JudikaturJustiz24Ds7/20v

24Ds7/20v – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. März 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 9. März 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Bartl und Dr. Kreissl als Anwaltsrichter in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Strobl in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Disziplinarvergehens der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 DSt über die Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 5. März 2020, AZ D 38/19 14, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Jenichl und des Kammeranwalts Dr. Lindner zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben und über den Beschuldigten eine Geldbuße von 3.200 Euro verhängt.

Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** des Disziplinarvergehens der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt.

[2] Danach hat er dadurch gegen das Verbot der Doppelvertretung nach § 10 RAO verstoßen, dass er die ***** GmbH sowohl vor als auch nach Insolvenzeröffnung vertrat und dennoch in den vom Masseverwalter des Unternehmens gegen die ***** GmbH und deren Geschäftsführer, ***** N*****, gegen die ***** GmbH sowie gegen die ***** GmbH angestrengten Verfahren die Vertretung der dort Beklagten übernahm.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die wegen des Ausspruchs über die Strafe erhobene Berufung des Beschuldigten.

[4] Der Disziplinarrat verhängte nach § 16 Abs 1 Z 2 DSt eine Geldbuße von 3.500 Euro und wertete dabei „das Vorliegen von drei Eintragungen im Straflistenauszug“ (jeweils wegen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes, zwei davon zusätzlich wegen Verletzung von Berufspflichten) als erschwerend, als mildernd dagegen das (bereits zu Beginn des Verfahrens abgelegte) Geständnis des Beschuldigten.

[5] Zur Strafbemessung sind im anwaltlichen Disziplinarverfahren die entsprechenden Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (§§ 32 ff StGB) sinngemäß heranzuziehen (RIS Justiz RS0054839).

[6] Das reumütige Geständnis des Beschuldigten wurde vom Diziplinarrat ohnehin zu seinen Gunsten berücksichtigt, Beteuerungen künftigen Wohlverhaltens stellen entgegen dem Berufungsvorbingen keinen weiteren Milderungsgrund dar.

[7] Mit Recht verweist der Berufungswerber zwar darauf, dass zwei der drei einschlägigen disziplinären Vorverurteilungen im Verhältnis des § 31 StGB iVm § 16 Abs 5 DSt stehen, was jedoch bloß das Gewicht dieses zutreffend angenommenen Erschwerungsgrundes (geringfügig; § 33 Abs 1 Z 2 StGB) reduziert. Zusätzlich war die hier aktuelle mehrfache Tatwiederholung (durch Doppelvertretung in mehreren Verfahren) erschwerend zu werten.

[8] Mit Blick auf den konkreten Einzelfall, dem ein vergleichsweise einfacher, vom Disziplinarbeschuldigten bereits in seiner ersten Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen vom 14. August 2017, KA 61/2019, zugestandener Sachverhalt zugrunde lag, rekurriert die Berufung zutreffend auf den Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB, der sich – ungeachtet der insgesamt nicht unverhältnismäßigen Verfahrensdauer – hier aus längeren Phasen behördlicher Inaktivität (insbesondere zwischen der Rechtskraft des Einleitungsbeschlusses und der Durchführung der Disziplinarverhandlung sowie von diesem Zeitpunkt bis zur Zustellung des erstinstanzlichen Erkenntnisses) ergibt (vgl zum Ganzen Grabenwarter/Pabel , EMRK 7 § 24 Rz 81 ff; RIS Justiz RS0124901 [T3]).

[9] Wenngleich die vom Disziplinarrat verhängte Geldbuße von 3.500 Euro dem Tatunrecht sowie der Täterschuld entspricht und auch den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten angemessen Rechnung trägt, war zum Ausgleich für die – durch die lange Verfahrensdauer bewirkte – Grundrechtsverletzung eine Reduktion der Geldbuße um 300 Euro (sohin auf 3.200 Euro vorzunehmen; vgl RIS Justiz RS0114926).

[10] Eine in der Berufung weiters angestrebte bedingte Nachsicht der Sanktion ist gesetzlich nicht vorgesehen (RIS Justiz RS0056724).

[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.