JudikaturJustiz21R159/06z

21R159/06z – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2006

Kopf

Im Namen der Republik

Das Landesgericht St. Pölten hat durch die Richter des Landesgerichtes Dr. Schramm (Vorsitzender) sowie Dr. Hintermeier und Dr. Steger in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich S*****, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Rößler, Rechtsanwalt in Zwettl, wider die beklagte Partei Friedrich P *****, vertreten durch Dr. Werner Hetsch, Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwaltspartnerschaft in Tulln, wegen € 2.795,50 s.A., über die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Tulln vom 16.2.2006, 2 C 226/04y-33, gemäß § 492 Abs. 2 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird n i c h t F o l g e gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten binnen 14 Tagen dessen mit €

485,86 (darin € 80,98 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens

zu ersetzen.

Die Revision ist j e d e n f a l l s u n z u -

l ä s s i g .

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelaus- führungen für nicht stichhältig, erachtet hingegen die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Urteiles im Ergebnis für zutreffend. Die Wiedergabe des Parteienvorbringens, der Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes ist daher nicht erforderlich, es genügt vielmehr eine kurze Begründung (§ 500 a zweiter Satz ZPO). In ihrer Beweisrüge bekämpft die Klägerin zunächst, dass die Erstrichterin nicht feststellen konnte, dass die Schäden am Kirchendach aufgrund eines Materialfehlers des durch den Beklagten gelieferten Mörtels verursacht worden seien. Aufgrund des Sachverständigengutachtens will sie darauf hinaus, dass diese Schäden aufgrund eines Materialfehlers des durch den Beklagten gelieferten Mörtels verursacht worden seien.

Das Sachverständigengutachten kann die begehrte Feststellung in Wahrheit aber nicht tragen.

Der Sachverständige hat die Frage, ob der seitens der beklagten Partei an die Klägerin gelieferte Dachdeckermörtel ordnungsgemäß oder mit einem Herstellungsmangel behaftet war, mangels einer Beweissicherung tatsächlich nicht beantworten können. Richtig ist, dass für den Fall, dass man davon ausgehen wollte, dass - wie der Geschäftsführer der Klägerin aussagte - immer dieselben Mitarbeiter gearbeitet hätten und es sich beim verwendeten Material immer um jenes der Fa. Quick-Mix gehandelt habe, im Gutachten gemutmaßt wurde, es könne möglicherweise ein Mischungsfehler vorgelegen sein. Das ist eine bloße Vermutung des Sachverständigen, die durch objektive Beweismittel nicht belegbar war. Es war also keineswegs so, dass der Sachverständige für den Fall, dass man den Klagsangaben folgt, wonach es sich beim verwendeten Material um jenes der Fa. Q***** gehandelt hat und immer dieselben Mitarbeiter gearbeitet hatten, gemeint hätte, dass als einzige Ursache der Risse ein Mischungsfehler, der von der beklagten Partei zu verantworten gewesen wäre, in Frage komme. Das stellte eben nur eine Möglichkeit dar.

Auch die bekämpfte Feststellung, Josef H*****, ein Mitarbeiter des Beklagten, habe eine Probe des verarbeiteten Mörtels mitgenommen und diese sei seitens des Beklagten der Erzeugerfirma Q***** zur Überprüfung übermittelt worden, wobei kein Materialfehler festgestellt werden habe können, ist unbedenklich. Natürlich kann diese Feststellung nicht so verstanden werden, dass die Probe vom verarbeiteten Mörtel, der sich am Dach der Kirche befand, gezogen wurde; es handelte sich um eine Trocken-Probe des im Zug der Dachdeckerarbeiten eben dann verarbeiteten Mörtels. Nach der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin selbst hatte der Zeuge H***** (von der beklagten Partei) einen Sack mit dem verarbeiteten Mörtel mitgenommen. Dass aber dieser Mörtel in irgendeiner Weise mangelhaft gewesen wäre, ergab sich im Verfahren nicht (siehe etwa das Schreiben der Fa. Q***** an das Österreichische Kl*****-Kontor betreffend die Reklamation des Dachdeckermörtels, Beilage ./1). Richtig ist zwar, dass die Klägerin beim Dach sowohl Dachdeckermörtel Q***** weiß als auch grau verarbeitete, der in mehreren verschiedenen Säcken auf einer Palette geliefert worden war, und dass nicht in allen Bereichen in weiterer Folge Mängel auftraten. Das hat jedoch nur zur Folge, dass der Untersuchungsbefund Beilage ./1 nicht mit Sicherheit nachweisen kann, dass der tatsächlich verarbeitete Mörtel frostsicher war; einen Schluss darauf, dass er nicht frostsicher gewesen wäre, lässt die Argumentation der Klägerin hingegen genausowenig zu. Für die Anwendung des prima facie-Beweises besteht in diesem Zusammenhang kein Anlass, ist es doch keineswegs typische Ursache von Rissen im Dachflächenbereich, dass der verwendete Mörtel mangelhaft war. In Betracht kommen Verarbeitungsfehler, Setzungen des Gebäudes, eine zu große Spannung der Dachbelagskonstruktion etc. Das Berufungsgericht übernimmt daher die bekämpften Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt sie seiner Beurteilung zugrunde.

