JudikaturJustiz15Os73/97

15Os73/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. September 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Benner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Yassin M***** und weiterer Angeklagter wegen des Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauches nach § 148 a Abs 1 und Abs 2 erster und dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Yassin M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 17.September 1996, GZ 41 Vr 483/96-117, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Kirchbacher, des Angeklagten M***** und des Verteidigers Dr.Lackner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch noch weitere Angeklagte betreffenden Urteil wurde Yassin M***** des Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauches nach § 148 a Abs 1 und 2 erster und dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er - zusammengefaßt - zwischen Anfang Jänner 1996 und dem 21. Februar 1996 in Salzburg in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit mehreren anderen Tätern gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich und Dritte unrechtmäßig zu bereichern, die Mobilkom Austria AG dadurch um zumindest 2,151.289 S am Vermögen geschädigt, daß er das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung "durch Gestaltung des Programms, durch Eingabe, Veränderung oder Löschung von Daten oder sonst durch Einwirkung auf den Ablauf des Verarbeitungsvorganges" beeinflußte.

Nach den Urteilsfeststellungen vermittelten der Beschwerdeführer und zwei weitere Angeklagte entsprechend den Aufträgen einer ausländischen Täterorganisation unter Verwendung von D-Netz-Handyphonen internationale Telefongespräche, für die kein Entgelt vorgeschrieben werden konnte. Dazu wählten sie jeden der beiden Gesprächsteilnehmer von Salzburg aus mit je einem Gerät an und stellten durch Aufeinanderlegen der Telefone eine Verbindung her. Die von den Angeklagten benützten (nicht angemeldeten) Mobiltelefone waren - in unzulässiger Manipulation - von der Täterorganisation mit Ruf- und Seriennummern in Österreich ordnungsgemäß zugelassener Geräte versehen worden. Sie fungierten daher als deren Duplikate, was dazu führte, daß die Telefonverbindungen in der automationsunterstützten Datenverarbeitung der Mobilkom Austria AG zur Gebührenverrechnung fälschlich unter den Rufnummern der angemeldeten Originalgeräte erfaßt wurden. Die von den Angeklagten vermittelten Telefongespräche gingen demzufolge (letztlich) auf Kosten des genannten Unternehmens.

Rechtliche Beurteilung

Der auf die Z 4, 5, 9 lit a und (der Sache nach auch) 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Yassin M***** kommt keine Berechtigung zu.

Die Verfahrensrüge (Z 4) releviert, daß über den Antrag des Verteidigers nicht entschieden wurde, bei der Post und Telekom Austria AG oder der Mobilkom Austria AG den Umfang der im gegebenen Zusammenhang vorgenommenen Telefonabhörungen und Tonbandaufzeichnungen zu Klären, danach insoweit einen gerichtlichen Beschluß "zur Sanktionierung nach § 149 a f StPO" herbeizuführen sowie "diese Protokolle" den Angeklagten zugänglich zu machen (S 245/III).

Der begehrten Beschlußfassung über die Rechtmäßigkeit der Überwachungsmaßnahmen fehlte von vornherein eine rechtliche Grundlage. Die von der Fernmeldebehörde, nämlich der Funküberwachungsstelle Salzburg als Dienststelle des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg, vor Anzeigeerstattung durchgeführte Funkpeilung (S 39/I, 123 f/II, 189 iVm 205/III, 197/III, 221/III, 283 ff/III) beruhte auf dem - vor allem auch der Aufklärung und Abstellung mißbräuchlicher Praktiken dienenden (§§ 16, 26, 43 FernmeldeG 1993) - gesetzlichen Aufsichtsrecht gemäß § 24 FernmeldeG 1993 und nicht auf der Strafprozeßordnung. Sie ist demnach - der Meinung der Verteidigung in der gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung zwider - nicht "illegal".

