JudikaturJustiz2Ob557/90

2Ob557/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Mag. Thomas S***, BHS-Lehrer, Klagenfurt, Waidmannsdorfer Straße 2, vertreten durch Dr. Walter Suppan, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die Antragsgegnerin Mag. Eva Maria S***, BHS-Lehrerin, Maria Saal, Ratzendorf 40, vertreten durch Dr. Margot Tonitz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses der Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 5. April 1990, GZ 1 R 146/90-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 16. März 1990, GZ 3 F 8/89-14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Vorlage des Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 23. Februar 1990, GZ 3 F 8/89-12, an das Gericht zweiter Instanz aufgetragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Rekurs des Antragstellers gegen den als Mitteilung bezeichneten Beschluß, "daß mit der Verhandlung und Entscheidung in der gegenständlichen Aufteilungssache bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Rechtssache 21 Cg 173/89 des Landesgerichtes Klagenfurt und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Verschuldensfrage im Scheidungsverfahren 3 C 51/88 des Bezirksgerichtes Klagenfurt (der Scheidungsausspruch mit Teilurteil ist bereits rechtskräftig) innegehalten wird ", zurück. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,- übersteigt und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil insbesondere die Frage, ob die Verständigung der Parteien über die Innehaltung des Verfahrens als Verfügung im Sinne des § 9 AußStrG anzusehen ist, in Lehre und Rechtsprechung umstritten sei. Bei der oben dargestellten Anordnung der Innehaltung des Verfahrens handle es sich nicht um einen Beschluß, sondern um eine bloße Verständigung der Parteien durch das Gericht. Eine solche hätte mit gleicher Wirkung auch unterlassen werden können.

Rechtliche Beurteilung

Demgegenüber steht der Antragsteller in seinem zulässigen Revisionsrekurs zutreffend auf einem gegenteiligen Standpunkt:

Das Rekursgericht hat zwar erkannt, daß von einer mit Rechtsmittel anfechtbaren Verfügung nur dann gesprochen werden kann, wenn eine auf Erzeugung von Rechtswirkungen gerichtete prozessuale Willenserklärung des Gerichtes vorliegt, deren Abänderung oder Aufhebung das dagegen erhobene Rechtsmittel bezweckt (SZ 50/41 = EvBl. 1978/5 ua), wenn also damit in die Rechtssphäre einer Person eingegriffen wird (vgl. SZ 46/70; 8 Ob 646/85); es hat jedoch zu Unrecht die Ansicht vertreten, daß die vom Erstgericht getroffene und den Parteien zur Kenntnis gebrachte Verfügung, den Eintritt der Rechtskraft der oben dargestellten Verfahren - ohne das Aufteilungsverfahren förmlich zu unterbrechen - abzuwarten, keine rechtlichen Wirkungen nach sich zieht. Mit Recht weist der Revisionsrekurswerber unter Pkt. V seiner Ausführungen darauf hin, daß die Frist des § 95 EheG mit der Teilrechtskraft des Ausspruches über die Ehescheidung in Lauf gesetzt wird. Maßgebend für die Festsetzung des frühestmöglichen Beginnes des Fristenlaufes - nämlich mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung über die Scheidung der Ehe - war das Anliegen nach ehester Klärung der Vermögensverhältnisse der Geschiedenen (8 Ob 702/86). Bringt nun das Gericht zum Ausdruck, mit Verfahrenshandlungen nicht unverzüglich im Rahmen des ordentlichen Gerichtsbetriebes beginnen, vielmehr einen - einer Unterbrechung des Verfahrens ähnlichen - faktischen Stillstand des Verfahrens aus welchen Gründen immer herbeiführen zu wollen, so greift es mit einer diese Absicht zum Ausdruck bringenden Verfügung unmittelbar in die Rechtssphäre der Parteien, nämlich in deren prozessuales Recht auf alsbaldige Erledigung der gestellten Anträge ein. Im Hinblick auf diese Beeinträchtigung der rechtlichen Interessen des Antragstellers ist in der hier bekämpften "Mitteilung" des Erstgerichtes vom 23. Februar 1990 eine anfechtbare "Verfügung" iS des § 9 AußStrG zu erblicken. Der vom Antragsteller dagegen erhobene Rekurs wurde daher vom Erstgericht zu Unrecht zurückgewiesen (2 Ob 537/90). Damit erweist sich aber der Revisionsrekurs als berechtigt, weshalb ihm Folge zu geben und dem Erstgericht nach Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen die Vorlage des Rekurses an das Gericht zweiter Instanz aufzutragen war.