JudikaturJustiz3Ob248/19w

3Ob248/19w – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr.

Roch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Priv. Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr, Dr. Kodek und Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** AG, *****, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. T***** GmbH, 2. Dipl. Ing. G***** T*****, beide vertreten durch Mag. Wolfgang Vinatzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.241.906,55 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2019, GZ 1 R 126/19k 31, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

II. Dem Erstgericht wird aufgetragen, den Spruch seines Urteils in Punkt 2.3. sowie im Kostenpunkt dahin zu berichtigen, dass auch ein Leistungsbefehl gegen die zweitbeklagte Partei erlassen wird.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

zu I. :

Die außerordentliche Revision zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:

1. Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Die von den Beklagten im Zusammenhang mit ihren Gegenforderungen als erheblich angesehenen Rechtsfragen stellen sich nicht:

2.1. Sie reklamieren vorvertragliche Aufklärungspflichten der klagenden Bank im Zusammenhang mit der Kreditgewährung zur (vorläufigen) Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der Erstbeklagten während der Anhängigkeit eines Gerichtsverfahrens auf Zahlung einer hohen Werklohnforderung aus dem Umstand, dass die Klägerin damals an jener Gesellschaft, der gegenüber die Erstbeklagte diese – der Klägerin zur Besicherung der Kreditforderung verpfändete – Forderung geltend machte, ganz geringfügig (zu rund 0,6 %) beteiligt war. Wenn deren Einhaltung die Erstbeklagte vom Abschluss der Finanzierungsvereinbarung – wie die Beklagten behaupten – abgehalten hätte, ist nicht nachvollziehbar, wie das behauptete Fehlverhalten der Klägerin die aufrechnungsweise eingewendeten Schadenersatzansprüche begründen soll, die aus der vereinbarungs und daher treuwidrigen Nichteinhaltung der Finanzierungsabrede abgeleitet werden. Abgesehen davon war die Klägerin bereits im Zeitpunkt ihrer Weigerung, der Erstbeklagten weitere Geldmittel zur Verfügung zu stellen (und umso mehr bei Fälligstellung der Kredite), schon jahrelang nicht mehr an der Schuldnerin der Erstbeklagten beteiligt.

2.2. Aus der festgestellten Zweckabrede abgeleitete (Schutz- und) Treuepflichten der Klägerin „während des Vertragsverhältnisses“ erblicken die Beklagten darin, dass die Klägerin der Erstbeklagten Geldmittel für die Führung des Prozesses bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss zur Verfügung zu stellen gehabt hätte und dass sie bereits zur Verfügung gestellte Mittel trotz Fälligkeit zumindest bis zum Prozessende zu stunden gehabt hätte, weshalb sie die wirtschaftliche Existenz der Erstbeklagten nicht durch verfrühte Fälligstellung oder durch einen (abgewiesenen) Konkursantrag gefährden hätte dürfen. Dabei übersehen sie allerdings, dass nach den Feststellungen eine Vereinbarung der Streitteile, die Klägerin werde der Erstbeklagten den Prozess bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss finanzieren oder bis dahin von einer Fälligstellung und/oder Betreibung ihrer Kreditforderung Abstand nehmen, ungeachtet des Zwecks der Vereinbarung gerade nicht zustande gekommen ist. Die Ansicht der Vorinstanzen, in der ohnehin erst Jahre später erfolgten Einstellung der Gewährung weiterer Kreditmittel, in der nachfolgenden Fälligstellung und neuerlich erst nach Jahren vorgenommenen Betreibung und letztendlich Einklagung der fälligen Kreditforderung liege kein rechtswidriges Verhalten der Klägerin, erweist sich daher als vertretbare Rechtsbeurteilung.

3. Die aus der fruchtbringenden Veranlagung eines Gerichtserlags resultierenden (Fruktifikats )Zinsen stehen demjenigen zu, der Anspruch auf den Erlag hat (4 Ob 91/17m mwN = RS0131520). Von dieser Rechtsprechung sind die Vorinstanzen nicht abgewichen, indem sie die Erstbeklagte verpflichteten, der Ausfolgung des vom Drittschuldner im Hinblick auf die Forderungsverpfändung (mangels Zustimmung der Erstbeklagten zur Direktzahlung an die Klägerin) bei Gericht erlegten Betrags „samt aus dem Erlag weiterlaufenden Zinsen“ (also den Fruktifikatszinsen) an die Klägerin zuzustimmen.

zu II. :

Der Urteilsspruch des Erstgerichts in Punkt 2.3., wonach die erstbeklagte Partei der klagenden Partei 213.705,48 EUR […] zu zahlen hat, „davon einen Teilbetrag von 70.000 EUR […] zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei“, beinhaltet keinen für die Exequierbarkeit des Titels auch gegenüber dem Zweitbeklagten erforderlichen (RS0000012) Leistungsbefehl diesem gegenüber.

Nach der Aktenlage ist allerdings unzweifelhaft, dass die Klägerin vom Zweitbeklagten die Zahlung von 70.000 EUR sA (zur ungeteilten Hand mit der Erstbeklagten) begehrt; ihr entsprechendes Urteilsbegehren (Punkt 3. der Klage) hat sie nur aufgrund der (unrichtigen) Mitteilung des Erstgerichts, dass „der dritte Klagepunkt im zweiten Klagepunkt enthalten zu sein scheint“, fallen gelassen. Der Zweitbeklagte wendet sich in der außerordentlichen Revision nicht gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts (Punkt 1.4. des Berufungsurteils), wonach Punkt 2.3. des Spruchs des erstgerichtlichen Urteils – gerade im Hinblick auf den soeben dargestellten Hintergrund der Klageeinschränkung – auch als Leistungsbefehl ihm gegenüber zu verstehen sei, zieht also auch in dritter Instanz nicht in Zweifel, dass die Klägerin auch ihn in Anspruch nehmen will.

Daraus folgt aber eine offenbare Unrichtigkeit (Unvollständigkeit) in Punkt 2.3. des Spruchs des erstgerichtlichen Urteils, die vom Erstgericht gemäß § 419 Abs 1 ZPO zu berichtigen ist. Bei dieser Gelegenheit wird das Erstgericht auch die Kostenentscheidung, wonach „die beklagte Partei“ der Klägerin die Prozesskosten zu ersetzen hat, entsprechend zu berichtigen haben.