JudikaturJustiz33R162/23w

33R162/23w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
12. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger sowie die Richter Dr. Schober und Mag. Falmbigl in der Rechtssache der klagenden Partei S *****, vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei H *****, vertreten durch Mag. Peter Fasching, Rechtsanwalt in Wien, wegen (zuletzt) Kosten (Streitwert EUR 1.000) über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 5.238,99) gegen den Beschluss und das Kostenurteil des Handelsgerichts Wien vom 13.10.2023, GZ: 33 Cg 39/23v-14, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird, soweit er sich gegen den Beschluss vom 13.10.2023 über die Festsetzung des Streitwerts richtet, zurückgewiesen. Im Übrigen wird dem Rekurs teilweise Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahin geändert, dass sie lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.217,38 (darin EUR 237,56 USt und EUR 792 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 120,86 (darin EUR 20,14 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung

Text

Der Kläger schloss bei der Beklagten eine Haftpflichtversicherung ab. Nachdem er in einem Prozess vor dem ASG Graz zur Zahlung von EUR 294.297,76 verpflichtet worden war, begehrte er von der Beklagten die Deckung aus der Haftpflichtversicherung. Die Beklagte lehnte die Deckung ab, sodass der Kläger nunmehr gegen sie zu AZ 36 Cg 36/23y des Handelsgerichts Wien einen Deckungsprozess mit einem Streitwert von EUR 35.000 führt.

Am 25.4.2023 sandte die Klagevertreterin der Beklagten folgende E-Mail:

«Sehr geehrte Damen und Herren

Wir vertreten Herrn [Kläger].

Ihre Ablehnung vom 17.09.2019 liegt uns vor.

Wir ersuchen Sie uns folgende Unterlagen zu übermitteln:

- Versicherungsantrag

- Versicherungspolizze

- die für diesen Vertrag geltenden AHVB/EHVB

- das gesamte, weitere Wording

- sämtliche weiteren Informationen, welche Sie von unserem Mandanten im Hinblick auf das Schadenereignis erhalten haben.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir nach Ablauf des

08.05.2023

die Herausgabeklage gegen Sie einzubringen haben. […]»

Mit Antwort-Mail vom 5.5.2023 übermittelte die Beklagte die Versicherungspolizze und die Versicherungsbedingungen mit dem Bemerken, „die übrigen Unterlagen müssten Ihrem Mandanten ohnehin vorliegen“. Der Versicherungsantrag war nicht angeschlossen.

Der Kläger begehrte mit seiner am 9.5.2023 eingebrachten Klage zunächst die Herausgabe des Versicherungsantrags und bewertete sein Interesse daran „angesichts des Punktums im Direktprozess“ mit EUR 35.000.

Die Beklagte übermittelte mit der Klagebeantwortung den Versicherungsantrag und brachte vor, ihr Sachbearbeiter sei irrig davon ausgegangen, dass der Antrag dem Kläger bereits vorgelegen sei. Eine einfache Antwort des Klägers auf die E-Mail vom 5.5.2023 hätte die Beklagte zur Übermittlung des fehlenden Antrags veranlasst. Außerdem hätte der Kläger die Vorlage der Urkunde nach § 303 ZPO im Deckungsprozess verlangen können. Die Beklagte habe keinen Anlass zur Klage gegeben und daher nach § 45 ZPO Anspruch auf Ersatz ihrer Verfahrenskosten.

Das Interesse an der bloßen Herausgabe einer Urkunde könne nicht mit dem Streitwert des Deckungsprozesses bemessen werden. Der Streitwert möge nach § 7 RATG mit EUR 4.400, in eventu mit EUR 10.000 (§ 14 lit b RATG) festgesetzt werden.

