JudikaturJustiz1Ob835/54

1Ob835/54 – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. November 1954

Kopf

SZ 27/279

Spruch

Keine Ausdehnung des § 403 ABGB. auf die Rettung unbeweglicher Sachen.

Entscheidung vom 3. November 1954, 1 Ob 835/54.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Zahlung einer Belohnung im Ausmaße von 3% des Wertes der von ihm angeblich vor der Vernichtung geretteten L-Werke, das sind 3.000.000 S, unter Hinweis auf die §§ 403, 1043 ABGB. in Verbindung mit den §§ 6 und 7 ABGB., da § 403 ABGB auf die Rettung unbeweglicher Sachen analog anzuwenden sei, bzw. die Belohnung im Sinne der §§ 6, 7 ABGB. gebühre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen ab.

Der Kläger schränkte in seiner Berufung sein Begehren auf 500.000 S ein.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstrichterliche Urteil mit der Begründung, § 403 ABGB. sehe einen Bergelohn nur für die Rettung beweglicher Sachen vor und derjenige, der von einer unbeweglichen fremden Sache einen Schaden abwende, sei als Geschäftsführer ohne Auftrag zu behandeln. § 1043 ABGB. sei nicht anzuwenden, da der Kläger in seiner Klage nicht behaupte, zur Rettung der Fabriksanlagen der Beklagten sein Eigentum aufgeopfert zu haben und den Klagsbetrag auch nicht als Entschädigung dafür begehre. Für die Rettung unbeweglicher Sachen sehe das Gesetz bloß den Ersatz des dabei aufgeopferten Eigentums, nicht aber eine Belohnung vor. Es sei keine Gesetzeslücke gegeben und bestehe kein Anlaß, nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen oder im Wege einer Analogie gemäß § 7 ABGB. Wege neuer Rechtsfindung zu begehen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, daß § 403 ABGB. neben dem Aufwandersatz einen Belohnungsanspruch ausdrücklich nur für die Rettung fremder beweglicher Sachen anerkennt, während sowohl nach den §§ 1036 ff. ABGB. wie nach § 1043 ABGB. allein ein Aufwandersatz vorgesehen ist. Daß diese Einschränkung im § 403 ABGB. vom Gesetzgeber gewollt war, ergibt sich daraus, daß in den ähnlichen Fällen vom Gesetz eine Belohnung nicht gewährt wird, aber auch aus den Ausführungen Zeillers in seinem Kommentar, der zu § 403 ausführt, daß sich diese Vorschrift nur auf die Rettung beweglicher Sachen beziehe, während auf die Rettung unbeweglicher Sachen die §§ 1037 bis 1042 ABGB. anzuwenden seien (II/1 S. 187), und als Beispiele der Geschäftsführung im Notfall nach § 1036 ABGB. Hilfeleistung bei Einsturz oder Brand eines Hauses in Abwesenheit des Eigentümers anführt (III/1 S. 318). Dies stimmt auch mit der herrschenden Lehre überein (vgl. Klangs Komm. 2. Aufl. zu § 403 ABGB. und Swoboda in Klangs Komm. 1. Aufl. zu § 1036 S. 877 ff. und:

Das österr. ABGB. 2. Aufl. III S. 261). Swoboda erklärt ausdrücklich, daß dem Geschäftsführer ohne Auftrag nur für die Rettung fremder beweglicher Sachen im Gegensatz zu § 1036 ABGB. eine Belohnung zustehe (Klangs Komm. 1. Aufl. zu § 1036 S. 880, Das österr. ABGB. 2. Aufl. II S. 257). Eine Ausdehnung des § 403 ABGB. bzw. eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf die Rettung unbeweglicher Sachen entgegen dem ausdrücklichen, bewußt einschränkenden gesetzlichen Wortlaut ist nicht möglich. Für die Annahme einer Lücke im Gesetz liegt nicht der geringste Anhaltspunkt vor. Die gesetzliche Regelung und die Ausführungen Zeillers ergeben vielmehr, daß der Belohnungsanspruch vom Gesetzgeber bewußt auf die Rettung beweglicher Sachen trotz Bedachtnahme auf die Möglichkeit der Rettung von Häusern vor dem Untergang eingeschränkt wurde. Übrigens ist es natürlich auch schon vor der Entstehung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches vorgekommen, daß Häuser bei Kriegen zerstört wurden. Daß die Belohnung auch für bewegliche Sachen, die nicht Zubehör der Werke waren, verlangt wird, geht aus dem Vorbringen des Klägers nicht hervor, der im Gegenteil in seiner Klage nachzuweisen versuchte, daß eine Belohnung im Sinne der §§ 403, 1043 ABGB. für die Rettung unbeweglicher Sachen gebühre. Auch bei der Verhandlung vom 20. Dezember 1953 war nur vom "Werk" und den "industriellen Anlagen" die Rede.