und Belastungsverbot gegenüber den Verpflichteten (dort: Klägern) zur grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrages vom 28. 5. 1990 unwirksam sei; weiters wurde Siegfried L***** schuldig erkannt, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Verpflichteten je zur Hälfte einzuwilligen. Mit Beschluß vom 8. 3. 1992 hob das Bezirksgericht Schwaz nach Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Zustellung dieses Versäumungsurteil infolge Widerspruchs des Beklagten auf, dieses Verfahren ruht seit 10. 2. 1992.

Mit der am 21. 5. 1990 beim Bezirksgericht Schwaz eingebrachten und dort zu 2 C 746/90p, eingetragenen Anfechtungsklage begehrte die Gemeinde S***** als Klägerin, das zwischen Ursula L***** und dem Verbotsberechtigten eingeräumte Veräußerungs- und Belastungsverbot ihr gegenüber für unwirksam zu erklären und den Verbotsberechtigten für schuldig zu erkennen, in die Einverleibung eines Pfandrechtes für die vollstreckbare Forderung auf Grund eines vollstreckbaren Rückstandsausweises von 5.202,23 S einzuwilligen. Auf Grund dieser Klage wurde beim Veräußerungs- und Belastungsverbot die Streitanmerkung eingetragen. In diesem Verfahren trat am 4. 10. 1990 Ruhen des Verfahrens ein.

Beim Eigentumsrecht der Verpflichteten ist ua eine zu 6 Cg 17/96b des Landesgerichtes Innsbruck eingebrachte Löschungsklage angemerkt. In diesem Verfahren begehrte Siegfried L***** als Kläger, die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Beklagten - und im gegenständlichen Verfahren Verpflichteten - als unwirksam zu erklären und die diesbezügliche bücherliche Eintragung zu löschen, wobei infolge Versäumung der Tagsatzung vom 6. 11. 1996 ebenfalls Ruhen des Verfahrens eintrat.

Mit Meistbotsverteilungsbeschluß vom 14. 3. 1997 (ON 87) wies das Erstgericht aus dem Meistbot von 4,850.000 S samt Meistbotszinsen von 33.219,18 S sowie der ziffernmäßig nicht bekannten Fruktifikatszinsen der betreibenden Partei insgesamt 3,137.075,10 S sowie 64,68 % der Meistbots- und Fruktifikatszinsen im Rang ihrer pfandrechtlich sichergestellten Forderungen im Höchstbetrag von 2,746.000 S und der exekutiven Forderung von 391.075,13 S zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zu, während es den Überling von 1,712.924,87 S (samt anteiligen Zinsen) bis zum rechtskräftigen Abschluß der Verfahren 6 Cg 17/96b des Landesgerichtes Innsbruck und 2 C 764/90p des Bezirksgerichtes Schwaz zinsbringend anlegte. Das Erstgericht begründete dies damit, daß aufgrund der Anmerkung der Löschungsklage (6 Cg 17/96b des Landesgerichtes Innsbruck) sowie der Streitanmerkung (2 C 746/90p des Bezirksgerichtes Schwaz) im Falle des Obsiegens des Verbotsberechtigten im Verfahren 6 Cg 17/96b des Landesgerichtes Innsbruck der Überling nicht den Verpflichteten zustünde. Gemäß § 220 Abs 4 EO seien Forderungen, hinsichtlich der im öffentlichen Buch eine Streitanmerkung oder eine Anmerkung der Löschungsklage eingetragen sei, wie Forderungen unter auflösender Bedingung zu behandeln. Mangels angebotener Sicherstellung sei der Überling zinstragend anzulegen (§ 220 Abs 2 EO).

