JudikaturJustiz1Ob587/85

1Ob587/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Franz A, Rechtsanwalt, Wien 1., Schellinggasse 1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Hermann B, Transportunternehmer, Bruck/L., Alte Wienerstraße 14, wider die beklagte Partei C D E

F G H, St. Pölten, Dr. Karl Renner-Promenade 14,

vertreten durch Dr. Adolf Lientscher, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen S 78.810,64 samt Anhang und Unwirksamkeit eines Pfandrechtes (Streitwert S 31.000; Gesamtstreitwert S 109.810,64) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.Jänner 1984, GZ 16 R 280/83-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 3.September 1983, GZ 1 Cg 484/82-13, bestätigt wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.878,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 447,15 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Seit Mai 1979 wies Hermann B beim beklagten Sozialversicherungsträger Beitragsrückstände in wechselnder Höhe, meist zwischen S 200.000 und 500.000 auf. Die monatlichen Vorschreibungen lagen bei rund S 250.000. Die beklagte Partei hatte mit Hermann B Stundungsvereinbarungen getroffen, die in der Folge mehrmals nicht eingehalten wurden. Aus diesem Grunde erfolgten im Jahre vor der späteren Eröffnung des Ausgleichsverfahrens vier Exekutionen. Da Hermann B die Beiträge bezahlte, kam es zu keinen Verkäufen.

über das Vermögen des Hermann B wurde mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20.Juli 1981, Sa 48/81, das Ausgleichsverfahren und mit Beschluß vom 22.9.1981, S 119/81, der Anschlußkonkurs eröffnet. Am Tage der Ausgleichseröffnung hatte Hermann B 30 versicherte Dienstnehmer. Im Ausgleichsverfahren wurden an bevorrechteten Forderungen S 4,938.199,20 und an übrigen S 8,785.807 angemeldet, davon mit Aussonderungsrechten zugunsten der I S 5,586.621. Nach dem Ausgleichsvorschlag standen Aktiven im Betrag von S 16,384.116,52 Passiven von S 21,250.133,29 gegenüber. Mit dem am 5.8.1981 bei Gericht eingelangten Bericht gab der Ausgleichsverwalter bekannt, daß der Betrieb des Ausgleichsschuldners wegen Austrittes des gesamten Fahrpersonals völlig zum Stillstand gekommen sei; es fehle an der Möglichkeit, den Ausgleich zu erfüllen, es werde die Einstellung des Ausgleichsverfahrens gemäß § 56 Abs 1 Z 8 AO beantragt. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha vom 13.8.1981, E 1702/81, wurde der beklagten Partei auf Grund des vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 10.8.1981 über rückständige Sozialversicherungsbeiträge für Mai und Juni 1981 samt Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätzen in der Höhe von S 341.711,80 samt Anhang zur Hereinbringung dieser vollstreckbaren Forderung die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch bücherliche Einverleibung eines Pfandrechtes auf den 72/100 Anteilen des Hermann B an der Liegenschaft EZ 345 KG Bruck an der Leitha bewilligt. Die Liegenschaftsanteile werden zu E 33/82 des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha kridamäßig verwertet. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha vom 20.8.1981, E 1765/81, wurde der beklagten Partei auf Grund des vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 18.8.1981 über rückständige Sozialversicherungsbeiträge für Rest Mai und Juni 1981 samt Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätzen in der Höhe von S 310.927,88 samt Anhang zur Hereinbringung dieser vollstreckbaren Forderung die Pfändung und überweisung der dem Hermann B gegen die J ZUCKERFABRIKS-GesmbH zustehenden Forderungen für geleistete Arbeiten bewilligt. Auf Grund dieser Forderungsexekution flossen der beklagten Partei Beträge von S 78.810,64 zu. Die klagende Partei begehrt unter anderem den Ausspruch, daß die beiden Exekutionsführungen den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen des Hermann B unwirksam seien, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 78.810,64 samt Anhang zu bezahlen. Die Verwertung des Massevermögens sei weitgehend abgeschlossen, der Konkursforderung der beklagten Partei in der Klasse I b gingen Dienstnehmerforderungen der Klasse I a vor, die nach dem derzeitigen Ergebnis des Konkursverfahrens nicht zum Zuge kämen. Im Falle des Obsiegens der klagenden Partei in diesem sowie in drei weiteren Anfechtungsprozessen wäre es möglich, sämtliche Masseforderungen zu befriedigen. Der Erfolg dieser Anfechtung verbessere aber auch die Befriedigungsaussichten der der beklagten Partei im Rang vorhergehenden wie auch der mit ihr im gleichen Rang stehenden Gläubiger. Nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens sei Hermann B nicht imstande gewesen, den Betrieb fortzuführen; das sei für die beklagte Partei auf Grund der Krankenkassenabmeldungen ersichtlich gewesen. Fast das gesamte Personal habe den vorzeitigen Austritt erklärt. Die finanzielle Situation des Hermann B sei seit Beginn 1981 bereits so schlecht gewesen, daß die beklagte Partei bei Anwendung entsprechender Sorgfalt nicht mit dem Zustandekommen geschweige denn mit der Erfüllung des Ausgleiches hätte rechnen dürfen. Abgesehen davon, daß sich im Rahmen eines Ausgleichsverfahrens niemand auf die Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners berufen dürfe, habe die beklagte Partei auf Grund der vorhandenen Beitragsrückstände Kenntnis gehabt oder Kenntnis haben müssen, daß mit einer vollständigen Befriedigung der mit der beklagten Partei im gleichen Rang und ihr im Rang vorhergehenden Forderungen nicht zu rechnen sein werde. Die beklagte Partei sei zwar gemäß § 10 Abs 4 AO zunächst zur Exekutionsführung berechtigt gewesen; sie habe jedoch Befriedigung bzw. Sicherstellung erlangt, die ihr in dieser Form materiellrechtlich nicht zugestanden sei (inkongruente Deckung). Die beklagte Partei habe mit den Exekutionen auch keinen Sicherstellungsanspruch geltend gemacht, sondern Beitragsrückstände auf Grund eines vollstreckbaren Rückstandsausweises. Die beklagte Partei wendete ein, sie sei als bevorrechtete Gläubigerin berechtigt gewesen, während des Ausgleichsverfahrens exekutive Pfandrechte zu erwerben. Ein Anfechtungsanspruch könne dann nicht vorliegen, wenn das Gesetz dem bevorrechteten Gläubiger gestatte, während des Ausgleichsverfahrens Befriedigung oder Sicherstellung zu erlangen. Mit dem beantragten Ausgleich habe der Ausgleichsschuldner die volle Befriedigung bevorrechteter Forderungen angeboten. Der beklagten Partei habe daher schon aus diesem Grund eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger unbekannt sein müssen. Die beklagte Partei sei kraft Gesetzes wie ein Abgabegläubiger befugt, eine Sicherstellung ihrer Beitragsforderungen zu verlangen. Da durch die beanspruchte Sicherstellung auf Grund gesetzlicher Befugnisse nur eine gebührende Sicherstellung erlangt worden sei, sei keine inkongruente Deckung gegeben und die Anfechtung ausgeschlossen. Daß die Anfechtung befriedigungstauglich sei, werde von der klagenden Partei zu beweisen sein. Die Kontenentwicklung habe bis über den Tag der Ausgleichseröffnung hinaus keinen Anlaß zu Bedenken gegeben. Die beklagte Partei habe daher bis zur Konkurseröffnung keinen Hinweis auf eine Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens gehabt. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, noch vor Einlangen des Berichtes des Ausgleichsverwalters vom 4.8.1981 habe die Bezirksstelle Wien der beklagten Partei mitgeteilt, daß sie in den Ausgleichsakt Einsicht genommen und dabei festgestellt habe, daß ein Debitorenverzeichnis einliege. Das Schreiben des Ausgleichsverwalters vom 4.8.1981 habe sich zum Zeitpunkt der Akteneinsicht noch nicht im Akt befunden. Die beklagte Partei habe daher erst zum Zeitpunkt der Eröffnung des Anschlußkonkurses Kenntnis über die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin erlangt. Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß zwar gemäß § 12 Abs 1 KO die Absonderungsrechte der beklagten Partei nicht durch die Konkurseröffnung erloschen seien; dies schließe aber nicht aus, daß solche Rechte nach den Bestimmungen der §§ 27 ff. KO angefochten werden könnten. Gemäß § 66 ASVG seien die Bestimmungen der §§ 232 und 233 BAO auf Beitragsforderungen der Sozialversicherungsträger entsprechend anzuwenden. Daraus, daß das Gesetz einen Rückstandsausweis zu erlassen und die Erlassung eines Bescheides über die Sicherstellung ermögliche, der dann die Grundlage für eine Exekution bilde, sei zu schließen, daß es sich beim Sicherstellungsauftrag nicht um eine einstweilige Verfügung exekutionsrechtlicher Art, sondern um einen materiellrechtlichen Sicherstellungsanspruch des Abgabengläubigers handle; die beklagte Partei habe daher nur eine ihr gebührende Sicherstellung erlangt. Aus diesem Grunde läge eine wesentliche Voraussetzung für die Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 KO nicht vor. Zur Anfechtung gemäß § 31 KO sei objektiv eine Gläubigerbenachteiligung und subjektiv erforderlich, daß dem anderen Teil die Zahlungsunfähigkeit bekannt gewesen sei oder hätte bekannt sein müssen. Das Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung bedeute, daß die Anfechtung befriedigungstauglich sein müsse, d.h. sie sei dann ausgeschlossen, wenn sie nicht zu einer Leistung an die allgemeine Konkursmasse und damit zu einer Erhöhung der Befriedigungsaussicht der Konkursgläubiger führen könne. Diese Voraussetzungen wären nicht erfüllt, wenn in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz feststünde, daß die auf Grund eines Anfechtungstatbestandes an die allgemeine Konkursmasse zurückzuzahlenden Beträge nur zur Befriedigung der Massegläubiger ausreichten, so daß die Anfechtung die Befriedigungsaussicht der Konkursgläubiger nicht erhöhen könne. Hier sei eine Befriedigungstauglichkeit nicht gegeben, da selbst bei erfolgreicher Anfechtung nicht einmal die Masseschulden abgedeckt werden könnten und die Befriedigungsaussichten der Konkursgläubiger nicht erhöht werden könnten. Es seien aber auch die subjektiven Voraussetzungen für eine Anfechtung nicht gegeben; es stehe fest, daß der beklagten Partei die Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung nicht bekannt gewesen sei noch hätte bekannt sein müssen. Bei der Anfechtung der für öffentliche Abgaben erwirkten Absonderungsrechte komme es nicht schlechtweg auf den Beweis der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, sondern auf den Nachweis an, daß den bevorrechteten Gläubigern bekannt gewesen sei, das Vermögen des Schuldners reiche nicht einmal hin, die bevorrechteten Gläubiger in gleicher Rangklasse zu befriedigen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach für die Forderungsexekution aus, daß die Revision zulässig sei, für den Ausspruch der Unwirksamkeit der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 60.