JudikaturJustiz2Ob187/06y

2Ob187/06y – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Februar 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitte H*****, vertreten durch Dr. Josef Wolfgang Deitzer, Rechtsanwalt in Schwechat, gegen die beklagten Parteien 1.) Petra K*****; 2.) Andrea P*****; und 3.) Eva S*****, sämtliche vertreten durch Dr. Franz Schöberl, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 139.530,32 sA, Herausgabe und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. Jänner 2006, GZ 11 R 117/05i-47, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 16. August 2005, GZ 4 Cg 14/04f-42, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Teilurteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass es - einschließlich der unangefochten gebliebenen und damit rechtskräftigen Punkte - zu lauten hat wie folgt:

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war mit Johann H***** verheiratet. Im Laufe der Ehe wurde ihr Ehemann immer wieder gegen sie gewalttätig, worauf sie jedes Mal vorübergehend zu ihrer Mutter zog. Ende Oktober 2001 zog sie „endgültig" aus dem von den Ehegatten bewohnten Haus in 2***** aus, weil sie sich von ihrem Gatten scheiden lassen wollte. Im Zuge der Gespräche wegen dieser bevorstehenden Scheidung überredete Johann H***** die Klägerin, am 19. 11. 2001 zu einer weiteren Besprechung in das Haus zu kommen. Als sich die Klägerin bei diesem Gespräch weigerte, zu ihm zurückzukehren, versuchte er, sie zu ermorden. Dieser Mordversuch misslang zwar, die Klägerin wurde aber erheblich verletzt. Noch am selben Tag beging Johann H***** Selbstmord. Die Beklagten sind je zu einem Drittel des Nachlasses eingeantwortete Erben nach Johann H*****.

Die Klägerin begehrt mit der am 6. 2. 2004 eingebrachten und in der Folge mehrfach eingeschränkten und ausgedehnten Klage zuletzt, neben einem bereits vom Erstgericht rechtskräftig zugesprochenen Herausgabe- und Feststellungsbegehren (Punkte 4.) und 5.) des obigen Urteilsspruches) die Bezahlung von EUR 139.530,32 sA, wobei das Zahlungsbegehren zur ungeteilten Hand, in eventu je zu einem Drittel entsprechend den Erbquoten gestellt wurde. Die Klägerin habe mit ihrem Ehegatten im genannten Haus gewohnt, dieser sei aber krankhaft eifersüchtig gewesen und habe sie mehrfach bedroht und misshandelt. Statt einer Wegweisung des Ehegatten sei die Klägerin vorübergehend zu ihrer Mutter gezogen. Ihr stehe daher das Vorausvermächtnis der Ehewohnung zu; sie schulde deshalb für die Benutzung des Hauses seit dem Tod des Johann H***** hiefür auch kein Benützungsentgelt (im Sinne der von den beklagten Parteien erhobenen Gegenforderung in Höhe von zuletzt EUR 42.926,40).

Die Beklagten (deren Bezeichnung von zunächst der Verlassenschaft nach Johann H***** schon im Verfahren erster Instanz auf die inzwischen eingeantworteten drei Erben richtig gestellt wurde) wendeten - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ein, die Klägerin sei am 29. 10. 2001 aus der Ehewohnung ausgezogen, die Ehe sei aus ihrem Verschulden zerrüttet gewesen. Sie benütze seit dem Tod ihres Gatten das Haus titellos und schulde den Klägern daher Benützungsentgelt in der monatlichen Höhe von (außer Streit gestellt) EUR 975,60, damit bis inklusive Juni 2005 im Gesamtausmaß von EUR 42.926,40, welche Forderung bis zur Höhe der Klagsforderung kompensando eingewendet wurde.

In einem Zwischenantrag auf Feststellung stellten die Beklagten überdies das aus Punkt 7.) des obigen Urteilsspruches ersichtliche Begehren.

Das Erstgericht sprach mit mehrgliedrigem Urteil aus, dass die Klagsforderung mit EUR 75.193,88 (Punkt 1.) und die Gegenforderung mit EUR 42.926,40 zu Recht besteht (Punkt 2.), und verpflichtete demgemäß die Beklagten zur Zahlung von jeweils EUR 10.755,82 an die Klägerin (Punkt 3.) sowie zur Herausgabe des begehrten Leichtmotorrades (Punkt 4.); es gab weiters dem Feststellungsbegehren der Klägerin Folge (Punkt 5.), wies das Mehrbegehren von EUR 107.262,84 sA ab (Punkt 6.) und stellte nach der Kostenentscheidung (Punkte 7. und 8.) fest, dass der Klägerin das gesetzliche Vorausvermächtnis gemäß § 758 ABGB an der Liegenschaft samt Haus nicht zusteht (Punkt 9.).

