JudikaturJustiz15Os46/06p

15Os46/06p – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Juni 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hennrich als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Srdjan I***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Unzuständigkeitsurteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 8. Februar 2006, GZ 38 Hv 254/05w-73, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 11. April 2006, GZ 38 Hv 254/05w-81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss ersatzlos aufgehoben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Anklageschrift vom 14. Dezember 2005 legte die Staatsanwaltschaft Srdjan I***** das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB zur Last. Sie warf dem Angeklagten vor, am 4. November 2005 in Bad Vigaun Ismet E***** durch einen Stich mit einem Küchenmesser mit rund 20 cm langer Klinge in den Brustkorb eine schwere Körperverletzung absichtlich zugefügt zu haben, wobei die Tat den Tod des Verletzten zur Folge hatte.

Mit dem angefochtenen Urteil erklärte das Schöffengericht seine Nichtzuständigkeit gemäß § 261 Abs 1 StPO. Dazu führte es aus, dass aufgrund „der im Tatsächlichen geständigen Verantwortung des Angeklagten Srdjan I*****" als auch „der objektiven Beweismittel", nämlich eines „heftig geführten Stichs mit einem Messer mit ca 20 cm Klingenlänge gegen eine besonders empfindliche Körperregion, nämlich die Brust", wodurch das Tatopfer eine „Brustkorb-Stichverletzung mit einem Durchstich des linken Lungenober- und Unterlappens" erlitten habe, woran es „insbesondere an dem damit einhergehenden starken Blutverlust verstarb", hinreichend indiziert sei, dass „tatbestandsmäßig ein Delikt (ersichtlich gemeint: das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB) in Frage kommen könnte, welches in die Zuständigkeit des Schwurgerichtes fallen würde".

Mit dem angefochtenen Beschluss wies der Vorsitzende die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zurück, weil die Anmeldung verspätet erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichteten Beschwerde des Angeklagten war Folge zu geben, weil die Nichtigkeitsbeschwerde tatsächlich fristgerecht, nämlich am 9. Februar 2006, beim Landesgericht Salzburg angemeldet wurde (ON 74a), woran die Anführung einer falschen Aktenzahl (35 Hv 254/05w statt richtig 38 Hv 254/05w) in diesem Schriftsatz nichts zu ändern vermag.

Die auf § 281 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Die rechtliche Überprüfung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 6 StPO hat an den vom Schöffengericht für wahrscheinlich gehaltenen Sachverhalt (s dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 497) anzuknüpfen. Dieser kann nur nach Maßgabe der Kriterien der Z 5 (sowie zugunsten des Angeklagten auch der Z 5a) des § 281 Abs 1 StPO, nicht aber beweiswürdigend in Frage gestellt werden (WK-StPO § 281 Rz 499). Im gegenständlichen Fall hielt es das Schöffengericht - entgegen der Anklage - der Sache nach ersichtlich für wahrscheinlich, dass der Angeklagte mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt habe, und gründete diese Annahme - ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungssätze - auf die Verantwortung des Angeklagten (der bei seiner polizeilichen Vernehmung noch zugestanden hatte, unmittelbar vor dem Messerstich gedacht zu haben „lieber er als ich" - S 175/I), die Wucht der Stichführung, die Art der Tatwaffe und die Empfindlichkeit der getroffenen Körperregion. Eine offenbar unzureichende Begründung liegt daher nicht vor.

Soweit die Beschwerde unter Verweis auf behauptete weitere äußere Tatumstände der Sache nach eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe reklamiert, versäumt sie es jedoch, auf entsprechende Verfahrensergebnisse zu verweisen, sondern beschränkt sich mit einer eigenständig beweiswürdigenden Schilderung des Tathergangs auf ein Vorbringen nach Art einer in diesem Rahmen nicht zulässigen Schuldberufung.

Damit vermag die Beschwerde aber auch keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Umstands zu erzeugen, dass der Angeklagte bei der Tat mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt habe, sodass die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen war (§ 285d Abs 1 StPO).