Nachdem die Beklagte mit der Klagebeantwortung den Versicherungsantrag vorgelegt hatte, schränkte der Kläger das Klagebegehren auf Kosten ein und brachte dazu zusammengefasst vor, mit E-Mail vom 25.4.2023 sei die Klage ausdrücklich angedroht worden. Der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten habe sich auch nicht geirrt, sondern aus Bequemlichkeit mitgeteilt, dass der Antrag dem Kläger ohnehin vorliegen müsste. Die Voraussetzungen des § 45 ZPO (kein Anlass zur Klagsführung) lägen nicht vor.

Der Kläger habe seine Anspruch angemessen bewertet. Er begehre im Deckungsprozess die Versicherungsdeckung für eine Summe von EUR 294.297,276, sodass sein Interesse an der Herausgabe in Wahrheit weit über EUR 35.000 liege.

Mit den gemeinsam ausgefertigten, angefochtenen Entscheidungen beschloss das Erstgericht die Festsetzung des Streitwerts (für den ersten Verfahrensabschnitt bis zur Klagseinschränkung) gemäß § 7 RATG mit EUR 10.000 (I.) und verpflichtete den Kläger mit Kostenurteil zum Ersatz der Verfahrenskosten von EUR 1.185,22 an die Beklagte (II.).

Es stellte den eingangs zusammengefassten Sachverhalt fest und führte rechtlich aus, eine Bewertung des Streitgegenstands mit EUR 35.000 sei für die Herausgabe des Versicherungsantrages unabhängig vom Streitwert eines damit zusammenhängenden Verfahrens zu hoch. Die Bewertung mit EUR 4.400 erscheine hingegen zu niedrig, sodass der Streitwert (für den 1. Verfahrensabschnitt) mit EUR 10.000 festgesetzt werde.

Der Versicherungsnehmer habe gemäß § 3 Abs 3 VersVG das Recht, jederzeit Abschriften der Erklärungen, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat, zu verlangen.

Habe der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage nicht Veranlassung gegeben und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei erster Gelegenheit anerkannt, so fallen die Prozesskosten dem Kläger zur Last (§ 45 erster Satz ZPO). Bei Leistungsklagen sei die Veranlassung zur Klageführung idR zu bejahen, wenn der Anspruch trotz Fälligkeit nicht erfüllt wurde (§ 1334 ABGB), wobei eine zusätzliche Mahnung idR nicht erforderlich sei. Ergebe sich aus dem (vorprozessualen) Verhalten des Beklagten, dass die beabsichtigte Rechtsverwirklichung mit größter Wahrscheinlichkeit auch ohne Inanspruchnahme eines gerichtlichen Verfahrens möglich sein werde, so habe der Kläger die Kosten eines dennoch eingeleiteten Prozesses zu tragen.

Die Beklagte habe objektiv keinen Anlass zur Klagsführung gegeben. Sie habe die Nichtvorlage weiterer Unterlagen damit begründet, dass die restlichen Dokumente dem Kläger schon vorliegen müssten. Das lasse auf eine widerlegbare Annahme schließen, die der Kläger gerade nicht widerlegt habe, sondern aufgrund welcher er sofort geklagt habe. Durch eine einfache weitere E-Mail hätte der Kläger auf das Nichtvorliegen des Versicherungsantrages hinweisen und so den gegenständlichen Prozess vermeiden können. Da die Beklagte dem Kläger auch andere Unterlagen übermittelt habe, sei davon auszugehen, dass die Beklagte den Versicherungsantrag zeitnah übermittelt hätte. Die Beklagte habe den eingeklagten Herausgabeanspruch bei erster Gelegenheit, im Zuge der Übermittlung der Klagebeantwortung erfüllt. Die Voraussetzungen des § 45 ZPO würden somit vorliegen.

Sowohl gegen die Festsetzung des Streitwerts als auch gegen das Kostenurteil richtet sich der Rekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass nicht die klagende Partei zum Ersatz von EUR 1.185,22, sondern die beklagte Partei zum Ersatz von EUR 4.053,77 an Verfahrenskosten verpflichtet werde.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

1. Mit seinen Ausführungen zur Festsetzung des Streitwerts übersieht der Rekurs, dass das Erstgericht zutreffend nicht § 60 Abs 1 JN, sondern § 7 RATG herangezogen hat (Zu den verschiedenen „Streitwertarten“ nach JN und RATG vgl etwa Obermaier, Kostenhandbuch 3 Rz 2.1 ff).

