JudikaturJustiz21R20/08m

21R20/08m – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
07. Februar 2008

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender), Dr. Steger und Dr. Jungblut (Mitglieder) in der Rechtssache der klagenden Partei Gottfried A*****, Arbeitnehmer, ***** St. Pölten, *****, vertreten durch MMag. Dr. Susanne Binder-Novak, Rechtsanwältin in St. Pölten, wider die beklagte Partei Engelbert S*****, Kfz-Fachbetrieb, ***** Pöchlarn, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Dr. Hubert Schweighofer, Rechtsanwälte in Melk, wegen € 400,-- s.A., über den Kostenrekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse € 809,46) gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Melk vom 5.11.2007, 5 C 664/07k-12, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird t e i l w e i s e F o l g e gegeben und die Kostenentscheidung des erstgerichtlichen Urteiles (Punkt 3.), die im Umfang eines Kostenzuspruchs an die klagende Partei von € 531,24 mangels Anfechtung unberührt bleibt, im Übrigen dahin abgeändert, dass sie zusammengefasst wie folgt zu lauten hat:

„3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit € 1.211,56 (darin € 95,76 USt und € 637,-- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit € 121,03 (darin € 20,17 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist j e d e n f a l l s

u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Mit der am 24.7.2007 beim Bezirksgericht Melk eingebrachten Klage begehrte Gottfried A***** einen Betrag von € 400,-- s.A. Der Beklagte habe über Auftrag des Klägers die Bremsen an dessen PKW Citroen repariert, dabei jedoch aufgrund unsachgemäßer Reparaturen auch die intakten Radlager zerstört. Der Kläger habe somit für die Bremsenreparatur nicht einen angemessenen Werklohn in Höhe von €

400,--, sondern einen Rechnungsbetrag in Höhe von € 800,-- bezahlt, weshalb er die Rückforderung des überhöhten Rechnungsbetrages geltend mache.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte Klagsabweisung und wandte im Wesentlichen ein, er habe sämtliche Arbeiten ordnungsgemäß durchgeführt und dem Kläger dafür einen angemessenen Betrag von € 866,81 in Rechnung gestellt, worauf der Kläger € 800,-- bezahlt habe.

In weiterer Folge nahm der Kläger noch Bezug auf einen Kostenvoranschlag des Autohauses M***** GesmbH, wonach er dort für die Bremsenreparatur nur € 370,76 bezahlt hätte (Beilage ./B). Dementsprechend sei der Rechnungsbetrag von € 866,81 krass überhöht. Selbst wenn man die Überprüfung nach § 57 a KFG in Abzug bringe (Kosten von € 32,08 brutto), würde sich der Rechnungsbetrag bloß auf gerundet € 834,80 reduzieren. Dem stehe der Kostenvoranschlag der Fa. M***** GesmbH in Höhe von € 370,76 gegenüber, woraus sich ein verrechneter Differenzbetrag von jedenfalls € 464,04 ergebe. Das in der mündlichen Streitverhandlung vom 5.11.2007 erstattete Sachverständigengutachten brachte zusammengefasst folgendes Ergebnis:

Unter Berücksichtigung der Unterlagen, insbesondere des Reparaturumfanges laut Beilage ./C, sei davon auszugehen, dass für eine ordnungsgemäße Bremsenreparatur die Erneuerung der Radlager in einer Citroen-Fachwerkstätte nicht erforderlich gewesen wäre. Seien die in der Beilage ./C angeführten Spezialwerkzeuge nicht zur Verfügung gestanden, so sei für eine ordnungsgemäße Reparatur die Erneuerung der Radlager erforderlich gewesen, um ausreichend Freiraum für die Bremsenreparatur zu schaffen. Schon vor Zerlegen der Bremsanlage hätte man feststellen können, dass ein Ausbau der Bremsanlage nur mit dem entsprechenden Spezialwerkzeug möglich sei. Hätte man im Zuge der Reparatur die Radlager nicht erneuert, sondern nur eine Reparatur im Sinne der Herstellerangaben durchgeführt, so wären bei starker Verrostung Reparaturkosten von rund € 560,-- brutto (einschl. der Überprüfung gemäß § 57 a KFG) angefallen. Wären die Anrostungen nicht so stark gewesen, hätte man mit Reparaturkosten von rund € 480,-- brutto (wieder einschl. der Überprüfung gemäß § 57 a KFG) das Auslangen gefunden.

Mit Urteil vom 5.11.2007 hat das Bezirksgericht Melk dem Klagebegehren mit € 240,-- s.A. stattgegeben (Punkt 1.), das Mehrbegehren von € 160,-- s.A. abgewiesen (Punkt 2.) und den Beklagten zum teilweisen Kostenersatz im Ausmaß von € 531,24 verpflichtet (Punkt 3.).

Es ist dabei von den in den Seiten 2 bis 3 des Urteiles enthaltenen Feststellungen ausgegangen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

In seiner rechtlichen Beurteilung hat das Erstgericht den Standpunkt vertreten, der Beklagte hätte bei einer ordnungsgemäßen Reparatur die Radlager nicht zerstören und somit auch nicht austauschen und in Rechnung stellen müssen, sondern mit Kosten von € 560,-- das Auslangen finden können. Der Beklagte habe demzufolge dem Kläger €

240,-- s.A. an zu viel entrichteten Kosten rückzuerstatten, wogegen das Mehrbegehren abzuweisen gewesen sei.

Die Kostenentscheidung hat das Erstgericht auf §§ 41, 43 Abs. 1 ZPO gegründet. Da der Kläger mit 60 % obsiegt habe, erhalte er 20 % seiner Kosten und 60 % der Barauslagen ersetzt.

