JudikaturJustiz2Ob261/82

2Ob261/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 1983

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Scheiderbauer sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber und Dr. Huber als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anneliese K*****, vertreten durch Dr. Alois Fuchs, Rechtsanwalt in Landeck, wider die beklagten Parteien 1) Sighard K*****, und 2) Anneliese K*****, beide vertreten durch Dr. Peter Graus, Rechtsanwalt in Schwarz, wegen 26.250 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. September 1982, GZ 1 R 421, 422/82 29, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Zell am Ziller vom 27. Februar 1982, GZ C 398/79 21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat den beklagten Parteien die mit 2.896,96 S (darin 196,81 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 18. 2. 1978 um ca 20:40 Uhr ereignete sich auf der Tuxer Landesstraße in Lanersbach Madseit zwischen dem PKW Peugeot 504 der Klägerin, Kennzeichen *****, und einem Radlader, Marke Rolba, der zweitbeklagten Partei, welchen der Erstbeklagte lenkte, ein Verkehrsunfall.

Die Klägerin begehrt den Ersatz von 26.250 S. Sie anerkennt 50 % Eigenverschulden, weshalb sie nur 50 % der behaupteten Schäden von 50.000 S am PKW und von 2.500 S an Abschleppkosten ersetzt verlangt. Der Radlader sei nicht zum Verkehr auf Straßen zugelassen und nicht mit den vorgeschriebenen Beleuchtungsanlagen versehen gewesen. Wegen seiner mangelhaften Beleuchtung habe die Klägerin den Radlader nicht rechtzeitig erkennen können, was zur Kollision geführt habe. Die beiden Beklagten treffe ein Verschulden am Unfall, weil sie den Radlader nicht ordnungsgemäß beleuchtet hätten.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung und wendeten ein, sie treffe kein Verschulden, weil sie den Radlader ausreichend beleuchtet hätten. Die Klägerin sei dem Erstbeklagten überholend entgegengekommen. Der von der Klägerin überholte PKW habe rechtzeitig vor dem Radlader anhalten können.

Das Erstgericht sprach der Klägerin ausgehend von einer Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 3 zu ihren Lasten und von einer Schadenshöhe von 52.000 S 13.000 S sA zu und wies das Mehrbegehren von 13.250 S sA ab.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil infolge der Berufungen beider Streitparteien dahin ab, dass es das Klagebegehren vollinhaltlich abwies.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts erhebt die Klägerin Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der vollinhaltlichen Klagsstattgebung und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die beklagten Parteien, die eine Revisionsbeantwortung erstatteten, beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Das Erstgericht stellte den Sachverhalt fest, wie er auf den Seiten 4 bis 6 der Ausfertigung des angefochtenen Urteils (= Seite 124 bis 126 des Aktes) wiedergegeben wird.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht den Standpunkt, die Verkehrssicherheit fordere die Beleuchtung eines Fahrzeugs bei Dunkelheit dergestalt, dass die volle Fahrzeugbreite erkennbar sei. Dies gelte auch für Arbeitsmaschinen, wie die hier am Unfall beteiligte, die der Erstbeklagte gelenkt habe. Ihm habe bewusst sein müssen, dass ein entgegenkommender Kraftfahrer durch die besondere Beleuchtung irritiert werde, insbesondere dadurch, dass die Breite des Radladers nicht eindeutig erkennbar gewesen sei. Die Zweitbeklagte habe es toleriert, dass ihr Radlader auf der Tuxer Landesstraße mit einer mangelhaften Beleuchtung fuhr. Eine verspätete oder falsche Reaktion sei dem Erstbeklagten nicht vorzuwerfen. Wegen der mangelhaften Beleuchtung treffe aber die beiden Beklagten ein Verschulden. Dem stehe allerdings das größere Verschulden der Klägerin gegenüber, die im Ortsgebiet unaufmerksam gefahren sei, die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ausgeschöpft habe und auf der Gegenfahrbahn mit dem Radlader zusammengestoßen sei.