Findet der Beklagte die Bewertung des Streitgegenstandes nach den §§ 56 oder 59 der Jurisdiktionsnorm durch den Kläger zu hoch oder zu niedrig, so kann er spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung die Bewertung bemängeln (§ 7 Abs 1 RATG). Mangels einer Einigung der Parteien hat das Gericht möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen, den Streitgegenstand für die Anwendung dieses Bundesgesetzes im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten. Dieser Beschluss kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden (§ 7 Abs 2 RATG).

Nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut schließt die Bestimmung des § 7 Abs 2 RATG eine Anfechtung des Beschlusses über die Festsetzung des Streitwerts durch ein Rechtsmittel aus. Damit kommt eine Bekämpfung sowohl im Fall der Abweisung als auch im Fall der Stattgebung nicht in Betracht ( Ziehensack, Praxiskommentar Kostenrecht, Rz 961 mwN). Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung G 219/2016 vom 15.3.2017 ausgesprochen, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Rechtsmittelausschluss in § 7 Abs 2 letzter Satz RATG bestehen.

Der Rekurs war daher, soweit er sich gegen die Festsetzung des Streitwerts nach § 7 Abs 2 RATG durch das Erstgericht wendet, als unzulässig zurückzuweisen.

2.1. Im Falle einer Klagseinschränkung auf Kosten ist im Hinblick auf den für die Kostenentscheidung maßgeblichen Prozesserfolg grundsätzlich zu fragen, aus welchen Gründen eingeschränkt wurde. Wird die Klage aus Gründen eingeschränkt, die einem Obsiegen gleichkommen (jedwede Erfüllung des Anspruchs durch die beklagte Partei, insbesondere Zahlung), so wird die beklagte Partei nach § 41 Abs 1 ZPO ersatzpflichtig (vgl Obermaier, Kostenhandbuch³ Rz 1.160). Die Beklagte hat im Verfahren (zutreffend) nicht bestritten, dass der vom Kläger geltend gemachte Heurausgabeanspruch nach § 3 Abs 3 VersVG berechtigt war. Demnach kann nämlich der Versicherungsnehmer jederzeit Abschriften der Erklärungen fordern, die er mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat.

2.2. § 45 ZPO enthält eine (scheinbare) Ausnahme vom Erfolgsprinzip im Kostenrecht. Demnach ist der obsiegende Kläger, der ohne Anlass den Rechtsweg bestritten hat, dem Beklagten gegenüber zum Ersatz der vollen Kosten verpflichtet. Ursprünglich sollte die Bestimmung vor allem den Beklagten vor zwar berechtigten, aber unvorhersehbaren Feststellungsklagen schützen ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 § 45 ZPO Rz 1).

Ein Anspruch auf Kostenersatz nach § 45 ZPO kommt dem unterlegenen Beklagten nur dann zu, wenn er (neben weiteren Voraussetzungen) keinen Anlass zur Erhebung der Klage geboten hat. Da das Gesetz hier nicht auf ein subjektiv beabsichtigtes Verhalten des Beklagten abstellt, genügt die Schaffung eines objektiven Tatbestandes durch ihn, der die Klageführung rechtfertigt, insbesondere ist kein Verschulden erforderlich. In aller Regel ist die Klage vom Beklagten dann nicht veranlasst worden, wenn er vom Kläger vorher nicht zu jenem Verhalten aufgefordert wurde, das dieser in der Folge zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat; ebenso, wenn eine solche Aufforderung zwar dem Beklagten zuging, es ihm aber bis zur Klagserhebung aus objektiven Gründen nicht möglich sein konnte, die Berechtigung des klägerischen Ansinnens zu überprüfen bzw ihm nachzukommen ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 § 45 ZPO Rz 2). Viele Fälle betreffen daher Konstellationen, in denen der Beklagte gar keine Veranlassung hatte, sich dem Begehren des Klägers entsprechend zu verhalten, weil er beispielsweise vom Bestehen des klägerischen Anspruchs keine Kenntnis hatte oder mit dessen Geltendmachung nicht rechnen konnte (vgl M. Bydlinski, Kostenersatz 276).

