JudikaturJustiz2Ob684/52

2Ob684/52 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Oktober 1952

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Ullrich als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch, Dr. Sommer, Dr. Elsigan sowie den Rat des Oberlandesgerichtes Dr. Novak als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I., Rosenbursenstaße 1, wider die beklagte Partei Heinrich Othmar B*****, vertreten durch Dr. Michael Biondeck, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe beweglicher Sachen, Streitwert S 115.000, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 11. Juni 1952, AZ 5 R 134/52, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Dezember 1951, GZ 40 Cg 64/51-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben, die Urteile der Untergerichte werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen. Auf die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens wird gleich Kosten des Verfahrens erster Instanz Bedacht zu nehmen sein.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hat das Klagebegehren auf Ausfolgung der in den vorgelegten Verzeichnissen (Aufstellung) angeführten, vom Beklagten in 3 Kisten und 13 großen Paketen (mit 16 Kistchen Karteien) aus der Wohnung der verstorbenen Frau Anna B***** geschafften Teile des Archivs „Hermann B***** - Anna B*****" abgewiesen, weil keiner der 3 Rechtsgründe, auf die der Anspruch gestützt wird, gegeben sei. Der Rechtsgrund der Schenkung wurde vom Erstgericht im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass die beabsichtigte Schenkung des gesamten literarischen Nachlasses von der Beendigung der Sichtung, Ordnung und Katalogisierung des literarischen Nachlasses abhängig war, die nicht erfüllt worden sind, ferner, dass eine Übergabe, wie sie das Gesetz zur Gültigkeit des Eigentumserwerbs fordert, nicht stattgefunden hat, und dass der Inhalt der Kisten - mit Ausnahme der in Beilage K angeführten Schriften - nicht mehr feststellbar ist. Der Rechtsgrund des Vermächtnisses wurde als verfehlt bezeichnet, weil für diesen Anspruch dem Beklagten die passive Klagslegitimation mangle. Das Vermächtnis sei noch nicht übergeben und es stehe daher der klagenden Partei ein Forderungsrecht lediglich gegen den durch das Vermächtnis Beschwerten, das ist also gegen die Erben zu. Der dritte von der klagenden Partei geltend gemachte Rechtsgrund, das ist eine selbständige Verpflichtungserklärung des Beklagten zur Ausfolgung des ganzen Archivs an die Klägerin und Anerkenntnis des Anspruchs der Klägerin durch den Beklagten wurde vom Erstgericht mit der Begründung abgelehnt, dass das Anerkenntnis nicht auf Grund eines bestehenden Rechtsgrundes erfolgt ist.

Das Berufungsgericht hat der Begründung des Erstgerichtes im Allgemeinen zugestimmt und ergänzend die Meinung vertreten, dass in der Annahme des Schenkungsversprechens durch die klagende Partei wohl ein Erwerbstitel gelegen ist und dass der Mangel der passiven Klagslegitimation nicht ausdrücklich eingewendet werden müsse, dass es vielmehr genügt, wenn solche Einwendungen vorliegen, die eindeutig darauf hinweisen, dass die beklagte Partei in dem Rechtsstreit passiv nicht legitimiert sei.

Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht darauf beschränkt, festzustellen, dass das Erstgericht in einem ohne wesentlichen Mangel gebliebenen Verfahren bei richtiger Würdigung der vorliegenden Beweise und, ohne Aktenwidrigkeiten maßgeblicher Art begangen zu haben, die ihm vorliegenden Rechtsfragen einwandfrei gelöst hat, weshalb das Urteil des Erstgerichtes vom Berufungsgericht bestätigt wurde. Zugleich wurde ausgesprochen, dass der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteigt.

