JudikaturJustiz2Ob209/71

2Ob209/71 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. November 1971

Kopf

SZ 44/174

Spruch

Keine Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Partei, wenn der Kläger ein anderes gleichnamiges Rechtssubjekt geklagt hat, als er eigentlich wollte

OGH 11. 11. 1971, 2 Ob 209/71 (OLG Linz 4 R 71/71; LG Linz 3 Cg 120/70)

Text

Am 26. 5. 1967 stieß auf der Greinerwald-Landesstraße im Gemeindegebiet von Bad Kreuzen der Motorradfahrer Rudolf R, Landwirt in B, Mitterdörfl Nr 11, mit einem entgegenkommenden, von Josef G gelenkten PKW zusammen. Dabei wurde Rudolf R getötet und sein Soziusfahrer Karl W schwer verletzt. Am 6. 9. 1967 wurde der Nachlaß des Rudolf R seiner Gattin Maria R (geborene P), Landwirtin in B Mitterdörfl Nr 11, zur Gänze eingeantwortet. Diese verehelichte sich im Jahre 1968 wieder und heißt jetzt Maria N. Die Mutter des Rudolf R, Maria R, geboren am 22. 7. 1901, verstarb am 30. 10. 1969. Mangels eines S 5000.- übersteigenden Nachlaßvermögens wurde eine Verlassenschaftsabhandlung nicht eingeleitet. Der Unfall des Karl W wurde von der Klägerin als Arbeitsunfall anerkannt.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin (Sozialversicherungsträger) den Ersatz der von ihr an Karl W in der Zeit vom 1. 7. 1969 bis 30. 4. 1970 erbrachten Rentenleistungen im Betrage von S 9374.- samt 4% Zinsen seit dem Klagstag (22. 5. 1970) und außerdem die Feststellung der Haftung der Beklagten im Rahmen des Deckungsfonds für künftige Pflichtleistungen an Karl W. Rudolf R habe das Alleinverschulden an dem Verkehrsunfall getroffen.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ua mangelnde passive Klagslegitimation ein, da die Verlassenschaft nach der am 30. 10. 1969 verstorbenen Mutter des Rudolf R geklagt worden sei, die keinerlei Haftung für die von Rudolf R verursachten Schäden treffe.

Hierauf stellte die Klägerin in der Tagsatzung am 8. 10. 1970 die Bezeichnung der beklagten Partei in "Maria R, nunmehr verehelichte N" richtig. Die Beklagte sprach sich gegen diese (Klags-)Änderung aus.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil es sich bei der mit Klage belangten Verlassenschaft nach der am 30. I0. 1969 verstorbenen Maria R und der von der Klägerin nunmehr als beklagte Partei bezeichneten Maria R, verehelichten N, um zwei voneinander verschiedene Rechtssubjekte handle. Es liege daher eine Parteiänderung vor, die nur mit Zustimmung der bisherigen Prozeßparteien zulässig wäre. Die Verlassenschaft nach Maria R treffe keinerlei Haftung für den von Rudolf R angerichteten Schaden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es sei zwar richtig, daß die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Rechtsnachfolgerin (Gattin) des an dem Verkehrsunfall schuldtragenden Lenkers Rudolf R habe geltend machen wollen. Sie habe jedoch irrtümlich die Verlassenschaft nach der vermeintlich verstorbenen Witwe R geklagt. Dieser Irrtum habe zur Folge gehabt, daß die mit der vermeintlichen beklagten Partei namensgleiche Verlassenschaft nach Maria R (geboren 1901) belangt worden sei. Da die Klage dem für die Verlassenschaft bestellten Kurator zugestellt worden sei und die gemäß § 75 Z 1 ZPO erforderlichen Individualisierungsmerkmale für die Verlassenschaft nach der am 30. 10. 1969 verstorbenen Maria R zuträfen, sei diese im vorliegenden Rechtsstreit tatsächlich beklagte Partei geworden. Die von der Klägerin vorgenommene Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Partei stelle somit eine unzulässige Parteiänderung dar.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin führt aus, sie habe nicht die Verlassenschaft nach Maria R, geboren 1901, sondern die Verlassenschaft nach der vermeintlich verstorbenen Gattin des Schädigers, Maria R, Landwirtin in Mitterdörfl Nr 11, geklagt; die verstorbene Maria R (geboren 1901) sei hingegen Auszüglerin und nicht Landwirtin gewesen. Das gehe schon aus Wer Klagserzählung hervor, wo ausgeführt worden sei, daß die Verlassenschaft nach Rudolf R seiner Witwe Maria R, Landwirtin, zu A ../67 des BG Grein, eingeantwortet worden sei. Die ursprünglich gegen diese Maria R, Landwirtin, eingebrachte Klage sei zu 3 Cg ../70 auf Grund eines unrichtigen Postfehlberichtes, laut welchem die Genannte verstorben sei, zurückgewiesen worden. Die Klägerin habe daher nunmehr die Verlassenschaft nach dieser Maria R geklagt. Es handle sich also lediglich darum, daß anstatt der Verlassenschaft eines vermeintlich verstorbenen Rechtssubjektes durch Richtigstellung das Rechtssubjekt selbst geklagt werde. Wenn die Umstellung der Bezeichnung einer während des Prozesses verstorbenen Partei auf ihre Verlassenschaft zulässig sei, dann müsse auch das umgekehrte möglich sein.

Der Auffassung der Revisionswerberin kann nicht gefolgt werden. Ihre Klage war gegen die "Verlassenschaft nach Maria R, Landwirtin, Mitterdörfl Nr 11, zu Handen eines zu bestellenden Kurators", gerichtet. Das Erstgericht bestellte daher einen Rechtsanwalt zum Nachlaßkurator und stellte diesem die Klage zu. Damit ist ein Prozeßverhältnis zwischen der Klägerin und der "Verlassenschaft nach Maria R" entstanden, die es tatsächlich gibt, die aber nicht die Verlassenschaft nach der Witwe des Schädigers, sondern nach seiner gleichnamigen und am selben Orte wohnhaft gewesenen Mutter betrifft, wobei nicht maßgebend sein kann, daß Maria R (geboren 1901) nicht mehr ausübende Landwirtin, sondern Auszüglerin war. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall grundsätzlich von dem zu SZ 27/241 entschiedenen (Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Verlassenschaft auf den Namen des noch lebenden Beklagten). Eine Verlassenschaft nach der Witwe des Schädigers hat es nie gegeben, weil sie noch lebt. Es ist daher eindeutig, daß die Klägerin ein anderes Rechtssubjekt geklagt hat als sie eigentlich wollte und daß daher mit einer bloßen Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Partei nicht Abhilfe geschaffen werden konnte.

Daß die tatsächlich beklagte Verlassenschaft der Klägerin nicht im Sinne des § 332 ASVG haftet, wird in der Revision nicht bestritten. Die Revision kann daher keinen Erfolg haben.