Gegen die Kostenentscheidung dieses Urteiles richtet sich der Kostenrekurs des Klägers, der unter Geltendmachung des Rekursgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beantragt, die erstgerichtliche Kostenentscheidung im Sinne eines vollen Kostenersatzes von € 1.340,70 abzuändern.

Der Beklagte hat in seiner Rekursbeantwortung den Antrag gestellt, dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Dem Kostenrekurs kommt teilweise Berechtigung zu.

Zu Recht rügt der Rekurswerber die Anwendung des § 43 Abs. 1 ZPO und begehrt anstelle dessen die Heranziehung des § 43 Abs. 2 ZPO. Im konkreten Fall ging es um die (bereicherungsrechtliche) Rückforderung eines - dem Grunde nach vom Erstgericht bejahten - Übermaßes an bezahlten Reparaturkosten, wobei das Ausmaß anhand eines Vergleiches mit fiktiven angemessenen Reparaturkosten ermittelt werden musste. Unter den spezifischen Bedingungen des gegebenen Einzelfalles hat hier jedenfalls die Kostenentscheidung nach § 43 Abs. 2 ZPO zu erfolgen, weil der kraftfahrtechnische Sachverständige erst aufgrund der genaueren Informationserteilungen durch den Beklagten über die Reparaturdetails, insbesondere über den Grad der Anrostungen, die Höhe der fiktiven angemessenen Reparaturkosten ausmitteln konnte und der Rekurswerber, da er nicht selbst über den entsprechenden Informationsstand verfügte, auch bei sorgfältiger Prozessvorbereitung die Höhe nicht verlässlich zu erheben vermochte (vgl. Obermaier, Kostenhandbuch, Rz 134 mwN). Die gegenständliche Konstellation ist vergleichbar mit der bereicherungsrechtlichen anteiligen Rückforderung bezahlter fiktiver Reparaturkosten, wobei das Übermaß durch einen Vergleich mit der sogenannten „objektiven Wertminderung“ ausgemittelt werden musste (RIS-Justiz RES0000115). Weiters darf nicht außer Acht gelassen werden, dass hier auch Ermessenskriterien nach §§ 1152 ABGB, 273 ZPO eine Rolle spielten. Soweit der Beklagte in seiner Rekursbeantwortung eine ungenügende Prozessvorbereitung des Rekurswerbers behauptet, so ist er nicht nur auf die schon erörterte Tatsache zu verweisen, dass die näheren Umstände der Reparatur erst durch eine Parteienvernehmung des Beklagten zweifelsfrei zu klären waren, sondern auch noch darauf, dass sich der Rekurswerber ohnedies vorprozessual um einen entsprechenden Kostenvoranschlag bemüht hat (die Beilage ./B weist ein Auftragsdatum vom 22.5.2007 auf), welcher den eingeklagten Betrag durchaus rechtfertigte. Im Hinblick auf die vom Sachverständigen angeführten zwei Varianten eines fiktiven Werklohnes, auf den eine dritte Variante beinhaltenden Kostenvoranschlag laut Beilage ./B, auf das richterliche Ermessen sowie auf die vorzunehmende erstrichterliche Beweiswürdigung war der Rekurswerber aus Kostengründen auch nicht dazu verhalten, nach der Erstattung des Sachverständigengutachtens sein Klagebegehren einzuschränken.

Dem mit 60 % obsiegenden, d.h. nicht überklagenden Rekurswerber gebührt somit voller Kostenersatz nach § 43 Abs. 2 ZPO. Insoweit reklamiert der Beklagte in seiner Rekursbeantwortung allerdings zutreffend, dass die gesamten Kosten im Sinne der ständigen Rechtsprechung nur nach den für den ersiegten Betrag geltenden Tarifsätzen und Gerichtsgebühren zuzusprechen sind (MGA JN/ZPO16, E. 72, 74 zu § 43 ZPO). Die vom Rekurswerber verzeichneten Kostenansätze waren demnach auf eine Bemessungsgrundlage von € 240,-- zu reduzieren.

Aus allen diesen Erwägungen war daher in teilweiser Stattgebung des Kostenrekurses des Klägers die erstgerichtliche Kostenentscheidung wie im Spruch ersichtlich abzuändern.

Da der vorliegende Kostenrekurs nach dem 31.12.2007 bei Gericht eingebracht worden ist, findet auf das Rekursverfahren die Bestimmung des § 11 RATG in der novellierten Fassung des Art. XII des BRÄG 2008 Anwendung (Art. XVII § 16 des BRÄG 2008). Bemessungsgrundlage im Kostenrekursverfahren ist also der Betrag, dessen Zuspruch oder Aberkennung im Kostenrekurs beantragt wird (§ 11 Abs. 1 RATG), und nicht mehr - wie vormals - der Kostenbetrag, dessen Zuspruch oder Aberkennung ersiegt wird (§ 11 RATG aF). Diese geänderte Rechtslage muss nun nach Auffassung des Rekursgerichtes dazu führen, dass Kostenrekursverfahren nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 oder des § 43 ZPO zu behandeln sind. Bei vollem Erfolg gebührt - wie schon bisher - voller Kostenersatz. Bei ungefähr gleichteiligem Obsiegen der Parteien findet die - in § 11 Abs. 1 RATG explizit erwähnte - Kostenaufhebung und bei deutlichem Obsiegen ein verhältnismäßiger Kostenersatz im Sinne der sogenannten „Quotenkompensation“ statt (vgl. Obermaier, a.a.O., Rz 284, 285). Da der Kläger mit rund 84 % seines Rekursinteresses durchgedrungen ist, hat er Anspruch auf 68 % seiner Rekurskosten.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO jedenfalls

unzulässig.

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6