JudikaturJustiz21R470/07z

21R470/07z – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
06. Februar 2008

Kopf

Das Landesgericht Salzburg als Rekursgericht hat durch Dr. Juhász als Vorsitzenden sowie Dr. Bramböck und Mag. Mänhardt als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Antragstellers M***** B*****, geboren am 19.11.1988, S*****, über die Rekurse des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Hallein vom 13.7.2007, GZ 5 P 3/01f-U-31, sowie des Antragstellers und des Vaters M***** F*****, W*****, jeweils gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Hallein vom 16.7.2007, GZ 5 P3/01f-U-32, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss vom 13.7.2007 wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„Der Vater ist schuldig, zum Unterhalt seines Sohnes in Abänderung seiner bisherigen Unterhaltsverpflichtung von monatlich € 410,90 einen Unterhaltsbeitrag von monatlich € 480 von 1.1.2005 bis 31.12.2005, von monatlich € 475 von 1.1.2006 bis 31.12.2006 und von monatlich € 520 ab 1.1.2007 zu zahlen;

die bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zusätzlich fällig gewordenen Beträge sind binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Unterhaltsbeiträge am Ersten eines jeden Monats im voraus zu zahlen.

Das Mehrbegehren des Antragstellers, den Unterhalt um weitere € 290 im Monat von 1.1.2005 bis 31.12.2005, weitere € 295 im Monat von 1.1.2006 bis 31.12.2006 und um weitere € 250 im Monat ab 1.1.2007 zu erhöhen, wird abgewiesen."

Der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG ist nicht zulässig.

Den Rekursen der Parteien gegen den Beschluss vom 16.7.2007 wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Der zum Zeitpunkt der Einleitung dieses Verfahrens noch minderjährige M***** B***** (geboren am 19.11.1988) ist das eheliche Kind von P***** B***** und M***** F*****. Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluss vom 4.12.2000 einvernehmlich gemäß § 55a EheG geschieden.

Der Antragsteller wird im Haushalt seiner Mutter betreut. Der Vater ist seit 1.1.2004 zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von € 410,90 verpflichtet (ON 43).

Mit dem am 15.11.2006 beim Erstgericht eingelangten und am 9.2.2007 ziffernmäßig bestimmten Antrag begehrte die Mutter namens ihres Sohnes, den Unterhalt rückwirkend ab 1.1.2005 auf monatlich € 770 zu erhöhen (U-ON 11 iVm U-ON 15).

Der Vater sprach sich dagegen aus (U-ON 17).

Zur Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vaters hat das Erstgericht H***** H***** als Sachverständigen beigezogen (U-ON 20), der auftragsgemäß ein Gutachten erstattete (U-ON 21) und hiefür eine Gebühr in der Höhe von insgesamt € 1.610,70 geltend machte (U-ON 26).

Den Parteien wurde Gelegenheit zur Äußerung sowohl zum Gutachten als auch zum Gebührenantrag des Sachverständigen gegeben; beide Teile begehrten, die jeweils andere Partei zum alleinigen Kostenersatz zu verpflichten (U-ON 27, U-ON 30).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 13.7.2007, U-ON 31, hat das Erstgericht den Unterhalt auf monatlich € 420,59 von 1.1.2005 bis 31.12.2005, auf monatlich € 417,14 von 1.1.2006 bis 31.12.2006 und auf monatlich € 417 ab 1.1.2007 erhöht; das auf insgesamt € 770 im Monat gerichtete Erhöhungsbegehren wurde bezüglich des weiteren Mehrbegehrens abgewiesen.

Das Erstgericht stellte im Wesentlichen fest, dass der Vater als Tischler selbständig erwerbstätig ist und im Monat durchschnittlich €

2.175,21 im Jahr 2005 und € 2.186,29 im Jahr 2006 verdiente. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt - nach Darlegung des § 140 ABGB, des Durchschnittsbedarfssatzes für Kinder im Alter des Antragstellers und der Prozentkomponente - dahin, dass der Unterhaltsanspruch des Antragstellers 22% der Unterhaltsbemessungsgrundlage betrage. Das festgestellte Einkommen des Vaters in den Jahren 2005 und 2006 würde demnach monatliche Unterhaltsleistungen von € 478,54 im Jahr 2005 sowie von € 474,36 im Jahr 2006 und ab 2007 rechtfertigen.

Nach Anrechnung der Familienbeihilfe mit der von der Rechtsprechung vorgegebenen Berechnungsmethode ermittelte das Erstgericht einen gekürzten Unterhalt von € 420,59 für die Zeit von 1.1.2005 bis 31.12.2005, von € 417,14 für die Zeit von 1.1.2006 bis 31.12.2006 und von € 417 ab 1.1.2007.

Gegen diesen Beschluss erhob der Antragsteller (U-ON 44 iVm U-ON 34) Rekurs mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der monatliche Unterhalt auf € 520 erhöht werde.

