JudikaturJustiz2Ob210/97i

2Ob210/97i – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. September 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Peter Schütz, Rechtsanwalt, 2320 Schwechat, Brauhausstraße 2, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Gustav V*****, ***** ***** wider die beklagte Partei Hans K***** GesmbH,***** vertreten durch Dr. Hans Christian Kollmann ua Rechtsanwälte in Lambach, wegen Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25. April 1997, GZ 3 R 254/96m-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 19.September 1996, GZ 25 Cg 267/95w-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Der klagende Masseverwalter begehrt gegenüber der beklagten Partei die Feststellung, daß dieser keine Eigentumsrechte an der vom Gemeinschuldner im Ortsgebiet B***** seit 1985 errichteten Kabelfernsehanlage bzw an Teilen derselben zustehen. Er brachte dazu vor, daß die beklagte Partei für eine vom Gemeinschuldner betriebene Kabelfernsehanlage seit 1986 Materialien geliefert habe, die in die Fernsehanlage eingebaut worden seien. Daneben seien auch Produkte anderer Unternehmen verwendet worden und habe der Gemeinschuldner selbst erhebliche Arbeitsleistungen investiert. Die beklagte Partei habe im Konkursverfahren eine Forderung von mehr als 1,000.000 S angemeldet und mit der Behauptung, es stehe ihr an dem gelieferten Kabelfernsehmaterial aufgrund des Eigentumsvorbehaltes das Eigentumsrecht zu, Absonderungsansprüche geltend gemacht. Die beklagte Partei berufe sich dabei auf ihre Zahlungsbedingungen, in denen ein erweiterter Eigentumsvorbehalt vorgesehen sei, ein solcher sei aber rechtlich unwirksam. Darüber hinaus seien die von der beklagten Partei gelieferten Materialien als unselbständige Bestandteile in die Anlage eingebaut worden. Zum Teil handle es sich um Sachen (zB Kabel), die in Künetten vergraben worden seien, zum Teil um Rohrleitungen oder Kabel, die fest im Gemäuer eingelassen worden, und zum Teil um elektronische Vorrichtungen, die mit anderen Komponenten der Anlage durch Verlöten in dauerhafte Verbindung gebracht worden seien. Über mehrere Jahre hindurch seien so viele sowohl von der beklagten Partei als auch von Drittunternehmen bezogene Einzelteile in die Anlage eingebaut worden, daß der Anlage die Qualifikation einer Hauptsache, welche mit Teilen verschiedener Unternehmer hergestellt wurde, zukomme. Die von der beklagten Partei bezogenen und eingebauten Teile könnten nur unter schweren Beschädigungen bzw durch Inkaufnahme von Kosten in unvernünftiger Höhe entfernt werden. Der Wert der einzelnen Teile liege weit unter dem derzeit geschätzten Wert der Geamtanlage von 4,2 Mio S. Durch den sukzessiven Einbau der Teile seien diese zu unselbständigen Bestandteilen geworden, an welchen kein Eigentumsvorbehalt bestehen könne. Das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ergebe sich daraus, daß die Kabelfernsehanlage einen wesentlichen Massebestandteil darstelle, weshalb alle Konkursgläubiger daran interessiert seien, die Anlage bestmöglich zu verkaufen. Die Aufrechterhaltung der von der beklagten Partei behaupteten Eigentumsansprüche behindere jedoch den Verkauf.