Davon ausgehend versagt im Ergebnis aber auch die Rechtsrüge.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, dass die Erstrichterin bei ihrer rechtlichen Beurteilung übersehen hat, dass der gegenständliche Kaufvertrag am 28.8.2002 geschlossen wurde, damit nach Inkrafttreten des GewRÄG. Dass für eine allfällige mangelhafte Frostsicherheit des Mörtels der Beklagte gewährleistungsrechtlich einzustehen gehabt hätte, weil die Frostsicherheit des Mörtels Vereinbarungsinhalt war, ist auch nach dem neuen Gewährleistungsrecht unstrittig. Gemäß § 922 Abs. 1 ABGB hat derjenige, der einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, dafür Gewähr zu leisten, dass sie dem Vertrag entspricht; er haftet also insbesondere dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat.

Zu berücksichtigen ist allerdings - in Abweichung vom alten Recht - dass gemäß § 924 ABGB der Übergeber zwar nach wie vor Gewähr bloß für Mängel zu leisten hat, die bei der Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis zum Beweis des Gegenteils aber dann vermutet, wenn der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach der Übergabe hervorkommt. Die Vermutung tritt nur dann nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Insoweit gibt es eine Änderung zum alten Recht, wonach immer der Gewährleistungsberechtigte beweisen musste, dass die Mängel bereits zum Übergabszeitpunkt vorhanden waren (JBl 1992,243). Die neu eingeführte gesetzliche Vermutung beruht auf der Überlegung, dass Mängel, die bald nach der Übergabe zutagetreten, in der Regel bereits bei Übergabe bestanden haben (Ofner in Schwimann3, Rz 3 zu § 924). Außerdem kann der Verkäufer leichter den Beweis erbringen, weil er mit dem Hersteller in ständiger Verbindung steht oder mit ihm leichter in Verbindung treten kann als der Käufer (Welser-Jud, Die neue Gewährleistung, Rz 6 zu § 924 ABGB). Mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist die Vermutung etwa laut Materialien bei der gebrauchsabhängigen Verkalkung eines Dampfbügeleisens oder der Abnützung von Bremsbelägen eines in kurzer Zeit intensiv benützten Kraftwagens (Erl. RV 422 Blg. NR 21. GP 15). Was im Fall gelten soll, dass die gelieferte Sache vereinbarungsgemäß verarbeitet wird und sich ein Mangel - wenn auch innerhalb der 6-monatigen Frist - nicht an der gelieferten Sache selbst, sondern am verarbeiteten Endprodukt zeigt, ist weder dem Gesetzeswortlaut noch den Materialien zu entnehmen.

Hier lägen die zeitlichen Voraussetzungen für die Vermutung des § 924 ABGB wohl vor. Nach den Feststellungen wurde der Fertigmörtel am 28.8.2002 geliefert und bereits im Jänner 2003 traten die Mängel am Dach in dem Bereich der Fugen, die mit dem Fertigmörtel verputzt worden waren, auf. Die Vermutung gilt auch dann, wenn ein Mangel erst nach Ablauf der 6-monatigen Frist geltend gemacht wird, aber bewiesen werden kann, dass er in den 6 Monaten nach der Übergabe hervorgekommen ist (Welser-Jud, a.a.O., Rz 7 zu § 924 ABGB). Die Berufungswerberin übersieht bei ihrer Argumentation allerdings, dass im vorliegenden Fall nicht der Mangel selbst, sondern ein allfälliger Mangelschaden hervorgekommen ist, nämlich ein Schaden am Dach im Bereich der Fugen, die unter Verwendung des gelieferten Fertigmörtels verputzt worden waren. Dass aber die Vermutung des § 924 ABGB auch den Übernehmer begünstigen soll, dem es lediglich gelingt nachzuweisen, dass ein möglicher Mangelfolgeschaden innerhalb von 6 Monaten nach der Übergabe aufgetreten ist, ohne dass ihm der Beweis gelingt, dass dieser Mangelfolgeschaden überhaupt auf einen Mangel des gelieferten Produkts zurückzuführen ist, kann den Gesetzesmaterialien und dem Gesetzeswortlaut nicht entnommen werden. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes ist dies vielmehr ein Fall, in dem diese Vermutung mit der Art der Sache bzw. des Mangels unvereinbar ist (wenn auch die Gesetzesmaterialien eher Beispiele von Gebrauchsgegenständen nennen). Da Fertigmörtel eine Sache ist, die bestimmungsgemäß nach ihrer Ablieferung durch Vermischung, Verarbeitung, Aushärtung sowie statische und Witterungseinflüsse diversen Veränderungen ausgesetzt ist, lässt ein aufgetretener Mangel am Endprodukt, mag er auch innerhalb der 6-Monatsfrist des § 924 ABGB aufgetreten sein, nach der Art der Sache bzw. auch des Mangels nicht die Vermutung zu, dass ein Mangel des Ursprungsprodukts überhaupt und zudem bereits bei Übergabe des Produkts vorhanden gewesen wäre. Aus diesem Grund konnte der Berufung der Klägerin kein Erfolg beschieden sein.

Gemäß §§ 41, 50 ZPO hat die Klägerin dem Beklagten die tarifgemäß verzeichneten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Gemäß § 502 Abs. 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig. Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6