JudikaturJustiz33R135/22y

33R135/22y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. März 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, den Richter Mag. Schmoliner sowie den fachkundigen Laienrichter Hofrat Mag. Förster in der Markenschutzsache der Antragstellerin R***** , vertreten durch Dr. Bernhard Tonninger, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin S***** , wegen Löschung der Marke AT -20 über den Kostenrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 11.8.2022, Nm 31/2022-2, (Rekursinteresse EUR 550) in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird geändert und lautet:

«Die Marke AT -20 wird mit Wirkung vom Zeitpunkt ihrer Registrierung gelöscht.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen an Barauslagen EUR 550 zu ersetzen.»

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen an Rekurskosten EUR 244,75 zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin begehrte die Löschung der Marke der Antragsgegnerin nach § 34 MSchG, hilfsweise nach § 32 Abs 1 MSchG.

Die Antragsgegnerin beteiligte sich nicht am Verfahren.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag statt und verfügte die Löschung der Marke. Weiters sprach sie aus, dass eine Kostenentscheidung entfallen könne, weil die Antragstellerin zwar Kostenersatz beantragt, aber kein Kostenverzeichnis vorgelegt habe.

Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zum Ersatz der Pauschalgebühr von EUR 550 zu verpflichten. Sie habe in ihrem Antrag auf Löschung beantragt, die Antragsgegnerin zum Ersatz der gesamten Kosten des Verfahrens zu verpflichten. Zwar habe sie irrtümlicherweise ihre Vertreterkosten nicht verzeichnet, jedoch dem Antrag einen Nachweis über die Bezahlung der Pauschalgebühr von EUR 550 in Form eines Überweisungsbelegs beigelegt und damit die Pauschalgebühr auch als Kosten verzeichnet.

Die Antragsgegnerin beteiligte sich nicht am Kostenrekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Kostenrekurs ist berechtigt.

1. Nach § 35 Abs 5 MSchG iVm § 122 Abs 1 PatG ist über den Ersatz der Verfahrens- und Vertretungskosten in sinngemäßer Anwendung der §§ 40 bis 55 ZPO zu entscheiden.

Gemäß § 54 Abs 1 ZPO hat die Partei, welche Kostenersatz anspricht, bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruchs das Verzeichnis der Kosten samt den zur Bescheinigung der Ansätze und Angaben dieses Verzeichnisses etwa erforderlichen Belegen vor Schluss der der Entscheidung über den Kostenersatzanspruch unmittelbar vorangehenden Verhandlung dem Gericht zu übergeben. Bei Beschlussfassung ohne Verhandlung sind die Kosten bereits im Antrag zu verzeichnen ( Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 54 Rz 4). Der Zuspruch von Kosten setzt somit ihre ordnungsgemäße Verzeichnung voraus. Dazu hat das Kostenverzeichnis eine genaue ziffernmäßige Aufstellung der von der Partei beanspruchten Kostenbeträge zu enthalten. Die bloße Nennung einer kostenverursachenden Tatsache reicht für einen Kostenzuspruch nicht aus, und zwar auch dann nicht, wenn der damit korrespondierende Betrag auch aus den Akten oder gesetzlichen Tarifen ersichtlich ist ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny ³ II/1 § 54 ZPO Rz 3; RS0120661). Fehler bei der Verzeichnung von Kosten führen – abgesehen von Rechenfehlern – zum Verlust des Kostenersatzanspruchs. Dabei ist gleichgültig, ob die unvollständige Verzeichnung der Kosten auf einem entschuldbaren Irrtum oder einer Nachlässigkeit beruht ( M. Bydlinski aaO Rz 10). Nicht (vollständig) oder nicht rechtzeitig verzeichnete Kosten sind nicht zuzusprechen (RLE 0000009). § 54 Abs 1 ZPO gilt nicht nur für Anwaltskosten, sondern auch für die Gerichtsgebühren (LGZ Wien 36 R 53/03s = EFSlg 105.620).

2. Die Antragstellerin hat in ihrem Antrag den Zuspruch von Kosten beantragt, ohne der Nichtigkeitsabteilung jedoch ein so bezeichnetes „Verzeichnis“ zu übermitteln. Mit dem mit 17.5.2022 datierten und an diesem Tag im Patentamt eingelangten Antrag übermittelte sie den Ausdruck einer „Zahlungsanweisung“ vom 16.5.2022, aus dem sich der Vertreter der Antragstellerin als Auftraggeber, das Patentamt als Empfänger sowie der Zahlungsgrund „AT -20 (AM 593/2019) Verfahrensgebühr Löschungsantrag (von R*****)“ sowie der Betrag von EUR 550 ergeben. Dieses Schriftstück würde allen Erfordernissen eines Kostenverzeichnisses gerecht, wenn es als Überschrift das Wort „Kostenverzeichnis“ oder ein anderes Wort mit gleichem Inhalt hätte.

Das Rekursgericht sieht keinen Widerspruch zur zitierten strengen Judikatur, wenn in diesem Einzelfall angesichts des evidenten Inhalts des beschriebenen Schriftstücks darin auch das in § 54 Abs 1 ZPO geforderte „Verzeichnis der Kosten“ gesehen wird.

Der Umstand allein, dass sich aus dem Gesetz eine Zahlungspflicht ergibt, würde ein „Verzeichnis“ nicht ersetzen. Da der Begriff „Verzeichnis“ jedoch juristisch nicht determiniert ist, sieht es das Rekursgericht nicht als nötig an, einem dokumentierten Hinweis auf die Tragung von Kosten den Charakter eines „Verzeichnisses“ abzusprechen, nur weil dieses Wort (oder das Wort „Kostennote“ oder ein ähnliches Wort) darauf nicht vorkommt.

Der Fall 6 Ra 80/20m, den das OLG Graz entschieden hat, ist anders gelagert, denn dort hat die Klägerin am Schluss einer Verhandlung ein Kostenverzeichnis vorgelegt, das als solches bezeichnet, jedoch unvollständig war. Das im vorliegenden Fall zu beurteilende Schriftstück enthält die beantragten Kosten vollständig, ist aber nur nicht als „Kostenverzeichnis“ bezeichnet. Da nur eine Position betroffen ist, kann auch das Fehlen von Details nicht gegen einen Zuspruch ins Treffen geführt werden.

Der Fall LGZ Wien 45 R 461/87 = WR 294 befasste sich mit der Frage, ob Barauslagen, die zwar verzeichnet, doch nicht aufgeschlüsselt waren, zugesprochen werden können. Das Fehlen einer Aufschlüsselung spielt im vorliegenden Fall keine Rolle, denn die Kosten bestehen nur aus einer Position, die sich nicht nur aus dem Gesetz ergibt, sondern die im erwähnten Schriftstück auch genannt ist.

Die Formstrenge, die die Rechtsprechung an das Erfordernis eines Kostenverzeichnisses anlegt, hat seinen Grund darin, dass bei der Entscheidung über den Kostenersatz kein Zweifel verbleiben soll, in welchem Ausmaß die dadurch begünstigte Partei ihren Anspruch geltend macht, und dass beim Gericht oder bei der Behörde kein Spielraum dafür verbleiben soll, den durch den Parteienantrag abgezirkelte Rahmen amtswegig zu erweitern.

Im konkreten Fall widerspricht es dieser Formstrenge nicht, die beschriebene einzelne Urkunde der Entscheidung über die Kostenersatzpflicht zugrundezulegen.

3. Da die Antragstellerin die Pauschalgebühr auf die beschriebene Weise verzeichnet hat, ist sie ihr auch zu ersetzen. (Im ersten Satz des Spruchs war eine Auslassung zu beheben.)

4. Die Antragstellerin hat auch Anspruch auf den Ersatz der Rekurskosten. Dabei, dass sie die Pauschalgebühr nicht nach TP 13a lit a Z 5 GGG verzeichnet hat, hat es sein Bewenden.

5. Der Rechtszug an den OGH ist gemäß § 42 MSchG iVm § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.