JudikaturJustiz21R69/06i

21R69/06i – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
02. März 2006

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des

Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender) sowie Dr. Hintermeier und

Dr. Steger in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Manuela

*****, 2. Michael W *****, ebenda, beide vertreten durch Mag. Dr.

Klaus Gimpl, Rechtsanwalt in Ybbs, wider die beklagte Partei DI Eberhard H *****, vertreten durch Dr. Christoph Haffner, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen Besitzstörung (Streitwert gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 JN € 4.000,--), über den Rekurs der Kläger gegen den Endbeschluss des Bezirksgerichtes Ybbs vom 22.12.2005, 3 C 99/05p-7, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird n i c h t F o l g e gegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten binnen

14 Tagen dessen mit € 183,31 (darin € 30,55 USt) bestimmten Kosten

des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist j e d e n f a l l s

u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Das Rekursgericht hält die Rechtsmittelaus- führungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Endbeschlusses für zutreffend. Die Wiedergabe des Parteienvorbringens, der Feststellungen und der recht- lichen Beurteilung des Erstgerichtes ist daher nicht erforderlich, es genügt vielmehr eine kurze Begründung (§§ 526 Abs. 3, 500 a zweiter Satz ZPO).

Rechtliche Beurteilung

In ihrer Mängelrüge reklamieren die Kläger, das Erstgericht habe die angebotenen Beweise nicht durchgeführt. Durch den Lokalaugenschein hätte das Erstgericht feststellen müssen, dass der Parkplatz der Nachbarn H *****, der sich auf deren Liegenschaft befinde, für die Kläger nicht einsichtig sei. Es sei für die Kläger daher nicht erkennbar gewesen, dass sich der Beklagte bei den Nachbarn aufhalte. Außerdem hätte durch den Ortsaugenschein bewiesen werden können, dass sich in unmittelbarer Nähe die "Kreuzbirke" befinde, wo Waldläufe stattfänden. All dies sind - abgesehen davon, dass es sich weitgehend um Neuerungen im Sinn des § 482 ZPO handelt - für die rechtliche Beurteilung völlig irrelevante Feststellungen, sodass die Unterlassung des Lokalaugenscheins schon aus diesem Grund keinen Verfahrensmangel darstellen kann.

Entgegen der in der Rechtsrüge vertretenen Auffassung ist die Besitzstörungsklage nämlich tatsächlich verfristet. Nach ständiger Lehre (Kodek, Besitzstörung durch Kraftfahrzeuge, ZVR 2003,2 ff) und Rechtsprechung (hg. 21 R 160/04v; 21 R 265/04k; MietSlg 53.023; MietSlg 32.706 u.v.a.) läuft die 30-tägige Frist des § 454 Abs. 1 ZPO zur Geltendmachung der Besitzstörung zwar grundsätzlich von der Kenntnis der Störung und des Störers an. Gleichwohl trifft den Gestörten eine gewisse Erkundigungspflicht. Ebenso wie der Geschädigte, der Schadenersatzansprüche geltend machen möchte, sich nicht passiv verhalten und darauf verlassen kann, dass er von der Person des Ersatzpflichtigen eines Tages zufällig Kenntnis erhalten werde, darf auch der in seinem Besitz Gestörte nicht untätig bleiben, wenn er von der Tatsache der Besitzstörung Kenntnis erlangt. Er hat vielmehr innerhalb angemessener Frist zumutbare Schritte zu setzen, um sich Kenntnis über die Art der Störung und die Identität der Person zu verschaffen, der die Störung zuzurechnen ist. Ob den Klägern nun zumutbar gewesen wäre, bei ihren Nachbarn H***** nachzufragen, ob der Halter des besitzstörend abgestellten PKWs allenfalls dort auf Besuch sei, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man ihnen nämlich zugestehen wollte, dass sie sich Gewissheit über die Person des Halters durch eine Zulassungsanfrage verschaffen durften (so hg. 21 R 265/04k in einem vergleichbaren Fall), wäre für die Kläger nichts gewonnen. Nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen parkte der Beklagte am Samstag, dem 24.9.2005, zwischen 11.00 und 17.00 Uhr auf dem östlichen Teil des Grundstücks 308 KG K*****. Der Zweitkläger fotografierte den PKW und suchte am darauffolgenden Montag, dem 26., oder Dienstag, dem 27.9.2005, den Klagevertreter auf. Erst am Mittwoch, dem 5.10.2005 schickte der Klagevertreter dann aber die Halteranfrage an die BPD Wien, die Auskunft ging bei ihm 6 Tage später, nämlich am 11.10.2005, in seiner Kanzlei ein. Erst am 8.11.2005 langte die Besitzstörungsklage bei Gericht ein.