Die Revision der klagenden Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes seinem ganzen Inhalt nach, macht als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung, Aktenwidrigkeit, mangelhafte Sachverhaltsfeststellung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend mit dem Antrag, das Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben wird, oder es aufzuheben und dem Erstgericht, allenfalls dem Berufungsgericht aufzutragen, nach Ergänzung des Verfahrens in der Sache neuerlich zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Den Ausführungen der Revision ist zunächst grundsätzlich entgegenzuhalten, dass die Revision nach § 503 ZPO nur aus einem der dort angeführten Gründe begehrt werden kann, sodass wegen mangelhafter Sachverhaltsfeststellung, soferne darin nicht einer der vier zulässigen Revisionsgründe gelegen ist, die Revision nicht erhoben werden kann.

Ferner ist grundsätzlich festzuhalten, dass der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit nur dann vorliegt, wenn dem Urteil des Berufungsgerichtes in einem wesentlichen Punkt eine tatsächliche Voraussetzung zugrundegelegt erscheint, welche mit den Prozessakten erster oder zweiter Instanz im Widerspruch steht, wenn also etwas als Inhalt einer Zeugenaussage oder eines Aktenteiles bezeichnet wird, was deren Inhalt nicht bildet; nicht aber dann, wenn tatsächliche Feststellungen durch Schlussfolgerungen gewonnen werden, mögen diese auch unrichtig sein. Es ist daher verfehlt, Schlussfolgerungen des Berufungsgerichtes, die mit den Feststellungen und den Beweisergebnissen nicht im Einklang stehen, unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit geltend zu machen.

Soweit die Revision versucht, tatsächliche Feststellungen der Untergerichte wegen verfehlter Beweiswürdigung zu erschüttern, ist es entbehrlich, auf die bezüglichen Ausführungen einzugehen, weil die Beweiswürdigung im Revisionsverfahren nicht angefochten werden kann. Demnach ist bei Entscheidung über die Revision grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Erstgericht festgestellt hat und der vom Berufungsgericht unter ausdrücklicher Billigung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes übernommen wurde. Es ist zweckmäßig, sich zunächst mit dem Rechtsgrund der selbständigen Verpflichtungserklärung und des Anerkenntnisses des Beklagten zur Ausfolgung des ganzen Archivs an die klagende Partei zu befassen.

Das Berufungsgericht hat sich darauf beschränkt, die Begründung des Erstrichters wiederzugeben, dass es bei diesem Klagegrund an einem bestimmten Rechtsgrund fehle und dass ein Anerkenntnis der Legatsforderung der klagenden Partei vorliege, die nicht gegen den Beklagten, sondern gegen die Erben geltend zu machen gewesen wäre, und daran die Bemerkung anzuschließen, dass die Berufungsschrift die Richtigkeit dieser Rechtsansicht nicht zu widerlegen vermöge. Die Erklärung des Beklagten vom 12. April 1947, Beilage H, ist nicht nur ein Anerkenntnis des Legatsspruchs der klagenden Partei, sondern ihrem wesentlichen Inhalt nach ein Verzicht des Beklagten auf die ihm aus dem Testamentsnachtrag vom 22. 1. 1947 zustehenden Rechte, denn der Beklagte anerkennt in diesem an die klagende Partei gerichteten Schreiben seine Bereitwilligkeit, das Archiv zur Gänze der klagenden Partei zu übergeben, einschließlich jenes Archivbestandes, „der gemäß des Nachtrags zum Testament vom 22. 1. 1947 genannt ist und über den er das Verfügungsrecht besitze."

Es kann dahingestellt bleiben, wem gegenüber der Verzicht zu erklären war, ob die Erklärung der klagenden Partei oder den Erben gegenüber abzugeben war, dies deshalb, weil der Verzicht, um den Gläubiger zu binden, der Annahme des Schuldners, also desjenigen, gegen den der Verzicht wirken soll, bedarf. Wenn auch das Schreiben der klagenden Partei vom 12. April 1947, Beilage 4, (also vom gleichen Tag, an dem der Verzicht erklärt wurde) auf eine Annahme der Verzichtserklärung hindeutet, so hat die klagende Partei doch in dem ungefähr ein Jahr später abgefassten Schreiben vom 16. April 1948, Beilage 2, erklärt, dass der Besitz der Herrn Heinrich B***** testierten Nachlaßpartie weiter bei diesem verbleiben, auch wenn diese Nachlaßpartie unter Modalitäten, die noch verhandelt werden, in der Nationalbibliothek zur Aufstellung gelangt sein wird.