Der Vater hat von der ihm eingeräumten Möglichkeit, sich zum Rekurs zu äußern, keinen Gebrauch gemacht.

Mit dem ebenfalls angefochtenen - über Auftrag des Rekursgerichtes berichtigten (U-ON 45) - Beschluss vom 16.7.2007, U-ON 32, hat das Erstgericht die Gebühren des beigezogenen Sachverständigen mit €

1.610,70 bestimmt, die Auszahlung dieses Betrages aus Amtsgeldern angeordnet und ausgesprochen, dass diese Gebühren von Vater und Sohn zur ungeteilten Hand zu ersetzen seien.

Gegen den Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG wehren sich sowohl der Antragsteller (U-ON 44 iVm U-ON 38) als auch der Vater (U-ON 37) mit Rekurs; während der Vater eine Abänderung des Ausspruches dahin beantragt, dass die Kosten von beiden Parteien je zur Hälfte zu ersetzen seien, begehrt der Antragsteller den Ausspruch dahin abzuändern, dass seine Kostenersatzpflicht zur Gänze zu entfallen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Antragstellers gegen den Unterhaltserhöhungsbeschluss ist teilweise berechtigt, die Rekurse der Parteien gegen den Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG im Sachverständigengebührenbestimmungsbeschluss sind hingegen nicht berechtigt.

Zunächst zum Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss U-ON 31:

Im Rekurs wird die vom Erstgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Bemessungsgrundlage gerügt. Als Unterhaltsbemessungsgrundlage sei das durchschnittliche Einkommen der letzten drei Jahre heranzuziehen. Unter Einbeziehung des vom Sachverständigen festgestellten Einkommens im Jahr 2004 ergebe sich eine Bemessungsgrundlage von € 2.606,93, die einen monatlichen Unterhalt von € 573,22 (22%) rechtfertigen würde. Unter Anrechnung der Familienbeihilfe ergebe sich einen Unterhaltsanspruch von rund € 520.

Richtig ist, dass nach herrschender Rechtsprechung bei selbständig Erwerbstätigen, sofern nicht aktuellere Daten zur Verfügung stehen, das Durchschnittseinkommen der letzten drei der Entscheidung vorangehenden abgeschlossenen Wirtschaftsjahre festzustellen ist (Neuhauser in Schwimann, ABGB³ I § 140 Rz 58; RIS-Justiz RS0053251). Es sollen Einkommensschwankungen, die auf steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zurückzuführen sind, ausgeschaltet werden, weil nur so eine verläßliche Bemessungsgrundlage gefunden werden kann. Auch wenn - wie in diesem Fall - die Privatentnahmen eines Unternehmers die Unterhaltsbemessungsgrundlage bilden, sind im Allgemeinen die Entnahmen innerhalb der letzten drei abgeschlossenen Wirtschaftsjahre maßgebend (1 Ob 156/06g). Dies gilt jedoch nur für in die Zukunft reichende Unterhaltsbemessungen (Neuhauser aaO), wie hier für die Zeit ab 1.1.2007. Der Unterhalt für einen bereits vergangenen Zeitraum ist indes - soweit feststellbar - immer auf Basis des in den maßgebenden Perioden tatsächlich erzielten Einkommens zu bestimmen (1 Ob 156/06g).

Im Hinblick auf diese - die Bemessung der Geldunterhaltspflicht eines Unternehmers tragenden - Grundsätze richtet sich die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem Antragsteller daher in den Jahren 2005 und 2006 nach seinem auf diese Zeiträume jeweils entfallenden Einkommen, für die Zeit ab 1.1.2007 hingegen nach dem Durchschnittseinkommen der Jahre 2004 bis 2006.

Nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des beigezogenen Sachverständigen betrug das Monatsnettoeinkommen des Vaters im Jahr 2004 € 3.480,29, im Jahr 2005 € 2.175,21 und im Jahr 2006 € 2.165,29 (AS 93), was ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von €

2.602,93 in den Jahren 2004 bis 2006 ergibt.

Unter Anwendung der Prozentsatzmethode (22%) ermittelt sich somit ein monatlicher Unterhaltsanspruch des Antragstellers in Höhe von €

478,54 für die Zeit von 1.1.2005 bis 31.12.2005, von € 476,36 für die Zeit von 1.1.2006 bis 31.12.2006 und von € 573,52 ab 1.1.2007. Zu erörtern bleibt noch, ob der Bezug der Familienbeihilfe durch die Mutter des Antragstellers dessen Unterhaltsanspruch mindert. Die im Rahmen der Unterhaltsbemessung - nach den Vorgaben des VfGH - gebotene steuerliche Entlastung durch entsprechende Berücksichtigung der Transferzahlungen setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige Einkommensteuerzahlungen tätigt, wofür es in diesem Fall allerdings keine Anhaltspunkte im Akt gibt (vgl SVGA U-ON 21). Wer keine Einkommensteuer zahlt, der braucht (und vermag) auch nicht steuerlich entlastet zu werden. Die Familienbeihilfe ist daher nicht auf die Unterhaltspflicht des geldunterhaltspflichtigen Vaters anzurechnen. Sollte der Vater in Zukunft Einkommensteuer bezahlen, so wird es von der Höhe der tatsächlich geleisteten Steuer abhängen, ob und in welcher Höhe der Unterhaltsbeitrag um der Mutter zufließende Transferleistungen zu kürzen sein wird.