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, dass die Forderungen der Klägerin auf Zahlung von EUR 25.000,-- Schmerzengeld, EUR 5.600,-- Verdienstentgang, EUR 39.329,41 gesetzlichen Pflichtteil, weiters Ersatz der Hausbesitzerabgabe von EUR 2.876,95 und der Darlehensrückzahlungen von EUR 2.387,52 berechtigt seien, wofür ihr die Beklagten anteilig (entsprechend ihren Erbquoten) hafteten. Da ihr jedoch kein gesetzlicher Voraus im Sinne eines Wohnrechtes an der Liegenschaft samt Haus zustehe, habe sie den Eigentümern für den Zeitraum der titellosen Benützung monatlich EUR 975,60, zusammen sohin EUR 42.926,40 zu bezahlen. Gegen dieses Urteil erhob lediglich die Klägerin, und zwar gegen die Punkte 2.) (Ausspruch der Gegenforderung) und 6.) (Abweisung des Zahlungsmehrbegehrens) sowie gegen die Feststellung im Sinne des Zwischenfeststellungsantrages der Beklagten laut Punkt 9.) des Ersturteiles Berufung, welcher das Berufungsgericht teilweise Folge gab. Es bestätigte das Ersturteil in seinen Punkten 2.) (Gegenforderung) und 9.) (Zwischenfeststellungsantrag) sowie in Punkt

6.) in Ansehung eines Teilbetrages von EUR 96.189,61 sA als Teilurteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei; hinsichtlich des weiteren Mehrbegehrens von EUR 16.894,38 sA hob es hingegen das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache (ohne Rechtskraftvorbehalt) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück, sodass sich Wiedergaben hiezu erübrigen. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als das Ergebnis einer überzeugenden Beweiswürdigung und führte in rechtlicher Hinsicht - zum geltend gemachten gesetzlichen Voraus samt Gegenforderungen der beklagten Parteien im Rahmen des gefällten Teilurteiles - zusammengefasst Folgendes aus:

Nach der erst durch das ErbRÄG 1989 eingeführten Regelung des § 758 ABGB gebühre dem Ehegatten, sofern er nicht rechtmäßig enterbt worden sei, als gesetzliches Vorausvermächtnis ua das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen. Schon die Formulierung „weiter" zu wohnen spreche für die Ansicht, dass dem Ehegatten dieses Recht nur dann zustehe, wenn er bis zum Zeitpunkt des Erbanfalles in der Ehewohnung gewohnt habe. Diese Auslegung sei auch naheliegend, gehe es doch bei der Regelung darum, dem überlebenden Ehegatten seine bisherigen Lebensverhältnisse zu erhalten und zu sichern. Demgemäß werde auch in den Materialien zum ErbRÄG 1989 darauf hingewiesen, dass durch den Begriff „weiter" zum Ausdruck gebracht werden solle, dass der überlebende Ehegatte die Wohnung so benützen können solle wie bisher; sei er aber in der Absicht aus der Wohnung ausgezogen, dorthin nicht wieder zurückzukehren, so werde von einem „Weiterwohnen" nicht die Rede sein können. Diese Ansicht, dem überlebenden Ehegatten stehe das Vorausvermächtnis an der Ehewohnung nur dann zu, wenn er bis zuletzt darin gewohnt habe, werde auch von der überwiegenden Lehre vertreten. Der Berufungssenat schließe sich im Hinblick auf diese erkennbare Zielsetzung der Regelung, auf die Gesetzesmaterialien und unter Berücksichtigung des Wortlautes der Bestimmung dieser herrschenden Ansicht an. Das Erstgericht habe damit dem Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten zu Recht Folge gegeben, wobei es ohne Bedeutung sei, aus welchem Grund die Klägerin die Wohnung endgültig verlassen habe, ob sie daran ein dringendes Wohnbedürfnis habe und welches Ergebnis ein Scheidungsverfahren und ein nachfolgendes Verfahren über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse hätte haben können.