Hieraus folgt eindeutig, dass die klagende Partei letzten Endes den vom Beklagten ausgesprochenen Verzicht auf die aus dem Testamentsnachtrag vom 22. 1. 1947 dem Beklagten zustehenden Rechte nicht angenommen hat.

Damit scheidet also der dritte Grund, auf den der Klagsanspruch gestützt wurde, und der die Beziehungen der Streitteile untereinander betreffend ihre Rechte aus dem Nachlaß nach Anna B***** restlos zu klären geeignet gewesen wäre, aus; allerdings aus anderen rechtlichen Erwägungen als jenen, die das Erstgericht angestellt und das Berufungsgericht gebilligt hat.

Was den Rechtsgrund der Schenkung betrifft, kann der Standpunkt der Untergerichte nur zum Teil als richtig anerkannt werden. Im Gegensatz zum Erstgericht, das eine Schenkung überhaupt verneint hat, hat das Berufungsgericht auf Grund des Schreibens vom 17. 12. 1939, Beilage A 1, angenommen, dass für die klagende Partei durch Annahme des Schenkungsversprechens ein Erwerbstitel zustandegekommen ist. Beide Untergerichte waren jedoch der Ansicht, dass eine Übergabe des geschenkten literarischen Nachlasses nicht erfolgt ist. Diese Annahme lässt sich jedoch nur für die Zeit bis zum 6. März 1946 vertreten; hinsichtlich jenes Teiles des Archivs, den die klagende Partei am 6. 3. 1946 in ihrer Gewahrsame hatte, ist die Annahme unrichtig.

An dem Bestand eines Erwerbstitels kann, wie das Berufungsgericht richtig begründet hat, unter Zugrundelegung der Feststellungen des Erstgerichtes nicht gezweifelt werden. Nach dem Schreiben vom 17. 12. 1939 hat Anna B***** den unwiderruflichen Entschluss gefasst, das Archiv der klagenden Partei zu überlassen; eine Partie des Archivs wurde schon vorher der Nationalbibliothek übergeben und die Übergabe des ganzen übrigen Bestandes für den Zeitpunkt versprochen, sobald die Revision der Kartothek vollendet sein wird. Hierin kann nicht eine Bedingung der Schenkung gesehen werden, von der das Schenkungsversprechen abhängig sein sollte, vielmehr liegt hierin nur die Angabe des Zeitpunktes, zu dem die Übergabe der geschenkten Gegenstände voraussichtlich erfolgen wird. Die vom Erstgericht festgestellte Tatsache, dass es zu einer Ordnung der Kisten niemals gekommen ist, steht also der Annahme der Schenkung nicht entgegen. Die Urkunden lassen auch keinen Zweifel aufkommen, dass sich das Schenkungsversprechen auf das ganze Archiv „Hermann B***** - Anna Bahr-M*****" bezieht - ohne dass jedoch dadurch der Übergang einzelner Archivpartien auf die klagende Partei ausgeschlossen würde -, ebenso wie das Testament vom 23. 9. 1946 der klagenden Partei den gesamten literarischen Nachlaß, soweit nicht in den früheren Absätzen des Testamentes darüber verfügt wurde, überlässt.