Bei Leistungsklagen ist die Veranlassung zur Klageführung in der Regel zu bejahen, wenn der Anspruch trotz Fälligkeit nicht erfüllt wurde (§ 1334 ABGB), wobei eine zusätzliche Mahnung (Zahlungserinnerung) in der Regel nicht erforderlich ist. Maßgeblich ist, ob nach dem Inhalt des Leistungsanspruchs, nach dem Gesetz oder der Verkehrssitte für den Eintritt der Fälligkeit eine vorherige Mahnung erforderlich war ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 § 45 ZPO Rz 3).

2.3. Nach den Feststellungen hat der Kläger (über seine Vertretung) die Beklagte deutlich zur Übermittlung des Versicherungsantrags aufgefordert, eine Leistungsfrist gesetzt und bei deren erfolglosem Verstreichen die Klage angekündigt. Damit hat er die Beklagte genau zu jenem Verhalten aufgefordert, dass er später eingeklagt hat. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Beklagte nicht in der Lage gewesen wäre, sich innerhalb der gesetzten Frist Klarheit über das Ansinnen des Klägers oder dessen Berechtigung zu verschaffen. Insofern ist der Sachverhalt auch nicht mit der vom Erstgericht herangezogenen Entscheidung des OLG Wien zu 15 R 195/00g (= RW0000039) vergleichbar. Dort wurde vor einer Teilungsklage, die eine Liegenschaft betraf, keine ausreichende Überlegungsfrist (nur 7 Tage) eingeräumt. Demgegenüber handelt es sich im Fall des Klägers um einen weitaus weniger komplexen und weniger weitreichenden Anspruch, für dessen Erfüllung eine Frist von immerhin 12 Tagen gewährt wurde.

Das Rekursgericht vermag auch das Argument des Erstgerichts nicht zu teilen, die Beklagte habe mit dem Wortlaut ihres E-Mails ./B („die übrigen Unterlagen müssten Ihrem Mandanten ohnehin vorliegen“) eine widerlegbare Annahme aufgestellt, die der Kläger vor Klagseinbringung hätte entkräften müssen. Schon der Umstand, dass der Kläger durch seine Rechtsvertretung die Übermittlung des Versicherungsantrags bei sonstiger Klagsführung begehrte, lässt darauf schließen, dass er eben nicht über den Antrag verfügte oder aus sonstigen Gründen eine Abschrift benötigte. Schon damit ist einer gegenteiligen Annahme der Beklagten, wonach der Kläger die Urkunde gar nicht benötigen würde, der Boden entzogen. Zudem ist nicht recht verständlich, warum die Beklagte die übrigen begehrten Unterlagen (zB die Versicherungspolizze) übermittelte, aber gerade beim Versicherungsantrag davon ausging, dass er dem Kläger ohnehin bereits vorliegt. Angesichts der ausdrücklichen Androhung einer Klage, kann die Beschreitung des Gerichtswegs für die Beklagte nicht unvorhersehbar gewesen sein.

Die Voraussetzungen des § 45 ZPO hat die Beklagte zu behaupten und zu bescheinigen (vgl Schindler/Schmoliner in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 45 ZPO Rz 12). Ob – wie vorgebracht – ein Irrtum ihres Sachbearbeiters vorlag, ist jedoch insofern irrelevant, als ein Verschulden nicht erforderlich ist. Es reicht aus, dass die Beklagte einen objektiven Tatbestand geschaffen hat, der Anlass zur Klagsführung gab. Aus der lapidaren Antwort der Beklagten, die Unterlagen müssten dem Kläger ohnehin vorliegen, lässt sich für den Empfänger auch nicht zweifelsfrei ableiten, dass die Beklagte grundsätzlich zur Übermittlung der Urkunde bereit wäre. Die Äußerung kann ebenso gut dahin verstanden werden, dass die Beklagte eine neuerliche Übermittlung der vermeintlich bereits vorliegenden Urkunden verweigert.