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Verpflichteten teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß im Punkt IB3 dahin ab, daß der Überling im Betrag von 1,712.924,87 S nur bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens 6 Cg 17/96b des Landesgerichtes Innsbruck (und nicht auch des Verfahrens 2 C 746/90p des Bezirksgerichtes Schwaz) zinstragend angelegt wird. Er sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Den Rekurswerbern sei beizupflichten, daß § 364c ABGB, wonach das Veräußerungs- und Belastungsverbot nur den ersten Eigentümer, nicht jedoch seinen Rechtsnachfolger binde, gegen ein aufrechtes dingliches Recht von Siegfried L***** spreche. Sei jedoch trotz des mit der Verbücherung entstandenen dinglichen Verbots die Einverleibung des Eigentumsrechtes eines Dritten vorgenommen worden, so könne der Verbotsberechtigte mit Löschungsklage vorgehen. Die Anmerkung der Löschungsklage beim Eigentumsrecht der Verpflichteten hindere die Zwangsversteigerung der Liegenschaft aufgrund eines vor der Streitanmerkung erworbenen Pfandrechtes allerdings nicht. Sie habe auch keinen Einfluß auf das Verfahren. Dies gelte im gegenständlichen Verfahren um so mehr, als es sich bei den den Pfandrechten zugrundeliegenden Forderungen um Schulden der Rechtsvorgängerin der Verpflichteten bzw des Verbotsberechtigten handle. Der Löschungskläger Siegfried L***** hätte auch die Zwangsversteigerung im Falle des aufrechten Eigentums seiner Gattin nicht verhindern können. Ein Erfolg der Löschungsklage führe daher gegenständlich nur dazu, daß der Überling nicht den Verpflichteten, sondern Ursula L***** zustünde. Die vom Erstgericht angewandte Bestimmung des § 220 Abs 4 EO beziehe sich grundsätzlich nur auf Forderungen, hinsichtlich deren im öffentlichen Buch eine Streitanmerkung oder eine Anmerkung der Löschungsklage eingetragen ist. Der Fall, daß beim Eigentumsrecht des Verpflichteten die Löschungsklage angemerkt wurde, sei im Gesetz nicht geregelt, zumal dem wahren Eigentümer - wie auch den Verbotsberechtigten - die Möglichkeit offenstehe, die Unzulässigkeit der Exekution durch Klage nach § 37 EO geltend zu machen. Da der Anspruch der Verpflichteten auf die Hyperocha noch nicht geklärt sei und demgemäß ein diesbezüglicher Anspruch der Rechtsvorgängerin der Verpflichteten nicht ausgeschlossen werden könne, habe das Erstgericht zur Wahrung allfälliger Ansprüche des bücherlichen Vormanns der Verpflichteten zutreffend in analoger Anwendung des § 220 Abs 2 und 4 EO die fruchtbringende Anlegung des Überlings angeordnet. Den Anfechtungsgegnern könne die freie Verfügung über den Rest des Erlöses nicht gestattet werden, weil dieser Erlös an die Stelle der versteigerten Liegenschaft getreten sei. Eine Zuweisung des Überlings gegen Sicherstellung der Rückleistung habe nicht mehr bewilligt werden können, weil das im Rekurs erfolgte Anbot einer Sicherstellung dem auch im Exekutionsverfahren geltenden Neuerungsverbot widerspreche, weshalb darauf nicht Bedacht zu nehmen sei. Da die Anmerkung der Klage zu 2 C 746/90b des Bezirksgerichtes Schwaz nach ständiger Rechtsprechung unzulässig gewesen sei, weil für die Anmerkung der Klage auf Anfechtung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes keinerlei Rechtschutzbedürfnis bestehe, und die Anmerkung der Anfechtungsklage daher keinerlei Wirkung nach sich ziehen könne, sei der Rekurs der Verpflichteten daher insoferne berechtigt, als die fruchtbringende Anlegung auf den rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens 6 Cg 17/96b des Landesgerichtes Innsbruck zu beschränken gewesen sei.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil hinsichtlich der Verfügung über die Hyperocha im Falle der Anmerkung der Löschungsklage beim Eigentumsrecht der Verpflichteten keine höchstgerichte Judikatur vorhanden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den zweitinstanzlichen Beschluß gerichtete Revisionsrekurs der Verpflichteten ist zulässig, weil tatsächlich zu der vom Erstgericht bejahten Frage der (analogen) Anwendbarkeit des § 220 Abs 4 EO bei Anmerkung der Löschungsklage beim Eigentumsrecht des bzw der Verpflichteten eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt.

