JudikaturJustiz3Ob200/07v

3Ob200/07v – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Fiedler, Dr. Bernd Illichmann und Dr. Andreas Pfeifer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 28.706,30 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. Juni 2007, GZ 1 R 71/07b-18, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 13. Februar 2007, GZ 2 Cg 102/06h-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die klagende GmbH hatte mit der beklagten Leasinggeberin erstmals 2001 einen Leasingvertrag über einen S-Klasse-Mercedes auf drei Jahre geschlossen. Diesen Pkw gab die klagende Partei im August 2003 vorzeitig zurück, sie hatte ihn innerhalb von zwei Jahren 25 Mal in die Werkstätte bringen müssen. Vertreter der „Autofirma" suchten dann deren Geschäftsführer auf und erklärten, die bei dem Fahrzeug aufgetretenen Probleme seien in der zweiten Serie behoben worden, worauf er sich entschloss, neuerlich einen Leasingvertrag über ein Fahrzeug desselben Typs abzuschließen, und zwar, da ihm dessen steuerliche Vorteile zur Kenntnis gebracht wurden, einen Operating-Leasingvertrag auf drei Jahre. Auf Basis eines Kaufpreises von 106.958 EUR [inklusive USt] und einer vereinbarten Jahreskilometerleistung von 65.000 wurde eine monatliche Leasingrate von 2.229 EUR [inklusive USt] festgelegt. Eine Vergütung für Minderkilometer wurde nicht vereinbart, jedoch ein Mehrkilometersatz von 0,36 EUR zuzüglich USt.

Nach problemlosem Betrieb ab Übernahme im August 2003, aber nur etwa 80.000 gefahrenen Kilometern blieb das Fahrzeug im Jänner 2006 bei einer Auslandsreise des Geschäftsführers in Italien mit Kupplungstotalausfall stehen und musste abgeschleppt werden. Danach war dieser so verärgert, dass er die Beendigung des Vertrags per Ende Jänner 2006 betrieb, die schließlich auch mit der beklagten Partei vereinbart wurde. Nicht feststellbar ist, dass mit dem Fahrzeug aus an diesem liegenden Gründen bis Jänner 2006 die vereinbarte Höchstkilometerleistung nicht erreicht werden hätte können. Die klagende Partei begehrte die Zahlung von 28.706,30 EUR sA auf Grund der gegenüber der im Operating-Leasingvertrag vereinbarten zurückgebliebenen Kilometerleistung von nur rund 80.000. Gegenüber der vereinbarten liege eine Minderlaufleistung von 79.739,73 km vor, die mit dem vereinbarten Satz für Mehrkilometer zu multiplizieren sei. Dieser habe sich mangels gegenteiliger Vereinbarung auch auf Minderkilometer zu beziehen. Man habe den Pkw wegen Mangelhaftigkeit vorzeitig zurückgeben müssen. Die Klage werde insbesondere auch auf Schadenersatz und Bereicherung gestützt, aber auch auf Wandlung, hilfsweise Preisminderung. Der Wiederverkaufswert des Pkws erhöhe sich bei geringerer Laufleistung, die beklagte Partei sei bereichert, weil sich Leistung und Gegenleistung nicht mehr ausgewogen gegenüberstünden. Die beklagte Partei habe es sich selbst zuzuschreiben, wenn sie keine Vertragsbestimmung für den Fall der Minderleistung vorkehre. Diese Unterlassung sei sittenwidrig. Die vorzeitige Vertragsauflösung sei ausschließlich auf das massiv mangelhafte Produkt des Konzernunternehmens der beklagten Partei zurückzuführen. Das Auto sei auf der ersten längeren Auslandsreise nach einer gewissen Bewährungszeit im örtlichen Bereich ausgefallen. Nach den Erfahrungen mit dem ersten Leasingfahrzeug sei ihr ein „neuerlicher Austausch" nicht mehr zuzumuten.

Die beklagte Partei wendete ein, es sei der klagenden Partei nur eine Nutzungsmöglichkeit eingeräumt worden. Es handle sich um eine besondere Art des Bestandvertrags. Der Umfang der tatsächlichen Nutzung sei nicht Vertragsgegenstand. Mangels Vereinbarung eines Restwerts habe sie als Leasinggeberin das gesamte Verwertungsrisiko zu tragen. Der Mehrkilometersatz diene nur dazu, eine übermäßige Entwertung zu verhindern und sei eindeutig und branchenüblich. Für Minderkilometer sei kein Umkehrschluss möglich.

Das Gericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab. Gegenstand des Leasingvertrags sei die Überlassung des Fahrzeugs zum unbeschränkten Gebrauch. Aus dem zur Absicherung der Leasinggeberin vereinbarten Ersatz für Mehrkilometer entstehe kein Anspruch auf Verringerung des Entgelts für den Fall von Minderkilometern. Eine solche wegen geminderter Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs scheide aus, weil die klagende Partei bis zum Schaden im Jänner 2006 am Gebrauch nicht gehindert gewesen sei. Ein Minderentgelt sei, wohl bewusst, nicht vereinbart worden. Durch die dem Vertrag entsprechenden Zahlungen sei die beklagte Partei nicht bereichert.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es erachtete die Beweis- und Tatsachenrüge teils als nicht berechtigt, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt. Einen Verfahrensmangel wegen Nichtbeiziehung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen verneinte es. Entgegen der Rechtsrüge liege, was die Minderkilometer angeht, keine Regelungslücke im Vertrag vor. Der Operating-Leasingvertrag sei nämlich in der Regel Miete, weshalb auf ihn die bestandrechtlichen Normen anzuwenden seien. Die Vereinbarung einer Vergütung für allfällige Mehrkilometer gegenüber der vereinbarten Jahreskilometerleistung sei üblich und nicht zu beanstanden, weil der Leasinggeber das gesamte Verwertungskostenrisiko trage. Beim Bestandvertrag werde dem Mieter der Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache oder von Teilen davon gegen Entgelt auf gewisse Zeit überlassen. Es bleibe dem Bestandnehmer überlassen, ob und inwieweit er den Bestandgegenstand im Rahmen der getroffenen Vereinbarung nutze. Ein Bereicherungsanspruch scheitere daran, dass zwischen den Streitteilen ein Vertrag bestanden habe.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist nicht zulässig.