Zuzustimmen ist den Untergerichten, dass die Übersendung von 6 bis 7 Koffern und Kisten im Jahre 1942 nicht unter solchen Umständen erfolgt ist, die als Vollzug des Schenkungsversprechens angesehen werden könnten. Ob die Aufbewahrung der Kolli bei der klagenden Partei zu Bergungszwecken oder aus anderen Gründen erfolgte, kann dahingestellt werden; die in der Korrespondenz gebrauchten Ausdrücke sprechen jedenfalls gegen eine Übergabe der Kolli zum Zwecke des Vollzugs des Schenkungsversprechens.

Mit dem Schreiben der Schenkerin vom 6. 3. 1946 und dem Antwortschreiben der klagenden Partei vom 12. 3. 1946 haben sich jedoch die Verhältnisse, unter denen die klagende Partei Teile des Archivs innehatte, grundlegend geändert.

Die unter Bezugnahme auf das Schenkungsversprechen vom 17. 12. 1939 von Anna B***** abgegebene Erklärung, dass das gesamte Archiv nunmehr in den Besitz der österreichischen Nationalbibliothek übergeht, und die Feststellung der klagenden Partei von dem nunmehr endgültigen Übergang des Archivs in den Besitz der österreichischen Nationalbibliothek lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass die Schenkung nunmehr vollzogen ist und dass nach dem Willen der Beteiligten die klagende Partei jenen Teil des Archivs, den sie bisher ohne ein dingliches Recht innegehabt hat, künftig aus dem dinglichen Recht des Eigentums besitzen soll. Von einem zeitlichen Hinausschieben des Vermögensüberganges, von einem Sichten oder Ordnen der Bestände ist keine Rede, auch sonst wird das Verfügungsrecht der klagenden Partei nicht eingeschränkt, es ist auch nicht als Bedingung aufgestellt, dass das Archiv nur als ganzes in den Besitz der klagenden Partei übergehen darf.

Dass jene Archivpartien, die zu Zwecken der Bergung übergeben worden waren, das ist ein Koffer und drei Kisten, wieder in die vorläufige Verwahrung der Schenkerin übernommen worden sind, damit diese in ihrer Wohnung an der Kartothek weiter arbeiten könne, steht dem Tatbestand einer traditio brevi manu nicht entgegen. Selbstverständlich kann die rechtliche Übergabe und Übernahme (§ 425 ABGB) nur auf den Inhalt jener 3 Kisten und des Koffers bezogen werden, die sich damals in der Gewahrsame der klagenden Partei befanden. Es besteht auch kein Widerspruch zu dem Willen der Schenkerin, den literarischen Nachlaß als eine Einheit zu erhalten, weil es ja durchaus in der Macht der Schenkerin war, auch die anderen Archivpartien der klagenden Partei zu übergeben. Auch der Umstand, dass die Kisten versperrt waren, steht einer Übergabe im Sinne des ABGB nicht im Weg; die klagende Partei war wegen des nunmehr endgültigen Übergangs des Archivs in ihren Besitz ohne weiteres berechtigt, die verschlossenen Behältnisse zu öffnen oder öffnen zu lassen und über sie entsprechend der mit der Schenkerin getroffenene Abmachung zu verfügen.

Der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt stellt also bezüglich der im Schreiben vom 6. 3. 1946 genannten 3 Kisten und des Koffers eine typische Besitzauflassung dar.

Es ist demnach nur noch die Frage zu lösen, welche Teile des Archivs sich in dem Koffer und in den 3 Kisten, die im März 1946 der Schenkerin zwecks Fertigstellung der Kartothek in vorläufige Verwahrung übergeben wurden, befunden haben.

