JudikaturJustiz3Ob153/07g

3Ob153/07g – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. August 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei E***** AG, ***** vertreten durch Mag. Marcus Osterauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Johann D*****, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 47.982,20 EUR s.A., infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Februar 2007, GZ 46 R 837/06p, 838/06k-52, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 17. August 2006, GZ 18 E 3539/04b-43, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das unter C-LNr 4a an einer näher bezeichneten Liegenschaft in der KG Leopoldstadt (ein Mietshaus in Wien) seit 1985 einverleibte Fruchtgenussrecht des Verpflichteten wurde zur Hereinbringung einer

1. Kreditforderung der betreibenden Bank von 47.982,20 EUR (betriebene Forderung) am 19. Juli 2004 durch bücherliche Eintragung des Zwangspfandrechts gepfändet (C-LNr 4d). Unter C-LNr 6a derselben Liegenschaft war für die betreibende Partei gegenüber der Liegenschaftseigentümerin zur Sicherung einer Kreditforderung (im Folgenden nur 2.Kreditforderung) auf Grund der Pfandurkunde vom 28. Dezember 2001 im Jahr 2002 ein Zwangspfandrecht im Höchstbetrag von 84.283,41 EUR auf der Liegenschaft einverleibt und der Vorrang dieses Pfandrechts vor dem Zwangspfandrecht am Fruchtgenussrecht angemerkt worden. Die Liegenschaftseigentümerin, die jedenfalls die Sachhaftung für die 2.Kreditforderung übernommen hatte, hatte mit dem Fruchtnießer vereinbart, dass dieser auf sein Fruchtgenussrecht verzichte, wenn sie von der Bank wegen der 2.Kreditforderung in Anspruch genommen werde. Der Verpflichtete fertigte eine Verzichtserklärung, die in der Zwischenzeit auch schlagend wurde. Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 29. August 2005 ON 24 die Zwangsverwaltung des gepfändeten Fruchtgenussrechts und ernannte einen Zwangsverwalter. Am 24. Mai 2006 wurde das Fruchtgenussrecht mit dem Beisatz des § 51 Abs 1 GBG gelöscht.

Im Zwangsverwaltungsverfahren stellten der verpflichtete Fruchtnießer und die Liegenschaftseigentümerin am 30. Mai 2006 den Antrag, „dem Zwangsverwalter gemäß §§ 109 Abs 4 und 120 Abs 2 Z 5 EO aufzutragen, die rückständigen und die künftig weiter fälligen Annuitäten" aus der

2. Kreditforderung aus den Erträgnissen der dienenden Liegenschaft zu leisten (ON 33 und ON 41). Danach sei von der Bank die

2. Kreditforderung wegen Nichtzahlung der Annuitäten fällig gestellt worden.

Das Erstgericht gab diesem Antrag statt.

Das Rekursgericht wies über Rekurs der betreibenden Partei den Antrag mit der wesentlichen Begründung ab, dass es sich hier nicht um den Fall einer Anweisung über die Bezahlung von Annuitäten einer auf dem Fruchtgenussrecht sichergestellten Forderung, sondern einer auf der Liegenschaft selbst besicherten Forderung (2.Kreditforderung) handle, sodass die Bestimmung des § 120 Abs 2 Z 5 EO nicht anwendbar sei. Im Übrigen müsste nach dieser Gesetzesstelle eine Vereinbarung zwischen dem (besicherten) Pfandgläubiger (betreibende Partei) und dem Fruchtnießer (Verpflichterer) vorliegen. Es müsse daher der Inhalt der Vereinbarung zwischen dem Fruchtnießer und der Dritten (der Liegenschaftseigentümerin) nicht mehr geprüft werden. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

I. Der Revisionsrekurswerber lässt mit Recht die Verneinung der (unmittelbaren) Anwendbarkeit des § 120 EO unbekämpft. Die Argumente des Rekursgerichts sind völlig richtig. Die Liegenschaftseigentümerin, die die Haftung für die 2.Kreditforderung gegenüber dem verpflichteten Fruchtnießer übernommen hatte, ist mit ihren allfälligen Regressansprüchen gegen ihn bücherlich nicht gesichert, sodass schon aus diesem Grund die ins Treffen geführte (bloß obligatorische) Vereinbarung mit dem Fruchtnießer keine taugliche Grundlage für eine unmittelbare Berichtigung der Annuitäten aus der zugunsten der betreibenden Partei an der Liegenschaft gesicherten 2.Kreditforderung bilden kann.

