JudikaturJustiz1Ob2/18b

1Ob2/18b – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. März 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin R***** S*****, vertreten durch Mag. Manfred Seidl, Mag. Ulrich Schmiedl und Mag. Gabriele Vierziger, Rechtsanwälte in Zell am See, gegen den Antragsgegner H***** S*****, vertreten durch Mag. Erich Frenner, Rechtsanwalt in Saalfelden, wegen nachehelicher Vermögensaufteilung, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 29. November 2017, GZ 21 R 304/17b, 21 R 338/17f 35, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 2. Juli 2017, GZ 26 Fam 4/17m 21, teilweise und der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 7. September 2017, GZ 26 Fam 4/17m 31, zur Gänze abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie lautet:

1. Der Beschluss des Erstgerichts vom 7. September 2017 wird insoweit wiederhergestellt, als es den Betrag der Ausgleichszahlung auf 36.330 EUR berichtigt und den Antragsgegner zum Ersatz der Kosten des Berichtigungsantrags verpflichtet hat.

2. Dem Rekurs des Antragsgegners gegen den (berichtigten) Beschluss vom 2. Juli 2017 wird teilweise Folge gegeben und der Beschluss dahin abgeändert, dass er insgesamt lautet:

„Das eheliche Gebrauchsvermögen der Parteien wird in nachstehender Weise aufgeteilt:

Der Pkw VW Polo wird der Antragstellerin zugewiesen, der Pkw BMW X3 dem Antragsgegner.

Der Hälfteanteil B LNR 2 des Antragsgegners H***** S*****, an der Liegenschaft EZ 492 ***** sowie der 1/10 Anteil B LNR 8 des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ 488 ***** werden der Antragstellerin R***** S*****, ins Eigentum übertragen.

Die Forderung der S***** Bank AG, *****, aus dem Darlehensvertrag vom 11. 3. 2016 zu Ablage Nr 600769109/0060626942/S*****Re2, ist von der Antragstellerin zu begleichen. Die Haftung des Antragsgegners wird auf eine Ausfallsbürgschaft beschränkt.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses 36.330 EUR zu zahlen. Zur Sicherstellung dieses Anspruchs ist zugunsten des Antragsgegners auf der Liegenschaft EZ 492 ***** im Rang C LNR 2 ein Pfandrecht über 36.330 EUR einzuverleiben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die Kosten des Verfahrens erster Instanz von 21.411,40 EUR (darin 3.273,90 EUR USt und 1.768 EUR Barauslagen) zu ersetzen.“

4. Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit 3.684,66 EUR (darin enthalten 960 EUR Barauslagen und 454,11 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Vorauszuschicken ist, dass im derzeitigen Verfahrensstadium nur noch strittig ist, ob die Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 36.330 EUR oder von 47.470 EUR zu leisten hat. Rechtlich steht dabei die Frage im Zentrum, ob der Berichtigungsbeschluss des Erstgerichts vom 7. September 2017 dem Gesetz entspricht. Der Antragsgegner hat die Entscheidung des Rekursgerichts nicht bekämpft und sich auch am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt, obwohl ihm die Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung freigestellt worden war.

Das Erstgericht verpflichtete die Antragstellerin (ursprünglich) zu einer Ausgleichszahlung in Höhe von 98.300 EUR und ordnete die Einverleibung eines Pfandrechts zur Sicherstellung dieses Anspruchs des Antragsgegners an. Der Ermittlung des Ausgleichsbetrags legte es unter anderem zugrunde, dass die Frau den Verkaufserlös aus einer vor der Ehe erworbenen Eigentumswohnung in die Finanzierung der nunmehr aufzuteilenden ehelichen Liegenschaft eingebracht hatte. Dazu führte das Erstgericht unter anderem aus, dass als Verkaufsreinerlös „rund ATS 1,11 Mio oder EUR 18.669“ übrig geblieben seien, welche die Frau (unter anderem) zum Erwerb des Einfamilienhauses beigesteuert habe. Unter Berücksichtigung des genannten Euro Betrags ermittelte das Erstgericht letztlich eine binnen eines Jahres ab Rechtskraft zu zahlende Ausgleichszahlung von 98.300 EUR.

