JudikaturJustiz1Ob34/54

1Ob34/54 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Juni 1954

Kopf

SZ 27/165

Spruch

Trotz der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit des Vaters ist die Feststellung des österreichischen Gerichtes erforderlich, ob das mj. Kind, das die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, durch die Heirat seiner Eltern die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt hat; dabei ist gemäß § 13 Abs. 1 der 4. DVzEheG. tschechoslowakisches Recht anzuwenden.

Entscheidung vom 9. Juni 1954, 1 Ob 34/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Mank; II. Instanz: Kreisgericht St. Pölten.

Text

Die 1950 geborene mj. Sonja N. ist die außereheliche Tochter der damals österreichischen Staatsbürgerin Hedwig N. Der außereheliche Vater der Minderjährigen ist der tschechoslowakische Staatsbürger Franz D., Bauer in X. (Österreich). Die Kindeseltern haben 1953 vor einem österreichischen Standesamt die Ehe geschlossen und wünschen die Legitimierung der Minderjährigen. Deshalb beantragte das Jugendamt M. die Verständigung der tschechoslowakischen Heimatbehörde des Vaters von der Verehelichung, "um ihr die Beurteilung zu ermöglichen, ob das Kind die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes und die Staatsbürgerschaft des Vaters erlangt habe".

Das Erstgericht hat den Antrag abgewiesen, jedoch gleichzeitig festgestellt, daß die Minderjährige durch die Heirat der Eltern gemäß § 161 ABGB. die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt habe, und die Beischreibung am Rande des Geburteneintrags verfügt. Es begrundet seinen Beschluß damit, daß das tschechoslowakische Familiengesetz vom Jahre 1949 nicht mehr zwischen ehelichen und unehelichen Kindern unterscheide, weshalb es einer Anfrage nicht bedürfe.

Das Rekursgericht hat den erstinstanzlichen Beschluß mit der Begründung aufgehoben, die Legitimation sei nach den Gesetzen des Staates zu beurteilen, dem der Vater angehöre. Der Vater der Minderjährigen sei tschechoslowakischer Staatsangehöriger. Nach dem tschechoslowakischen Gesetz vom 7. Dezember 1949 erlange ein uneheliches Kind die Stellung eines ehelichen, wenn es in einer nach den Bestimmungen des tschechoslowakischen Rechtes genügenden Weise von seinem Vater anerkannt oder dessen Vaterschaft festgestellt werde. Die Feststellung, ob ein wirksames Anerkenntnis oder eine entsprechende Entscheidung vorliege, stehe nach den Grundsätzen des internationalen Verfahrensrechtes ausschließlich den tschechoslowakischen Behörden zu. Daher sei es notwendig, bei den tschechoslowakischen Behörden anzufragen, ob eine nach den tschechoslowakischen Bestimmungen genügende Vaterschaftsanerkennung vorliege und welchen Namen das Kind nunmehr zu führen habe.

Der Oberste Gerichtshof fand den an sich zulässigen Rekurs (richtig Revisionsrekurs) des Vaters für nicht begrundet.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Legitimation eines unehelichen Kindes bestimmt sich im Sinne des § 13 der 4. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz vom 25. Oktober 1941, DRGBl. I S. 654, nach den Heimatrechten des Vaters, also im vorliegenden Falle nach den Vorschriften des tschechoslowakischen Familienrechtes. Dies besagt aber noch nicht, daß die Entscheidung darüber ebenfalls den tschechoslowakischen Behörden zukommen müßte.

§ 31 Abs. 1 Personenstandsgesetz bestimmt, daß das Vormundschaftsgericht festzustellen hat, daß ein uneheliches Kind durch die Heirat seiner Eltern die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt hat, und sohin die Beschreibung am Rande des Geburtseintrags anzuordnen hat, ohne daß dabei im Gesetz unterschieden würde, ob der Vater österreichischer Staatsbürger oder Angehöriger eines fremden Staates ist. Daher wird vielfach der Standpunkt vertreten, daß die Entscheidung nach § 31 Abs. 1 Personenstandsgesetz immer den inländischen Gerichten obliegt, sofern nur der Randvermerk in einem inländischen Personenstandsbuch einzutragen wäre (vgl. SZ. XXIV/99, 221). Es kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, ob dies ausnahmslos auch für die Feststellung nach § 31 Abs. 1 Personenstandsgesetz zutrifft; denn die Minderjährige war zumindest im Zeitpunkt der Verehelichung ihrer Eltern österreichische Staatsangehörige. Die Entscheidung darüber, ob die Minderjährige die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt hat, betrifft ihren Personenstand. Eine derartige Entscheidung einer ausländischen Behörde könnte daher im Inland schon gemäß § 81 Z. 3. EO. nicht die Grundlage für die Beschreibung am Rande des Geburtseintrages in ein österreichisches Personenstandsbuch bilden, aber auch nicht das österreichische Gericht bei seiner Entscheidung nach § 31 Abs. 1 Personenstandsgesetz binden (vgl. Neumann - Lichtblau, Komm. Zur EO. I S. 327). Demnach ist im vorliegenden Falle trotz der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit des Vaters die Feststellung des österreichischen Gerichtes erforderlich, ob die Minderjährige durch die Heirat ihrer Eltern die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt hat, wobei allerdings gemäß § 13 Abs. 1 der 4. Durchführungsverordnung zum EheG. tschechoslowakisches Recht anzuwenden sein wird (vgl. SZ. XXIV/99). Gleichwohl wird es sich in einem solchen Falle, in dem ausländisches materielles Recht anzuwenden ist, empfehlen, die Heimatbehörde des Vaters um eine Stellungnahme zu ersuchen, allenfalls auch eine Entscheidung der Heimatbehörde abzuwarten, um sich ein möglichst verläßliches Bild über die Rechtslage im Heimatstaate des Vaters, insbesondere auch über die ausländische Rechtsübung zu verschaffen, aber auch um nach Möglichkeit eine verschiedene Beurteilung der Rechtsstellung der Minderjährigen in der Tschechoslowakei und in Österreich zu vermeiden (vgl. Edlbacher, ÖJZ. 1954 S. 57).

Aus diesen Erwägungen erscheint der angefochtene Beschluß im Ergebnis zutreffend und war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Rechtssätze
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