JudikaturJustiz1Ob123/18x

1Ob123/18x – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. August 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** H*****, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH, Wien, sowie der Nebenintervenientinnen auf Seite der klagenden Partei 1. L***** Rechtsanwalts GmbH, *****, und 2. A***** AG, *****, vertreten durch die Salburg Rechtsanwalts GmbH, Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, 2. D***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch die Roschek Biely Rechtsanwälte OG, Wien, und 3. w***** GmbH, *****, vertreten durch die HASLINGER/ NAGELE PARTNER RECHTSANWÄLTE GMBH, Linz, sowie die Wess Kux Kispert Eckert Rechtsanwalts GmbH, Wien, wegen 719.369,20 EUR sA und Feststellung, über die außerordentlichen Revisionsrekurse beider Nebenintervenientinnen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 29. März 2018, GZ 5 R 10/18g 50, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 30. November 2017, GZ 20 Cg 29/17t 33, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ob das erforderliche rechtliche Interesse am Streitbeitritt besteht, kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (RIS Justiz RS0035724 [T8]). Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigen die im Wesentlichen gleichlautenden Revisionsrekurse nicht auf. Da die Nebenintervenientinnen ihr Interesse am Beitritt auf Seiten des Klägers damit begründeten, das sie von diesem im Fall eines Prozessverlusts in Anspruch genommen würden, wenn hervorkäme, dass – wie die Drittbeklagte behauptet – die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers auch (und nicht wie in den Rechtsmitteln mitunter behauptet wird „alleine“) durch die Nebenintervenientinnen verursacht wurden, muss nur auf dieses Beitrittsinteresse eingegangen werden (RIS Justiz RS0035678; 1 Ob 109/16k = SZ 2016/78).

Eine – vom Kläger gar nicht angekündigte – Inanspruchnahme durch ihn hängt rechtlich (etwa im Sinn eines Regeresses) nicht vom Ausgang dieses Verfahrens ab, sondern könnte dadurch nur insoweit beeinflusst werden, als der Kläger bei einem Prozessverlust versuchen könnte, seinen behaupteten Schaden von den Nebenintervenientinnen ersetzt zu bekommen. Deren Interesse, eine solche Inanspruchnahme durch ein Obsiegen des Klägers zu vermeiden, ist ein bloß wirtschaftliches, was sich darin zeigt, dass der Kläger die Nebenintervenientinnen als (von ihnen behauptete) Solidarschuldner auch unabhängig vom vorliegenden Verfahren belangen könnte. Dieses wirtschaftliche Interesse am Obsiegen des Klägers reicht auch nach dem in den Revisionsrekursen ins Treffen geführten wenig strengen Beurteilungsmaßstab (RIS Justiz RS0035638) für einen Streitbeitritt nicht aus.

Soweit die Revisionsrekurswerber argumentieren, dass sich – ausgehend von den Behauptungen der Drittbeklagten – aus einem Unterliegen des Klägers ihre Haftung ergebe, übersehen sie, dass sie ihr Beitrittsinteresse selbst nur aus einer Mithaftung als („unechte“) Solidarschuldner ableiteten. Ob neben den Beklagten weitere Personen (nämlich die Nebenintervenientinnen) haften, ist – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Drittbeklagten – aber nicht Prozessgegenstand; vielmehr ist im Verfahren nur die behauptete Haftung der Beklagten zu klären. Entgegen der Argumentation der Revisionsrekurswerber würde sich aus der von der Drittbeklagten behaupteten „ausschließlichen“ (also entgegen dem Beitrittsvorbringen nicht solidarischen) Haftung der Nebenintervenientinnen auch gar kein Regressanspruch der Beklagten ergeben, weil letztere dann gar nicht haften würden. Das in den Revisionsrekursen angesprochene Interesse an einer bestimmten Beweislage reicht für einen Streitbeitritt nicht aus (RIS Justiz RS0035565). Auf das Argument, die Nebenintervenientinnen könnten wählen, auf welcher Seite sie dem Streit beitreten, muss mangels eines aus dem Beitrittsvorbringen ableitbaren rechtlichen Interesses nicht eingegangen werden.

Zusammengefasst zeigen die Revisionsrekurse keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO auf. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO).