JudikaturJustiz21R90/07d

21R90/07d – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
12. April 2007

Kopf

Im Namen der Republik

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender), Dr. Steger und Mag. Nigl (Mitglieder) in der Rechtssache der klagenden Partei P ***** AG, ***** Salzburg, *****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner, Dr. Robert Krivanec, Dr. Günther Ramsauer Dr. Christine Berger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei U ***** AG, ***** St. Pölten, ***** vertreten durch Dr. Elisabeth Messner, Rechtsanwältin in Wien, wegen € 1.880,-- s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Melk vom 25.1.2007, 5 C 1752/06h-9, gemäß §§ 492 und 501 Abs. 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird n i c h t F o l g e gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14

Tagen die mit € 277,63 (darin € 46,27 USt) bestimmten Kosten des

Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist j e d e n f a l l s u n z u -

l ä s s i g .

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelaus- führungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Urteiles für zutreffend. Die Wiedergabe des Parteienvorbringens, der Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes ist daher nicht erforderlich, es genügt vielmehr eine kurze Begründung (§ 500 a zweiter Satz ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsrüge der Berufungswerberin ist zusammengefasst folgendes entgegenzuhalten:

Zur gegenständlichen Rechtsfrage, ob die Klägerin als geschädigte

Leasinggeberin von der Haftpflichtversicherung des allein

schuldtragenden Unfallsgegners im Rahmen der Totalschadensabrechnung

zunächst auch die USt beanspruchen kann, liegt bereits eine

gefestigte Judikatur von Gerichten zweiter Instanz vor, der sich das

gefertigte Berufungsgericht anschließt (37 R 138/06b des LG für ZRS

Wien = Beilage ./G; 14 R 49/04f und 37 R 162/04t des LG Linz =

Beilagen ./J und ./K; 6 R 178/04z und 6 R 312/05g des LG Ried im

Innkreis = Beilagen ./L und ./Q; 23 R 140/06m des LG Wels = Beilage

./M; 54 R 59/06z und 22 R 253/06v des LG Salzburg = Beilagen ./N und

./O; 13 R 51/06g des LG Eisenstadt = Beilage ./P). Demnach trifft es

zwar zu, dass die Schadenersatzleistung aus der

Totalschadensabrechnung als solche - kraft ihrer Eigenschaft als

sogenannter "echter Schadenersatz" - nicht der USt unterliegt, doch

ist damit noch nichts darüber ausgesagt, ob umsatzsteuerrechtliche

Folgen des Schadensfalles nicht bereits bei der Bemessung des

Ersatzes zu berücksichtigen sind, d.h. ob nicht schon im Zuge der

Totalschadensabrechnung bei der Ermittlung des gemeinen Wertes die

USt einzukalkulieren ist. Da der Geschädigte aber durch die

Schadenersatzleistung möglichst so gestellt werden soll wie vor dem

schädigenden Ereignis, muss man im Sinne der höchstgerichtlichen

Rechtsprechung bei der Totalschadensabrechnung vom

Wiederbeschaffungswert ausgehen, welcher regelmäßig die USt

beinhaltet (in diesem Sinne auch Fischer-Czermak, Schadenersatz nach

Verkehrsunfällen mit Leasingfahrzeugen, ZVR 1997,43), wobei im

vorliegenden Fall sogar ausdrücklich festgestellt wurde, dass die

Ersatzbeschaffung - wenngleich eines Neufahrzeuges - bei einem

Unternehmen aus der Kraftfahrzeughandelsbranche erfolgte. Demnach hat

die Ermittlung des Totalschadens brutto (inkl. USt) stattzufinden.

Der von der Berufungswerberin ins Treffen geführten abweichenden Entscheidung (35 R 167/04z des LG für ZRS Wien = Beilage ./6) kann nicht beigetreten werden, weil diese nur auf den Aspekt des "echten Schadenersatzes" abstellt und den weiteren Aspekt, dass der Wiederbeschaffungswert einschließlich der USt anzusetzen ist, völlig außer Betracht lässt.

Wenn man nun die dargestellte Bruttototalschadensabrechnung bejaht, so folgt aus Art. XII Z 3 EGUStG, dass die allfällige Berechtigung zum Vorsteuerabzug die Bemessung des Schadenersatzes nicht berührt, weil der Ersatzpflichtige in diesen Belangen auf einen Rückersatzanspruch verwiesen wird. Im Schadenersatzprozess ist die USt grundsätzlich unabhängig von einem allfälligen Vorsteuerabzug zuzusprechen, und zwar auch dann, wenn der Abzug bei Schluss der mündlichen Streitverhandlung schon gemacht wurde oder gemacht werden hätte können. Der Rückersatz setzt nämlich begrifflich den Ersatz voraus. Demnach kann der Anspruch auf Rückersatz nicht vor der Ersatzleistung mit Erfolg geltend gemacht werden, der Schädiger bleibt vielmehr auf die Führung eines getrennten Rechtsstreits verwiesen (MGA ABGB36, E. 90, 90 a zu § 1323; Reischauer in Rummel3, Rz 25 zu leg.cit.; 14 R 49/04f des LG Linz; 23 R 140/06m des LG Wels; 13 R 51/06g des LG Eisenstadt; 6 R 312/05g des LG Ried im Innkreis). Lediglich in jenen Fällen, in denen die Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschädigten für die bei der Ersatzbeschaffung anfallende USt außer Streit steht und der Geschädigte keine Zwischenfinanzierung der USt mehr vornehmen muss, wäre ein Klagebegehren auf Zahlung der USt abzuweisen (Reischauer a.a.O., mwN; 37 R 138/06b des LG für ZRS Wien; 37 R 162/04t des LG Linz, 54 R 59/06z und 22 R 253/06v des LG Salzburg). Im vorliegenden Fall ist allerdings zwischen den Parteien des Verfahrens jedenfalls strittig, ob eine Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin im Rahmen der Ersatzbeschaffung besteht oder nicht (vgl. ON 1 und ON 7 einerseits, ON 3 andererseits). Da es eben Sinn und Zweck der Regelung des Art. XII Z 3 EGUStG ist, aus dem Prozess über den Ersatz einer Sache oder Leistung die Frage der Berechtigung zum Abzug der Vorsteuer und daraus ableitbare Ansprüche des Ersatzpflichtigen auszuklammern, ist es der Berufungswerberin hier verwehrt, unter Geltendmachung einer Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin bzw. eines diesbezüglichen Rückersatzanspruches der Berufungswerberin die Schadenersatzforderung der Klägerin in restlicher Höhe der USt zu bestreiten oder dieser Schadenersatzforderung hilfsweise eine sofortige Aufrechnung entgegenzuhalten (22 R 253/06v des LG Salzburg). Nur der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, dass auch ein Einwand dahingehend, die Klägerin hätte die Vorsteuer bereits bei der Anschaffung des nunmehr beschädigten Fahrzeuges vergütet erhalten, unberechtigt wäre, zumal es für den hier zu beurteilenden Umfang der Schadenersatzverpflichtung der Berufungswerberin nur darauf ankommt, dass anlässlich der der Klägerin als Geschädigten zuzubilligenden Ersatzbeschaffung die USt zu entrichten ist (23 R 140/06m des LG Wels).

Aus allen diesen Erwägungen konnte daher der Berufung der Beklagten kein Erfolg beschieden sein.

Gemäß den §§ 41 und 50 ZPO hat die Beklagte der Klägerin auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist gemäß § 502 Abs. 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6