JudikaturJustiz3Ob128/98i

3Ob128/98i – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roland K*****, vertreten durch Mag. Bernd Moser, Rechtsanwalt in Saalfelden, wider die beklagte Partei DI Luise J*****, vertreten durch Dr. Martin Stock, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 2. März 1998, GZ 54 R 401/97b-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Saalfelden vom 17. Juli 1997, GZ 2 C 257/97g-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß - unter Einbeziehung des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teiles - die Zug-um-Zug-Verpflichtung des Klägers zur Zahlung eines Betrages von DM 315.000 ersatzlos entfällt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 33.181,76 (darin enthalten S 4.831,96 Umsatzsteuer und S 5.320 Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der deutsche Rechtsanwalt Wolfgang O***** hatte in den 70iger Jahren vor, im Raum Maria Alm eine Liegenschaft zu erwerben. Sein Bekannter Josef M*****, mit dem er bereits zuvor in der Immobilienbranche Geschäfte abgewickelte hatte, machte ihn darauf aufmerksam, daß der Kläger mehrere Wohnhäuser zu errichten beabsichtige; er brachte die beiden miteinander in Kontakt. Wolfgang O***** mußte die Erfahrung machen, daß ihm als Ausländer in Österreich der Erwerb einer Liegenschaft nicht gelingen würde; er vereinbarte deshalb mit dem Kläger, dieser solle zwar Liegenschaftseigentümer bleiben und als Bauherr auftreten, er (O*****) werde die Finanzierung übernehmen und auch den Weiterveräußerungsgewinn einstreichen. Josef Peter M*****, der von der rechtlichen Unmöglichkeit des Erwerbes einer Haushälfte wußte und auch die finanziellen Mittel nicht hatte, vereinbarte mit O*****, statt des Kaufvertrages mit dem Kläger einen Mietvertrag abzuschließen. Tatsächlich vermietete der Kläger eine Wohnung zu einem monatlichen Mietzins von S 5.130 inklusive Umsatzsteuer; der Mieter sollte alle Nebenkosten mit Ausnahme der Grundsteuer tragen und eine Reihe von Investitionen tätigen. M***** leistete jedoch zumeist keine Zahlungen, sodaß O***** vorschießen mußte. Etwa 1987 lernte M***** die Beklagte kennen, die in das Haus einzog und sich erneut, jedoch erfolglos, um eine Kauffinanzierung bemühte. M***** und die Beklagte erteilten die Zustimmung zu einer Vertragskonstruktion, die ein reines Umgehungsgeschäft zur Ausschaltung der Ausländergrundverkehrskommission war. O*****, der aufgrund einer umfassenden Vollmacht des Klägers tätig wurde, setzte einige Verträge auf. Da ein Kaufvertrag grundverkehrsbehördlich nicht genehmigt würde, entschied er sich für einen Darlehensvertrag, wonach die Beklagte und M***** dem Kläger ein bis Ende 2000 unkündbares, unverzinsliches Darlehen von DM 315.000 gewähren, dessen Vertragsdauer sich ohne Kündigung um weitere fünf Jahre verlängern sollte. Die Beklagte trat als weitere Mieterin in den zwischen M***** und dem Kläger im Jahr 1981 geschlossenen Mietvertrag, der bis Ende 2000 verlängert wurde und sich ohne Kündigung um weitere fünf Jahre verlängern sollte, ein; die Beklagte und M***** sollten jedoch nur mehr die auf die bisherige Miete von S 4.750 entfallende Umsatzsteuer tragen. Weiters wurde vereinbart, daß die Beklagte und M***** die Wohnung vom nach wie vor als bücherlicher Eigentümer einverleibten Kläger kaufen werden, doch sei eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung derzeit weder für den Kaufvertrag noch für den Mietvertrag zu erwirken. Der Kläger verpflichtete sich jedoch, sofort nach Bestehen der gesetzlichen Möglichkeiten die Eigentumswohnung an M***** und die Beklagte um DM 315.000 zu verkaufen. Das auf der Liegenschaft zugunsten eines Kreditinstitutes einverleibte erstrangige Pfandrecht über S 2,450.000, resultierend aus einer im Jahr 1978 zum Liegenschaftskauf vom Kläger getätigten Darlehensaufnahme, sollte nun zur Sicherung eines von diesem Kreditinstitut Josef M***** und der Beklagten gewährten Darlehens dienen. Dieses Darlehen mußte die Beklagte deshalb aufnehmen, weil weder sie noch M***** über die an den Kläger zu zahlenden DM 315.000 verfügte. M***** konnte nur DM 50.000 für das dem Kläger zu gewährende "Darlehen" beisteuern. Über weitere Mittel verfügte er nicht, weshalb die Beklagte bei der Sparkasse einen mit jährlich 9,25 % zu verzinsenden Kredit von DM 265.000 aufnahm. Man vereinbarte unter Einbindung des Kreditinstituts, das Pfandrecht solle zur Besicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen M*****s und der Beklagten dienen. Soweit das Kreditinstitut das Pfandrecht zur Besicherung des von der Beklagten aufgenommenen Kredites nicht mehr benötige, stehe es der Beklagten und M***** zu.