Da über die maßgebliche Frage der Auslegung des § 758 ABGB der Oberste Gerichtshof noch nicht entschieden habe, sei die ordentliche Revision im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zuzulassen gewesen. Gegen dieses Teilurteil, und zwar lediglich hinsichtlich des Ausspruches über das Zurechtbestehen der Gegenforderung von EUR 42.926,40 samt daraus resultierender Abweisung eines Mehrbegehrens über EUR 53.263,21 hinaus (die Abweisung ist unbekämpft und damit ebenfalls rechtskräftig) einerseits sowie der Bestätigung des Zwischenfeststellungsantrages der beklagten Parteien (betreffend das Nichtzurechtbestehen des gesetzlichen Vorausvermächtnisses gemäß § 758 ABGB) andererseits richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit den Anträgen, in Abänderung der bekämpften Entscheidung festzustellen, dass der Klägerin „im Nachlass nach dem am 19. 11. 2001 verstorbenen Johann H***** der große gesetzliche Voraus gemäß § 758 ABGB an der Benützung der Ehewohnung ... samt Benützungsrecht der Inventars- und Einrichtungs- sowie Hausratsgegenstände zusteht", sowie weiters den Ausspruch des Berufungsgerichtes über das Zurechtbestehen der Gegenforderung in Höhe von EUR 42.926,40 „aufzuheben und festzustellen, dass die Gegenforderung nicht zu Recht besteht"; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagten Parteien haben eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher beantragt wird, dem gegnerischen Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht formulierten Grunde zulässig und auch berechtigt.

Was den Anfechtungsumfang betrifft, ist zunächst Folgendes vorauszuschicken:

Der Ausspruch samt Zusammensetzung der mit EUR 75.193,88 als zu Recht bestehend festgestellten Klageforderung blieb schon in erster Instanz unbekämpft. Hinsichtlich der vom Berufungsgericht mit Teilurteil bestätigten Mehrbegehrensabweisung von EUR 96.189,61 bekämpft die Klägerin nur jenen Teil, der auf die als zu Recht bestehend festgestellte Gegenforderung von EUR 42.926,40 entfällt; die Abweisung des darüber hinausgehenden (und auf eigene Überklagung zurückzuführenden) Mehrbegehrens von EUR 53.263,21 sA ist unbekämpft geblieben. Bezüglich des Zwischenfeststellungsantrages wurde bis Schluss der Verhandlung erster Instanz ein solcher lediglich von den beklagten Parteien gemäß § 259 Abs 2 ZPO gestellt (dass der Klägerin kein gesetzlicher Voraus gebührt); die Klägerin hingegen hat keinen solchen nach § 236 ZPO (dahingehend, dass ihr ein solcher gebührt) gestellt. Demgemäß steht ihrem diesbezüglich im ersten Absatz der Revisionsanträge gestellten und zuvor wörtlich wiedergegebenen Zwischenfeststellungsantrag, wie er auch schon in ihrem Berufungsschriftsatz (erstmals) gestellt worden war, das Neuerungsverbot des § 482 bzw § 504 Abs 2 ZPO entgegen. Allerdings ist dieser Rechtsmittelantrag - wie er gleichermaßen schon vom Berufungsgericht verstanden (und behandelt) wurde - richtigerweise als Antrag auf Abweisung des von den Beklagten ihrerseits gestellten Feststellungsantrages zu verstehen und umzudeuten; da diese Bedeutung ihres Begehrens deutlich erkennbar ist, schadet der Klägerin die unrichtige Formulierung des diesbezüglichen Rechtsmittelantrages gemäß § 84 Abs 2 ZPO nicht.

Da zwischen diesem Feststellungsantrag einerseits und der (allein) daraus abgeleiteten Gegenforderung andererseits ein untrennbarer (rechtlicher) Zusammenhang besteht, wird hierauf im Folgenden gemeinsam eingegangen:

Nach § 758 ABGB idF Art I Z 8 ErbRÄG 1989 BGBl 1989/656 gebühren einem Ehegatten, sofern dieser nicht rechtmäßig enterbt worden ist, „als gesetzliches Vorausvermächtnis das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen, und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, soweit sie zu dessen Fortführung entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen erforderlich sind." In den Materialien (AB 1158 BlgNR 17. GP, 3 und insbesondere 4 ff) wird als Motiv des Gesetzgebers mehrfach der Gedanke erwähnt, dass nach dem Tod eines Ehegatten „dem anderen die gewohnte Umgebung bleiben", „seine bisherigen Lebensverhältnisse gesichert" und damit „der Schutz des hinterbliebenen Ehegatten verbessert" werden sollte; der Tod eines Ehegatten solle nicht dazu führen, „dass der andere die ihm vertrauten Dinge des Alltags ... verliert", wobei der Begriff Ehewohnung jenem des § 81 Abs 2 EheG entspreche und darunter daher (wie hier) „auch eine Liegenschaft mit einem Einfamilienhaus" falle. Das in § 758 ABGB verankerte Recht, in der Ehewohnung - dass es sich beim bis zum Auszug der Klägerin wenige Wochen vor dem Mordversuch und Suizid ihres Gatten gemeinsam bewohnten Haus um die Ehewohnung der Eheleute handelte, bildet keinen Streitpunkt - „weiter zu wohnen", wurde erst durch das ErbRÄG erstmalig eingeführt (Welser in Rummel, ABGB3 Rz 7 zu § 758). Abgesehen von jenen - hier nicht zutreffenden - Fällen einer „rechtmäßigen Enterbung" sowie einer Sicherung des überlebenden Ehegatten nach Sonderbestimmungen des Miet- oder Wohnrechtes oder weil dieser auf sonstige Weise aus eigenem Recht sein Wohnbedürfnis an der Ehewohnung sichern kann (Welser, aaO mit weiteren Beispielen; ebenso Eccher in Schwimann, ABGB3 Rz 10 zu § 758; Apathy in KBB, ABGB Rz 4 zu § 758 - „subsidiärer Charakter"), soll durch die neue Bestimmung jedenfalls jener Ehegatte gesichert und geschützt werden, der bisher im Haus des Erblassers gewohnt hat, welches nunmehr einem anderen zufallen soll (Welser, aaO Rz 7).

Auch wenn sich der Umfang (und damit auch das Recht des „Weiterwohnens" im Sinne der durch diese vom Gesetzgeber gewählte Formulierung zum Ausdruck kommenden Kontinuität der Benützung der Ehewohnung: Eccher, aaO Rz 11; Zankl, Das gesetzliche Vorausvermächtnis des Ehegatten, 207 ff) grundsätzlich nach den „tatsächlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers" richtet (Welser, aaO Rz 7a; Adensamer, ErbRÄG 1989, ÖA 1991, 6 [8]; JAB aaO 5) und ein Ehegatte auch - unter Umständen sogar schlüssig - auf das Wohnrecht, etwa durch Ausziehen aus der Wohnung, verzichten kann (Welser, aaO Rz 14; vgl JAB, aaO 4), so betonen doch auch die genannten Autoren - zutreffend -, dass dies jedenfalls „freiwillig" geschehen sein muss (Welser, aaO Rz 14; Deixler-Hübner, Scheidung, Ehe- und Lebensgemeinschaft8 Rz 39), wovon jedoch hier nach der maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage gerade nicht ausgegangen werden kann: Zwar war es letztlich der „freiwillige" Entschluss der Klägerin (wie schon mehrfach zuvor), aus dem Haus und der Ehewohnung aus- und zu ihrer Mutter hinzuziehen; Anlass und Hintergrund dieser Entscheidung(en) war jedoch ausschließlich das vom Erblasser ihr gegenüber gesetzte feindselige und gewalttätige Verhalten, welches ihr ein weiteres Zusammenleben mit diesem und in der bisherigen Umgebung verunmöglichte. So wie jemand, der die bisherige Ehewohnung etwa bei Urlaub, Verwandtenbesuch oder Kuraufenthalt nicht endgültig, sondern bloß vorübergehend verlassen hat, ein Rückkehr- und damit auch Wohnrecht im Sinne des gesetzlichen Vorausvermächtnisses hat (Eccher, aaO Rz 11; Watzl, Das Vorausvermächtnis des Wohnrechtes, JBl 1992, 613 [614]), so kann auch für den vorliegenden, ausschließlich durch in der Sphäre des gewalttätigen Erblassers gelegene Umstände geprägten Auszugentschluss der Klägerin lebens- und realitätsnahe nichts anderes gelten. Die vom Erstgericht hiezu getroffene Feststellung eines „endgültigen" Ausziehens kann damit nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin zwar nicht mehr - wie mehrfach zuvor - zu ihrem gewalttätigen Gatten zurückkehren, aber damit keineswegs ihre Rechte am bisherigen Wohnstatus aufgeben wollte. Auch Eccher, aaO Rz 11 vertritt demgemäß folgerichtig, dass nur ein „endgültiges" (und freiwilliges) Verlassen der bisherigen Ehewohnung „ohne Zusammenhang mit einer drohenden Ehescheidung" zum Nachteil desselben ausschlagen solle, wovon hier zufolge des von der Klägerin (nach vergeblichen mehrmaligen Rückkehrversuchen) gefassten Scheidungsentschlusses aber gerade nicht ausgegangen werden kann. Ebenso nennt Watzl, aaO 614 f, als Beispiel, dass auch dann, wenn der anspruchsberechtigte hinterbliebene Ehegatte von einem Erben „erfolgreich hinausgeekelt" wurde und sich deshalb nicht in der Ehewohnung aufhält, nicht seines Rechtes aus § 758 ABGB verlustig geht; nichts anderes kann gelten, wenn der Hinterbliebene die Wohnung nur deshalb verlassen hat (ja verlassen musste), weil ihn der später verstorbene Ehegatte selbst „hinausgeekelt" hat. Insoweit ist das Wohnrecht des § 758 ABGB nur die „erbrechtliche Fortsetzung des § 97 ABGB" (Zankl, Erbrecht4 18; JAB, aaO 3 und 4); der Anspruch auf die Ehewohnung bleibt also inhaltlich gleich wie vor dem Tod (7 Ob 295/03p = JBl 2004, 380), ohne dass hiedurch „der Gedanke des Schutzes der gewohnten Umgebung" (Zankl, Vorausvermächtnis 186) leer liefe; dass beide Ehepartner daher „bis zuletzt" in ihrer Ehewohnung gelebt haben mussten, ist als zwingendes Erfordernis ratio und Konzept des § 758 ABGB nicht zu entnehmen. Insoweit ist das Wohnrecht nämlich auch unter einem gewissen Versorgungsaspekt zu sehen (Zankl, aaO 194).

