JudikaturJustiz22R93/21m

22R93/21m – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
27. April 2021

Kopf

Das Landesgericht Salzburg hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Mild als Vorsitzenden sowie DDr. Aichinger und Dr. Meinhart in der Exekutionssache der Betreibenden mj L***** , geboren *****, vertreten durch die Mutter N*****, diese vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof Dr. Damian GmbH in 1060 Wien, gegen den Verpflichteten G***** , wegen rückständiger Unterhalt EUR 25.798,80 und laufender Unterhalt monatlich EUR 290,00, über den Rekurs der Betreibenden gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 23. Februar 2021, 3 E 1970/20w-14, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Aus Anlass des Rekurses wird der angefochtene Beschluss, soweit er nicht hinsichtlich der Verweisung auf den Rechtsweg (Punkt 2) als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, als nichtig aufgehoben.

Die Betreibende hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

B egründung:

Mit Beschluss vom 21. Dezember 2020, 3 E 1970/20w-2, bewilligte das Erstgericht der Betreibenden gegenüber dem Verpflichteten antragsgemäß aufgrund des Vergleichs des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10. Oktober 2012, 20 FAM 62/12s, zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes von EUR 25.798,80 und des laufenden Unterhalts von EUR 290,00 monatlich ab 1. Jänner 2021 die Forderungsexekution nach § 294a EO und die Fahrnisexekution. Dieser Beschluss wurde dem Verpflichteten am 30. Dezember 2020 zugestellt.

Innerhalb der Rekursfrist langte beim Erstgericht zu „Betreff: 3 E 1970/20w-2“ ein mit „Zurückweisung“ betiteltes Schreiben des Verpflichteten (ON 8) ein. In diesem teilte der Verpflichtete ua mit, dass die Forderungsbetreibung durch die Betreibende wegen des unter dem Existenzminimum liegenden Einkommens des Verpflichteten bereits vor mehr als drei Jahren eingestellt worden sei, dass zumindest die weiter als drei Jahre zurückliegenden Forderungen verjährt seien, und dass er das Gericht ersuche, die Unterhaltszahlungen für die Betreibende neu festzusetzen.

Das gegenständliche Exekutionsverfahren betreffende Anträge enthält diese Eingabe nicht. Sie kann auch nicht als Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung gewertet werden, weil der Betreibende keine Rekursgründe geltend macht. Außerdem weist er abschließend darauf hin, dass die Bestellung eines Verfahrensanwalts (Vertreters) für ihn im Wege der Verfahrenshilfe „ausdrücklich zurückgewiesen“ wird. Er strebt also gerade nicht die Beigebung eines Verfahrenshelfers zur Einbringung eines Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung an.

Das Erstgericht übermittelte den in dieser Eingabe enthaltenen Antrag auf Neufestsetzung des Unterhalts zuständigkeitshalber dem Bezirksgericht Hietzing. Im Übrigen wertete es diese Eingabe offenbar als Oppositionsgesuch gemäß § 40 EO und forderte die Betreibende auf, sich zur Einwendung der Verjährung der Forderungen, welche weiter als drei Jahre zurückliegen, zu äußern; sollte keine Äußerung einlangen, werde die Exekution wegen Verjährung auf Unterhaltsforderungen, welche ab 1. Dezember 2017 entstanden seien, eingeschränkt.