Am 15. 2. 1993 vereinbarten alle Beteiligten das Ausscheiden M*****s aus allen Verträgen; an seine Stelle trat allein die Beklagte.

Der Kläger erhielt bald nach Vertragsunterfertigung DM 315.000. Die Beklagte geriet mit der Rückzahlung ihres Kredites in Schwierigkeiten, sodaß der Saldo auf etwa DM 310.000 anwuchs. Demnach ist das Pfandrecht nach wie vor eingetragen.

Die Beklagte stoppte weiters bald nach Unterfertigung der Umgehungsverträge ab 1. 1. 1991 den größten Teil ihrer Betriebskostenzahlungen. Diese mußte nun überwiegend O***** bevorschussen. Der Rückstand beträgt S 53.484. Die Beklagte leistete einige Investitionen und Auslagen.

Die Beteiligten versuchten im Jahr 1993 eine Sanierung durch einen notariellen, der Ausländergrundverkehrsbbehörde vorzulegenden Kaufvertrag, doch erhielten sie keine Genehmigung.

Der Kläger begehrt die Räumung der Liegenschaft wegen titelloser Benützung; die auf die Benützung gerichteten Verträge seien nichtig.

Die Beklagte wendete ein, sie benütze die Liegenschaft nicht titellos. Jedenfalls könne der Kläger aber nicht kurzerhand die Räumung begehren, sondern müsse in Rückabwicklung des Rechtsgeschäftes Zug um Zug die Rückleistung all dessen anbieten, was sie im Vertrauen auf den Liegenschaftserwerb aufgewendet habe, d.h. den Kaufpreis und Aufwendungen auf die Liegenschaft. Der Kläger sei insbesondere verbunden, auch den Darlehensvertrag (versteckte Kaufpreiszahlung) rückabzuwickeln und mit der an ihn geleisteten Darlehensvaluta die Darlehensschuld der Beklagten bei der Sparkasse abzudecken und darüber hinaus die von der Beklagten auf das Darlehen geleisteten Einzahlungen von DM 230.498,98 sowie Aufwände auf die Liegenschaft und fustrierte Aufwände zur Erlangung des Eigentums in Höhe von DM 38.194,50 rückzuleisten. Unter diesen Voraussetzungen sei sie grundsätzlich bereit, einer Rückabwicklung des Rechtsgeschäftes zuzustimmen und die Liegenschaft geldlastenfrei an den Kläger zurückzustellen.

