JudikaturJustiz15Os171/13f

15Os171/13f – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Februar 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Dr. Michel Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ent als Schriftführer in der Medienrechtssache des Antragstellers Oscar B***** gegen die Antragsgegnerin M***** GmbH, wegen § 9 MedienG, AZ 113 Hv 69/12p des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen die Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Juni 2012 (ON 13) und des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. April 2013, AZ 17 Bs 362/12b (ON 35), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger, der Antragstellervertreterin Dr. Windhager sowie der Antragsgegnerinnenvertreterin Mag. Schnöpf zu Recht erkannt:

Spruch

In der Medienrechtssache des Antragstellers Oscar B***** gegen die Antragsgegnerin M***** GmbH verletzen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Juni 2012, GZ 113 Hv 69/12p 13, und das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. April 2013, AZ 17 Bs 362/12b, § 9 Abs 3 MedienG.

Text

Gründe:

Der Medienrechtssache des Antragstellers Oscar B***** gegen die Antragsgegnerin M***** GmbH wegen § 9 MedienG, AZ 113 Hv 69/12p, liegt ein am 7. März 2012 „in der periodischen Druckschrift 'M*****' in der periodischen Druckschrift 'Ö*****' vom 7. März 2012“ unter der Überschrift „S***** kassiert Steuer-Millionen“ veröffentlichter Artikel zu Grunde.

Der Antragsteller begehrte hiezu fristgerecht folgende

„Gegendarstellung:

Sie haben am 7. März 2012 in der periodischen Druckschrift 'M*****' in der periodischen Druckschrift 'Ö*****' vom 7. März 2012 unter der Überschrift 'S***** kassiert Steuer-Millionen', der Vorzeile 'B***** baut Traum Penthouse' und dem Untertitel '15 Millionen Gewinn für B***** aber 11 Millionen als Förderung' und dem Bildbegleittext 'S*****-Chef Oscar B***** casht ab' unter anderem folgende Behauptung verbreitet:

'… Das B*****-Blatt machte seit 2004 laut Bilanz 15,6 Mio Euro Gewinn. In denselben acht Jahren kassierte das rosarote Blatt satte 10,97 Mio Euro (!) an Presseförderung. Sprich: Nahezu der gesamte Gewinn des S***** kommt aus dem Geld der Steuerzahler. Wie zum Hohn baut S*****-Herausgeber B***** mit dem Gewinn nun ein millionenschweres Privat-Penthouse …'

Diese Behauptungen sind unrichtig:

Weder Oscar B***** noch die B***** Familien Privatstiftung haben seit 2004 Gewinne aus dem 'S*****' entnommen. Der Ausbau eines Dachbodens wird nicht aus Mitteln der Presseförderung finanziert.“

Mit Urteil vom 20. Juni 2012, GZ 113 Hv 69/12p 13, trug das Landesgericht für Strafsachen Wien der Antragsgegnerin die Veröffentlichung der Gegendarstellung unter Weglassung folgender Textpassagen auf:

„in der periodischen Druckschrift 'Ö*****' vom 7. März 2012“; „der Vorzeile 'B***** baut Traum Penthouse' und dem Untertitel '15 Millionen Gewinn für B***** aber 11 Millionen als Förderung' und dem Bildbegleittext 'S*****-Chef Oscar B***** casht ab'“.

Die Streichungen begründete das Erstgericht damit, dass diese Zitate keine Informationen enthielten, die nicht ohnehin durch das Zitat des Fließtextes erfasst wären, und solcherart unnötige Wiederholungen darstellen würden (US 11).

Mit Urteil vom 17. April 2013, AZ 17 Bs 362/12b (ON 35), gab das Oberlandesgericht Wien ua der gegen die vom Erstgericht vorgenommenen Streichungen gerichteten Berufung des Antragstellers wegen Nichtigkeit nicht Folge, wobei es sich im Wesentlichen der Argumentation des Erstgerichts anschloss (S 9 f des Berufungsurteils).

Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Juni 2012, GZ 113 Hv 69/12p 13, und das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. April 2013, AZ 17 Bs 362/12b (ON 35), stehen wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 9 Abs 3 MedienG ist in der Gegendarstellung in knapper Weise auszuführen, dass und inwieweit die Tatsachenmitteilung unrichtig oder unvollständig sei und woraus sich dies ergebe. Die Gegendarstellung kann sprachlich frei gestaltet werden. Sie muss entweder die Tatsachen anführen, die im Gegensatz zur Tatsachenmitteilung richtig seien oder letztere in einem erheblichen Punkt ergänzen, oder sich sonst unmittelbar auf die Tatsachenmitteilung und deren Unrichtigkeit oder irreführende Unvollständigkeit beziehen. Ihr Umfang darf nicht außer Verhältnis zu dem der Tatsachenmitteilung stehen.

Der JAB zur Mediengesetznovelle 1993, BGBl 1993/20, mit der in Form der Einführung der „Gegendarstellung“ eine Entformalisierung des bis dahin gültigen Entgegnungsrechts angestrebt wurde, gibt als ungefähren Richtwert für eine dem Umfang nach jedenfalls zulässige Gegendarstellung das Eineinhalbfache bis Doppelte des Umfangs der Tatsachenmitteilung an, wobei sich dies nur auf den eigentlich entgegnenden Teil, also die Antithese, bezieht. Das Knappheitsgebot wiederum ist in Umsetzung des rechtspolitischen Ziels, dem von unrichtiger oder irreführend unvollständiger medialer Berichterstattung Betroffenen effektiven Rechtsschutz zu gewähren, nicht kleinlich auszulegen. Insbesondere ist dem Darstellungswerber nicht abzuverlangen, die kürzest mögliche Form zu wählen; erst unnötige Ausdehnungen und Wiederholungen im Sinn einer exzessiven und schikanösen Ausübung des Gegendarstellungsrechts verletzen das Knappheitsgebot (15 Os 148/11w; Rami in WK 2 MedienG § 9 Rz 24; Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll MedienG 3 § 9 Rz 35; Röggla in Röggla/Wittmann/Zöchbauer MedienG § 9 Rz 11).

Ob eine Gegendarstellung (auch) dem Knappheitsgebot entspricht, ist eine Rechtsfrage (14 Os 51/04, 15 Os 148/11w).

Im vorliegenden Fall haben die Gerichte diese Rechtsfrage unrichtig gelöst, indem das Erstgericht die Antragsgegnerin (nur) zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung in reduziertem Umfang verpflichtete und das Berufungsgericht der gegen die umfängliche Reduzierung gerichteten Berufung des Antragstellers den Erfolg versagte.

Der Antragsteller hat die Tatsachenmitteilung durch wörtliches Zitat (auch) der Vorzeile „B***** baut Traum Penthouse“, des Untertitels „15 Millionen Gewinn für B*****, aber 11 Millionen als Förderung“ und des Bildbegleittextes „S*****-Chef Oscar B***** casht ab“ in die Gegendarstellung aufgenommen. Eine unnötige Ausdehnung oder Wiederholung ist damit aber nicht verbunden, weil der seitens der Antragsgegnerin plakativ und überspitzt formulierten Ankündigung des Inhalts des folgenden Artikels durchaus ein eigener publizistischer Wert zukommt. Setzt nämlich der Medieninhaber dieses Mittel gezielt ein, um auch das Interesse des nur flüchtigen Lesers zu erwecken, so ist es dem Gegendarstellungswerber mit Blick auf den diesen Bestimmungen zugrundeliegenden Gedanken der publizistischen Wiedergutmachung (§ 13 Abs 3 erster Satz MedienG) durchaus gestattet, unbeschadet der damit verbundenen Wiederholung des wesentlichen Inhalts der Primärmitteilung diese Textpassagen ebenfalls in seine Gegendarstellung aufzunehmen, um seinerseits den Leser auf den folgenden Text der im gegenständlichen Fall besonders kurz gefasst wurde aufmerksam zu machen (vgl etwa OLG Wien 17 Bs 1/13s).

Wird das betreffende Medium als Beilage zu einem anderen Medium vertrieben, indem es in dieses eingelegt wird (ON 13 S 11), so ist dem Gegendar-stellungswerber unbeschadet des Knappheitsgebots zuzubilligen, im Text der Gegendarstellung nicht nur die Nummer des betreffenden Mediums (hier: M*****) einschließlich des Erscheinungsdatums anzuführen, sondern auch jene des „Trägermediums“ (hier: „Ö*****“). Auch insofern vollzieht der Gegendarstellungswerber nämlich bloß den Modus des Medieninhabers nach (vgl dazu auch die sich an den Medieninhaber richtende Norm des § 13 Abs 2 MedienG).

Diese Gesetzesverletzungen gereichen der Antragsgegnerin, die die Rechte der Angeklagten hat (§ 14 Abs 3 MedienG), nicht zum Nachteil, sodass es mit ihrer Feststellung sein Bewenden hat.