Aus Anlass eines Berichtigungsantrags der Antragstellerin berichtigte das Erstgericht mit Beschluss vom 7. 9. 2017 in seiner Entscheidung die Höhe der auferlegten Ausgleichszahlung auf 36.330 EUR und passte auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz dem berichtigten Betrag an. Der Erstrichter führte dazu im Wesentlichen aus, dass er bei seinem – in mehreren Etappen erfolgten – Diktat der Urschrift seiner Entscheidung im Zusammenhang mit der Umrechnung des von der Frau eingebrachten Verkaufserlöses von „rund ATS 1,11 Mio oder EUR 80.669“ gesprochen habe, wogegen die Schreibkraft aber aufgrund eines Hörfehlers „EUR 18.669“ geschrieben habe. Dieser Schreibfehler sei ihm nicht aufgefallen und bei der Fortsetzung des Diktats auch bei der rechtlichen Beurteilung übernommen worden. Insgesamt habe die Antragstellerin entgegen den Ausführungen in der ursprünglichen Entscheidungsbegründung nicht [umgerechnet] 43.250 EUR, sondern 105.250 EUR aus vorehelichen Mitteln in die aufzuteilenden Vermögenswerte investiert, weshalb sich ein Ausgleichsanspruch des Antragsgegners von (gerundet) 36.330 EUR ergäbe. Dass der Antragstellerin in ihrem Berichtigungsantrag insoweit ein Rechenfehler unterlaufen sei, als sie zwei Beträge addiert anstatt den niedrigeren vom höheren abgezogen habe, ändere nichts daran, dass das Gericht im Zuge seiner Berichtigung von den „mathematischen Ergebnissen“ auszugehen habe.

Das Rekursgericht änderte die erstgerichtliche Berichtigungsentscheidung dahin ab, dass es den Berichtigungsantrag der Antragstellerin abwies, und in der Hauptsache – in (teilweiser) Stattgebung der Rekurse beider Parteien – die Ausgleichszahlung mit 47.470 EUR und die Leistungsfrist mit drei Monaten festsetzte; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts komme die Berichtigung nicht in Betracht. Nach den auch im Außerstreitverfahren anzuwendenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Berichtigung von Entscheidungen könne eine – wenn auch offenbar unrichtige – Tatsachenfeststellung nicht Gegenstand einer Berichtigung sein. Das Gericht sei grundsätzlich auch an unrichtige Entscheidungen gebunden, wobei eine offenbar irrige Feststellung nicht berichtigt werden könne. Eine Berichtigung des Spruchs sei ausgeschlossen, sobald diese durch die Entscheidungsgründe gedeckt erscheine. Eine vom Richter gewollte Entscheidung habe inhaltlich unverändert zu bleiben. Hier seien die Voraussetzungen für eine Berichtigung nicht gegeben: Einerseits beruhe die Unrichtigkeit der Entscheidung auf der unrichtigen Tatsachenfeststellung, dass 1,11 Mio ATS umgerechnet 18.669 EUR ergäben; andererseits werde durch die vorgenommene Berichtigung die Entscheidung inhaltlich gravierend verändert.

In der Hauptsache komme nur dem Rekurs der Frau Berechtigung zu, nicht hingegen jenem des Mannes. Die vom Erstgericht in seinem Berichtigungsbeschluss vorgenommene Rechnung sei grundsätzlich richtig und werde auch nicht bekämpft. Daraus ergebe sich ein Ausgleichsanspruch des Antragsgegners von rund 36.330 EUR. Die von der Frau angestrebte Verminderung des Zuspruchs auf diesen Betrag komme nicht in Betracht, weil der angefochtene Beschluss nur im Rahmen der Anfechtung abgeändert werden könne und sie in ihrem [nur eventualiter erhobenen] Rekurs die Reduktion der Ausgleichszahlung auf nur 47.470 EUR verlangt habe. Die „spätere Korrektur“ in ihrer Rekursbeantwortung auf 36.360 EUR verstoße gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels. Dem Rekurs des Mannes komme (nur) insoweit Berechtigung zu, als er sich gegen die Leistungsfrist von einem Jahr ausgesprochen habe. Dem Rekursgericht erscheine die Gewährung einer bloß dreimonatigen Zahlungsfrist ab Rechtskraft angemessen. Der Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil qualifizierte Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu lösen gewesen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Rekursgerichts zulässig und auch berechtigt.

