JudikaturJustiz15Os16/17t

15Os16/17t – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Februar 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Agim R***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 20 Hv 18/16x des Landesgerichts Linz, über die Grundrechtsbeschwerde des Sokolalil A***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Über Sokolalil A***** wurde mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 23. Oktober 2015 wegen des dringenden Verdachts des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und fünfter Fall SMG die Untersuchungshaft verhängt (ON 30), die in der Folge bis zum Beginn der Hauptverhandlung am 9. Mai 2016 ohne Unterbrechung fortgesetzt wurde (ON 174 S 5).

Mit Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 9. Mai 2016 (ON 174) wurde A***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt. Der Schuldspruch ist durch Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 7. September 2016, AZ 15 Os 77/16m (ON 202), in Rechtskraft erwachsen, der Berufung des Angeklagten (wegen Strafe) gab das Oberlandesgericht Linz mit Entscheidung vom 13. Oktober 2016, AZ 7 Bs 137/16w (ON 210), nicht Folge.

Mit Eingabe vom 24. Oktober 2016 (ON 223, dezidiert als Grundrechtsbeschwerde bezeichnet [ON 243]), die in der Folge auch von einem Verteidiger unterfertigt wurde (Vorlage vom 23. Jänner 2017; ON 263), macht der Verurteilte ersichtlich eine Verletzung des § 178 Abs 2 StPO geltend, weil er sich bis zum Beginn der Hauptverhandlung sechs Monate und 20 Tage in Untersuchungshaft befunden habe.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs 1 GRBG steht dem Betroffenen wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung nach Erschöpfung des Instanzenzugs die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu.

Auch richterliche Unterlassungen, wie das Überschreiten von Hafthöchstfristen (§ 178 Abs 1 und Abs 2 StPO) ohne allfällige richterliche Enthaftungsentscheidung, können, wenn sie auf das Grundrecht ausstrahlen, im Weg einer Grundrechtsbeschwerde bekämpft werden. Allerdings muss der Beschwerdeführer auch hier zuvor den Instanzenzug erschöpfen. Dies kann er bei Unterlassungen – wie hier – aber nur in der Form tun, als er die (vermeintliche) Unterlassung zum Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung oder Verfügung (vgl § 3 Abs 1 zweiter Satz GRBG) werden lässt ( Kier in WK 2 GRBG § 1 Rz 18). Sokolalil A***** hätte daher bei Ablauf der Haftfrist den Antrag auf Enthaftung stellen und bei dennoch fortgesetzter Untersuchungshaft gegen diese Entscheidung Beschwerde an das Oberlandesgericht erheben müssen.

Angemerkt sei, dass nach dem Beginn der Hauptverhandlung gelegene Haftzeiten unter dem Aspekt des § 178 Abs 2 StPO unbeachtlich sind (RIS-Justiz RS0125949 ).

Die Grundrechtsbeschwerde war daher mangels Erschöpfung des Instanzenzugs ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.