Schon der Erstrichter hat auf die Entscheidung WR 705 des LG für ZRS Wien verwiesen, der sich das Rekursgericht grundsätzlich (hg. 21 R 265/04k) bereits angeschlossen hat. Im dortigen Fall war die Besitzstörung am 9.6.1994 erfolgt, die Klage langte am 22.7.1994 bei Gericht ein, objektiv gesehen war die 30-tägige Frist verstrichen. Der dortige Kläger brachte vor, am 24.6.1994 sei ihm erst die Halterauskunft der BPD Wien zugekommen. Kein Vorbringen erstattete er aber dazu, aus welchem Grund die Halteranfrage in diesem Fall erst am 17.6.1994 an die BPD Wien gerichtet worden war. In dem zitierten Fall erfolgte die Störung am 9.6, einem Donnerstagabend, an dem der Kläger bereits Kenntnis von der Störung erhielt, dort wurde es als der klagenden Partei durchaus zumutbar angesehen, am darauffolgenden Montag, 13.6., und nicht erst am Freitag, 17.6.1994, eine Halteranfrage an die BPD Wien zu stellen. Nur ergänzend wurde auch darauf hingewiesen, dass das Abwarten von Störungen verschiedener unbekannter Störer über den Zeitraum von mehr als einer Woche zur Stellung einer Sammelanfrage unangemessen sei.

Auch im hier zu entscheidenden Fall gibt es überhaupt kein taugliches Vorbringen dazu, weshalb nach dem Besuch des Zweitklägers beim Klagevertreter, der nach den Feststellungen am Montag, dem 26., oder Dienstag, dem 27.9.2005, stattfand und bei dem der Zweitkläger ihm das Kennzeichen mitteilte, mit der Halteranfrage bis zum 5.10.2005 (also zumindest 8 Tage lang) zugewartet wurde. Zur kanzleiinternen Schreibverzögerung beim Klagevertreter hat schon das Erstgericht zutreffend ausgeführt, dass ein derartiges Standardschreiben wohl unverzüglich abgefertigt werden hätte können. Die Behauptungs- und Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Besitzstörungsklage trifft aber ausschließlich die Kläger (MGA JN/ZPO15, E. 42 zu § 454 ZPO). Da es zu dem festgestellten Zuwarten mit 8 oder 9 Tagen ab dem Besuch des Zweitklägers beim Klagevertreter bis zur Erstellung der Lenkeranfrage überhaupt kein tragfähiges Vorbringen gibt, dieser Zeitraum jedoch - in Übereinstimmung mit der Entscheidung WR 705 - jedenfalls als unangemessen lang für die Erkundigungspflicht des in seinem Besitz Gestörten anzusehen ist, musste das Klagebegehren schon wegen Verfristung abgewiesen werden.

Dem Rekurs der Kläger konnte daher kein Erfolg beschieden sein. Gemäß §§ 41, 50 ZPO haben sie dem Beklagten auch die Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen, die tarifgemäß verzeichnet wurden. Ein Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 2 Z 6 ZPO jedenfalls unzulässig.

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6