II. An dieser Beurteilung vermögen die Revisionsrekursausführungen zum materiellrechtlichen Umfang des Fruchtgenussrechts des Verpflichteten nichts zu ändern. Gestützt auf die §§ 504 und 512 ABGB führt er ins Treffen, dass die Parteien den Umfang des Fruchtgenussrechts, also des Rechts auf alle Erträgnisse, frei vereinbaren und einschränken könnten und dass im Zwangsverwaltungsverfahren jedenfalls die Zinsen der Annuitäten aus der 2.Kreditforderung in analoger Anwendung des § 120 EO aus den Erträgnissen der Zwangsverwaltung zu decken wären. Mit der getroffenen Vereinbarung iSd § 504 ABGB seien die Rechte des Fruchtnießers eingeschränkt worden. Diesem könnten im Exekutionsverfahren nicht mehr Rechte zustehen als bei der Begründung des Fruchtgenussrechts. Dazu ist Folgendes auszuführen:

1. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 512 ABGB hat der Fruchtnießer nur vorrangige bücherliche (§ 29 GBG) Lasten (arg.: „...der darauf eingetragenen Kapitalien") zu übernehmen. Für erst nach seinem Rechtserwerb begründete bücherliche Lasten haftet der Fruchtnießer selbst bei Vorrangeinräumung weder dem Vortretenden noch dem Eigentümer, weil er nach hM mit der Vorrangeinräumung nur die vorzugsweise Befriedigung aus der Sache überlässt (Hofmann in Rummel³, § 512 ABGB Rz 2). Auf eine (schlüssige) Überlassung (Abtretung) der Liegenschaftserträgnisse an die Liegenschaftseigentümerin (vgl. dazu RIS-Justiz RS0011895) beruft sich der Verpflichtete nicht. Diese Frage wäre auch nicht im Zwangsverwaltungsverfahren, sondern im Rechtsweg zu klären (§ 37 EO).

2. Im Übrigen moniert der Revisionsrekurswerber ohne triftige sachliche Begründung eine Einschränkung des Umfangs seines Fruchtgenussrechts wegen der behaupteten Vereinbarung mit der Liegenschaftseigentümerin. Nach seinem Vorbringen selbst hat er sich aber nur obligatorisch zur Erfüllung seiner eigenen Rückzahlungsverpflichtungen aus dem 2.Kreditverhältnis verpflichtet und für den Fall der Inanspruchnahme der haftenden Liegenschaftseigentümerin einen Vorausverzicht auf das Fruchtgenussrecht abgegeben. Darin allein liegt noch keine Beschränkung des gesetzlichen Rechts des Fruchtnießers auf vollen Ertrag der dienenden Liegenschaft (§ 511 ABGB), solange das Fruchtgenussrecht aufrechten Bestand hat. Dass der Verzicht auf das Fruchtgenussrecht im anhängigen Zwangsverwaltungsverfahren wegen der gebotenen Wahrung der Interessen des pfandberechtigten Gläubigers

unbeachtlich ist, ergibt sich aus § 51 GBG (5 Ob 1/07v = EvBl 2007/82

= ecolex 2007, 338 [Friedl]; RIS-Justiz RS0109610).

3. Zur angestrebten analogen Anwendung des § 120 Abs 2 Z 5 EO trägt der Rekurswerber keine Argumente vor, warum eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegen sollte. Er bleibt eine Erklärung dafür schuldig, weshalb bei der sinngemäßen Anwendung der Bestimmungen über die Zwangsverwaltung auf die exekutive Verwertung des Fruchtgenussrechts (§ 334 Abs 2 EO; 3 Ob 240/99m = EvBl 2000/45) die erforderliche Vereinbarung mit dem vorrangig dinglich Berechtigten nicht erforderlich, eine Vereinbarung mit der Eigentümerin der dienenden Liegenschaft aber für eine unmittelbare Berichtigung iSd § 120 EO maßgeblich sein könnte.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).