Das Urteil des Erstgerichtes spricht aus, dass der Inhalt der bis zum Jahre 1946 bei der Nationalbibliothek zurückgebliebenen 3 Kisten und des Koffers nicht feststeht, da der Klägerin hierüber lediglich ein Teilverzeichnis, Beilage K, im Übrigen aber Gesamtlisten und Abschriften der Kartothek übergeben wurden. An einer anderen Stelle nimmt das Urteil des Erstgerichtes in teilweisem Widerspruch zu dieser Feststellung an, dass der Inhalt dieser Kisten, womit offenbar die im Schreiben vom 6. 3. 1946 erwähnten drei Kisten (ohne Koffer) gemeint sind, mit Ausnahme der in Beilage K angeführten Schriften nicht mehr feststellbar ist. Beim Lokalaugenschein am 26. 1. 1951 wurden auf dem Dachboden des Wohnhauses des Beklagten 3 Kisten und 12 Pakete vorgefunden, die nach den vorgenommenen Stichproben die literarischen Nachlaßstücke, wie sie in den Listen Beilagen A bis D verzeichnet sind, enthalten. Bei der Verhandlung vom 19. 12. 1951 ist dann bei Fassung des Beweisbeschlusses wieder die Rede von 3 beim Beklagten befindlichen Kisten und einem Koffer. Zeuge Dr. Josef G***** hat angegeben, dass das Verzeichnis Beilage K den Inhalt von 3 Kisten und einem Koffer enthält, in den übrigen 4 Kisten sollen Bücher und Notenmaterial gewesen sein, die nicht so wichtig waren. Wären diese Angaben des Zeugen Dr. G***** richtig, dann bliebe die Frage offen, in welchen Behältnissen die Briefe an Hermann B***** nach den Buchstaben M bis Z und die übrigen in den Verzeichnissen A bis D enthaltenen Schriften verwahrt worden sind. Die klagende Partei hat noch vorgebracht, dass sie bisher sämtliche Tagebücher, die gedruckten Bücher des literarischen Nachlasses, Familienbriefe und den gesamtenliterarischen Nachlaß nach Anna B***** erhalten hat, dass diese Gegenstände jedoch in den Aufstellungen A bis C nicht enthalten seien.

Bei dieser unklaren Sachlage durfte das Erstgericht die Vernehmung des Zeugen Dr. H*****, der von der klagenden Partei als informiertes Organ der österreichischen Nationalbibliothek über die Erklärungen der Schenkerin, die sie im Jahre 1946 mit Bezug auf das Archiv abgegeben hat, geführt wurde, nicht ablehnen, ohne einen Mangel des Verfahrens hervorzurufen. Auch eine ergänzende Vernehmung des Zeugen Dr. Josef G***** über die Aufteilung des Archivs auf die beiden Partien (Koffer und 3 Kisten einerseits und 4 Kisten andererseits), allfällig eine Befragung des Beklagten darüber, in welchen Behältnissen die in der erblasserischen Wohnung vorgefundenen Teile des Archivs verwahrt waren, hätte zur Klärung der Frage des Inhalts des Koffers und der drei Kisten beitragen können.

Das Berufungsgericht hat - ohne einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens wahrzunehmen - eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Übergabe des Archivs deshalb verneint, weil sich die Erklärung der Nationalbibliothek vom 12. 3. 1946 nur auf den Inhalt der 3 Kisten und des einen Koffers erstrecken könnte. Die Möglichkeit, dass allfällig auch nur hinsichtlich eines Teiles des Archivs die Voraussetzungen der körperlichen Übergabe erfüllt sind und dass die klagende Partei auch an Teilen des Archivs Eigentum erwerben konnte, wurde vom Berufungsgericht nicht wahrgenommen. Hierin liegt eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache, die wegen der im ersten Rechtsgang unterlaufenen Verfahrungsmängel zur Aufhebung der Urteile beider Untergerichte und Rückverweisung der Rechtssache an das Gericht erster Instanz führt, damit nach erschöpfender Beweiserhebung einwandfrei festgestellt werden kann, ob und allenfalls welche Teile der mit der Klage begehrten Partien des Archivs in dem Koffer und in den 3 Kisten verwahrt worden sind, die im März 1946 sich in der Gewahrsame der klagenden Partei befunden haben.