Das Berufungsgericht übernahm, soweit für seine Entscheidung erforderlich, den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt als unbedenklich. In rechtlicher Hinsicht sei für das behauptete Verschulden der Beklagten ausschlaggebend lediglich die Frage, ob die Beleuchtung des Radlagers vorschriftsmäßig gewesen sei. Dies sei zu bejahen. Dem Radlader komme die Eigenschaft eines Kraftfahrzeugs gemäß § 2 Z 21 KFG zu. Nach § 93 KFG, der eine Sonderregelung für selbstfahrende Arbeitsmaschinen der streitgegenständlichen Art enthalte, seien für diese Art von Kraftfahrzeugen durch Verordnung Erleichterungen hinsichtlich Bauart, Ausrüstung, Ausstattung vorgesehen. Demzufolge bestimme § 54 Abs 2 KDV 1967, dass auf solche Kraftfahrzeuge ua die Bestimmungen des § 52 Abs 6 KDV sinngemäß anzuwenden seien; § 52 Abs 6 Z 2 lit c) KDV enthalte eine Sonderregelung hinsichtlich der Scheinwerfer bzw deren Anbringung am Fahrzeug dahin, dass der Abstand der äußersten Punkte der Lichtaustrittsfläche der in § 14 Abs 1 KFG angeführten Scheinwerfer für Abblendlicht vom äußersten Rand des Fahrzeugs 40 cm überschreiten darf. Die Anbringung der Scheinwerfer am Radlader der Beklagten 50 bis 65 cm vom äußersten Rand des Fahrzeugs entfernt sei nach den angeführten Bestimmungen ordnungsgemäß. Das Gleiche gelte für die Höhe der Scheinwerfer, hinsichtlich welcher das Erstgericht keine über 220 cm gelegene Höhe festgestellt habe, und auch hinsichtlich der Situierung der Scheinwerfer am hinteren Teil des Fahrzeugs, welche Regelungen sich in § 54 Abs 2 Z 1 und 2 KDV finden. Die Beleuchtung des Radladers habe somit den gesetzlichen Vorschriften entsprochen. Daher könne den beklagten Parteien ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls nicht angelastet werden.

Die Revisionswerberin wiederholt ihren Standpunkt, dass der Radlader nicht ausreichend beleuchtet gewesen sei, weil nach der Rechtsprechung iSd § 60 Abs 3 StVO seine Umrisse für einen entgegenkommenden Kraftfahrzeuglenker leicht und ohne Mühe hätten erkennbar sein müssen. Im Übrigen sei die Frage der ausreichenden Beleuchtung tatsächlicher Natur und nur nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten; sie sei vom Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren als unzureichend bezeichnet worden, weil die volle Fahrzeugbreite des Radladers für die Klägerin nicht erkennbar gewesen sei.

Der Revision kann nicht beigepflichtet werden. Das Berufungsgericht hat die Rechtsgrundlage in der Frage der Beleuchtung des gegenständlichen Radladers richtig und vollständig dargestellt. Nach den Feststellungen waren die am Radlader vorhandenen Lichtquellen derart, dass sie die Klägerin auf die festgestellte objektive gegenseitige Sichtweite von „mindestens“ 70 m sehen musste. Selbst wenn die Breite des Radladers für die Klägerin nicht abschätzbar war (vgl ZVR 1975/75), musste ihr doch, was entscheidend ist klar sein, dass ihr ein Fahrzeug auf der ihm zustehenden Fahrbahnhälfte entgegenkam. Die weitere Feststellung, dass die Klägerin den entgegenkommenden Radlader erst auf weniger als 40 m im eigenen Abblendlicht erkannte, was sie so überraschte, dass sie nicht mehr zum Bremsen oder Auslenken kam, zeigt indes, dass sich die Klägerin in geradezu grob fahrlässiger Weise auf die dem Gegenverkehr vorbehaltene Fahrbahnhälfte begab, um an dem haltenden PKW des Zeugen B***** vorbeizufahren.

Der Revision muss demnach ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.