JudikaturJustiz15Os38/14y

15Os38/14y – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. April 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin, im Verfahren zur Unterbringung des Martin W***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB, AZ 605 Hv 12/12p des Landesgerichts Korneuburg, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des genannten Gerichts vom 20. Juni 2013, GZ 605 Hv 12/12p 26, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Mag. Knibbe, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 20. Juni 2013, GZ 605 Hv 12/12p-26, verletzt im Adhäsionserkenntnis, mit welchem Martin W***** zur Zahlung eines Betrags von 6.793,33 Euro an die Privatbeteiligte D***** AG ***** verpflichtet wurde, §§ 369 Abs 1 und 430 Abs 6 StPO.

Das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in diesem Umfang aufgehoben und die Erklärung der D***** AG *****, sich dem Verfahren als Privatbeteiligte anzuschließen, zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 20. Juni 2013, GZ 605 Hv 12/12p-26, wurde Martin W***** nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Danach hat er unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, Taten begangen, die mit jeweils einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind und die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als zwei Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB zuzurechnen wären.

Nach § 45 Abs 1 StGB wurde die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher für eine Probezeit von fünf Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Adhäsionserkenntnis wurde Martin W***** „gemäß § 369 Abs 1 StPO“ verpflichtet, der Privatbeteiligten D***** AG ***** (in der Folge: D*****) 6.793,33 Euro binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 20. Juni 2013, GZ 605 Hv 12/12p-26, steht im Umfang des Adhäsionserkenntnisses wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Grundvoraussetzung eines Privatbeteiligten zuspruchs (§ 369 Abs 1 StPO) ist, dass der Angeklagte wegen einer Straftat verurteilt wird und der Zuspruch durch einen Schuld spruch gedeckt ist ( Spenling , WK StPO § 366 Rz 3, 14).

Gemäß § 430 Abs 6 StPO ist im Verfahren zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB ein Privatbeteiligtenanschluss unzulässig. Das Erstgericht wäre daher gehalten gewesen, den Anschluss der D***** zurückzuweisen (§ 67 Abs 4 Z 1 StPO).

Da der rechtsfehlerhafte Zuspruch an die D***** sich zum Nachteil des Betroffenen auswirkte, war die Feststellung der Gesetzesverletzung mit konkreter Wirkung zu verbinden (§ 292 letzter Satz StPO). Einer Durchbrechung der Rechtskraft steht keine im Sinn des Art 1 des 1. ZPMRK geschützte Position der D***** entgegen. Vielmehr prävaliert bei Fehlen eines untrennbar mit einem Privatbeteiligtenzuspruch verbundenen Schuldspruchs der Schutz des Betroffenen, weshalb der Zuspruch an die Privatbeteiligte aufzuheben war (vgl RIS-Justiz RS0124740; Spenling , WK StPO § 366 Rz 47).