2.4. Insgesamt liegt daher kein Anwendungsfall des § 45 ZPO vor. Die Voraussetzung, dass die Beklagte durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage nicht Veranlassung gegeben hat, ist nicht erfüllt. Somit hat es aber beim Kostenersatzanspruch des zur Gänze als obsiegend zu betrachtenden Klägers nach § 41 Abs 1 ZPO zu bleiben.

3. Die Kosten für die Klage sind auf Basis des vom Erstgericht festgesetzten Streitwerts (EUR 10.000) zu ersetzen. Die Änderung der Bemessungsgrundlage gilt bindend auch für die Neubemessung der Pauschalgebühr (§ 18 Abs 2 Z1 GGG; Obermaier, Kostenhandbuch 3 Rz 2.44).

Mit der Klagseinschränkung auf Kosten vom 20.6.2023 ändert sich die Bemessungsgrundlage. Nach § 12 Abs 3 RATG ist die Änderung des Streitwerts durch die Einschränkung des Klagebegehrens auch schon für den betreffenden Schriftsatz zu berücksichtigen. Die Klagseinschränkung auf Kosten führt nach § 12 Abs 4 lit b RATG zu einem Streitwert von EUR 1.000.

Klagseinschränkungen mittels Schriftsatzes erweisen sich in der Regel als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, um zu vermeiden, dass der Prozess mit einem überhöhten Begehren fortsetzt wird und bis zur nächsten Tagsatzung Prozesshandlungen auf Basis des überhöhten Streitwerts erfolgen (vgl OLG Innsbruck 4 R 129/19f = RI0100068). Bei Klagseinschränkungen handelt es sich um bestimmende Schriftsätze. Es gibt keine Bestimmung, wonach diese grundsätzlich nach TP 3A zu entlohnen wären, vielmehr fallen sie unter den Auffangtatbestand von TP 2 I. Z 1 lit e RATG, wenn sie nach der vorbereitenden Tagsatzung erstattet wurden (vgl Ris-Justiz RI0100068). Der Schriftsatz vom 20.6.2023 (ON 7) war daher zweckentsprechend und notwendig, ist jedoch nach TP 2 zu honorieren.

Alles weitere Vorbringen, dass in den Schriftsätzen vom 20.6.2023 (ON 7) und vom 13.9.2023 (ON 8) enthalten ist, hätte – wie die Beklagte in ihren Einwendungen aufzeigt – problemlos in der folgenden Tagsatzung erstattete werden können, sodass die Kosten für den Schriftsatz vom 13.9.2023 (ON 8) nicht zu ersetzen sind (vgl Obermaier, Kostenhandbuch 3 Rz 1.249).

Damit ergibt sich für das Verfahren erster Instanz folgender Kostenersatzanspruch des Klägers (alle Beträge in EUR):

4. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 43 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger mit seinem Rekurs eine Kostenverpflichtung von EUR 1.185,22 bekämpfte und seinerseits einen Kostenersatz von EUR 4.053,77 anstrebte, betragen das Rekursinteresse und die Bemessungsgrundlage für die Kosten des Rekursverfahrens nach § 11 Abs 1 RATG EUR 5.238,99. Durch die Abwehr von EUR 1.185,22 und den erzielten Zuspruch von EUR 2.217,38, ergibt sich eine Erfolgsquote des Klägers von rund 65%. Er hat daher Anspruch auf Ersatz von 30% der richtig verzeichneten Kosten des Rekurses.

Nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen Entscheidungen über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig.