JudikaturJustiz2Ob941/53

2Ob941/53 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Mai 1954

Kopf

SZ 27/117

Spruch

Die Lieferung einer anderen mangelfreien Sache an Stelle der gekauften, an einem unbehebbaren Mangel leidenden Sache stellt keine Behebung von Mängeln dar. Auf einen solchen Austausch hat der Verkäufer keinen Anspruch.

Entscheidung vom 5. Mai 1954, 2 Ob 941/53.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Der Kläger kaufte vom Beklagten am 2. August 1951 eine Kistenheftmaschine für Kraftbetrieb. Zwischen den Streitteilen war vereinbart worden, daß die Maschine mit einem Klammerumbieger zu liefern sei. Im September 1951 wurde die Maschine vom Beklagten der Spedition F. Co. übergeben und von dieser dem Kläger ausgeliefert. Am 17. November 1951 verständigte der Kläger den Beklagten unter Hinweis auf sein Schreiben vom 12. September 1951, in dem er neuerlich darauf aufmerksam gemacht hatte, daß die Maschine nur dann ihren Zweck erfülle, wenn sie die Klammern umbiege, von der Fehlerhaftigkeit der Maschine. Als Mängel zeigte er auf, daß die Maschine die Klammern nicht umbiege, sondern am Kopf der Umbiegestelle spalte, sodaß ein Teil der Klammern aus dem Holz herausrage. Die Maschine entspreche daher nicht der ausdrücklich gemachten Zusage und sei für den Zweck, dem sie zu dienen habe, nicht brauchbar. Da die Mängel nicht behebbar seien, trete der Kläger gemäß § 932 ABGB. vom Vertrage zurück. Er verlangte gleichzeitig die Rücküberweisung des bereits bezahlten Kaufpreises von 14.000 S und stellte dem Beklagten die Maschine zur Verfügung.

Da der Beklagte ablehnte, begehrt der Kläger nunmehr die Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß die Mängelanzeige rechtzeitig erstattet worden sei, weil sie innerhalb der für eine entsprechende Untersuchung offenstehenden Zeit erfolgt sei. Es meinte aber, daß die Maschine im Zeitpunkte der Übergabe an den Spediteur des Klägers mangelfrei funktioniert habe. Im übrigen seien die gerügten Mängel behebbar, sodaß auch aus diesem Gründe das Wandelungsbegehren des Klägers nicht gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht änderte nach teilweiser Wiederholung der in erster Instanz abgeführten Beweise das Ersturteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab. Es ging gleich dem Erstgerichte davon aus, daß die Mängelanzeige rechtzeitig erstattet worden sei, vertrat aber die Ansicht, daß die Mängel unbehebbar seien und demnach der Kläger mit Recht die Rückzahlung des Kaufpreises unter Zurverfügungstellung der Maschine begehre.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Voraussetzung des § 377 HGB., daß der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft sein müsse, liegt vor. Das Revisionsgericht ist aber auch entgegen der Meinung des Beklagten der Ansicht, daß die Mängelrüge im Sinne der genannten Gesetzesstelle rechtzeitig erhoben wurde. Die vorgesehene Untersuchung der Sache ist nicht Pflicht des Käufers. Ihre Bedeutung ist nur darin zu erblicken, daß die zur ordnungsgemäßen Untersuchung erforderliche Frist für die Rechtzeitigkeit der Mängelanzeige maßgebend ist. (BGH. v. 18. März 1952, I ZR 47/51 SdJZ. 1952, S. 599 und 1 Ob 840/52). Da es nun nicht genügt, bloß äußere Fehler zu erkennen, sondern erst dann die Frist für den Käufer zu laufen beginnt, wenn er weiß, daß durch den Fehler die vertragsmäßige Tauglichkeit der Sache nicht gegeben sei (Kommentar zum HGB. von Gessler - Hefermehl - Hildebrandt - Schröder S. 1413), muß dem Käufer bei Maschinen die Untersuchung durch einen Sachverständigen zugebilligt werden. Ein Sachverständiger wird nicht immer sofort zur Verfügung stehen. Es muß demnach eine Frist von ungefähr 14 Tagen nach Eintritt der Möglichkeit, die Maschine in Betrieb zu setzen, dem Käufer gewährt werden. Hält er diese Frist ein, dann ist die erfolgte Anzeige als unverzüglich geschehen anzusehen. Es darf im vorliegenden Falle nicht außer Acht gelassen werden, daß die Maschine ohne Motor geliefert wurde und daher erst nach Beschaffung des Motors in Betrieb genommen werden konnte. Dies ist deshalb wichtig, weil eine Maschine erst mit dem Zeitpunkte als im Sinne des § 377 HGB. abgeliefert gilt, wenn sie betriebsfähig montiert worden ist. (Kommentar von Gessler - Hefermehl - Hildebrandt - Schröder S. 1424.) Die Mängelrüge wurde daher rechtzeitig erhoben. Geht man davon aus, dann kommt man unter Zugrundelegung der Feststellungen des Berufungsgerichtes zur Unbehebbarkeit der gerügten Mängel und damit zur Rechtfertigung der vom Kläger vorgenommenen Wandlung.

Selbst wenn nur vereinbart worden wäre, wie die Revision behauptet und auch vom Erstgericht festgestellt wird, daß die Maschine eine Vorrichtung besitzen müsse, die ein Umbiegen der Klammern gewährleiste, ist damit für den Beklagten nichts gewonnen. Der ordnungsgemäße Gebrauch einer Kistenheftmaschine setzt, wenn auch nicht das Einrollen, so doch das flächengleiche Umbiegen der Klammern voraus. Der Sachverständige hat sich nun zu dieser Frage wie folgt geäußert: Er meint, die Maschine sei für den Zweck der Kistenfabrikation nicht geeignet und sie würde selbst bei Vornahme einer Reparatur die Klammern nicht flächengleich umbiegen. Der vorhandene Umbiegemechanismus sei ungeeignet, der Ersatz des vorhandenen festen Klammerumbiegers durch einen automatischen würde einen wesentlichen Umbau der Maschine und nicht nur deren Ergänzung bedeuten. Es müsse nämlich eine neue Maschine an die gelieferte angebracht werden. Das Revisionsgericht pflichtet im Hinblick auf den zuletzt angeführten Satz des Gutachtens dem Berufungsgericht darin bei, daß ein Umbau einer Maschine in der geschilderten Art eine Veränderung derselben in einem Maße darstellen würde, daß diese nicht mehr als die gleiche besichtigte und angekaufte Maschine, sondern als ein aliud bezeichnet werden müßte. Keine der Parteien behauptet, daß die Lieferung einer solchen Zusatzmaschine vereinbart worden sei. Der Beklagte sagt im übrigen gar nicht, daß er bereit wäre, die Maschine in der vom Sachverständigen erwähnten, oben dargestellten Art umzubauen. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, ist damit nichts gewonnen. Die Lieferung einer anderen mangelfreien Sache an Stelle der gekauften mangelhaften Sache stellt keine Behebung von Mängeln dar. Auf einen solchen Austausch hat der Verkäufer keinen Anspruch (siehe hiezu Pisko in Klangs Kommentar 1. Aufl. bei § 932 ABGB. unter III, 1). Maßgebend ist nicht, ob die Lieferung einer anderen mangelfreien Sache möglich ist, sondern nur, ob Unbehebbarkeit wesentlicher Mängel der Sache vorliegt. Da somit die Voraussetzungen für die Aufhebung des Vertrages durch den Käufer nach § 932 ABGB. gegeben sind, mußte der Revision ein Erfolg versagt bleiben.