JudikaturJustiz1Ob544/90

1Ob544/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. März 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Axel A***, Kaufmann, Wien 9., Porzellangasse 45, vertreten durch Dr. Gerhard Trenker, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Andree S***, kaufmännische Angestellte, Bad Abbach, Hebbergring 30, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Norbert Lehner und Dr. Alfred Steinbuch, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wegen S 400.000,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 8. November 1989, GZ 3 R 187/89-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 20. April 1989, GZ 3 Cg 170/88-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.221,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.370,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Auf der Liegenschaft EZ 179 KG St.Nikola an der Donau ist nach wie vor das Eigentum für die am 4.12.1986 verstorbene Mutter der Streitteile, Erika A***, einverleibt und auf Grund einer von dieser und dem Kläger unterzeichneten Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 12. und 25.11.1985 eine Forderung des Klägers im Betrag von S 400.000 pfandrechtlich sichergestellt. Diese Urkunde hat - auszugsweise - nachstehenden Wortlaut:

"1. Erika A*** ...... schuldet Axel A*** einen Betrag von S 400.000....Die Forderung ist spätestens am 31.12.2006 zur Rückzahlung fällig, jedenfalls aber dann, wenn Erika A*** die ihr eigentümlich gehörige Liegenschaft EZ 179, KG St.Nikola a. d.Donau verkauft oder diese Liegenschaft versteigert wird, die Fälligkeit tritt im ersten Fall einen Monat nach Unterfertigung des Kaufvertrages, im zweiten Fall einen Monat nach rechtskräftiger Erteilung des Zuschlages ein.

2. Erika A*** haftet für den oben genannten Betrag von

S 400.000 nicht persönlich, sondern lediglich mit dem ihr gehörigen Grundstück EZ 179, KG St.Nikola a.d.Donau in der Form einer Realhaftung.

3. Zur Sicherung der dem Axel A*** zustehenden Forderung von S 400.000,-- ... verpfändet Erika A*** die ihr zur Gänze gehörige Liegenschaft EZ 179 des Grundbuches der Katastralgemeinde St.Nikola a.d.Donau, Bezirksgericht Grein, und erteilt hiemit ihre ausdrückliche Einwilligung, daß ob dieser Liegenschaft das Pfandrecht für die Forderung von S 400.000 zugunsten des Axel A*** grundbücherlich einverleibt wird."

Mit Amtsbestätigung vom 27.5.1988 bestätigte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Abhandlungsgericht, daß auf Grund der letztwilligen Anordnung der Mutter der Streitteile vom 24.6.1979 auf dieser Liegenschaft das Eigentumsrecht für die Beklagte einverleibt werden könne.

Am 28.1.1982 zählte der Kläger der Beklagten ein mit 10 % verzinsliches Darlehen von S 400.000 zu, dessen Rückzahlung vereinbarungsgemäß in Teilbeträgen bis 30.10.1987 erfolgen sollte und zu dessen Besicherung die Beklagte Wechsel akzeptierte. Die Beklagte hat bisher S 80.000 zurückgezahlt.

Der Kläger begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 400.000 bei Exekution in die genannte Liegenschaft und brachte vor, auf Grund der Amtsbestätigung des Verlassenschaftsgerichtes sei die Beklagte "außerbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft". Mangels fristgerechter Zahlung strebe er die Realisierung seines Pfandrechtes an.