Die beklagte Partei wendete ein, daß aus Materiallieferungen für die Kabelfernsehanlage noch 443.568,99 S offen seien. Da sich der vereinbarte Eigentumsvorbehalt auch auf bereits bezahlte Waren beziehe, stünden sämtliche von ihr von 1986 bis 1994 gelieferte Materialien im Vorbehaltseigentum. Der nunmehrige Gemeinschuldner habe ihre Rechnungen und Lieferscheine, welche die vom Kläger dargestellten Geschäftsbedingungen enthielten, während der gesamten Dauer der Geschäftsverbindung unwidersprochen angenommen. Er habe die Kabelfernsehanlage ab dem Jahre 1986 in stetigem Ausbau errichtet. Das hiezu notwendige Material habe er nahezu ausschließlich von der beklagten Partei bezogen. Lediglich die Rohre, in welche die Kabel zur oberirdischen Verlegung eingezogen werden, seien bei anderen Firmen eingekauft worden. Dem Coaxialkabel komme in einer Kabelfernsehanlage keine unselbständige Nebenbedeutung, sondern eine entscheidende Hauptbedeutung zu; de facto habe die beklagte Partei die gesamte Anlage geliefert. Die Vereinbarung über den Eigentumsvorbehalt berücksichtige in ihrem letzten Satz auch den Fall der Vermischung bzw der Verarbeitung dahin, daß Miteigentumsrechte entstünden. Es sei davon auszugehen, daß durch die Herstellung einer unlösbaren Verbindung zwischen den unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen der beklagten Partei einerseits und den Sachen und der Arbeitsleistung des Gemeinschuldners anderseits Miteigentum an der Anlage im Verhältnis der beiderseitigen Wertanteile im Zeitpunkt der Verarbeitung enstanden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im wesentlichen folgende Feststellungen traf:

Die Gesamterrichtungskosten des Kabelnetzes betrugen rund 4,8 Mio S; zusammen mit den Errichtungskosten der übrigen Einrichtungen beliefen sich die Errichtungskosten auf 6,76 Mio S. Der Zeitwert der Anlage beträgt rund 4,23 Mio S. Der Gemeinschuldner bezog von der beklagten Partei in den Jahren 1986 bis 1994 umfangreiches Kabelmaterial und sonstige technische Teile, mit welchen er die Anlage errichtete bzw sukzessive ausbaute. Auf den Rechnungen und Lieferscheinen der beklagten Partei waren jeweils ihre Liefer- und Zahlungsbedingungen abgedruckt, welche unter anderem folgende Bestimmung enthielten:

"5. Eigentumsvorbehalt

Bis zur Erfüllung sämtlicher uns zustehender Ansprüche auch an Zinsen, Spesen und Kosten einschließlich allfälliger Wechselverbindlichkeiten bleibt uns das Eigentum an sämtlichen von uns gelieferten Waren vorbehalten. Unser Eigentumsvorbehalt an einer Teillieferung erlischt also durch die Bezahlung dieser Teillieferung allein noch nicht. Unser Eigentumsvorbehalt an von uns gelieferten Waren erlischt demnach erst dann, wenn die Käufer alle von uns bezogenen Waren einschließlich allfälliger Zinsen, Spesen und Kosten bezahlt haben.

Verpfändungen oder Sicherstellungen sind unzulässig. Im Falle einer gerichtlichen Pfändung uns gehöriger Waren sind wir sofort zu verständigen. Durch Verkauf entstehende Forderungen werden hiermit schon jetzt an uns abgetreten. Ebenso sind Miteigentumsrechte bei Vermischung und Verarbeitung an uns abgetreten."

Im Rahmen ihrer Forderungsanmeldung im Konkurs, in der auch S 443.568,99 für Kabelfernsehmaterial enthalten sind, machte die beklagte Partei unter Berufung auf ihren Eigentumsvorbehalt die Aussonderung des von ihr gelieferten Kabelfernsehmaterials geltend.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Vereinbarung eines erweiterten Eigentumsvorbehaltes sei unwirksam. Allfälliges Eigentum der beklagten Partei könne daher nur im Umfang des Wertes des nicht bezahlten Materials (S 443.568,99) aufrecht sein. Da gemäß § 415 ABGB bei Verarbeitung von in fremdem Eigentum stehenden Sachen Miteigentum zu ideellen Anteilen an der gesamten Sache im Umfang des jeweiligen Beitrags entstehe, stehe der beklagten Partei im Umfang des Wertes der nicht bezahlten Teile ein entsprechender Miteigentumsanteil an der Kabelfernsehanlage zu. Auch die Klausel in den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, wonach Miteigentumsrechte bei Vermischung und Verarbeitung an die beklagte Partei abgetreten seien, sei so zu verstehen, daß mit dem Einbau der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Teile ideelles Miteigentum an der Anlage entstehen solle. Aber auch sonst käme es zum Entstehen von Miteigentum, weil der Umfang der nicht bezahlten Lieferungen im Verhältnis zu den Errichtungskosten und zum Wert der Anlage nicht so unbedeutend sei, daß die darauf entfallenden Materialien gemäß § 416 ABGB ins Eigentum des Betreibers der Anlage übergegangen wären.

Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung dahin ab, daß dem Klagebegehren stattgegeben wurde; es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 50.000 S und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht traf folgende ergänzende Feststellungen:

Das von der Gemeinschuldnerin nicht bezahlte Kabelfernsehmaterial im Gesamtpreis von 443.568,99 S wurde von der beklagten Partei im Zeitraum zwischen Juli 1990 und September 1993 in zahlreichen Teillieferungen geliefert, worüber insgesamt 46 Rechnungen gelegt wurden, mit denen darüber hinaus teilweise auch die Lieferung anderer Waren verrechnet wurde. Keiner der einzelnen Rechnungsbeträge übersteigt in Ansehung des gelieferten Kabelfernsehmaterials den Betrag von 35.000 S. Der Großteil der im Gesamtbetrag von S 443.568,99 enthaltenen Lieferungen wurde im Jahr 1991 fakturiert, nämlich S 346.874,25 in insgesamt 31 Teilrechnungen, die - abgesehen von einer Lieferung am 20.6.1990 - Lieferungen vom 16.1. bis 18.12.1991 erfassen.

Das Berufungsgericht verwies auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung eines sogenannten "erweiterten Eigentumsvorbehaltes", weshalb die bereits bezahlten von der beklagten Partei bezogenen Materialien jedenfalls in das Eigentum der Gemeinschuldnerin übergegangen seien.

Im übrigen führte das Berufungsgericht aus, daß § 416 ABGB auf jede Verbindung ungleichwertiger Sachen anzuwenden sei. Die Frage, ob der Einbau der von der beklagten Partei gelieferten und nicht bezahlten Materialien als Ausbesserung im Sinne des § 416 ABGB oder als Verbindung von gleichwertigen Bestandteilen (§ 415 ABGB) zu qualifizieren sei, könne nicht im Wege einer "Globalbetrachtung" gelöst werden. Vielmehr müsse nach jedem als selbständig zu betrachtenden Ausbauschritt (zB der Herstellung eines neuen Teilnehmeranschlusses oder einer Verlängerung des Kabelnetzes mit den zu diesem Zweck von der Beklagten bezogenen Kabeln) gefragt werden, ob diese Maßnahme eine erhebliche Wertsteigerung der gesamten Anlage nach sich gezogen habe oder über den Charakter einer "Ausbesserung" nicht hinausgehe. In SZ 57/192 habe der Oberste Gerichtshof auch ganz allgemein ausgesprochen, daß durch die Herstellung einer untrennbaren Verbindung zwischen Haupt- und Nebensache letztere als selbständige Sache samt allen an ihr bestehenden Rechten untergehe.

