JudikaturJustiz15Os16/19w

15Os16/19w – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. April 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Abderrazzak C***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. März 2018, GZ 23 Hv 141/17t 83, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Abderrazzak C***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG, § 12 dritter Fall StGB (A./) sowie nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und 3 SMG (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er am B***** und im Großraum I***** jeweils als Mitglied einer kriminellen Vereinigung bestehend aus ihm selbst, Hassan S*****, Giuliano P***** und Abdelhak K***** sowie Mohamed H*****, Youssef L***** und Unbekannten

A./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 41,2 kg Cannabis beinhaltend 3.875,4 Gramm THC (193,7 Grenzmengen) nach Österreich eingeführt, und zwar

I./ indem er im Jänner/Februar 2017 gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Ibrahim R***** mittels Pkw cirka 7 kg Cannabis zumindest 6,8%igen THC-Gehalts (476 Gramm THC bzw 23,8 Grenzmengen) von Italien nach Tirol schmuggelte;

II./ indem er zu den Taten des Giuliano P*****, der Cannabis mittels Pkw von Italien nach Tirol schmuggelte, jeweils dadurch beitrug, dass er die Schmuggelfahrten gemeinsam mit Hassan S*****, Mohamed H***** und einem Unbekannten namens „Said“ organisierte, nämlich

1./ am 18. Februar 2017 betreffend den Schmuggel von cirka 16 kg Cannabisharz zumindest 6,8%igen THC-Gehalts (1.088 Gramm THC) und

2./ am 11. März 2017 betreffend den Schmuggel von 18,2 kg Cannabisharz zumindest 12,7%igen THC-Gehalts (2.311,4 Gramm THC);

B./ zwischen Sommer 2016 und April 2017 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er insgesamt zumindest 5 kg Cannabis zumindest 6,8%igen THC-Gehalts (340 Gramm THC bzw 17 Grenzmengen) an mehrere Abnehmer weitergab.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welche sich als nicht berechtigt erweist.

Mit dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) betreffend die Verantwortung des Beschwerdeführers, dass bei der Schmuggelfahrt am 18. Februar 2017 (A./II./1./) „nur“ acht Kilogramm Haschisch, verpackt in 16 Päckchen, transportiert wurden, spricht die Mängelrüge keine entscheidende Tatsache an, weil insgesamt jedenfalls eine das Fünfündzwanzigfache der Grenzmenge übersteigende Menge eingeführt wurde (RIS Justiz RS0099497). Im Übrigen haben sich die Tatrichter mit der Verantwortung des Angeklagten sehr wohl auseinandergesetzt (US 7 f) und dargelegt, warum sie dennoch eine Lieferung von insgesamt 16 Kilogramm feststellten (US 12 f).

Auch soweit die Mängelrüge aus Z 5 zweiter und vierter Fall die Urteilsannahme einer vom Angeklagten innerhalb der kriminellen Vereinigung ausgeübten gleichrangigen Rolle mit Mohamed H***** bekämpft, spricht sie keine entscheidende Tatsache an (RIS-Justiz RS0117264), stellt doch die Qualifikation des § 28a Abs 2 Z 2 SMG nur darauf ab, dass der Suchtgifthandel als (einfaches) Mitglied einer solchen Vereinigung begangen wurde.

Gleiches gilt für das Vorbringen zum festgestellten Tatzeitraum „zwischen Sommer 2016 und April 2017“ (US 2 und 3), weil dieser – entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers – für die Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG nicht relevant ist. Es genügt, dass die kriminelle Vereinigung auf längere Zeit angelegt ist. Auf die Dauer ihres tatsächlichen Bestehens kommt es nicht an (RIS Justiz RS0125232 [insbesondere T4]).

Wer das in der Folge gemeinsam geschmuggelte Suchtgift (A./I./) in Italien übernommen hat (R***** alleine oder gemeinsam mit dem Angeklagten), betrifft neuerlich keinen entscheidenden Umstand, weshalb der – im Übrigen nicht zutreffende (US 7) – diesbezügliche Vorwurf der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) ins Leere geht.

Mit dem Verweis darauf, dass nach Darstellung des Beschwerdeführers der verwendete Tarnbegriff „Mädel“ sowohl für ein halbes als auch ein ganzes Kilo Haschisch stehen könne und es sich daher bei der anlässlich der Schmuggelfahrt am 18. Februar 2017 über die Grenze gebrachten Suchtgiftmenge „genauso gut“ um acht Kilogramm in 16 Päckchen hätte handeln können, werden erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen nicht geweckt (Z 5a; RIS-Justiz RS0118780).

Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) macht einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot geltend, weil das Erstgericht den längeren Tatzeitraum bei der Strafzumessung erschwerend gewertet habe, obwohl bei beiden Punkten des Schuldspruchs die Qualifikation der Begehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung (§ 28a Abs 2 Z 2 SMG) zur Anwendung kam. Die Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung setze nach § 278 Abs 2 StGB unter anderem einen auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen voraus.

Dem ist zu entgegnen, dass nach dem Wortlaut des § 278 Abs 2 StGB weder eine gewisse Dauer noch die Ausführung von mehr als einer Beteiligungshandlung erforderlich sind noch ein Vorsatz auf weitere (zukünftige) Beteiligungshandlungen, vielmehr genügt die Begehung einer einzelnen Organisationstat durch den Täter (RIS Justiz RS0125249 [T1, T4]; Plöchl in WK 2 StGB § 278 Rz 36; gegenteilig bloß 12 Os 7/13s). Damit ist ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot nicht gegeben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.