Zur Problematik der Berichtigung fällt auf, dass das Rekursgericht den Berichtigungsbeschluss (nur) insoweit abänderte, als es aussprach, der Berichtigungsantrag der Antragstellerin werde abgewiesen. Dabei nahm es nicht ausreichend darauf Bedacht, dass das Erstgericht – insoweit (zulässigerweise) von Amts wegen – eine Berichtigung vorgenommen hat, die über den expliziten Antrag der Antragstellerin hinausging. Im Ergebnis ist der rekursgerichtliche Ausspruch über den Berichtigungsbeschluss daher so zu verstehen, dass auch der über den Berichtigungsantrag hinausgehende Berichtigungsbeschluss ersatzlos aufgehoben würde.

Wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, sind die Bestimmungen der ZPO über die Berichtigung auch im Außerstreitverfahren sinngemäß anzuwenden (§ 41 AußStrG). § 419 Abs 1 ZPO der die – auch amtswegige – Berichtigung von „Schreib und Rechnungsfehlern oder anderen offenbaren Unrichtigkeiten“ in einer Entscheidung ermöglicht, wird allgemein dahin verstanden, dass diejenigen Entscheidungen einer Berichtigung zugänglich sind, in denen eine offenbare Diskrepanz zwischen dem gerichtlichen Entscheidungswillen und dem erklärten Entscheidungsinhalt vorliegt (RIS Justiz RS0041519 [T2]), was sich aus dem gesamten Zusammenhang und insbesondere den Entscheidungsgründen ergeben muss (RIS Justiz RS0041418). Eine solche Konstellation liegt entgegen der Auffassung des Rekursgerichts zweifellos vor, gibt es doch keinen Grund zur Annahme, dass dem Erstrichter bei der Umrechnung des Schillingbetrags in Euro ein Gedankenfehler (dazu etwa 6 Ob 206/16m) oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung unterlaufen wäre. Die Annahme des Rekursgerichts, es liege eine unrichtige Tatsachenfeststellung vor, ist schon deshalb verfehlt, weil es sich um keine Tatfrage handelt, beruht doch der Umrechnungskurs auf „gesetzlicher“ Grundlage, nämlich der Verordnung (EG) Nr 2866/87 des Rates vom 31. Dezember 1998. Dass die Umrechnung von 1,11 Mio ATS auf 18.669 EUR dieser Verordnung nicht entspricht, war für alle Beteiligten offensichtlich und es war damit evident, dass der Euro Betrag nicht dem richterlichen Entscheidungswillen entsprechen kann. Es war von vornherein naheliegend, dass es in der Tausenderstelle irrtümlich zur Erwähnung der Zahl 18 anstelle der Zahl 80 gekommen sein muss, was vom Erstrichter plausibel mit einem Hörfehler der Schreibkraft bei der Übertragung des Diktats erklärt wurde, der schließlich zu einem entsprechenden Schreibfehler geführt hat, welcher einer Berichtigung zweifellos zugänglich ist. Ist das Erstgericht darüber hinaus in seiner weiteren Entscheidungsbegründung, insbesondere in der rechtlichen Beurteilung, vom unrichtigen Eurobetrag ausgegangen, beruht letztlich auch das in der weiteren Begründung und im Spruch der Entscheidung gewonnene zahlenmäßige Ergebnis auf dem unterlaufenen offenkundigen Schreibfehler, weshalb ihm nicht vorgeworfen werden kann, mit seinem Berichtigungsbeschluss die gesetzlichen Schranken überschritten zu haben.

