JudikaturJustiz15Os70/91

15Os70/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juni 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Jahn als Schriftführerin in der Strafsache gegen Krzystof W***** wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10.Jänner 1991, GZ 4 d Vr 1944/88-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Weber, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Jänner 1991, GZ 4 d Vr 1944/88-36, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 13 Abs. 3 StPO.

Dieser Beschluß wird aufgehoben und es wird dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft vom 4.Oktober 1990 auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.April 1988, GZ 4 d Vr 1944/88-21, wurde Krzystof W***** des Verbrechens (richtig: Vergehens) der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt und zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hernals vom 25. April 1990, GZ 10 U 352/90-3 (ON 32 des Aktes 4 d Vr 1944/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), wurde Krzystof W***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt (Tatzeit: 2.Februar 1990) und zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf Grund dieser Verurteilung wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung beantragte die Staatsanwaltschaft den Widerruf der bedingten Strafnachsicht im Verfahren AZ 4 d Vr 1944/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (S 410).

Am 10.Jänner 1991 faßte der Vorsitzende des Schöffensenates allein den Beschluß auf Widerruf der mit Urteil des Schöffengerichtes vom 7.April 1988 gewährten bedingten Strafnachsicht (ON 36). Die gegen diesen Beschluß von Krzystof W***** verspätet erhobene Beschwerde (ON 42) sowie dessen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist (ON 42) wurden vom Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 11. April 1991, AZ 23 Bs 120/91, zurückgewiesen.

Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Jänner 1991, GZ 4 d Vr 1944/88-36, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 13 Abs. 3 StPO entscheiden die Gerichtshöfe erster Instanz (unter anderem) in den im § 495 StPO vorgesehenen Fällen eines außerhalb der Hauptverhandlung im schöffengerichtlichen Verfahren zu fassenden Beschlusses, zu denen auch die Entscheidung über den Widerruf der bedingten Nachsicht einer Strafe außer den Fällen des § 494 a StPO zählt (§ 495 Abs. 1 StPO), durch einen Senat von drei Richtern. Der am 10. Jänner 1991 vom Vorsitzenden allein gefaßte Beschluß auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht verletzt sohin das Gesetz in der Bestimmung des § 13 Abs. 3 StPO.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher die aufgezeigte Gesetzesverletzung festzustellen, darüber hinaus war der dem Verurteilten allenfalls zum Nachteil gereichende Beschluß gemäß § 292 letzter Satz StPO aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft in der dem Gesetz entsprechenden Zusammensetzung (§ 13 Abs. 3 StPO) aufzutragen.