Der Kläger replizierte, die Liegenschaftsanteile seien durch ein Pfandrecht der Sparkasse für Forderungen gegenüber der Beklagten bis zum Höchstbetrag von S 2,450.000, umgerechnet etwa DM 350.000, belastet. Diesbezüglich bestehe nur die sachliche Haftung des Klägers. Die Sparkasse habe die offenen Forderungen gegen die Beklagte von etwa DM 325.330 gerichtlich geltend gemacht; die Beklagte sei in erster Instanz zur Zahlung verurteilt worden. Aufwendungen der Beklagten hätten keine Wertsteigerung der Liegenschaft verursacht; ihnen stehe noch die forderungsbekleidete Pfandbelastung gegenüber. Die mit der Leistung der Beklagten verknüpfte hypothekarische Belastung der Liegenschaft des Klägers bewirke demnach, daß eine gegenwärtige Wertsteigerung noch nicht eingetreten sei. Schon aus diesem Grund fehlten die Voraussetzungen für das von der Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht. Vielmehr sei davon auszugehen, daß zwischen den Parteien nicht endgültig über die Rückabwicklung abgesprochen werde, weil dies im Hinblick auf das ungewisse Schicksal der aushaftenden Hypothekarforderung derzeit gar nicht möglich sei. Solange die Beklagte als Personalschuldnerin ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Hypothkargläubigerin nicht abdecke und damit die Voraussetzung für die Lastenfreistellung der Liegenschaft des Klägers schaffe, könne sie auch ihre Aufwendungen nicht verlangen. Der Kläger sei nicht grundsätzlich gegen eine Rückabwicklung Zug um Zug, doch lägen die Voraussetzungen derzeit nicht vor.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Räumung, jedoch nur Zug um Zug gegen Rückgabe von DM 315.000 durch den Kläger an die Beklagte. Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, das Räumungsbegehren des Klägers bestehe zu Recht, weil mit dem Wegfall sämtlicher Verträge die Beklagte nicht einmal einen Mietvertrag vorweisen könne. Es stelle sich nur die Frage, ob die Beklagte dem berechtigten Rückgabebegehren hemmende Einwendungen entgegensetzen könne. Für den Fall der Ungültigkeit von Verträgen sehe § 877 ABGB die Rückstellung all dessen vor, was durch den ungültigen Vertrag erlangt wurde. Die Beklagte müsse daher durch Räumung die Liegenschaft zurückgeben, der Kläger Zug um Zug die erhaltenen DM 315.000. Ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen stehe der Beklagten nicht zu, weil der vorausgesetzte klare Vorteil aus der Sicht des Bereicherten nicht vorliege.

Andererseits könne sich der Kläger nicht auf die Verweigerung zur Rückzahlung der DM 315.000 mit der Begründung berufen, auf seiner Liegenschaft hafte auch nach Rückzahlung ein Pfandrecht von S 2,450.000 aus. Dieses Pfandrecht gehe nämlich ursprünglich auf eine Kreditaufnahme des Klägers bei der Sparkasse, und nicht auf eine Belastung durch die Beklagte zurück. Die Parteien hätten lediglich mit der Sparkasse vereinbart, das schon bestehende Pfandrecht solle auch der Sicherheit für die Rückzahlung des von der Beklagten aufgenommenen Kredites dienen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht, derjenigen des Klägers teilweise Folge und änderte den Betrag, den der Kläger der Beklagten Zug um Zug gegen Übergabe der Liegenschaft zu bezahlen hat, auf DM 307.350 ab; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteigt und die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, unbestritten sei, daß der Kläger DM 315.000 erhalten habe und daß dafür der Beklagten auf der Liegenschaft ein Pfandrecht eingeräumt worden sei. Daß der Kläger den Geldbetrag zurückzustellen habe, sei keine Frage. Es sei wohl auch zutreffend, daß er den Geldbetrag nur dann zurückzustellen hätte, wenn gleichzeitig die Beklagte verpflichtet würde, diese Sachhaftung aufzugeben. Eine derartige weitere Zug-um-Zug-Leistungsverpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger sei in erster Instanz jedoch nicht eingewendet worden, weshalb auf die Rückabwicklung dieser Sachhaftung nicht Bedacht genommen werden könne. So wie nämlich die Beklagte eingewendet habe, sie wolle die Liegenschaft nur dann zurückstellen, wenn sie Zug um Zug den Kaufpreis rückerstattet erhalte, hätte der Kläger hiezu wiederum erwidern müssen, er sei nur verpflichtet, den Kaufpreis Zug um Zug gegen Löschung der Hypothek herauszugeben. Diesen Einwand habe er nicht erhoben, weshalb auf die Frage der Sachhaftung nicht näher eingegangen werden müsse.