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Die Beantwortung der Frage, ob entgegen der Ansicht des Erstgerichtes Befriedigungstauglichkeit auch dann anzunehmen sei, wenn die Befriedigungsaussichten bloß für die Massegläubiger stiegen, könne auf sich beruhen, weil die von der klagenden Partei geltend gemachten Anfechtungstatbestände nicht vorlägen. Nach § 66 ASVG seien die Bestimmungen der §§ 232 und 233 BAO auf Beitragsforderungen anzuwenden. Daraus ergebe sich nicht nur der Anspruch auf Zahlung der festgelegten Beträge, sondern auch auf Sicherstellung sogar noch bevor die Beitragsforderung der Höhe nach feststehe und vollstreckbar geworden sei. Umso weniger könnten daher auf Grund von bereits rechtskräftigen Rückstandsausweisen, die den Beitragsrückstand für das Gericht bindend feststellten, und nicht bloß von Sicherstellungsaufträgen im Exekutionsweg erwirkte Zahlungen und Sicherstellungen als eine inkongruente Deckung angesehen werden. Vom Ausgleichsverfahren seien die bevorrechteten Forderungen der beklagten Partei nicht berührt gewesen. Daran ändere auch ein Anschlußkonkurs nichts. Daraus ergebe sich, daß für die beklagte Partei als bevorrechtete Gläubigerin die Bestimmung des § 31 Abs 2 KO mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht gelten könne. Während eines Ausgleichsverfahrens könne sich zwar niemand darauf berufen, daß ihm die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht bekannt sei; daraus allein lasse sich aber eine Anfechtungsmöglichkeit nicht ableiten, weil die erlaubte Begründung eines Absonderungsrechtes im Ausgleichsverfahren nicht ohne weitere Voraussetzungen ihre gleichzeitige Anfechtbarkeit bewirken könne. Es bedeute zwar nicht, daß eine Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der bevorrechteten Abgabenforderungen jedenfalls ausgeschlossen wäre, die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit müsse nur hier etwas anderes bedeuten. Es komme daher bei der Anfechtung der für öffentliche Abgaben erwirkten Absonderungsrechte nicht schlechthin auf den Beweis der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit an, sondern auf den Nachweis, daß dem bevorrechteten Gläubiger bekannt gewesen sei, das Vermögen des Schuldners reiche nicht einmal hin, die Gläubiger gleicher Rangklasse zu befriedigen. Die klagende Partei habe den ihr obliegenden Beweis über die Kenntnis der beklagten Partei von der qualifizierten Zahlungsunfähigkeit nicht erbracht. Es finde sich in den Feststellungen keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß der beklagten Partei die Benachteiligung gleichrangiger Gläubiger hätte bekannt sein müssen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Nach § 66 ASVG sind die Bestimmungen der §§ 232 und 233 BAO auf Beitragsforderungen nach diesem Bundesgesetz entsprechend anzuwenden. Nach § 232 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabenpflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit an den Abgabenpflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Nach § 233 Abs 1 BAO ist der Sicherstellungsauftrag Grundlage für das finanzbehördliche und gerichtliche Sicherungsverfahren, das zur Exekution zur Sicherstellung des Abgabenbeitrages ohne Bescheinigung der Gefahr führt. Erläßt der Versicherungsträger zur Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge gemäß § 64 Abs 2 ASVG einen Rückstandsausweis, bildet dieser einen Exekutionstitel im Sinn des § 1 EO.