Die enge, bloß am Wort „weiter" haftende Auslegung des Berufungsgerichtes widerspricht damit Sinn und Zweck dieser Bestimmung (§ 6 ABGB). So wie die Klägerin - wäre es nicht zu den Vorkommnissen des 19. 11. 2001 gekommen - im Falle der angestrebten Scheidung nicht ihrer Ansprüche nach den §§ 81 ff EheG, insbesondere auch die Ehewohnung nach § 81 Abs 2 leg cit betreffend, verlustig gegangen wäre, kann nichts anderes auch für den hier gegebenen Fall der Selbsttötung durch den Erblasser in Vorwegnahme eines solchen Scheidungsverfahrens samt nachehelichem Aufteilungsverfahren gelten und nicht als Gesamtverzicht (auch) auf den Voraus zu Lasten der Klägerin ausgelegt werden. Dass sie - bei gleicher Sachverhaltskonstellation - dieses gesetzliche Vorausvermächtnisses nicht verloren hätte, wenn sie statt der gewählten Vorgangsweise einer Übersiedlung zur Mutter als Schutzmaßnahme vor weiterer Gewalt ihr gegenüber den Weg einer Wegweise-Provisorialentscheidung gegen ihren gewalttätigen Ehegatten (mit Auftrag des Gerichtes, dass dieser statt ihrer die Wohnung zu verlassen gehabt hätte), gewählt hätte, liegt auf der Hand und kann somit der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen.

Da es um einen an § 97 ABGB, wonach ein Ehegatte alles zu tun hat, damit dem anderen das Wohnen auf Dauer möglich ist, anknüpfenden Anspruch geht, kann dieses inhaltlich durch § 97 ABGB determinierte und durch hiegegen verstoßende Verhaltensweisen nicht verloren gegangene Recht auch nicht im Todesfall von den Erben erfolgreich in Abrede gestellt werden. Die Klägerin kann sich daher mit Recht nach dem Freitod ihres Ehegatten auf dieses Wohnrecht berufen, woraus aber sowohl die mangelnde Berechtigung des diesbezüglichen Zwischenfeststellungsantrages der beklagten Parteien als auch ihres ausschließlich darauf fußenden Entgeltsanspruchs (samt Gegenforderungsbegehren) folgt.

In diesem Sinne war daher in Stattgebung des Rechtsmittels das berufungsgerichtliche Teilurteil wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.