JudikaturJustiz3Ob1/91

3Ob1/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei E*****, ***** vertreten durch Dr. Helmut Neudorfer ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. Johannes R*****, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Lutz L*****, ***** wegen S 494.000,-- samt Anhang, infolge Revisionsrekurses der B*****Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Nikolaus Bilowitzki, Rechtsanwalt in Wien, und der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 29. Oktober 1990, GZ 46 R 800/90-82, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 6. Juli 1990, GZ 21 E 57/88-76, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Rekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verteilte die Meistbote für die versteigerten, mit Wohnungseigentum verbundenen Anteile an einer Liegenschaft in der bücherlichen Rangordnung und wies den Antrag der Hausverwalterin B*****Gesellschaft mbH (in der Folge nur "B*****") und des Masseverwalters auf Zuweisung von S 134.564,63 an Betriebskosten für die Liegenschaftsanteile für die Zeit von März 1988 bis März 1990 an die B. als Vorzugsposten im Sinne des § 216 Abs. 1 Z 1 EO ab. Diese habe nur eine Aufstellung der Betriebskosten vorgelegt, damit aber die Forderung nicht nachgewiesen.

Die zweite Instanz gab den von der B***** und vom Masseverwalter dagegen erhobenen Rekursen nicht Folge. Sie sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000,-- übersteigt und der Rekurs gegen ihre Entscheidung zulässig sei. Ein Hausverwalter sei zwar grundsätzlich berechtigt, Forderungen im Sinne des § 216 Abs. 1 Z 1 EO zur Meistbotsverteilung anzumelden; bei Betriebskosten handle es sich um Kosten der Erhaltung der Liegenschaft. Voraussetzung für eine Zuweisung nach § 216 Abs. 1 Z 1 EO sei, daß es sich um Auslagen handle, die während des Versteigerungsverfahrens getätigt wurden, und daß sie - wenn sie nicht aus dem Grundbuch oder den Exekutionsakten entnommen werden können - durch Urkunden nachgewiesen werden; andere Beweismittel seien nicht zugelassen. Eine ausreichende Bescheinigung des behaupteten Anspruches liege nicht vor. Der Umstand, daß der Masseverwalter in der Verteilungstagsatzung für den Verpflichteten zugestimmt habe, daß die von der B***** geltend gemachten Kosten aus der Masse befriedigt werden, sei unerheblich. Es liege eine kridamäßige Versteigerung vor, bei der dem Masseverwalter die Stellung einer betreibenden Partei zukomme, so daß er nicht zugleich Verpflichteter sein oder als dessen Vertreter aufscheinen könne. Der Rekurs sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Anmeldung von Betriebskosten durch einen Hausverwalter als Vorzugspost nicht vorliege bzw. das Rekursgericht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob Betriebskosten dem Grund nach Vorzugsposten darstellen (SZ 58/160), nicht übereinstimme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse der B***** und des Masseverwalters sind trotz dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruches nicht zulässig.

Die Frage, ob die geltend gemachten Betriebskosten dem Grund nach Vorzugsposten iS des § 216 Abs. 1 Z 1 EO darstellen, ist hier ohne Bedeutung. Gemäß § 210 EO haben die mit ihren Ansprüchen auf das Meistbot gewiesenen Personen ihre Ansprüche nicht nur vor oder bei der Verteilungstagsatzung anzumelden, sondern auch die zum Nachweis ihrer Ansprüche dienenden Urkunden, falls sich diese nicht schon bei Gericht befinden, spätestens bei der Tagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen (soweit sie nicht aus dem Grundbuch oder aus den Exekutionsakten ersichtlich sind). Auch die Belege für Verwaltungskosten, wie Rechnungen und Zahlungsnachweise, müssen in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden (JBl. 1989, 389). Dieser Verpflichtung haben die Rekurswerber nicht entsprochen. Technische Schwierigkeiten in der Beschaffung derartiger Urkunden könnten an ihr nichts ändern (auch hiezu JBl. 1989, 389). Da somit zu dieser Frage eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht (vgl. auch SZ 58/160), ist sie nicht erheblich iS des § 78 EO iVm § 528 Abs. 1 ZPO.

Die Frage, ob es sich bei den angemeldeten Betriebskosten nicht etwa nur um Kosten des Masseverwalters (Kosten der Verwaltung der Masse) handelt - so daß der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO, § 78 EO als jedenfalls unzulässig anzusehen wäre - und wer zur Anmeldung dieser Kosten legitimiert ist, kann auf sich beruhen.

Das Rekursvorbringen der B., es wäre Sache des Exekutionsgerichtes gewesen, vermeintliche Mängel bei der Bescheinigung in der Verteilungstagsatzung aufzuzeigen; sie hätte sodann jene Schriftstücke vorlegen können, die das Exekutionsgericht zur Glaubhaftmachung für erforderlich gehalten habe, ist eine unzulässige Neuerung, die zudem im Widerspruch zu ihrem sonstigen Vorbringen sowohl in dem an die zweite Instanz gerichteten Rekurs als auch im Revisionsrekurs steht, sie habe im Hinblick auf die EDV-Verwaltung gar keine andere Möglichkeit als die Vorlage einer Aufstellung, wie sie diese vorgenommen habe. Dazu kommt, daß die B***** bei der Ladung zur Meistbotsverteilungstagsatzung

ohnedies - formularmäßig - aufgefordert wurde, die zum Nachweis ihrer Ansprüche dienenden Urkunden spätestens bei der Tagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen, und daß die Verteilungstagsatzung nicht zum Zweck der Beibringung von Urkunden über die angemeldeten Ansprüche erstreckt werden darf (Heller-Berger-Stix 1444 mwN).

Der Umstand, daß der Masseverwalter in der Verteilungstagsatzung der vorzugsweisen Befriedigung der vom Hausverwalter angemeldeten Ansprüche zugestimmt, ja selbst einen derartigen Antrag gestellt hat, reicht zur Zuweisung nicht hin; hiezu hätte es eines Einverständnisses aller betroffenen berechtigten Personen bedurft (§ 214 Abs. 2 EO), das aber nicht einmal behauptet wird.

Nicht richtig ist allerdings die Ansicht der zweiten Instanz, daß das Versteigerungsverfahren auf Antrag des Masseverwalters durchgeführt wurde, daß also eine kridamäßige Versteigerung stattgefunden habe (bei der dem Masseverwalter die Stellung einer betreibenden Partei zukommt, so daß er nicht auch Verpflichteter oder dessen Vertreter sein kann). Das Zwangsversteigerungsverfahren wurde zwar über Antrag des Masseverwalters eingeleitet, doch konnte der Beschluß über die Bewilligung der Exekution dem Verpflichteten (Gemeinschuldner) nicht zugestellt werden, so daß diese Exekution gemäß § 200 Z 3 EO mangels einer zustellfähigen Adresse oder Stellung sonstiger zweckdienlicher Anträge zur Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Verpflichteten eingestellt und die zu 21 E 124/88 betreibende Partei E***** "verkaufsführende" Partei wurde (Beschluß vom 24. Jänner 1989, ON 20). Ab diesem Zeitpunkt aber ist der Masseverwalter an die Stelle der verpflichteten Partei getreten. Von einer Nichtigkeit des Verfahrens infolge nicht ordnungsgemäßer Zustellung an die verpflichtete Partei kann daher ebenfalls keine Rede sein.