Auf die Einwendung der Beklagten, die eingeklagte Forderung sei nicht fällig, replizierte der Kläger, seine Mutter habe seine ihr gegenüber bestehende Forderung von S 400.000 anerkannt und es sei vereinbart worden, daß diese Forderung spätestens am 31.12.2006 fällig sei. Die pfandgesicherte Forderung sei aber jedenfalls mit dem Tod seiner Mutter fällig geworden, was sich auch aus der Natur und dem Zweck der Leistung ergebe. Selbst wenn man dieses Kriterium zur Feststellung der Fälligkeit nicht gelten lassen wolle, könne er gemäß § 904 ABGB die Leistung sogleich fordern; dabei ersetze die Klagseinbringung die Mahnung.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Es stellte fest, zwischen den Streitteilen bestünden seit Jahren unüberbrückbare Differenzen. Die Beklagte sei nicht in der Lage gewesen, das ihr zugezählte Darlehen zu den vereinbarten Fälligkeiten zurückzuzahlen. Es sei ein auch deren Rechtsanwalt Dr. Gerhard D*** gegenüber geäußertes Anliegen der Mutter der Streitteile gewesen, eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen den Geschwistern zu verhindern. Zunächst habe Erika A*** an die Übergabe der Liegenschaft gegen Leibrente und die Anrechnung der Forderung des Klägers auf diese gedacht, doch sei es hiezu nicht gekommen. Der Mutter der Streitteile sei auch daran gelegen gewesen, daß die Liegenschaft nach ihrem Tod der Beklagten zufallen sollte. Um dem Wunsch der Mutter nach finanzieller Absicherung ihrer Tochter ihrem Sohn gegenüber gerecht zu werden, sei Dr. Gerhard D*** auf die Idee verfallen, daß sie ihre Liegenschaft zur Besicherung der Forderung ihres Sohnes in reiner Sachhaftung zum Pfand bestellen sollte. Zu diesem Zweck verfaßte er die schon zitierte Schuld- und Pfandbestellungsurkunde, die sowohl von Erika A*** als auch vom Kläger in Kenntnis ihres Inhaltes unterzeichnet worden sei. Die Mutter der Streitteile habe damit beabsichtigt, daß ihre Tochter aus dem Darlehen erst dann wieder finanziell belastet sein sollte, wenn es dieser finanziell besser gehen würde. Da sie davon ausgegangen sei, daß dies erst in etwa 20 Jahren zu erwarten sei, sei die Fälligkeit auf den 31.12.2006 festgelegt worden. Sollte es zum Verkauf oder zur Versteigerung der Liegenschaft kommen, hätte die Fälligkeit dagegen sogleich danach eintreten sollen. Durch den Tod der Mutter hätte dagegen die Fälligkeit der Forderung nicht eintreten sollen. Eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Mutter, wonach die Fälligkeit der Forderung auch nach dem Übergang der Liegenschaft an die Beklagte von Todes wegen hätte eintreten sollen, könne nicht festgestellt werden.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die Fälligkeit der Klagsforderung sei Erika A*** gegenüber, als deren Rechtsnachfolgerin er die Beklagte in Anspruch nehme, nach der mit seiner Mutter getroffenen Vereinbarung noch nicht eingetreten. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, der Text der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde sei so weit eindeutig und bedürfe daher keiner ergänzenden Auslegung, als die Fälligkeit der pfandrechtlich gesicherten Forderung Erika A*** gegenüber vor dem 31.12.2006 nur dann hätte eintreten sollen, wenn die Liegenschaft verkauft oder versteigert würde. Nach dem Wortlaut der Urkunde könne der Kläger die ihm von seiner Mutter bestellte Hypothek - abgesehen von Verkauf oder Versteigerung der Liegenschaft - erst dann verwerten, wenn die gesicherte Forderung bis 31.12.2006 nicht bezahlt sein würde. Inwieweit das Schuldverhältnis zwischen den Streitteilen durch diese Vereinbarung zwischen dem Kläger und dessen Mutter beeinflußt wurde, sei in diesem Prozeß nicht zu prüfen, weil die Beklagte ausschließlich als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter im Rahmen deren Sachhaftung in Anspruch genommen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO). Mit der Rechtsrüge strebt der Kläger - wie schon bei den Vorinstanzen - eine ergänzende Vertragsauslegung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 12. und 25.11.1985 dahin an, daß seine pfandgesicherte Forderung auch schon in dem Zeitpunkt, in welchem die Beklagte Eigentümerin der Pfandliegenschaft wird, fällig werden sollte. Die Vorinstanzen haben aber zutreffend erkannt, daß der Vertragstext völlig eindeutig die Fälligkeit der Rückzahlungsforderung auf den 31.12.2006 festlegt und eine vorzeitige Fälligkeit nur bei Verkauf bzw. Versteigerung der Liegenschaft vorsieht. Die Schuld- und Pfandbestellungsurkunde bedarf daher keiner ergänzenden Vertragsauslegung, weil die Fälligkeitsregelung für alle damit im Zusammenhang stehenden Konfliktsfälle eine einwandfreie Lösung bietet. Das gilt ebenso für den Tod der Mutter der Streitteile, für den dies selbst der Kläger in seiner Parteiaussage bestätigt hat, wie auch für den Erwerb der Liegenschaft durch die Beklagte. Soweit der Kläger im übrigen behauptet, seine Forderung sei in dem Zeitpunkt fällig geworden, in welchem die Beklagte auf Grund der Amtsbestätigung Eigentümerin der verpfändeten Liegenschaft geworden sei, wäre für seinen Prozeßstandpunkt überdies auch schon deshalb nichts gewonnen, weil der Legatar das Eigentum an der ihm vermachten Liegenschaft - anders als der Erbe - erst mit der Eintragung im Grundbuch erwirbt (§§ 437, 684 und 688 ABGB; Welser in Rummel2 § 647 Rz 7), die Amtsbestätigung aber jedenfalls bei Schluß der Verhandlung erster Instanz noch nicht verbüchert war.

Auch die bei der Formulierung der Fälligkeitsregelung verwendeten Wörter "spätestens" und "jedenfalls" lassen keine andere Auslegung zu: Ersteres berechtigt lediglich zu dem Schluß, daß der Schuldner auch zu einer vorzeitigen Rückzahlung berechtigt sein sollte, letzteres bringt nur zum Ausdruck, daß die Fälligkeit bei Verwirklichung eines der beiden Sondertatbestände "Verkauf" bzw. "Versteigerung" der Liegenschaft entgegen der Generalklausel vorzeitig eintreten sollte. Für eine bloß demonstrative Aufzählung jener Gründe, die die vorzeitige Fälligkeit eintreten lassen, bieten sie hingegen keinen Anhaltspunkt. Auch sind vom - unzweideutigen - Vertragstext abweichende Vereinbarungen zwischen dem Kläger und seiner Mutter nicht festgestellt worden.

Nicht ganz verständlich ist die Berufung des Klägers auf § 685 ABGB. Diese Bestimmung enthält bloß die gesetzliche - einem erkennbaren anderen Willen des Erblassers weichende - Fälligkeit der Vermächtnisforderung. Nun ist zwar der Beklagten die belastete Liegenschaft als Vermächtnis ausgesetzt worden, die pfandgesicherte Forderung des Klägers resultiert dagegen aus vertraglichen Beziehungen zwischen ihm und der Erblasserin, sodaß § 685 ABGB deren Fälligkeit - abgesehen von der abweichenen vertraglichen Regelung - schon begrifflich nicht beeinflussen könnte.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.