Eine Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers ist nach § 30 KO unter anderem dann anfechtbar, wenn der Gläubiger eine Sicherstellung oder Befriedigung erlangt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht in der Zeit zu beanspruchen hatte, es sei denn, daß er durch diese Rechtshandlung vor den anderen Gläubigern nicht begünstigt worden ist. Ein materiellrechtlicher Sicherstellungsanspruch, der das Vorliegen einer inkongruenten Deckung ausschließt, kann auch in einem gesetzlichen Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht liegen (Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 329 f; Ehrenzweig, Anfechtungsordnung 248 f.). Die Vorschriften des § 66 ASVG und des § 233 BAO normieren nach ständiger Rechtsprechung einen solchen materiellrechtlichen Sicherstellungsanspruch. Der Versicherungsträger ist bei Zutreffen bestimmter Voraussetzungen kraft Gesetzes berechtigt, noch vor dem Eintritt der Vollstreckbarkeit vom Beitragsschuldner durch einen Bescheid die Sicherstellung seiner Beitragsschuld zu verlangen. Der Sicherstellungsauftrag nach § 232 BAO ist daher nicht etwa, wie die klagende Partei meint, einer einstweiligen Verfügung gleichzusetzen, er hat vielmehr seine Grundlage in einem unmittelbar aus dem Gesetz abzuleitenden, von der Fälligkeit und Vollstreckbarkeit der Beitragsschuld unabhängigen, dem materiellen Recht angehörenden generellen Anspruch der öffentlichen Hand auf Sicherstellung der in ihrer Einbringlichkeit gefährdeten Beitragsforderungen. Stand der beklagten Partei aber kraft Gesetzes ein solcher materiellrechtlicher Anspruch zu, dann hat sie durch die nunmehr angefochtenen Pfandrechte nur eine ihr gebührende Sicherstellung, nicht aber eine inkongruente Deckung erlangt (EvBl 1979/173; 3 Ob 564/78; 4 Ob 541/75; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung, Rz 248; vgl. für die vor dem BAO geltende Rechtslage EvBl 1963/388; JBl 1957, 420). Besteht aber ein gesetzlicher Anspruch auf Sicherstellung selbst bei noch nicht fälligen und vollstreckbar gewordenen Beitragsforderungen, muß umso mehr eine kongruente Deckung dann angenommen werden, wenn die Exekution auf Grund eines vollstreckbar gewordenen Rückstandsausweises nach § 64 ASVG durchgeführt wird (EvBl 1963/388; 4 Ob 541/75). Der Anfechtungstatbestand nach § 30 Abs 1 Z 1 KO liegt daher nicht vor.

Es mangelt aber auch an den Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 KO. Im Falle eines Anschlußkonkurses kann zwar die Anfechtung sichergestellter Beiträge zur Sozialversicherung und anderer öffentlichen Abgaben nicht schon deshalb verneint werden, weil den Sozialversicherungsträgern gemäß § 23 Z 1 AO ein Vorrecht eingeräumt wurde und derartige Pfandrechte nicht schon nach § 12 Abs 1 KO erlöschen (SZ 9/313; SZ 9/262; 1 Ob 546/79). Andererseits kann auf solche bevorrechtete Forderungen die Vorschrift des § 31 Abs 2 KO, wonach sich der andere Teil auf die Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht berufen kann, wenn zur Zeit der Vornahme einer anfechtbaren Rechtshandlung oder des Geschäftes ein öffentlich bekannt gemachtes Ausgleichsverfahren über das Vermögen des Gemeinschuldners anhängig ist, nicht ohne Einschränkung angewendet werden, wäre doch dadurch die im § 12 Abs 1 KO zum Ausdruck gekommene Absicht des Gesetzgebers, daß während der letzten 60 Tage vor Konkurseröffnung erworbene Absonderungsrechte nicht erlöschen sollen, vereitelt. Es ist daher auch einheitliche Rechtsprechung (SZ 9/313; SZ 9/262; 1 Ob 546/79), daß in einem solchen Fall unter dem Begriff der Zahlungsunfähigkeit im § 31 Abs 1 Z 2 KO nur verstanden werden kann, daß dem Gläubiger bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, daß das Vermögen des Schuldners nicht einmal ausreicht, um Masseforderungen und Forderungen bevorrechteter Gläubiger zu befriedigen. Der Auslegung Königs aaO Rz 283, der die gebotene teleologische Reduktion nicht vornimmt, kann daher nicht gefolgt werden. Bei einem aus den Akten sich ergebenden Status von Passiven von S 21,250.133,69 und Aktiven von S 16,384.116,52 bei Anmeldung von bevorrechteten Forderungen von S 4,938.199,20 und Aussonderungsrechten von S 5,586.621 kann selbst bei Kenntnis der Betriebseinstellung eine fahrlässige Unkenntnis einer qualifizierten Zahlungsunfähigkeit Hermann B' entgegen den Revisionsausführungen nicht angenommen werden.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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