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 220 Abs 1 EO sind pfandrechtlich sichergestellte Forderungen unter auflösender Bedingung durch Zuweisung des nach §§ 216 und 217 auf die Forderung entfallenden Barbetrages zu berichtigen; der Gläubiger hat die Rückleistung des Empfangenen für den Fall des Eintrittes der Bedingung sicherzustellen. Wird die Sicherstellung verweigert, so ist gemäß § 220 Abs 2 EO der zur Berichtigung erforderliche Betrag für die Zeit, bis der Nichteintritt der Bedingung gewiß ist, zinstragend anzulegen. Die Sicherstellung gilt als verweigert, wenn sich der Gläubiger nicht spätestens bei der letzten Verteilungstagsatzung zu deren Leistung bereit erklärt oder wenn er die rechtzeitig angebotene Sicherheit vor Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses nicht leistet. Gemäß § 220 Abs 4 EO sind Forderungen, hinsichtlich deren im öffentlichen Buche eine Streitanmerkung oder die Anmerkung der Löschungsklage eingetragen ist, wie Forderungen unter auflösender Bedingung zu behandeln.

Unter § 220 EO fallen nicht nur die Anmerkungen der §§ 61, 66 und 69 GBG. Es ist auch die Anmerkung der Anfechtungsklage zu

berücksichtigen (SZ 10/246; im Ergebnis auch SZ 11/191; SZ 63/159 =

JBl 1991, 323 = ÖBA 1991, 281; ferner Heller/Berger/Stix, 1503 f;

Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 549). Ob im vorliegenden Fall die Anmerkung der zu 2 C 746/90p des Bezirksgerichtes Schwaz eingetragenen Anfechtungsklage eine fruchtbringende Anlegung der Hyperocha gerechtfertigt hätte (vgl SZ 11/191), kann nicht mehr überprüft werden und daher dahingestellt bleiben, weil weder die Ersteherin noch die Gemeinde S***** als Anfechtungsklägerin ein Rechtsmittel gegen die Ausscheidung der erwähnten Anmerkung der Anfechtungsklage im angefochtenen Beschluß erhoben haben, weshalb dieser in diesem Umfang in Rechtskraft erwachsen ist.

Was die demnach allein noch strittige Anmerkung der Löschungsklage betrifft, ist § 220 Abs 4 EO auf Forderungen anzuwenden, hinsichtlich deren im Grundbuch eine Streitanmerkung, die Anmerkung der Löschungsklage oder die Anmerkung der Anfechtungsklage eingetragen ist. Gemäß § 217 Abs 2 EO ist ein nach Berichtigung aller - in den §§ 216 und 217 Abs 1 EO angeführten - Ansprüche erübrigender Rest der Verteilungsmasse dem Verpflichteten zuzuweisen. Dieser Anspruch des Verpflichteten auf Zuweisung eines allfälligen Meistbotsrest stellt eine Forderung dar, die Ausfluß aus dessen vormaligem Eigentumsrecht an der versteigerten Liegenschaft ist. Wenn daher - wie hier - beim Eigentumsrecht der Verpflichteten die Löschungsklage angemerkt war, bedeutet dies nach Ansicht des erkennenden Senates bei extensiver Wortinterpretation des § 220 Abs 4 EO, daß nach dessen äußerst möglichem Wortsinn - ... Forderungen, hinsichtlich deren ... - auch der Anspruch des Verpflichteten auf Zuweisung eines allfälligen Meistbotrest eine Forderung im Sinne des § 220 Abs 4 EO ist, hinsichtlich derer - hier: beim Eigentumsrecht der Verpflichteten - die Löschungsklage angemerkt ist. Die hier strittige Anmerkung der Löschungsklage ist sohin bei extensiver Wortinterpretation des § 220 Abs 4 EO auch unter diese Bestimmung zu subsumieren, weshalb sich die vom Gericht zweiter Instanz aufgeworfene Frage einer allfälligen analogen Anwendung hier nicht mehr stellt.

Da sohin das Gericht zweiter Instanz den Meistbotrest zu Recht gemäß § 220 Abs 2 und 4 EO fruchtbringend angelegt hat, erweist sich der Revisionsrekurs der Verpflichteten als nicht berechtigt.

Eine Kostenentscheidung konnte entfallen, da - richtigerweise - von den Verpflichteten Kosten nicht verzeichnet wurden.