Ist nun über den berechtigten Revisionsrekurs der Antragstellerin der erstgerichtliche Berichtigungsbeschluss wiederherzustellen, erweist sich die Entscheidung des Rekursgerichts über den nur hilfsweise erhobenen Rekurs der Antragstellerin in der Hauptsache als überschießend, weil ein solcher richtigerweise gar nicht mehr zu behandeln gewesen wäre. Damit verfängt im Ergebnis auch das rekursgerichtliche Argument nicht, die Festsetzung der Ausgleichszahlung mit nur 36.360 EUR scheitere am abweichenden Rekursantrag der Antragstellerin. Auch ein solcher könnte im Übrigen eine weitergehende amtswegige Berichtigung nicht hindern.

Für bestimmte Verfahrenssituationen nimmt die Rechtsprechung zur Wahrung ausreichenden rechtlichen Gehörs an, dass die berichtigte Entscheidung den Parteien eigens zuzustellen und der durch die Berichtigung beschwerten Partei damit eine weitere Rechtsmittelmöglichkeit zu eröffnen ist (vgl dazu nur M. Bydlinski in Fasching/Konency 2 § 419 ZPO Rz 12 mit Judikaturnachweisen). Dies ist im vorliegenden Fall allerdings nicht notwendig, konnte sich der Antragsgegner doch ausreichend zu den maßgeblichen Fragen äußern. Einerseits hat er in seinem Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss ausführlich zur Frage der Zulässigkeit der Berichtigung Stellung genommen und andererseits in seinem in der Hauptsache erhobenen Rekurs – mit einer vom Rekursgericht verworfenen Argumentation – eine Ausgleichszahlung in einer Höhe gefordert, die sowohl über den vom Rekursgericht zuerkannten Betrag von 47.470 EUR als auch den vom Erstgericht in seinem Berichtigungsbeschluss ermittelten Betrag von 36.360 EUR hinausging. Zudem hat das Rekursgericht selbst dargelegt, dass sich bei richtiger rechtlicher Beurteilung ein „Ausgleichsanspruch“ des Antragsgegners von (nur) 36.330 EUR ergebe – der wegen der beschränkten Anfechtung durch die Antragstellerin aber nicht festgesetzt werden könne, was bereits in den vorangehenden Ausführungen als verfehlt beurteilt wurde. Der Revisionsrekursgegner hat sich gegen die dargestellte rechtliche Beurteilung, die zu einer Ausgleichszahlung von nur 36.330 EUR gelangt, weder mit einem eigenen Rechtsmittel zur Wehr gesetzt, noch ist er dem Rechtsstandpunkt der Antragstellerin, ihre Ausgleichszahlung wäre auf diesem Betrag zu beschränken, mit einer Revisionsrekursbeantwortung entgegengetreten. Insgesamt hatte er somit ausreichend Gelegenheit, zu allen entscheidungserheblichen Fragen umfassend Stellung zu nehmen (und hat davon jedenfalls im Rekursverfahren auch Gebrauch gemacht). Die Zustellung einer berichtigten Fassung des erstgerichtlichen Beschlusses hätte seine verfahrensrechtliche Position inhaltlich nicht erweitert, und konnte somit unterbleiben.

Im Ergebnis ist daher der erstgerichtliche Berichtigungsbeschluss einschließlich seiner dem berichtigten Verfahrensergebnis entsprechenden Kostenentscheidung wiederherzustellen. Die in der Hauptsache vom Rekursgericht ausgesprochene Verkürzung der Leistungsfrist hat die Antragstellerin ausdrücklich nicht bekämpft.

Im Verfahren zweiter Instanz war lediglich über die Rekurse des Antragsgegners abzusprechen, mit denen er nur einen geringfügigen Verfahrenserfolg erzielen konnte, nämlich die Verkürzung der Leistungsfrist für die Ausgleichszahlung. Da die Antragstellerin in diesem Verfahrensstadium somit ganz überwiegend erfolgreich blieb, steht ihr gemäß § 78 Abs 2 AußStrG der volle Ersatz der Kosten ihrer Rekursbeantwortungen zu. Angesichts des gänzlichen Erfolgs im Revisionsrekursverfahren hat ihr der Antragsgegner auch die in diesem Verfahrensabschnitt entstandenen Kosten zu ersetzen.