Da der Unterhalt nicht nach mathematisch exakten Methoden penibel berechnet, sondern unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls bemessen wird, ist nach herrschender Rechtsprechung die entgültige Unterhaltshöhe mit einem runden Betrag festzusetzen (vgl Neuhauser aaO Rz 50), wobei es hier durchaus angemessen erscheint, die - auf Basis des Einkommens nach der Prozentsatzmethode - ermittelten Unterhaltsbeiträge auf einen durch 5 teilbaren Betrag zu runden

In teilweiser Stattgebung des Rekurses des Antragstellers war daher der Beschluss des Erstgerichtes dahin abzuändern, dass der Unterhalt von 1.1.2005 bis 31.12.2005 auf monatlich € 480, von 1.1.2006 bis 31.12.2006 auf monatlich € 475 und ab 1.1.2007 - im Hinblick auf den Rekursantrag (§ 55 Abs 2 erster Satz AußStrG) - auf monatlich € 520 erhöht und das darüberhinausgehende Mehrbegehren des Antragstellers abgewiesen wird.

Da im hier zu beurteilenden Fall keine nach § 62 Abs 1 qualifizierte Rechtsfrage zu lösen war, war auszusprechen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist.

Zu den Rekursen des Antragstellers und des Vaters gegen den Beschluss U-ON 32:

Werden in bürgerlichen Rechtssachen Sachverständigengebühren von mehr als € 300 aus Amtsgeldern vorgestreckt, dann hat das Gericht mit Beschluss dem Grunde nach zu bestimmen, welche Partei in welchem Umfang diese Kosten zu ersetzen hat (§ 2 Abs 2 GEG). Wie dabei vorzugehen ist, regelt § 2 Abs 1 GEG; in erster Linie sind diese Kosten dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden ist, ist von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung sind die Kosten von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand.

Unter den „bestehenden Vorschriften" iSd § 2 Abs 1 GEG sind nur generelle Kostentragungsregeln, nicht aber Regelungen über den Kostenersatz zwischen den Parteien, zu verstehen (Stabentheiner, Gerichtsgebühren³ Anm 3 zu § 2 GEG). Der mit „Kostenersatz" übertitelte § 78 des neuen AußStrG BGBl I 2003/111 kann deshalb nicht als Anknüpfungspunkt für die Kostentragung herangezogen werden. Auch eine gerichtliche Kostenersatzentscheidung ist bislang nicht ergangen, sodass im Sinne des § 2 Abs 1 GEG die Sachverständigengebühren von denjenigen Beteiligten zu ersetzen sind, die sie veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde.

Dabei ist nicht ausschlaggebend, wer den unmittelbar zur Vornahme der Prozesshandlung führenden Antrag gestellt hat, sondern ob die Prozesshandlung meritorisch beiden Teilen in gleicher Weise zugute kommt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Sachverständigenbeweis deshalb im Interesse beider Parteien lag, weil er zur Klärung des von beiden Teilen verschieden beurteilten Sachverhaltes gedient hat (vgl Bydlinski in Fasching/Konecny2 II/1 § 40 ZPO Rz 3). Wenn - wie hier - der Unterhaltspflichtige einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht und zur Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage die Beiziehung eines Buchsachverständigen notwendig ist, liegt nach herrschender Rechtsprechung die Aufklärung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Allgemeinen im Interesse beider Teile (EF 115.736ff.), weshalb sowohl der unterhaltspflichtige Elternteil als auch das unterhaltsberechtigte Kind dem Grunde nach für die aufgelaufenen Sachverständigengebühren haften.

Nach § 2 Abs 1 letzter Satz GEG, der hier - wie bereits dargelegt - mangels einer „bestehenden" Kostentragungsvorschrift oder einer bereits ergangenen gerichtlichen Kostenersatzentscheidung maßgebend ist, haften mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, jedoch zur ungeteilten Hand.

Aus diesen Erwägungen war den Rekursen beider Parteien ein Erfolg zu versagen und der angefochtene Beschluss U-ON 32 zu bestätigen. Der Ausspruch über die Kostentragungspflicht gemäß § 2 Abs 2 GEG betrifft eine Entscheidung im Kostenpunkt (§ 62 Abs 2 Z 1 AußStrG), sodass auszusprechen war, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist.

Landesgericht Salzburg