Gehe man von den Feststellungen aus, wonach die Kabelfernsehanlage ab dem Jahr 1986 im stetigen Ausbau errichtet wurde und sich die Errichtungskosten auf ca 6,76 Mio S beliefen (auch die beklagte Partei ziehe lediglich den vom Erstgericht festgestellten derzeitigen Verkehrswert der Anlage von 4,23 Mio S in Zweifel) und berücksichtige man weiters, daß nach den Behauptungen der beklagten Partei praktisch die gesamte Kabelfernsehanlage mit von ihr gelieferten Materialien hergestellt wurde - was die Möglichkeit einer erst später eingetretenen erheblichen Wertsteigerung durch Leistung Dritter ausschließe - , so spreche sicher viel dafür, die fraglichen Materiallieferungen der beklagten Partei als gegenüber dem (damaligen) Wert der bereits bestehenden Anlage verhältnismäßig geringfügig anzusehen. Auch wenn nicht exakt festgestellt werden habe können, bei wievielen - sachenrechtlich jeweils für sich zu betrachtenden - einzelnen Ausbauschritten welches Material der beklagten Partei in welchem Ausmaß verwendet wurde, so stehe aufgrund der sich über den Zeitraum von mehr als drei Jahren erstreckenden Teillieferungen jedenfalls fest, daß das gesamte fragliche Material nicht auf einmal in die Anlage eingebaut wurde, sondern daß es zu zahlreichen, voneinander unabhängigen Ergänzungen, Verbesserungen bzw Ausbauschritten gekommen sein muß. Dafür spreche auch der Umstand, daß nach dem Inhalt der von der beklagten Partei erstellten Rechnungen keine einheitliche Bestellung vorgelegen sei, sondern Bestellungen und Lieferungen - so wie wohl auch der Einbau - nach dem jeweiligen Bedarf erfolgt seien. Selbst wenn man davon ausginge, daß die im Jahr 1991 in Rechnung gestellten Lieferungen an Kabelfernsehmaterial in der Höhe von 346.874,25 S einem einheitlichen Ausbauschritt zuzuordnen wären, würde dies lediglich 5 % der Gesamterrichtungskosten ausmachen. Es sei daher der Rechtsansicht des Klägers zu folgen, daß die einzelnen Ausbauschritte, mit denen jeweils von der beklagten Partei gelieferte Materialien mit der bestehenden Anlage des Gemeinschuldners in Verbindung gebracht wurden, wegen der verhältnismäßigen Geringfügigkeit der Materialien der Regelung des § 416 ABGB zu unterstellen seien. Damit sei aber das Eigentum an den zum Ausbau verwendeten Materialien dem Eigentümer der Hauptsache zugefallen, womit auch der Eigentumsvorbehalt erloschen sei.

Das Berufungsgericht verneinte auch das Entstehen von Miteigentum aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Regelung. Insoweit habe sich die beklagte Partei auf den letzten Satz des Punktes 5 ihrer AGB berufen, wonach Miteigentumsrechte bei Vermischung und Verarbeitung an die beklagte Partei abgetreten seien. Abgesehen davon, daß eine Abtretung von Miteigentumsrechten im Falle einer Verbindung von Waren der beklagten Partei mit Sachen des Gemeinschuldners nicht in Betracht komme, ergebe sich schon aus dem Kontext der betreffenden Vertragskausel, daß diese den Fall der Entstehung von Miteigentum zwischen Lieferanten und Kunden gar nicht regeln wolle. In dem betreffenden Absatz des Punktes 5 der AGB gehe es vielmehr um das Entstehen von Rechtsverhältnissen zu Dritten (Verpfändungen oder Sicherungsübereignung, gerichtliche Pfändung von Waren, durch Verkauf entstehende Forderungen), weshalb die Klausel vernünftigerweise nur so zu verstehen sei, daß sie die Fälle der Entstehung von Miteigentum durch Vermischung mit Sachen Dritter bzw bei Verarbeitung durch Dritte regeln wolle. Eine Vereinbarung der Begründung von Miteigentum im Falle der Herstellung einer Verbindung zwischen den gelieferten Waren und Sachen des Käufers könne der verwendeten Formulierung bei noch so großzügiger Auslegung, die im Hinblick auf § 915 ABGB auch gar nicht geboten wäre, nicht entnommen werden.

Da also auch die von der beklagten Partei herangezogene Vertragsklausel nicht geeignet sei, Miteigentum an der Kabelfernsehanlage zu begründen, sei das Feststellungsbegehren des Klägers berechtigt.

Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil bei der Beurteilung der sachenrechtlichen Unwirksamkeit der Vereinbarung eines erweiterten Eigentumsvorbehalts sowie der Anwendbarkeit des § 416 ABGB bei Verbindung von Sachen erheblich unterschiedlichen Wertes von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen worden sei. Die Auslegung der in den Lieferbedingungen der beklagten Partei enthaltenen Vertragsklauseln habe keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, das Rechtsmittel der beklagten Partei zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil der Entscheidung SZ 57/192 ein anderer Sachverhalt zugrundeliegt und die entscheidende Frage, wann eine Verbindung einer Haupt- mit einer Nebensache vorliegt, nicht beantwortet wird; das Rechtsmittel ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Die beklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, § 416 ABGB könne auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden; es sei unrichtig, allein den Geldwert der Kabelfernsehanlage jenem der von ihr gelieferten Materialien gegenüberzustellen; die Kabelfernsehanlage hätte ihren Wert nie erreicht, wenn die verschiedenen von der beklagten Partei gelieferten und unbezahlt gebliebenen Teile nicht eingebaut worden wären. Daraus folge, daß die unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Materialien so wertvoll waren und sind, daß sie nach der Verkehrsauffassung durch die Verbindung mit den sonstigen Teilen der Kabelfernsehanlage nicht in den Hintergrund getreten seien und auch ihre Selbständigkeit nicht verloren hätten. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei den beiden zu verbindenden Sachen ein in etwa gleicher Rang zuzubilligen, weil sie eine in etwa gleiche Bedeutung für die Funktion der Gesamtsache hätten. Zu Unrecht sei das Berufungsgericht nur von den Lieferpreisen ausgegangen und habe sich mit der Frage der Bedeutung/Funktion der einzelnen Sachen nicht befaßt. § 416 ABGB sei auch deshalb nicht anzuwenden, weil die ganze Anlage nicht mehr funktionieren würde, wenn man einzelne von der beklagten Partei gelieferte Sachen abmontierte oder entfernte. Dies allein verbiete es, in der Verbindung der Kabel-TV-Anlage mit den weiteren von der beklagten Partei zur Erweiterung dieser Anlage gelieferten Sachen nur eine "Ausbesserung" zu sehen.

Man könne unter einer "Ausbesserung" auch nicht die Herstellung einer neuen Sache verstehen, indem intakte Sachen verbunden werden, möge ihr Wert noch so unterschiedlich sein. Schließlich ergebe sich aus der Natur der Sache und dem übereinstimmenden Verhalten der Vertragsteile, daß sie die Errichtung einer Gesamtsache (einer Kabel-TV-Anlage) beabsichtigten; die im Rahmen dieser Absicht getätigten Geschäfte seien daher in ihrem Zusammenhang zu sehen.

Weiters sei die Vereinbarung eines sogenannten "erweiterten Eigentumsvorbehaltes" zulässig, weil im österreichischen Rechtsbereich das Publizitätsprinzip des Besitzes beim Vorbehaltskauf von beweglichen körperlichen Sachen praktisch nicht mehr berücksichtigt werde.

Schließlich sei es unzulässig, bei der Auslegung der Eigentumsvorbehaltsklausel auf § 915 ABGB zu verweisen, weil ein zweiseitiges Handelsgeschäft vorliege. Bei Betrachtung der vorbezeichneten Vertragsklausel erkenne jedermann, daß die beklagte Partei "alle Hebel in Bewegung gesetzt haben wollte", um ihren Eigentumsvorbehalt aufrechtzuerhalten, auch mit Hilfe des erweiterten Eigentumsvorbehaltes. Die Klausel müsse in ihrer Gesamtheit betrachtet werden und sei so zu verstehen, wie es der derzeitigen Übung des Handelsverkehrs entspreche, nämlich dahingehend, daß Miteigentumsrechte bei Vermischung und Verarbeitung entstehen sollten.

Hiezu wurde erwogen:

Werden fremde Materialien zur Ausbesserung einer Sache verwendet, so fällt die fremde Materie dem Eigentümer der Hauptsache zu, und ist dieser verbunden, dem vorherigen Eigentümer der verbrauchten Materialien den Wert derselben zu bezahlen (§ 416 ABGB). Wenngleich das Gesetz zwar ausdrücklich nur von der Ausbesserung einer Sache mit fremden Materialien spricht, muß die Regelung wegen Gleichheit des gesetzgeberischen Grundes auch in den anderen Fällen der Vereinigung von Haupt- und Nebensachen Geltung haben (SZ 57/192; Spielbüchler in Rummel2 Rz 1 zu § 416; Koziol/Welser II10, 71; Klang in Klang2 II 287). Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht schließt der Umstand, daß die Anlage ohne die von der beklagten Partei gelieferten Gegenstände und Materialien nicht funktionieren würde, eine Anwendung des § 416 ABGB nicht aus. So wurde auch in der Entscheidung 2 Ob 14/54 ausgeführt, daß der Motor als Nebensache des Kraftwagens anzusehen sei und der Eigentümer der Hauptsache durch den Einbau eines fremden Motors auch Eigentum an dem Motor erwerbe. Voraussetzung des Eigentumserwerbes durch Vereinigung im Sinne des § 416 ABGB ist die Untrennbarkeit der Vereinigung (Spielbüchler aaO Rz 3 zu § 416; Klang aaO 287). Es muß also eine Sache mit der Hauptsache so eng verbunden werden, daß sie von dieser tatsächlich nicht oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnte; die Abtrennung ist dann unwirtschaftlich, wenn Teil und Restsache zusammen wesentlich weniger wert sind als die ungeteilte Sache (Koziol/Welser aaO 12; vgl F.Bydlinski in Klang2 IV/2, 485). Diese enge Verbindung der von der beklagten Partei gelieferten Materialien mit der vom Gemeinschuldner hergestellten Kabelfernsehanlage ist im vorliegenden Fall ohne Zweifel gegeben.

Die Anwendbarkeit des § 416 ABGB setzt aber weiters voraus, daß eine "Hauptsache" bereits vorhanden ist, an der die "Verbesserung", zB die Hinzufügung eines unselbständigen Bestandteils, erfolgt. Existiert bereits eine Hauptsache, bevor der unselbständige Bestandteil mit ihr verbunden wird, liegt das wirtschaftliche Schwergewicht so stark auf ihr, daß ihr Eigentümer auch Eigentümer des von ihm zugefügten unselbständigen Bestandteiles wird und dessen früherer Eigentümer auf schuldrechtliche Ausgleichsansprüche beschränkt bleibt (F.Bydlinski aaO 632). Voraussetzung ist daher weiters, daß die Sachen sehr ungleichwertig sind (Spielbüchler aaO Rz 1 zu § 416). Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt vor der jeweiligen Verarbeitung. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist jeder Einbau- bzw Ausbauvorgang getrennt und als solcher zu betrachten, wobei nicht jeder Ein- und Ausbau wiederum technisch aufzugliedern und jeder Teil selbständig zu bewerten ist; vielmehr sind die Teile gemeinsam zu bewerten, die in einem einheitlichen Vorgang (maßgeblich für die Beurteilung der Einheitlichkeit ist die Verkehrsauffassung) eingebaut werden.

Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Ungleichwertigkeit ist auf das Wertverhältnis zwischen der Hauptsache und der jeweils eingebauten Materialien der beklagten Partei abzustellen. Dafür fehlt es aber an Feststellungen. Wie in der Revision insoferne zutreffend geltend gemacht wird, gründet sich die an sich richtige Entscheidung des Berufungsgerichtes in diesem Punkt eher auf Vermutungen und Schlüsse, denn auf Tatsachenfeststellungen. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht für jeden Ausbauvorgang, der mit nicht bezahlten Materialien der beklagten Partei erfolgte, das Wertverhältnis zwischen der Anlage und den verwendeten Materialien der beklagten Partei festzustellen haben. Sollte sich dabei eine erhebliche Ungleichwertigkeit herausstellen, so wird von einem Untergang des Eigentums der beklagten Partei auszugehen sein.

Die von den Vorinstanzen vertretene Ansicht, die Vereinbarung eines "erweiterten Eigentumsvorbehalts" sei unwirksam, entspricht der herrschenden Lehre und Rechtsprechung (siehe die Nachweise bei Binder in Schwimann, ABGB V2, Rz 29 zu § 1063), wovon abzugehen kein Anlaß besteht.

Hinsichtlich der Beurteilung des Punktes 5 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei kann gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden. Unrichtig ist, daß § 915 ABGB auf beiderseitige Handelsgeschäfte nicht anzuwenden wäre (vgl Krejci, Grundriß des Handelsrechts 238).

Im Hinblick auf die oben aufgezeigten Feststellungsmängel waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und war dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.