In ihrer Äußerung vom 11. Februar 2021 (ON 11) teilte die Betreibende mit, dass sie ihre titulierten Ansprüche fristgerecht exekutiv geltend gemacht und rechtskräftige Exekutionsbewilligungen erwirkt habe, weshalb eine Verjährung unterbrochen sei. Auf eine gehörige Fortsetzung der Exekution komme es nicht an, sodass keine Verjährung eingetreten sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss schränkte das Erstgericht die Exekution, wie angekündigt, wegen Verjährung um EUR 13.328,80 auf die Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes von EUR 12.470,00 und des laufenden Unterhalts von EUR 290,00 monatlich ab 1. Jänner 2021 ein (Punkt 1), verwies den Verpflichteten mit dem Begehren auf Zurückweisung der Unterhaltsforderung in den letzten drei Jahren, weil seine Einkünfte unter dem Existenzminimum lägen, auf den Rechtsweg (Punkt 2), und bestimmte die Kosten der Betreibenden für ihre Äußerung vom 11. Februar 2021 mit EUR 141,72; das Mehrbegehren auf Zuspruch weiterer Kosten von EUR 958,80, wies es ab (Punkt 3).

Gegen die Einschränkung der Exekution und gegen die Abweisung eines Kostenmehrbegehrens von EUR 416,46 richtet sich der Rekurs der Betreibenden wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass des Rekurses war der angefochtene Beschluss, soweit er nicht in seinem Punkt 2 (Verweisung auf den Rechtsweg) als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, als nichtig aufzuheben.

Der Verpflichtete weist zwar in seiner am 13. Jänner 2021 beim Erstgericht eingelangten als „Zurückweisung“ bezeichneten Eingabe (ON 8) auf die seiner Ansicht nach eingetretene Verjährung der weiter als drei Jahre zurückliegenden Forderungen hin. Er stellt aber kein Oppositionsgesuch gemäß § 40 EO. Ein solches wäre auch gar nicht möglich, weil das Gesetz den Antrag nach § 40 EO nur aus den dort namentlich genannten vier Gründen zulässt. Von den Oppositionsgründen eignen sich als Gründe für einen Antrag nach § 40 EO nur die Befriedigung und die Anspruchsstundung, nicht hingegen die Verjährung. Wird ein Antrag nach § 40 EO auf einen anderen Oppositionsgrund gestützt, ist er auch dann zurückzuweisen, wenn das Erlöschen des Anspruchs nachgewiesen ist ( Jakusch in Angst/Oberhammer, EO³ § 40 EO Rz 8 ff).

Das Erstgericht hat somit über ein vom Verpflichteten gar nicht gestelltes Oppositionsgesuch entschieden. Die behauptete Verjährung stellt auch keinen Grund für eine amtswegige Einstellung oder Einschränkung des Exekutionsverfahrens dar. Vielmehr ist sie vom Verpflichteten gemäß § 35 Abs 2 EO mit einem im außerstreitigen Verfahren zu erledigenden Oppositionsantrag bei dem für die Unterhaltssache zuständigen Gericht geltend zu machen.

Die Entscheidung über einen tatsächlich gar nicht gestellten Antrag in einer zudem nicht vor das Exekutionsgericht gehörigen Sache bewirkt Nichtigkeit im Sinne des § 477 ZPO iVm § 78 EO.

Aus Anlass des Rekurses war der angefochtene Beschluss daher, soweit er nicht in seinem Punkt 2 (Verweisung auf den Rechtsweg) als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, als nichtig aufzuheben. Der Kostenausspruch in Punkt 3 des angefochtenen Beschlusses bildet einen Annex zur Hauptsachenentscheidung in Punkt 1 (Einschränkung der Exekution), sodass er von der Nichtigkeit der Hauptsachenentscheidung umfasst ist. Teilrechtskraft der Kostenentscheidung konnte wegen der Anfechtung auch in der Hauptsache nicht eintreten ( Obermaier, Kostenhandbuch³ Rz 1.82).

Da die Betreibende (die schon im Verfahren erster Instanz inhaltlich auf die Frage der Verjährung eingegangen ist, obwohl diese nicht Gegenstand des Exekutionsverfahrens ist) in ihrem Rechtsmittel nicht auf die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses hinweist, hat sie ihre Rekurskosten gemäß §§ 40 und 50 ZPO iVm § 78 EO selbst zu tragen.

Der ordentliche Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO zu beurteilen war.