JudikaturJustiz2Ob231/68

2Ob231/68 – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. September 1968

Kopf

SZ 41/107

Spruch

Eine Fristverlängerung über den Parteienantrag hinaus (also von Amts wegen) ist dann nicht zulässig, wenn dadurch in bereits von einer Partei erworbene Rechte eingegriffen würde.

Entscheidung vom 12. September 1968, 2 Ob 231/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Oberfellach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Bei der Tagsatzung vom 7. September 1967 ist für den Beklagten der Rechtsanwalt Dr. Herbert Z. erschienen und hat seine vorläufige Zulassung gemäß § 38 (1) ZPO. beantragt. Diese ist ihm auch mit dem Auftrag bewilligt worden, binnen drei Wochen die Vollmacht vorzulegen. Der Kläger hat für den Fall der nicht rechtzeitigen Beibringung der Vollmacht die Fällung eines Versäumungsurteiles gemäß § 38 (2) ZPO. beantragt. Die dreiwöchige Frist ist am 28. September 1967 abgelaufen. An diesem Tag ist bei Gericht ein Antrag des Beklagten auf Verlängerung der Frist zur Vorlage der Vollmacht bis 15. Oktober 1967 eingelangt. Das Erstgericht hat mit Beschluß vom 28. September 1967 die Frist antragsgemäß verlängert. Nach Ablauf dieser Frist, nämlich am 17. Oktober 1967, ist der am 16. Oktober zur Post gegebene Schriftsatz des Beklagten mit dem Antrag auf weitere Fristverlängerung bis 25. Oktober 1967 beim Erstgericht eingelangt. Am 31. Oktober 1967 hat der Beklagte die Vollmacht seines Rechtsanwaltes vorgelegt.

Beide Schriftsätze sind vorerst ohne Erledigung geblieben. Am 2. November 1967 hat der Kläger einen Beweisantrag gestellt.

Mit Beschluß vom 7. November 1967 hat das Erstgericht das zweite Mal die Frist bis 15. November 1967 verlängert. Das Rekursgericht wies den Rekurs des Klägers gegen diesen Beschluß, als unzulässig zurück. Es war der Meinung, daß für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rekurses die Bestimmung des § 38 (3) ZPO. und nicht § 141 ZPO. maßgebend sei. Bei dem angefochtenen Beschluß handle es sich um einen Beschluß nach § 38 (1) und (2) ZPO. Die Rechtsmittelbeschränkung sei daher nach dieser Gesetzesstelle anzuwenden. Diese stelle gegenüber der Bestimmung des § 141 ZPO. eine Sonderbestimmung dar.

Infolge Rekurses des Klägers hob der Oberste Gerichtshof den Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes auf und trug dem Rekursgericht die Sachentscheidung über den Rekurs der klagenden Partei auf.

Das Rekursgericht hat nunmehr dem von der klagenden Partei eingebrachten Rekurs teilweise Folge gegeben. Es hat den erstgerichtlichen Beschluß insoweit bestätigt, als damit die beantragte Fristverlängerung mit 25. Oktober 1967 bewilligt wurde. Hingegen hat es den erstgerichtlichen Beschluß insoweit aufgehoben (behoben, abgeändert), als die Frist von Amts wegen über den 25. Oktober 1967 hinaus verlängert worden war.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten. Er beantragt den aufhebenden Teil des angefochtenen Beschlusses dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes, mit welchem die Frist bis 15. November 1967 verlängert wurde, wiederhergestellt werde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist davon auszugehen, daß der Beklagte selbst eine Fristverlängerung nur bis 25. Oktober 1967 begehrt hat. Hätte das Erstgericht über diesen Antrag unverzüglich entschieden, wie es der Prozeßordnung entspricht, dann muß wohl als sicher angenommen werden, daß das Erstgericht die Frist von Amts wegen über den beantragten Tag hinaus nicht verlängert hätte. Wäre somit die Frist nur bis zum 25. Oktober 1967 verlängert worden, dann wäre die erst mit Schriftsatz vom 31. Oktober 1967 vorgelegte Vollmacht nicht innerhalb der weiteren begehrten und bewilligten Frist vorgelegt worden und der Kläger hätte dadurch bereits einen Anspruch darauf gehabt, daß gegen den Beklagten ein Versäumungsurteil erlassen werde. Dieser Anspruch kann dem Kläger aber nicht dadurch genommen werden, daß das Erstgericht vorerst über den Antrag auf Fristverlängerung nicht entschieden und dann von Amts wegen die Frist über den begehrten Zeitpunkt hinaus verlängert hat, nur um dadurch zu bewirken, daß die erst am 31. Oktober 1967 vorgelegte Vollmacht noch als rechtzeitig vorgelegt anzusehen sei. Diese Entscheidung enthält eine prozessuale Benachteiligung des Klägers und eine ungerechtfertigte Bevorzugung des Beklagten. Sie stellt eine Billigkeitsentscheidung dar, die keine Grundlage im Gesetz findet. Auch wenn man die von Fasching (Komm. II S. 677) vertretene Auffassung billigen wollte, daß eine Frist auch von Amts wegen verlängert werden dürfe, erscheint gerade im vorliegenden Fall eine solche amtswegige Verlängerung, die einer Partei zum Nachteil gereicht, nicht zulässig.

Das Rekursgericht hat daher mit Recht den erstgerichtlichen Beschluß nur insoweit bestätigt, als damit die Fristverlängerung bis 25. Oktober 1967 bewilligt worden ist und hat den erstgerichtlichen Beschluß im übrigen abgeändert. Das Erstgericht wird nunmehr die Säumnisfolgen zu berücksichtigen haben.