Zutreffend wende der Kläger aber ein, daß seine Rückerstattungsverpflichtung bezüglich des Kaufpreises um jenen Betrag gemindert sein müsse, um den er Aufwendungen getätigt habe, die während der Nutzung der Liegenschaft die Beklagte hätte machen müssen, hier Aufwendungen von DM 7.650.

Die außerordentliche Revision sei im Hinblick auf die wiedergegebene einhellige Judikatur nicht zulässig.

Die außerordentliche Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung unrichtig davon ausgegangen ist, unter Zugrundelegung des Parteienvorbringens seien die in der Entscheidung JBl 1994, 171 ausgesprochenen Grundsätze der Berücksichtigung hypothekarischer Belastungen bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags über eine Liegenschaft nicht anzuwenden; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Berechtigung der Räumungsklage wegen titelloser Benützung der Liegenschaft infolge Nichtigkeit der zugrundeliegenden Vereinbarung wegen Verstoßes gegen das Grundverkehrsgesetz ist nunmehr unstrittig. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur, ob und inwieweit die Beklagte dem Rückgabebegehren wegen des für die Sache gemachten Aufwandes Gegenansprüche entgegenhalten kann. In einem solchen Fall hat der auf Herausgabe belangte Inhaber nach § 471 ABGB, auf den § 334 ABGB verweist, ein Zurückbehaltungsrecht; er braucht die Sache nur Zug um Zug gegen Befriedigung oder Sicherstellung seiner Forderung herausgeben (JBl 1992, 594; JBl 1994, 171 mwN uva).

Das Berufungsgericht ging davon aus, daß es keine Frage sei, daß der Kläger den Betrag von DM 315.000, den er von der Beklagten erhielt, ihr zurückzustellen habe; es sei wohl auch zutreffend, daß er den Geldbetrag nur dann zurückzustellen hätte, wenn gleichzeitig die Beklagte verpflichtet würde, die dafür durch ein Pfandrecht auf der Liegenschaft begründete Sachhaftung aufzugeben. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Kläger habe in erster Instanz hiezu kein Vorbringen erstattet, weshalb darauf nicht Bedacht genommen werden könne, ist unrichtig.

Der Kläger hat vielmehr in dem in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 8. 7. 1997 vorgetragenen vorbereitenden Schriftsatz ON 7 vorgebracht, solange die Beklagte als Personalschuldnerin ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Hypothekargläubigerin nicht abdecke und damit die Voraussetzung für die Lastenfreistellung der Liegenschaft des Klägers schaffe, könne sie auch ihre Aufwendungen nicht verlangen. Diesem Vorbringen ist, wie der Kläger in der Revision zutreffend ausführt, eindeutig zu entnehmen, daß er dazu bereit ist, bei Lastenfreistellung den "Kaufpreis" rückzuerstatten, auch wenn der Begriff "Zug um Zug" nicht ausdrücklich benützt wird. Die Beklagte erklärte sich jedoch zu einer Lastenfreistellung nicht bereit.

Nun wurde die Zahlung der Beklagten an den Kläger, deren Rückzahlung sie begehrt, vereinbarungsgemäß gerade durch diese Hypothekenbelastung finanziert. Dabei ist irrelevant, ob das Pfandrecht bereits früher zur Sicherung einer anderen Forderung gegen den Kläger einverleibt worden war; maßgeblich ist nur die nunmehrige Situation, in der die Sachhaftung der Liegenschaft des Klägers für eine Schuld der Beklagten besteht, für die er keine persönliche Haftung übernommen hat. Solange diese hypothekarische Belastung besteht, kann (wie in dem in JBl 1994, 171 entschiedenen Fall) nicht davon ausgegangen werden, daß Aufwendungen der Beklagten bereits eine Wertsteigerung ausgelöst hätten. Aus diesem Grund fehlen die Voraussetzungen für das von der Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht, weshalb dem Räumungsbegehren des Klägers uneingeschränkt stattzugeben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, für das Rechtsmittelverfahren auf §§ 41, 50 ZPO.