Soweit der Antrag auch darauf abzielte, im Zuge der fernmeldebehördlichen Tätigkeit angefertigte Aufzeichnungen beizuschaffen, war er infolge ihrer - nach Erfüllung des Aufklärungszweckes für die Fernmeldebehörde - vorgenommenen Vernichtung undurchführbar (S 285, 287 oben/III, Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 104).

Verteidigungsrechte des Angeklagten wurden daher nicht beeinträchtigt.

Die von der Mängelrüge (Z 5) behauptete Undeutlichkeit der Urteilsbegründung betrifft keine entscheidende Tatsache. Das Erstgericht hat eine Manipulation der verwendeten Mobiltelefone durch Einspeicherung von Ruf- und Seriennummern anderer, ordnungsgemäß zugelassener Geräte entgegen dem Beschwerdevorbringen unmißverständlich festgestellt (US 7). Wie diese Manipulation der Telefone technisch bewirkt wurde, ist für die rechtliche Beurteilung nicht wesentlich, weshalb aus dem auf eine Vermutung einer speziellen Fälschungstechnik beschränkten Ausspruch des Schöffensenates (US 7 letzter Absatz) kein Begründungsmangel abgeleitet werden kann.

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a), welche die Feststellung des Vorsatzes des Angeklagten "zum technischen Detailablauf" vermißt, ist unbegründet.

Der Tatbestandsvorsatz nach § 148 a StGB erfordert, daß der Täter es zumindest ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet, durch Vornahme einer der tatbildlichen Handlungsalternativen (Gestaltung des Programms, Eingabe, Veränderung oder Löschung von Daten oder sonstige Einwirkung auf den Ablauf des Verarbeitungsvorganges) das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung zu beeinflussen und dadurch unmittelbar einen Vermögensschaden herbeizuführen (Kienapfel BT II3 § 148 a RN 44). Überdies muß der Täter mit dem erweiterten Vorsatz handeln, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern.

Das Erstgericht hat im angefochtenen Urteil, dessen Spruch und Gründe eine untrennbare Einheit bilden, seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte in willentlichem Zusammenwirken mit anderen Tätern - also iSd ersten Falles des § 12 StGB - durch Mißbrauch "geklonter" Mobiltelefone Ferngespräche ermöglichte, indem beim Aufbau der Verbindung zu den Teilnehmern mittels der präparierten Geräte Daten zu Gebührenverrechnung eingegeben wurden, wodurch es zur vermögensschädigenden Beeinflussung des Datenverarbeitungsergebnisses kam. Dabei handelte er mit dem Willen, sich und seine Auftraggeber durch die gewerbsmäßige Begehung dieser Telefonmanipulation im Rahmen einer organisierten Tätergruppe widerrechtlich zu bereichern (US 2 f, 6, 8 f).

Mit diesen Urteilsfeststellungen hat der Schöffensenat die erforderlichen Komponenten des Tatbestandsvorsatzes hinreichend festgestellt. Detaillierter Konstatierungen darüber, wie es im einzelnen durch die Dateneingabe zur Beeinflussung des Verarbeitungsereignisses kam, welches dann eine Entgeltforderung der Telefongesellschaft nicht zuließ, bedurfte es nach Lage des Falles weder zur äußeren noch zur inneren Tatseite. Unerheblich ist auch, ob der Angeklagte bei Gesprächsvermittlungen als Operator mit seiner Stimme in Erscheinung trat oder im Rahmen der arbeitsteiligen Handlungsweise der Tätergruppe sonstige den kriminellen Zweck förderende Dienste leistete.

Mit dem der Sache nach auf die Z 10 gestützten Einwand, das Urteil enthalte keine ausreichenden Feststellungen zur Prüfung einer Strafbarkeit wegen des Vergehens der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung, setzt sich die Beschwerde über die schon wiedergegebenen Konstatierungen hinweg, die den angefochtenen Schuldspruch tragen und eine Tatbeurteilung nach § 286 Abs 1 StGB ausschließen (Leukauf/Steininger Komm3 § 286 RN 2). Insoweit ist sie nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Rechtssätze
4