JudikaturJustiz3Ob166/99d

3Ob166/99d – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Februar 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ä*****, vertreten durch Dr. Gerhard Daxböck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei Dr. Herwik M*****, vertreten durch Dr. Hans-Peter Benischke und Dr. Edwin Anton Payr, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 199.753,04 sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. November 1998, GZ 4 R 558/98b-9, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 16. Juni 1998, GZ 46 E 2379/98y-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei führt zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 199.753,04 sA gegen den Verpflichteten Fahrnisexekution. Die Pfändung wurde am 23. 4. 1998 nicht vollzogen, weil die Eingangstür versperrt war; der weitere Pfändungsversuch am 28. 4. 1998 blieb ebenfalls erfolglos, weil keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden. Der betreibenden Partei, die bei diesen Pfändungsversuchen nicht interveniert hatte, wurde mit der Mitteilung von deren Erfolglosigkeit eine Ablichtung des vom Verpflichteten am 4. 5. 1998 unterfertigten Vermögensverzeichnisses übersendet. In dem entsprechenden Verfahren war der Exekutionsvollzug am 2. 12. 1997 erfolglos geblieben, weil keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden worden waren; beim Vollzug am 2. 12. 1997 hatte der Verpflichtete die Abgabe des Vermögensverzeichnisses verweigert. Mit Beschluss vom 31. 3. 1998 war daher die Vorführung des Verpflichteten zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses angeordnet worden.

Der Verpflichtete gab im Vermögensverzeichnis vom 4. 5. 1998 folgendes Vermögen an: Forderungen aus Kassenverträgen für BVA, SVA, VA; sämtliche Forderungen zediert an BKS, derzeit offener Betrag ca 1,2 Millionen Schilling; Grundstücke und Rechte an unbeweglichen Sachen: Hälfteeigentümer an zwei Liegenschaften; keine beweglichen Sachen; andere Vermögensrechte: Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft.

Mit Schriftsatz vom 12. 6. 1998 beantragte die betreibende Partei, dem Verpflichteten die Vorlage der Einkommensteuererklärungen der letzten drei Jahre und des Kreditvertrages mit der BKS aufzutragen, damit der Umfang des Kredits, der Grund, die Laufzeit und vor allem das Abschlussdatum festgestellt werden können.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge Rekurses des Verpflichteten dahin ab, dass der Antrag der betreibenden Partei abgewiesen wurde; es sprach aus, der (ordentliche) Revisionsrekurs sei zulässig, weil, soweit feststellbar, oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der hier relevanten Frage fehle, ob dem Schuldner im Rahmen des Verfahrens gemäß den §§ 47 ff EO über die Beantwortung der im Formblatt angegebenen Fragen die Vorlage von urkundlichen Nachweisen und weiteren Unterlagen aufgetragen werden kann oder darf. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, die Exekutionsordnung enthalte keine ausdrückliche Bestimmung, inwieweit eine Ergänzung des vorgelegten und ordnungsgemäß unterfertigten Vermögensverzeichnisses zulässig sei. § 49 EO regle nur den Fall, dass glaubhaft gemacht werde, der Verpflichtete habe nach Vorlage des Vermögensverzeichnisses Vermögen erworben. In diesem Fall könnte der Schuldner zur neuerlichen Vorlage eines Vermögensverzeichnisses verpflichtet werden. Vorbringen in diese Richtung habe die betreibende Gläubigerin jedoch nicht erstattet.

Obwohl das Gesetz eine Ergänzung des vorgelegten Vermögensverzeichnisses nicht vorsehe, lasse die Gerichtspraxis eine solche insbesondere dann zu, wenn die Angaben im Vermögensverzeichnis unvollständig seien und deswegen kein abschließendes Bild über die Vermögenslage des Verpflichteten vermittelten. Im vorliegenden Fall habe der Verpflichtete jedoch erkennbar die relevanten Fragen beantwortet. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Angaben unvollständig, unrichtig oder irrig wären. Ein solcher Umstand werde vom betreibenden Gläubiger auch nicht behauptet. Die Voraussetzungen für eine Ergänzung des Vermögensverzeichnisses in einem solchen Fall lägen daher nicht vor.

Auch für die hier relevante Frage, ob der Schuldner zur Vorlage von urkundlichen Nachweisen (über die beantworteten Fragen hinaus) verpflichtet werden könne, fehle eine ausdrückliche Regelung. In der Rechtsprechung sei die Ansicht vertreten worden, der Schuldner habe im Vermögensverzeichnis alle effektiven Bestandteile des Vermögens (ohne Rücksicht auf ihre Verwertbarkeit) im Zeitpunkt der Vorlage der Unterfertigung anzugeben. Der Schuldner könne auch nicht verpflichtet werden, Umsatz oder Reingewinn eines (wenn auch im Vermögensverzeichnis angeführten) gewerblichen Unternehmens bekanntzugeben, weil es sich um keine gesondert exequierbaren Vermögensobjekte handle. Ziel sei das Bekanntwerden von Vermögenswerten, auf die der Gläubiger mangels Kenntnis noch nicht greifen konnte.

Würden diese Überlegungen auf den vorliegenden Fall übertragen, so erscheine hiedurch eine Verpflichtung, urkundliche Nachweise vorzulegen, nicht gedeckt, zumal Einkommensteuererklärungen keine solchen effektiven Vermögensobjekte darstellten. Es sei nicht Aufgabe des Verfahrens nach den §§ 47 und 48 EO, zu klären, ob in Ansehung gepfändeter Gegenstände Eigentumsansprüche dritter Personen (§ 37 EO) berechtigt seien. In ähnlicher Weise könne auch hier die Ansicht vertreten werden, dass es nicht Sache der begehrten Ergänzung des Vermögensverzeichnisses sein könne, durch Vorlage eines Kreditvertrags den Umfang des Kredites und mögliche Zessionen zu überprüfen.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 253a Satz 1 EO hat der Verpflichtete am Vollzugsort dem Vollstreckungsorgan ein Vermögensverzeichnis, dessen nähere Regelung § 47 Abs 2 EO enthält, vorzulegen und es zu unterfertigen, wenn der Vollzug der Fahrnisexekution ua deshalb erfolglos geblieben ist, weil beim Verpflichteten keine Sachen vorgefunden wurden, die in Exekution gezogen werden konnten.

Dies ist hier beim erfolglos gebliebenen Exekutionsvollzug am 28. 4. 1998 unterblieben, weil - wie sich aus dem Vollzugsbericht des Gerichtsvollziehers ergibt - der Verpflichtete nicht angetroffen wurde. Es lag zu diesem Zeitpunkt auch kein anderes Vermögensverzeichnis vor; vielmehr wurde am 4. 5. 1998 vom Gerichtsvollzieher mit dem Verpflichteten ein Vermögensverzeichnis aufgenommen, das zu dem Akt betreffend ein anderes Fahrnisexekutionsverfahren gegen den Verpflichteten genommen wurde, in dem bereits die Vorführung des Verpflichteten angeordnet worden war.

Gemäß § 253a Satz 2 EO kann der betreibende Gläubiger dem Verpflichteten zur Ermittlung der in Exekution zu ziehenden Sachen Fragen durch das Vollstreckungsorgan stellen lassen oder mit dessen Zustimmung unmittelbar selbst stellen. Da dem betreibenden Gläubiger hier diese Möglichkeit vor und bei der Aufnahme des Vermögensverzeichnisses am 4. 5. 1998 nicht eingeräumt worden war, ist grundsätzlich eine Ergänzung oder Berichtung zuzulassen (vgl Mohr, Fahrnisexekution 68).

Im vorliegenden Fall stellt der betreibende Gläubiger jedoch keine weiteren Fragen an den Verpflichteten, sondern begehrt ausschließlich, dem Verpflichteten die Vorlage von Urkunden, nämlich von Einkommensteuererklärungen der letzten drei Jahre und des im Vermögensverzeichnis angegebenen Kreditvertrags mit Zessionsvereinbarung, aufzutragen. Derartige Aufträge zur Vorlage von Urkunden sind jedoch bei der Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses nicht vorgesehen. Der Verpflichtete ist nur dazu verpflichtet, Angaben zu seinem Vermögen zu machen, deren Inhalt in § 47 Abs 2 EO bestimmt ist. Hiebei ist ein Formblatt (kundgemacht in JABl 1986/25) zu verwenden (Mohr aaO; Deixler-Hübner in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 8 zu § 47). Auch aus dem von der betreibenden Partei ins Treffen geführten § 47 Abs 4 EO ergibt sich im Übrigen eindeutig, dass nur zusätzliche Fragen in das Vermögensverzeichnis aufgenommen werden dürfen, es lässt sich daraus somit nicht ableiten, dass dem Verpflichteten außer der Beantwortung von Fragen auch die Vorlage von Urkunden aufgetragen werden darf.

Da der betreibende Gläubiger überhaupt keine ergänzenden Fragen an den Verpflichteten stellen will, ist auf den Inhalt des Vermögensverzeichnisses hier nicht weiter einzugehen. Der im Gesetz nicht vorgesehene Antrag auf Vorlage von Urkunden wurde vom Rekursgericht zutreffend abgewiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.