Mehrfach und auch bereits in den Erwägungen, warum die Revision doch zulässig sei, geht die klagende Partei nicht von den Tatsachenfeststellungen aus. Dass die mangelnde Definition des Operating Leasing in einem bestimmten Lehrbuch keinem der Fälle des § 502 Abs 1 ZPO unterfällt, bedarf keiner näheren Ausführung. Im Übrigen hat sich der Oberste Gerichtshof nicht nur in der von der Revisionswerberin allein aufgefundenen Entscheidung 2 Ob 501/79 [= SZ 52/34] mit dieser Art des Leasing befasst (weiters etwa zu 2 Ob

639/85 = SZ 59/213 = JBl 1987, 662 = RdW 1987, 80 [Iro 77]; 1 Ob

2141/96a = SZ 69/171). Vor allem aber übersieht die klagende Partei,

dass die hier einvernehmlich erfolgte Vertragsauflösung kein Streitpunkt im vorliegenden Verfahren war und gerade nicht feststeht, dass sie den Pkw wegen dessen Untauglichkeit nicht im geplanten Ausmaß nützen konnte. Diese Fragen sind daher für die Entscheidung nicht wesentlich.

Soweit die klagende Partei - losgelöst von dogmatischen Überlegungen

- die Auffassung vertritt, bei einem Pkw der Oberklasse handle es

sich um eine verbrauchbare Sache, bedarf es im Hinblick auf die klare

gesetzliche Regelung des § 301 ABGB keiner höchstgerichtlichen

Entscheidung, ist doch die Einstufung von Kraftfahrzeugen als

unverbrauchbar in Rechtsprechung und Literatur nie zweifelhaft

gewesen (ua ausdrücklich in 1 Ob 790/82 = RIS-Justiz RS0009991;

weiters 7 Ob 14-17/87 = VR 1988, 100 [Flugzeug]; 4 Ob 140/77 = SZ

50/137 zu § 971 ABGB; 2 Ob 154/06w = ZVR 2007/101 [Kathrein;

Mietvertrag über Sportwagen]; siehe auch die Nennung von Kraftfahrzeugen durch Klete‡ka in Koziol/Welser13 93 und Eccher in KBB² § 301 ABGB Rz 1; vgl auch Klang in Klang² II 34, der etwa auch Kleidungsstücke dazu zählt). Wenn die Revisionswerberin nunmehr meint, der gegenständliche Leasingvertrag stelle eine Nachbesserung des vorangegangenen dar, geht sie nicht vom für den Obersten Gerichtshof bindend festgestellten Sachverhalt aus; auch sie selbst hat solches in erster Instanz nie vorgebracht. Zwar machte sie unmittelbar vor Schluss der Verhandlung in jener noch Preisminderung - offenbar zum Kaufvertrag wegen des Kupplungsausfalls - (gegenüber der Vermieterin!) geltend. Ein schlüssiges Vorbringen dazu unterblieb jedoch. Auch die Abwertung des Fahrzeugs durch den eingetretenen Schaden hat mit der Frage des Mindergebrauchs vor dessen Eintritt nichts zu tun. Auf Irrtum hat sich die klagende Partei in erster Instanz nicht berufen. Eine „Bereicherung" der beklagten Partei dadurch, dass diese ein unerwartet weniger als zulässig gebrauchtes Fahrzeug zurückerhielt, ist zwar durchaus nahe liegend, was aber nichts über die Berechtigung einer Kondiktion derselben wegen ungerechtfertigter Bereicherung aussagt. Zu den rechtlichen Grundlagen einer solchen führt sie in ihrer Revision nichts aus. Dass dieser Mehrwert dem Ausmaß der Minderkilometer gegenüber der (auch nur rechnerisch, weil die Vereinbarung einer völlig gleichmäßige Nutzung gar nicht behauptet wurde) bis zur Rückgabe zulässigen Fahrleistung, multipliziert dem für Mehrkilometer vereinbarten Entgelt entspräche, hat sie ebenfalls nie geltend gemacht. Gegen die Erwägungen der zweiten Instanz, wonach auch beim Mietvertrag kein gesetzlicher Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Mietzinses bei geringerer als der zulässigen Nutzung bestehe [nämlich bei einem wie hier den Mieter treffenden Hindernis iSd § 1107 erster Satz ABGB nach dessen zweitem Satz], wird nichts eingewendet.

Auch sonst werden erhebliche Rechtsfragen nicht angesprochen, insbesondere keine Rechtsausführungen zu § 864a oder § 879 Abs 3 ABGB getätigt, vor allem auch nicht, wie Sittenwidrigkeit, die ja die Nichtigkeit einer gröblich benachteiligenden Klausel bewirkt, zu einer Zahlungsverpflichtung der Leasinggeberin in dem von der klagenden Partei gewünschten Sinn führen könnte. Auf das KSchG kommt sie, eine Kapitalgesellschaft, zu Recht nicht mehr zurück. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).