Sollte sich ergeben, dass die mit der Klage begehrten Teile des Archivs im März 1946 zur Gänze in dem Koffer und in den 3 Kisten verwahrt waren, dann trifft der erste von der klagenden Partei behauptete Rechtsgrund zu. Die klagende Partei hätte unter diesen Voraussetzungen schon im Jahre 1946 Eigentum an den mit der Klage begehrten Archivteilen erworben und sie wäre ohne Rücksicht auf die Anordnung von Legaten durch Anna B***** zu dem Begehren auf Ausfolgung dieser Partien berechtigt.

Unter der Annahme, dass der klagenden Partei dieser Beweis nicht oder nur zum Teil gelingt, wird es notwendig sein, sich mit dem Rechtsgrund des Vermächtnisses zu befassen.

Der Erstrichter verneint diesen Rechtsgrund wegen mangelnder passiver Klagslegitimation, weil dem Vermächtnisnehmer ein Forderungsrecht nur gegen die Erben - auch wenn sie sich nicht im Besitz der vermachten Sachen befinden - zusteht, nicht aber gegen den Besitzer der vermachten Sachen und auch nicht gegen den Testamentsexekutor. Das Berufungsgericht hat zutreffend hervorgehoben, dass der Mangel der passiven Klagslegitimation eingewendet werden muss, sei es ausdrücklich oder durch das Behaupten von Tatsachen, die eindeutig darauf hinweisen, dass die beklagte Partei in diesem Rechtsstreit nicht passiv legitimiert ist. Doch kann dem Berufungsgericht insoferne nicht gefolgt werden, als es annimmt, dass diese Voraussetzungen im gegebenen Fall erfüllt sind. Der Beklagte hat sich in der Klagebeantwortung mit dem Legatsanspruch der klagenden Partei auseinandergesetzt, er hat darauf hingewiesen, dass er nicht nur langjähriger Freund und Berater der Erblasserin war, sondern auch Testamentsexekutor ist, und hat behauptet, dass die klagende Partei jenen Teil des Nachlasses, der ihr vermacht worden ist, auch ausgefolgt erhalten hat. In der Verhandlung vom 22. 10. 1951 hat sich der Beklagte bereit erklärt, alle vom Gerichtskommissär versiegelten und bei ihm befindlichen Kisten des literarischen Nachlasses herauszugeben, welche den Stempel der Nationalbibliothek tragen, sowie jene, welche nicht Gegenstand des Nachtrags zum Testament sind. Hieraus folgt, dass sich der Beklagte zu Verfügungen über den Nachlaß berechtigt gehalten hat und die klagende Partei mit ihren Ansprüchen keineswegs auf die Erben verwiesen hat. Es kommt nicht darauf an, die von der klagenden Partei aufgestellte Behauptung, der Beklagte habe seine Legitimation bejaht, zu widerlegen, sondern darzutun, dass die Einwendungen eindeutig darauf hinausgehen, dass die Erfüllung des Vermächtnisses nicht vom Beklagten, sondern von den Erben zu begehren wäre. Derartige Behauptungen hat der Beklagte jedoch nicht vorgebracht. An seiner Legitiomation in diesem Verfahren muss daher festgehalten werden. Dem Rechtsverhältnis jedes der beiden Streitteile zu den Erben wird durch das Ergebnis dieses Prozesses in keiner Weise vorgegriffen.

Es wird daher allenfalls notwendig sein, sich mit der Frage der Legatsanordnung zu Gunsten der klagenden Partei im Testament vom 23. 9. 1946 und mit den Auswirkungen der im Nachtrag vom 22. 1. 1947 zu Gunsten des Beklagten abgegebenen Erklärungen der Erblasserin zu befassen und zu entscheiden, ob und inwieweit die im Testament enthaltenen Legatsanordnung durch die Verfügung vom 22. 1. 1947 aufgehoben worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 52 ZPO.